312. AN DEN GENERALFELDMARSCHALL FÜRST VON ANHALT-DESSAU IN BERLIN.

Schweidnitz, 17. März 1741.

Durchlauchtigster Fürst, freundlich geliebter Vetter. Ew. Liebden haben Mir und Meinem Hause in allen Gelegenheiten so viele Proben von einer treuen Freundschaft und wahren Neigung gegeben, dass Ich nicht umhin kann, Deroselben, jedoch noch zur Zeit in höchstem Vertrauen und als das grösseste Secret, anliegend zu communiciren, was Ich vor Nachrichten von Petersburg aus erhalten, betreffend ein detestables Project, so der sächsische Hof nebst dem wienerischen wider Mich geschmiedet, und wie diese sowohl die Russen wie die Seepuissancen in solches zu ziehen suchen. Es werden Ew. Liebden zugleich ersehen, dass zu Meiner grössesten Surprise, und sonder dass Ich das geringste davon soupçonniren können, der russische Hof fast geneiget ist, in solches Project zu entriren, und auf einmal die Casaque gegen Mich zu tourniren, ob Ich schon von Meiner Seiten alles menschmögliche gethan, solchen Hof in der Neutralité gegen Mich zu erhalten. Ich will zwar noch zur Zeit nicht alle Hoffnung fallen lassen, dass nurermeldeter Hof vielleicht noch rectificiret werden möchte, und ist dieses die Ursache warum Ew. Liebden ersuche, alles dieses sorgfältigst zu menagiren. Nach der jetzigen Apparence aber finde Ich doch nöthig, Mich auf alle Fälle fertig zu halten und habe dahero Ew. Liebden Meine erste Idée, so Ich Mir deshalb gemachet, und was Ich auf den Fall, dass gedachtes detestable Project wirklich goutiret werden sollte, vor Mesures zu nehmen, hierdurch eröffnen wollen, in dem festen Vertrauen, Ew. Liebden werden Mir Dero Gedanken darüber aufrichtigst zu melden nicht anstehen. Und <209>zwar wäre Ich gesonnen, wenn es mit solcher Ligue gegen Mich zu Stande kommen sollte, zuvorderst die in Preussen annoch gebliebenen zwei Dragonerregimenter nebst denen beiden Husarenregimentern sogleich herauszuziehen und mit solchen Ew. Liebden unterhabendes Corps d'armée zu verstärken, um sowohl solche Regimenter einer Überwiegenden Macht nicht zu exponiren, als auch Meine Forces soviel nur thunlich zusammen zu haben. Inzwischen Ew. Liebden Corps d'armée in das concertirte Campement rücken und sich in solchem fertigen Stande halten müsste, damit Dieselbe mit solchem auf den allerersten Wink und sogleich wie es nöthig ist denen Sachsen zu Halse gehen und diese desarmiren, auch ohnkräftig machen könnte, Mir weiter zu schaden, wobei vor allen Dingen verhindert werden müsste, dass die Sachsen mit denen Hannoveranern sich nicht conjungiren könnten. Ich glaube auch, dass Ew. Liebden mit Dero Corps den Sachsen genugsam supérieur sein werden, wenn zumalen der Renfort von oberwähnten beiden Dragonerregimentern etc. dazu käme. Ich Meines Ortes wollte währender Zeit dass dieses geschähe Mich nichts abhalten lassen, alle Meine Operationes allhier fortzusetzen und Mich von Brieg und Neisse Meister zu machen. Was Hannover etc. anlanget, so sehe Ich zwar zur Zeit noch keine sonderliche Anstalten, um die benöthigte Magazins vor ein Corps Truppen zu machen; sollte aber dieses Haus gegen Mich mit entriren, so würde wohl kein Anstand zu nehmen sein, nach geschehenem Coup in Sachsen auch solchen zu Halse zu gehen und zu thun was die Umstände erforderten. Sollten die Russen inzwischen nach Preussen gehen und solches wegnehmen, so würde Mich wegen solches Verlustes in Sachsen dedommagiren müssen. Da Ich auch zuverlässig weiss, dass im bevorstehenden Frühjahre sowohl das Haus Baiern, unter Assistance von Frankreich, gegen Oesterreich agiren, als auch diese Krone überdem ein besonderes Observationscorps formiren lassen will, zu geschweigen des Coups, so die Spanier in denen italienischen Provinzien von Oesterreich thun wollen, so würde Mich dieses insoweit soulagiren, dass einestheils die Oesterreicher den grössten Theil ihrer Force gegen Baiern und nach Italien ziehen, die Hannoveraner etc. und Hessen aber obligiret werden würden, sich gegen Frankreich zu wenden; da Ich dann, sobald solches geschähe, wenn Ich mit Neisse und Brieg fertig, einen Theil Meiner hiesigen Armée hier in der Schlesie nur defensive agiren lassen, mit dem andern Theil derselben aber durch die Lausnitz marschiren und mit Ew. Liebden Corps Mich conjungiren könnte, um sodann mit vereinigten Kräften denen Russen entgegen zu gehen.

Dieses seind die ersteren Gedanken, so Ich von denen zu nehmenden Mesures gehabt habe, welchergestalt Ich Meinen Feinden, wenn Ich dazu genöthiget werde, begegnen könnte. Ew. Liebden aber werden Mir gewiss eine besondere Marque von Dero Freundschaft geben, wenn Dieselbe solchen Plan näher überlegen und Mir Dero Gedanken hierüber sowohl, als was etwa sonsten vor Mesures zu nehmen, ganz <210>frei und offenherzig zu erkennen geben werden, ohne Mir das geringste zu cachiren, wie ich denn Dero Antwort hierüber, sobald es nur möglich sein wird, durch einen Expressen erwarten werde. Uebrigens wollen Ew. Liebden das dortige Corps d'armée dergestalt fertig halten, damit alles im Stande und bei der Hand sei, ohne einen Moment zu verlieren dahin wo es nöthig sein wird agiren und Meinen Feinden das Praevenire spielen zu können. Der Ich mit aller Hochachtung beharre Ew. Liebden freundwilliger Vetter

Ihro Durchlaucht werden wohl mit vieler Verwunderung hören was sich in Russland zutraget; wenige Tage werden die grosse Sache völlig am Tage legen.

Friderich.

Nach der Ausfertigung im Herzogl. Archiv zu Zerbst. Der Zusatz eigenhändig.