<329>die Truppen unangekleidet in ihren Zelten ruhen. Der Feldmarschall Keith, der sich mit in der Armee befand, sagte ihm geradezu: « Wenn uns die Österreicher hier ruhig lassen, so verdienen sie gehangen zu werden. » Friedrich aber antwortete scherzend: « Wir müssen hoffen, daß sich die Österreicher mehr vor uns als vor dem Galgen fürchten. » In dieser Beharrlichkeit bestärkten ihn die falschen Berichte eines Spions. Er hatte nämlich, wie man erzählt, einen österreichischen Offizier erkauft, durch den er alles erfuhr, was in der feindlichen Armee vorging. Die Briefe wurden in einem Korbe mit Eiern, von denen ein ausgeblasenes das jedesmalige Schreiben enthielt, überbracht. Zufällig aber mußte Daun selbst eines Tages dem Überbringer der Eier begegnen und diesem befehlen, die Ware nach seiner eigenen Küche zu bringen. Hier ward das Geheimnis entdeckt. Daun ließ unverzüglich den verräterischen Korrespondenten vor sich fordern; dieser hatte natürlich sein Leben verwirkt, doch schenkte es ihm der Feldmarschall unter der Bedingung, daß er fortan dem König schreibe, was er ihm in die Feder diktieren würde. So erhielt Friedrich einige Tage lang nur Nachrichten, die von nichts als von dem bevorstehenden Aufbruche der österreichischen Armee und von ihrem Rückmarsche nach Böhmen sprachen, und die ihn somit aller Gedanken an die Gefahr seiner Lage überhoben.

Da indes dieser Aufbruch nicht so bald, als er erwartete, erfolgte, so entschloß sich Friedrich, um nicht länger untätig liegen zu bleiben, das österreichische Heer zu umgehen. Nur bedurfte er hiezu noch einiger Vorbereitungen für die weitere Verpflegung der Armee und konnte deshalb für den Abmarsch keinen früheren Tag als den 14. Oktober bestimmen. Aber schon hatte Daun seine Maßregeln getroffen. Es wäre allzu schmachvoll gewesen, wenn er hier noch länger gezaudert hätte, von der so überaus günstigen Gelegenheit einen wirksamen Gebrauch zu machen. Auch betrachtete die ganze österreichische Armee das Benehmen des Königs als eine förmliche Beleidigung, und allgemein sprach man es öffentlich aus, daß die Generale sämtlich verdienten, kassiert zu werden, wenn sie eine so verwegene Herausforderung nicht annähmen. Um indes ganz sicher zu gehen, ward ein nächtlicher Überfall, in der Nacht vom 13. auf den 14. Oktober, beschlossen. Der Hauptschlag sollte gegen den wichtigsten Punkt des preußischen Lagers, gegen die Anhöhen, auf denen Hochkirch sich erhebt und die durch die Zelte des rechten Flügels besetzt waren, ausgeführt werden. Durch die bewaldeten Berghänge, welche die Österreicher besetzt hatten, wurden breite Wege geschlagen, um ohne alles Hindernis die Truppen zu den verschiedenen Punkten hinabführen zu können, von denen aus der rechte Flügel der Preußen auf allen Seiten angegriffen werden sollte. Zugleich war man darauf bedacht, in den Waldungen und auf den Höhen eifrige Befestigungsarbeiten sehen zu lassen, um die Absicht des Angriffes zu verhüllen und die Preußen in ihrer vermeintlichen Sicherheit zu bestärken.