« <96>Lustschiffe, die der Prinz erbauen ließ, schwimmen auf dem See und bringen den Wanderer, welcher die Wasserfahrt liebt, an das Waldufer. »

Hierauf geht der Verfasser zur Schilderung der hervorragendsten Personen über, welche die Gesellschaft von Rheinsberg ausmachten und von denen ein jeder, durch das Festhalten seiner charakteristischen Eigentümlichkeit, wesentlich zu der Lebendigkeit und Unbefangenheit des Verkehres beitrug. Dann fährt er fort:

Alle, die auf dem Schlosse wohnen, genießen die ungezwungenste Freiheit. Sie sehen den Kronprinzen und dessen Gemahlin nur bei der Tafel, beim Spiel, auf dem Ball, im Konzert oder bei andern Festen, an denen sie teilnehmen können. Jeder denkt, liest, zeichnet, schreibt, spielt ein Instrument, ergötzt oder beschäftigt sich in seinem Zimmer bis zur Tafel. Dann kleidet man sich sauber, doch ohne Pracht und Verschwendung an und begibt sich in den Speisesaal. Alle Beschäftigungen und Vergnügungen des Kronprinzen verraten den Mann von Geist. Sein Gespräch bei der Tafel ist unvergleichlich; er spricht viel und gut. Es scheint, als wäre ihm kein Gegenstand fremd oder zu hoch; über jeden findet er eine Menge neuer und richtiger Bemerkungen. Sein Witz gleicht dem nie verlöschenden Feuer der Vesta. Er duldet den Widerspruch und versteht die Kunst, die guten Einfälle anderer zutage zu fördern, indem er die Gelegenheit, ein sinniges Wort anzubringen, herbeiführt. Er scherzt und neckt zuweilen, doch ohne Bitterkeit und ohne eine witzige Erwiderung übel aufzunehmen.

Die Bibliothek des Prinzen ist allerliebst; sie ist in einem der Türme, die ich erwähnte, aufgestellt und hat die Aussicht auf den See und Garten. Sie enthält eine nicht zahlreiche, aber wohlgewählte Sammlung der besten französischen Bücher in Glasschränken, die mit Gold und Schnitzwerk verziert sind. Voltaires lebensgroßes Bild ist darin aufgehängt. Er ist der Liebling des Kronprinzen, der überhaupt alle guten französischen Dichter und Prosaiker hochhält.

Nach der Mittagstafel gehen die Herren in das Zimmer der Dame, an der die Reihe ist, die Honneurs des Kaffees zu machen. Die Oberhofmeisterin fängt an, und die anderen folgen; selbst die fremden Damen sind nicht ausgeschlossen. Der ganze Hof versammelt sich um den Kaffeetisch, man spricht, man scherzt, man macht ein Spiel, man geht umher, und diese Stunde ist eine der angenehmsten des Tages. Der Prinz und die Prinzessin trinken in ihrem Zimmer. Die Abende sind der Musik gewidmet. Der Prinz hält in seinem Salon Konzert, wozu man eingeladen sein muß. Eine solche Einladung ist immer eine besondere Gnadenbezeigung. Der Prinz spielt gewöhnlich die Flöte. Er behandelt das Instrument mit höchster Vollkommenheit; sein Ansatz sowie seine Fingergeläufigkeit und sein Vortrag sind einzig. Er