<70>welches der König den verschiedenen Höfen über die Begnadigung des Kronprinzen mitteilte, führte er als den Grund der letzteren nur die eigne königliche Gnade und väterliche Milde an.

Dem Kronprinzen war in Küstrin ein eignes Haus zur Wohnung eingerichtet, eine kleine Dienerschaft und ein, freilich beschränktes, Einkommen zugewiesen worden; mit letzterem mußte möglichst sparsam gewirtschaftet und regelmäßig Rechnung abgelegt werden. An den Sitzungen der neumärkischen Kammer, in welcher er am 21. November zum ersten Male erschien und durch ein Gratulationsgedicht von Seiten der Kammerkanzlei bewillkommt wurde, nahm er als jüngster Kriegs- und Domänenrat teil, ohne daß ihm jedoch bei den Abstimmungen ein Votum zukam. In den einzelnen Teilen seines neuen Berufes, in den Finanz- und Polizeiangelegenheiten, ebenso in der Landwirtschaft und Verwaltung der Domänen, erhielt er besonderen theoretischen Unterricht. Im übrigen blieb seine Lage noch sehr beschränkt; er durfte die Stadt nicht verlassen; Lektüre, namentlich französischer Bücher, und selbst musikalische Beschäftigung blieb ihm untersagt.

Doch war der Präsident von Münchow bemüht, ihm den Aufenthalt in Küstrin möglichst angenehm zu machen; auch fehlte es nicht an anmutigen geselligen Beziehungen, die dem Kronprinzen die ursprüngliche Heiterkeit und Unbefangenheit seines Gemütes bald wiedergaben. So hatte unter anderen die verwitwete Landrätin von Manteuffel (eine geborene v. Münchow) durch geistreichen Verkehr seine Zuneigung erworben. Als sie, noch vor Ende des Jahres, im Begriff war, eine Reise auf ihre Güter zu machen, sandte er ihr, sein eignes Los schon parodierend, eine eigne scherzhafte Kabinettsordre zu, in welcher er aufs feierlichste gegen ihre beabsichtigte Desertion protestierte und einem so strafbaren Unternehmen sein Allerhöchstes Mißfallen bezeugte. Das Verbot gegen die Lektüre hatte man schon in dem engen Gefängnisse zu umgehen gewußt. Noch weniger ernstlich scheint man dem Verbote in Bezug auf die Musik nachgekommen zu sein, indem Friedrich sich von dem Generalmajor von Schwerin den Hautboisten Fredersdorf, einen vorzüglichen Flötenbläser, zur Unterstützung in seinen musikalischen Beschäftigungen erbitten durfte. Er hatte diesen schon früher kennengelernt, als er einst durch Frankfurt reiste und die Studenten ihm eine Abendmusik brachten, wobei Fredersdorf sich durch sein Flötenspiel auszeichnete. Später machte ihn Friedrich zu seinem geheimen Kämmerer, und Fredersdorf ist ihm bis an sein Ende wert geblieben.

Der Kronprinz hatte sich geschmeichelt, daß seine unbedingte und aufrichtig gemeinte Unterwerfung unter den Willen des Königs ihm auch in der Tat das Herz des Vaters zurückführen werde. Noch aber war der König keineswegs von allem