466. AN DEN GENERALFELDMARSCHALL FÜRST VON ANHALT-DESSAU IM LAGER BEI GÖTTIN.

Lager bei Reichenbach, 24. August 1741.

Durchlauchtigster Fürst, freundlich geliebter Vetter. Ew. Liebden letzteres Schreiben ist Mir durch den anhero abgeschickten Lieutenant von Proeck wohl eingeliefert worden, undreservire Ich Mich, Deroselben auf den Einhalt desselben besonders zu antworten. So viel aber das Postscriptum dessen, die Aenderung des dortigen Lagers betreffend, angehet, da finde Ich, dass solche zur Conservation derer Leute nothwendig sei, und werde Deroselben darunter weder Ziel noch Masse vorschreiben, sondren alles lediglich Ew. Liebden Gutfinden überlassen. Nur allein habe Ich wegen der Situation von Gröningen dies einige Bedenke, dass wenn das Mouvement der Armée dahin geschehensollte, dieses Meinen guten Freunden und Nachbaren vielleicht neuen Allarm erregen und Gelegenheit geben würde, sich allerhand intendirende Absichten dadurch in die Köpfe zu setzen. Dass selbige vor Ew. Liebden und Dero unterhabenden Année in allerhand fürchterlichen Gedanken stehen, ist Mir bekannt, Meine Wohlfahrt und Interesse erfordert auch, dieselben de bonne manière darunter zu unterhalten; nur allein ist es noch nich't von der Zeit, dieses Wespennest zu regen, dahero, obschon Ich vor hochnöthig erachte, dass die dortige Armee ihr bisheriges Lager je eher je lieber verändere, so würde Ich jedoch gerne sehen, wenn solches sondern Meinen Nachbaren neue Ombrage zu machen geschehen, und also das Lager sich entweder eine viertel oder halbe Meile näher oder zur Seite von Brandenburg wieder setzen und hinziehen konnte, damit auf solche Weise Meine Intention auf alle Art erhalten würde. Ich stelle dieses alles zu Ew. Liebden Gefallen, und können Dieselbe das Lager hiernach verändern, jedoch muss alsdann die Ursache dieser Veränderung sogleich eclatiren.

Damit auch Ew. Liebden von Meinen jetzigen Umständen um so mehr eclairciret sein und Dero Mesures darnach nehmen mögen, so habe nicht langer Anstandnehmen wollen, Deroselben ein Secret zu eröffnen, welche bisher vordas hôchste gehalten und noch bis zu seiner Zeit vor das grösseste halten werde, in der versicherten Persuasion, Ew. Liebden werden solches gleichfalls annoch vor Sich behalten und niemanden auf der Welt, es sei auch wer es wolle, davon das geringste äussernnoch merken lassen.

Es hat Mich nämlich die ohnbegreifliche Opiniâtreté des wienerschen Hofes, sammt dessen ohnerträglicher Hauteur und kaum zu glaubender Impertinence dahin gebracht, dass, da die Feinde Meiner Feinde natiirlicher Weise Meine Freunde sein müssen, Ich endlich mit der Kron Frankreich und der Chur Baiern gewisse geheime Mesures genommen, um unseren gemeinsamen und höchst orgueilleusen Feind zur Raison zu bringen. Das Churhaus Sachsen, so sehr es auch vor das <308>Haus Oesterreich portiret zu sein scheinet, dörfte endlich so genöthigt als geneigt sein, in solche gemeinschaftliche Mesures zu treten, obschon solches davon noch nicht informiret ist; wenigstens ist Hoffnung, dass sich selbiges vielleicht noch auf die Partie gegen Oesterreich rangire, dahero Ich dann selbiges bei Gelegenheit der Veränderung des Lagers der dortigen Armee nicht in Alteration setzen und solchen missliche Gedanken erregen möchte. Ew. Liebden werden dannenhero nach Dero Prudence Dero Mesures hiernach nehmen, und wird der fernere Erfolg der Sachen ein mehreres an die Hand geben. Woferne auch das Haus Hannover in seiner bisherigen Jalousie und Duplicité gegen Mich, obschon unter sehr verdeckten Gerichten, continuiren wollte, wie es fast das Ansehen hat, so dörfte es leicht geschehen, dass Ew. Liebden Armee noch in diesem Jahre zur Operation käme. Bis dahin ist Meine Sache, denen Häusern Sachsen und Hannover zwar keine befugte Ursache zu Ombrage zu geben, solche aber dennoch durch die dortige Armee in Respect zu erhalten. Dieses seind Meine geheimste Gedanken, so Ew. Liebden in besonderem Vertrauen decouvrire, der festen Hoffnung lebend, Dieselbe werden in Fassung Dero Mesures davon Gebrauch machen, sonsten aber alles sorgfältigst menagiren und dasjenige, so etwa Dieselbe Mir darauf zu eröffnen nöthig finden, Sich bemühen eigenhändig an Mich zu schreiben, um des Secrets so viel versicherter zu sein. Der Ich übrigens mit vieler Estime aufrichtigst bin Ew. Liebden freundwilliger Vetter

ich sage Ihro Durchlaucht tausend Dank vor alle gute Sachen, so Sie mir geschrieben haben, ich werde siemir gewisse zu Nutzen machen und zur gehorigen Zeit an den Mann bringen. Ihro Durchlaucht werde noch einmal weitläuftig schreiben, wie ich grosse Ursache habe den Feind zu attaquiren. Diersfordt ist ein dummer Teufel, der die Situation nicht kennt,308-1 mir ist sie besser bekannt, es gehet sehr wohl an und wird ganz gewiss gut gehen.

Friderich.

Nach der Ausfertigung im Herzogl. Archiv zu Zerbst. Der Zusatz eigenhändig.



308-1 Veigl. L. v. Orlich, Gesch. der schles. Kriege I, 138.