<110>verbreitet hatte. Seine Gefühle werden auch hier aufs schönste durch seine eigenen Worte bezeugt. « Hier sind wir », so schreibt er aus Litauen an Voltaire, « in dem Lande angekommen, das ich als das Non plus ultra der zivilisierten Welt ansehe. Es ist eine nur wenig gekannte Provinz von Europa, die als eine neue Schöpfung des Königs, meines Vaters, angesehen werden kann. Litauen war durch die Pest verheert, zwölf bis fünfzehn entvölkerte Städte und vier- bis fünfhundert unbewohnte Dörfer waren das traurige Schauspiel, das sich hier darbot. Der König hat keine Kosten gespart, um seine heilsamen Absichten auszuführen. Er baute auf, traf treffliche Einrichtungen, ließ einige tausend Familien von allen Seiten Europas kommen. Die Äcker wurden urbar gemacht, das Land bevölkert, der Handel blühend, und jetzt herrscht mehr als je Überfluß in einer Provinz, die eine der fruchtbarsten in Deutschland ist. Und alles, was ich Ihnen sage, ist allein das Werk des Königs, der es nicht bloß anordnete, sondern selbst die Hauptperson bei der Ausführung war, der die Pläne entwarf und sie selbst vollzog, der weder Mühe und Sorge, noch ungeheure Schätze, nicht Versprechungen noch Belohnungen sparte, um einer halben Million denkender Wesen Glück und Leben zuzusichern, die ihr Wohl und ihre gute Verfassung ihm allein verdanken. Ich finde in dieser großmütigen Arbeit, durch welche der König eine Wüste bewohnt, fruchtbar und glücklich gemacht hat, ich weiß selbst nicht, etwas Heroisches, und ich ahne, daß Sie meine Gesinnung darüber teilen werden. »

Noch ein besondres und ganz überraschendes Zeichen der väterlichen Gnade brachte dem Kronprinzen diese preußische Reise, als ihm der König seine reichen preußischen Stutereien, die ein jährliches Einkommen von zehn- bis zwölftausend Talern brachten, schenkte. Der Kronprinz hatte hievon um so weniger eine Ahnung gehabt, als der König einige Zeit zuvor aufs neue gegen ihn eingenommen gewesen war und seine Gesinnung mehrfach nicht ganz glimpflich ausgedrückt hatte; nun ward er von diesem Beweise der unerwartet zurückgekehrten und vergrößerten Zärtlichkeit so gerührt, daß er in der ersten Überraschung vergeblich nach dem Worte des Dankes suchte. Zugleich aber war dies Geschenk für seine ökonomischen Umstände von großer Wichtigkeit; denn immer noch reichte sein gewöhnliches Einkommen für seine Bedürfnisse bei weitem nicht aus, und er sah sich fort und fort genötigt, bedeutende Summen im Auslande aufzunehmen. Auch diesem Übelstande war also, für eine längere Lebensdauer des Königs, abgeholfen.

Doch stand das Ende des Königs schon nahe bevor; aber aller ernstliche Zwiespalt zwischen Vater und Sohn war nun ausgeglichen und eine immer mehr erhöhte gegenseitige Anerkennung an dessen Stelle getreten. Friedrich Wilhelm konnte das