<53>Aber schon war das Unheil näher, als er glauben mochte. Kaum war man in Frankfurt angekommen, von wo die Reise zu Wasser den Main und den Rhein abwärts bis Wesel fortgesetzt werden sollte, als der König von Kattes Vetter aus Erlangen eine Staffette erhielt, durch welche dieser jenen Brief des Kronprinzen übersandte, dessen bedrohlichen Inhalt er nicht unterschlagen zu dürfen glaubte. Der König befahl, den Kronprinzen unverzüglich auf einer der bestellten Jachten in festen Gewahrsam zu nehmen. Erst am folgenden Tage betrat er selbst das Schiff; kaum aber erblickte er den Kronprinzen, so übermannte ihn sein mühsam zurückgehaltener Jähzorn; er fiel über ihn her und schlug ihm mit seinem Stocke das Gesicht blutig. Mit verbissenem Schmerze rief der Kronprinz aus: « Nie hat ein brandenburgisches Gesicht solche Schmach erlitten! » Die anwesenden Offiziere entrissen ihn den Händen des Königs und brachten es dahin, daß der letztere die Erlaubnis gab, daß der Kronprinz die Reise auf einem zweiten Schiffe machen durfte. Dieser wurde nun wie ein Staatsgefangener behandelt, Degen und Papiere wurden ihm abgefordert; doch hatte er glücklicherweise noch zuvor Gelegenheit gefunden, seine Briefe, die manch einen zu kompromittieren geeignet waren, durch seinen Kammerdiener verbrennen zu lassen.

Selten wohl ist eine Lustreise auf dem schönen Rheinstrom unter traurigeren Verhältnissen gemacht worden. Die Besuche bei den geistlichen Fürsten, welche abzustatten man nicht umhin konnte, wurden, soviel möglich, abgekürzt. Der Kronprinz war nicht um sich, sondern nur um das Schicksal der Freunde, die er mit ins Verderben gerissen, besorgt. Doch war er überzeugt, daß Katte, schon zur Flucht gerüstet, Geistesgegenwart genug haben würde, für seine Sicherheit zu sorgen. Keith empfing, ehe der König nach Wesel kam, einen mit Bleistift geschriebenen Zettel von des Kronprinzen Hand, mit den Worten: « Rette dich, Alles ist entdeckt. » Er verlor die rechte Zeit nicht, setzte sich augenblicklich zu Pferde und erreichte im Galopp die holländische Grenze. Selbst noch im Haag durch einen preußischen Offizier verfolgt, den der König zu seiner Verhaftung nachsandte, entkam er glücklich auf einem Fischerboote nach England und ging von da nach Portugal, wo er Kriegsdienste nahm.

Nachdem man in Wesel angelangt war, wurde der Kronprinz gefangengesetzt und sein Gemach durch Schildwachen mit bloßen Bajonetten verwahrt. Am folgenden Tage erhielt der Festungskommandant, Major von der Mosel, Befehl, den Prinzen vor den König zu führen. Sobald der Kronprinz zu dem Könige eintrat, fragte ihn dieser mit drohendem Tone, warum er habe desertieren wollen. « Weil Sie mich », antwortete der Prinz, « nicht wie Ihren Sohn, sondern wie einen Sklaven behandelt haben. » — « Du bist ein ehrloser Deserteur », rief ihm der König entgegen, « der kein Herz und keine Ehre im Leibe hat! » — « Ich habe dessen so viel wie Sie »,