<297>Am 4. Dezember rückte die preußische Armee aus ihrem Lager vor. Auf dem Marsche nach Neumarkt erfuhr Friedrich, der sich bei der Kavallerie des Vortrabes befand, daß dieser Ort bereits von österreichischen Husaren und Kroaten besetzt sei. Da ihm daran lag, sich der jenseitigen Höhen zu versichern, so stürmte er, ohne erst die Infanterie abzuwarten, mit seinen Husaren die Tore der Stadt und nahm die Mehrzahl der Feinde gefangen. Dann besetzte er die Höhen und erwartete seine Armee. Am Abend desselben Tages hörte er, daß die österreichische Armee ihre feste Stellung verlassen und über das Schweidnitzer Wasser vorgerückt sei. Es hatte nämlich dem Prinzen von Lothringen nicht anständig geschienen, den Angriff der « Berliner Wachtparade » (wie die Österreicher spottend die kleine preußische Armee nannten) in seinen festen Verschanzungen abzuwarten. Friedrich aber nahm diesen unerwarteten und unverständigen Schritt des Gegners als eine Vorbedeutung zum Siege auf; mit lebhafter Fröhlichkeit trat er in das Zimmer, wo er die Parole ausgeben wollte, und sagte lächelnd zu einem der Anwesenden: « Der Fuchs ist aus seinem Loche gekrochen, nun will ich auch seinen Übermut bestrafen! » Dann ordnete er schnell alles zu dem Angriffe, der den nächsten Tag unternommen werden sollte.

Der Morgen des verhängnisvollen 5. Dezember brach an; das Heer zog gerüstet dem Feinde entgegen. Friedrich wußte nichts Bestimmtes über die Stellung des Prinzen von Lothringen; aber wohl wußte er, daß er den schwachen Punkt des Feindes würde finden und an die Benutzung desselben den Sieg knüpfen können. Doch war er auf alles gefaßt. Als er sich an die Spitze seiner Armee begab, rief er einen Offizier mit 50 Husaren zu sich. Zu diesem sprach er: « Ich werde mich heut bei der Schlacht mehr aussetzen müssen wie sonst. Er, mit Seinen fünfzig Mann soll mir zur Deckung dienen. Er verläßt mich nicht und gibt acht, daß ich nicht der Kanaille in die Hände falle. Bleib' ich, so bedeckt Er den Körper gleich mit Seinem Mantel und läßt einen Wagen holen. Er legt den Körper in den Wagen und sagt keinem ein Wort. Die Schlacht geht fort und der Feind — der wird geschlagen! »

Die ersten Kolonnen der Armee hatten auf dem Marsche fromme Lieder mit Feldmusik angestimmt. Sie sangen:

Gib, daß ich tu' mit Fleiß, was mir zu tun gebühret,
Wozu mich dein Befehl in meinem Stande führet,
Gib, daß ich's tue bald, zu der Zeit, da ich's soll,
Und wenn ich's tu, so gib, daß es gerate wohl!

Ein Kommandeur fragte bei Friedrich an, ob die Soldaten schweigen sollten. Der König erwiderte: « Nein, laß Er das: mit solchen Leuten wird Gott mir heute gewiß den Sieg verleihen! »