7887. AN DEN GEN ER ALFELDMARSCHALL VON LEHWALDT IN KÖNIGSBERG.

Potsdam, 21. August 1756.

Ich habe Eure unter dem 14. dieses Monats an Mich eingesandte Schreiben richtig erhalten und gebe Euch darauf in Antwort, wie, nachdem Ich bei dem hiesigen englischen Minister Mitchell ansuchen lassen, vor den englischen Capitän Lambert einige Courierpässe nach Petersburg zu ertheilen, in der Art, wie Ihr solches vorgeschlagen habt, gedachter Mitchell aber Mir deshalb und worum er solches, sonder Ordres von seinem Hofe zu haben, nicht wohl thun könne, so gute Ursachen angezeiget,254-1 dass Ich nichts dagegen sagen können, derselbe dennoch beiliegenden Reisepass vor gedachten Capitän Lambert an Mich eingesandt hat. Wenn also dieser Pass eigentlich nur zu einer Reise ist, so müsset Ihr auch um so besseren Gebrauch davon machen und den Lambert nicht eher nach Petersburg schicken, als bis Ihr merket oder höret, dass die Russen wieder von neuem zu remuiren anfangen, alsdenn Ihr denselben ingeheim zu Euch kommen und ihn mit dem Pass nach Russland abschicken müsset, um sich nach allen militärischen Arrangements zu erkundigen, und ob sie mit einem oder mit zwei Corps agiren wollen, da dann der Lambert, um alles wohl zu observiren, sich eine Zeit allda aufhalten und, nachdem die Umstände mehr oder weniger pressiren, zurückkommen und Euch umständliche Rapports thun kann. Die Pension der 600 Thaler und 320 Thaler vor jede Reise254-2 sollet Ihr ihm und zwar erstere in monatlichen Ratis aus dortiger Generalkriegeskasse auszahlen lassen.

Wann Russland von neuem gegen Mich remuiren sollte, so stehet es dahin, ob sie mit einem oder zwei Corps agiren oder sich begnügen werden, den Oesterreichem ein Auxiliärcorps zu schicken. Letzterenfalls glaube Ich, dass solchen von Euch sodann unterwegens in Polen eins anzubringen wäre. Wann Ihr aber ein Corps in Polen schicken solltet, so muss von selbigem zugleich überall debitiret werden, dass es nur geschehe, um aus Freundschaft vor die Republik und zu Soutenirung ihrer Freiheit fremde Durchzüge zu verhüten und zu verhindern, dass der Krieg sich nicht in Polen zöge; wie dann Euer Corps, wann es den Zweck erreichet, gleich wieder zurückgehen werde.

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Es ist aber nothwendig, dass Ihr jetzo schon den Obristen Malachowski oder vielmehr den Major Narzymski als einen sehr geschickten Officier nach den Gegenden der Route von Smolensk auf Grodno unter guten Prätexten schicket, um die Gegenden und wo man den Russen am besten ankommen könne, zu recognosciren.

Den vorigen Tartarchan255-1 betreffend, so ist solcher vor einiger Zeit abgesetzet worden, mithin die Connexion mit ihm vorbei.

Hier ist die Situation so, dass der Finger an dem Abzüge geleget ist, und daferne Ich in wenig Tagen keine gute Antwort von dem wienerschen Hofe erhalte, so ist der Krieg da. Ich glaube indess nicht, dass die Russen in diesem Jahre agiren können noch werden.

Friderich.

P. S.

Auch danke Ich Euch vor die in Eurem Berichte vom 14. dieses Mir communicirte Nachrichten, so Euch von guter Hand zugekommen sein,255-2 und wird es Mir lieb sein, wann Ihr Mir dergleichen gelegentlich noch weiter melden könnet.

Bei denen von Euch an Mich eingesandten Listen derer Officiers von denen neu zu errichtenden 4 Garnisonbataillons hat es Mich zwar anfänglich frappiret, dass Ihr in solchen den Obristlieutenant von Schach und Major von Buddenbrock mit aufgeführet haben, von denen Ich geglaubet, dass solche als sehr tüchtige Officiers noch viel länger gebrauchen können; nachdem Ich aber aus Eurem Bericht die Ursachen davon ersehen habe, so bin Ich davon zufrieden gewesen.

Bei den Listen habe Ich sonsten noch remarquiret, dass verschiedene lahme Leute darunter seind, und erinnere Ich Euch nur deshalb, wie Ihr dabei erwägen müsset, dass diese Bataillons mit campiren und in die Linie kommen sollen.

Dass Ihr die vier Russen, so nach Memel gekommen und sich daselbst engagiren wollen, nicht in Memel gelassen, sondern anderweitig versetzt habet, solches approbire Ich sehr, indem solche dorten nichts nutze gewesen sein würden.

Was Ich Euch in Meinem Schreiben wegen des Major Narzymski angeführet, recommandire Ich Euch nochmalen hierdurch.

Ich beziehe Mich wegen der übrigen Umstände auf einliegendes Schreiben an den Major von Goltz,255-3 als in welchem Ich Mich über alles expliciret habe und solches dahero hier nicht wiederholen will.

Nach dem Concept.

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254-1 Vergl. S. 170.

254-2 Vergl. S. 141.

255-1 Lehwaldt berichtet, Königsberg 14. August, der Major Goltz habe ihm mitgetheilt: „dass Ew. Königl. Majestät mit dem Krimschen Tartarenchan in liaison gestanden, und dass sich solcher offeriret Diversiones zu machen oder als Auxiliair zu dienen.“ Vergl. Bd. VI, 300.

255-2 Mittheilungen eines Emissärs über die russischen Truppen bei Mietau und Riga.

255-3 Das Schreiben liegt nicht vor.