7794. AN DEN ETATSMINISTER GRAF PODEWILS IN BERLIN.

Potsdam, 2. August 1756.

Es haben des Königs Majestät beliebet, dass mit Inserirung derer Nachrichten von denen österreichischen Kriegesveranstaltungen in Böhmen und Mähren in denen gedruckten Zeitungen continuiret werden, 161-1 mithin auf eine convenable und ohnaffectirte Art unter fremdem Orte gesetzet werden solle, wie nach sicheren Briefen der Orten161-2 den 28. Juli in das Lager bei Kolin 24 Bataillons Infanterie, 2 Regimenter Cuirassierer, 2 Regimenter Dragoner einrücken, nach Eger aber 4 Bataillons Infanterie, nämlich 2 Bataillons von Harrach und 2 von Wolfenbüttel, marschiren und daselbst vorerst eincampiren, nach Olmütz aber 8 Bataillons Infanterie marschiren würden. Denen zu dem Lager bei Kolin in Böhmen sowohl, als denen zum Campement bei Holleschau in Mähren, ohnweit Olmütz, kommenden Regimentern sei befohlen worden, ihre Feldequipage mitzunehmen. In Böhmen wären 4,000 Stück Proviant- und Bagagewagens gemachet worden, die auf fernere Ordre in denen Städten bereit gehalten werden müssten, und würden sonsten auch Magazine auf zwei Monate errichtet, und zwar in Böhmen zu Kolin, Kuttenberg und Czaslau. Man wisse zuverlässig, dass das Lager bei Olmütz durch die in Mähren, Oesterreich und Steiermark stehenden Regimenter verstärket werden sollte, und dass aus Hungarn die Regimenter Cuirassierer: Pretlack, Trauttmansdorf, Lucchesi, Palffy, Cordua, Portugal, Radicati, Birkenfeld, Stampach, Serbelloni, auch das zu Wien jetzo stehende Regiment Prinz Leopold, ferner die Regimenter Dragoner: Kolowrat, Savoyen, Liechtenstein, Porporati und Sachsen-Gotha nach Böhmen und Mähren marschireten, und dass überdem<162> 8,000 Croaten und Panduren aus Ungarn nach Mähren auf dem Marsch wären; so würden auch verschiedene Husarenregimenter dahin erwartet. An der Fortification von Olmütz würde stark gearbeitet und wäre eine grosse Menge von schwerem Geschütz, Kugeln und Bomben dahin gebracht. Man spräche, dass der General Browne das Lager in Mähren und der Fürst Liechtenstein das in Böhmen commandiren würde, wiewohl andere wollten, dass der Fürst Piccolomini das Commando in Mähren haben werde.162-1 Alles wäre in Böhmen und Mähren in grosser Beunruhigung über die erstaunliche und dort noch nie gesehene Kriegesveranstaltungen, so dortiger Orten gemachet würden, so wie hergegen gute Nachrichten besageten, dass in Schlesien man von keinen Kriegesrüstungen etwas höre und die dasige Regimenter noch ruhig in ihren Quartieren stünden.

Ew. Excellenz überlasse ich, was Dieselbe denen Zeitungen deshalb inseriren zu lassen vor gut finden werden; nur nehme mir die Freiheit, annoch zu erinnern, wie ohnvorgreiflich es wohl gut sein dörfte, wann der Concipient der Zeitungen dergleichen Article nicht immédiate auf den berlinschen Article [folgen lasset], wie das vorige Mal geschehen,162-2 sondern solches mit andern Articuln unter einander melirete, dabei auch demselben insinuiret werde, dass, falls ja ein oder ander auswärtiger Minister directement oder indirectement bei ihm sich erkundigen lassen sollte, woher dergleichen Articul gekommen, er sich nichts weiter deshalb äussern, als dass er verschiedene aus dem Reiche und der Orten her gekommene Briefe und Passagiers gesehen und gesprochen und von solchen den Article colligiret habe.

Eichel.

Nach der Ausfertigung.

P. S.

Sonsten soll auf Sr. Königl. Majestät expressen Befehl ich an Ew. Excellenz noch vermelden, dass, sobald des Königs Majestät die Antwort von der Kaiserin-Königin erhalten haben werden,162-3 Sie intentioniret seind, solche durch Dero Minister an nachstehende Höfe communiciren zu lassen, nämlich nach Holland, nach Engelland, Frankreich, Schweden, Dänemark, an Benoît in Polen, durch Engelland der Pforte, durch den von Maltzahn an den neapolitanischen und sardinischen Gesandten162-4 und durch Hellen an den spanischen Gesandten;162-5 dass also Ew. Excellenz nur immer die Instructiones dazu vorläufig expediren lassen sollten, damit alles alsdenn gleich unterschrieben werden und abgehen könnte.162-6 Und da vermuthlich die erste Antwort nicht suffi<163>sant genug sein und also des Königs Majestät noch eine nähere Explication fordern lassen würden, so würden Se. Königl. Majestät auch alsdenn solche ebenmässig an gedachte Höfe communiciren.

Nach der Ausfertigung (praes. 2. August 1756 um ½ 12 Uhr Vormittags}.163-1



161-1 Vergl. Nr. 7756.

161-2 Die folgenden Nachrichten entstammen in der Hauptsache einer Meldung, d. d. Königgrätz 27. Juli, deren Verfasser nicht bekannt ist.

162-1 Diese Angaben reproducirt unter anderen ein Artikel, Nürnberg 26. Juli, der „Berlinischen Nachrichten“ vom 3. August 1756, Nr. 93.

162-2 Vergl. die Correspondenz „Nieder-Elbe 22. Juli“ in Nr. 90 der „Berlinischen Nachrichten“ vom 27. Juli.

162-3 Vergl. Nr. 7795.

162-4 Sardinien war zur Zeit in Dresden nicht vertreten (vergl. Bd. XII, 261), der neapolitanische Gesandte war der Herzog von Santa Elisabetta.

162-5 Marchese Grimaldi.

162-6 Demgemäss Ministerialerlasse an die genannten preussischen Gesandten, d. d. Berlin 7. August.

163-1 In dem — ungedruckten — Tagebuch eines Officiers aus der Umgebung des Königs (Kriegsarchiv des Grossen Generalstabs zu Berlin C. II. 2.) heisst es unter August 1756: „Den 2. um 9 Uhr des Morgens fuhr der Geheime Rath Eichel schleunig zum König mit wichtigen Nachrichten (vergl. Nr, 7795). Eine Stunde darauf liess der König die Feldmarschalls Schwerin, Keith und den Prinzen von Preussen oben rufen und hielt mit solchen eine geraume Zeit eine lange Unterredung. Man sprach darauf viel vom Kriege.“