7960. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN BERLIN.

Torgau, 2. September 1756.

Meinem letzteren, an Ew. Excellenz erlassenen unterthänigen Schreiben zufolge326-3 lege dasjenige Précis hierbei, welches dem Herrn von Knyphausen, dem Michell in Engelland und dem von Hellen im Haag von Sr. Königl. Majestät bereits communiciret worden,326-4 und dessentwegen schon letzthin die Ehre gehabt, Ew. Excellenz des Königs Majestät Intention zu melden.

Und da nur Höchstgedachte Se. Königl. Majestät mir noch heute exprès befohlen, Ew. Excellenz zu melden, dass bei jetzigen, höchst critiquen Umständen, und da nicht einen Augenblick daran zu zweifeln sei, dass der wienersche Hof alles thun werde, um seine prätendirte<327> friedliebende Intentiones dem Publico anzupreisen, hergegen des Königs Majestät als einen unruhigen Agresseur auszuschreien, mithin mit gedachtem Hofe nunmehro darunter nichts weiter zu menagiren, vielmehr derselbe dem Publico ganz bloss vorzustellen wäre, so möchten Ew. Excellenz Sich von dem Herrn Geheimen Rath von Hertzberg dasjenige Paquet Acten geben lassen, welches ich den Tag nach meiner Abreise von Potsdam mit Sr. Königl. Majestät Petschaft versiegelt unter der Rubrique „Dépêches oder Correspondance mit dem von Maltzahn zu Dresden pro Julio und Augusto c. a.“ zum Cabinetsarchiv abgeben lassen, solches erbrechen und aus einer darin befindlichen Dépêche, betreffend ein Entretien, so der sächsische Minister Graf von Flemming327-1 mit dem Grafen von Kaunitz über die von dem von Klinggräffen zuerst geforderte Declaration und die von dem wiener Hofe darauf gegebene Antwort gehabt,327-2 Selbst ein accurates Précis anfertigen und demnächst besorgen, dass solches sowohl dem englischen Minister Mitchell,327-3 als auch dem von Knyphausen, dem von der Hellen, dem Michell327-4 und wo es etwa sonsten mehr erfordert werde, communiciret würde, damit die ganze Welt sehe, wie arglistig bei der ersteren Antwort des wienerschen Hofes gegen Se. Königl. Majestät verfahren worden, und was vor Absichten man darunter geheget habe. Nur möchten Ew. Excellenz bei Anfertigung des Précis, Note oder Promemoria zu beobachten belieben, dass der Canal, woher des Königs Majestät diese importante und sichere Nachrichten gehabt, nicht trahiret würde, sonsten aber die ipsissima verba des Grafen von Kaunitz und alle dessen grobe Ausdrücke beibehalten und darunter nichts ändern. Die Acten selbst möchten Ew. Excellenz sodann, ohne solche jemandem weiter im geringsten zu communiciren, versiegeln und den p. von Hertzberg dergestalt wieder zum Cabinetsarchive reponiren lassen.

Ausserdem aber würden Ew. Excellenz in erwähnten Depeschen noch einige finden, nach welchen der von Flemming dem Grafen Brühl die Frage aufgeworfen und instruiret zu sein verlanget,327-5 ob es in gewisser Consideration vor Sachsen besser sei, dass Preussen Schlesien behielte oder dass solches wieder an Oesterreich käme, und welchergestalt sich der Graf Brühl darauf ausgedrücket habe;327-6 aus welcher Dépêche also Ew. Excellenz gleichfalls das nöthige extrahiren, davon ein Précis fertigen und, dass solches ebenmässig behöriger Orten communiciret werde, besorgen möchten. Welches alles auf Sr. Königl. Majestät expressen Befehl Ew. Excellenz melden sollen.

Eichel.

Nach der Ausfertigung.

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326-3 Vergl. Nr. 7950.

326-4 Vergl. Nr. 7936. 7948.

327-1 Bericht Flemming's an Brühl, d. d. Wien 28. Juli.

327-2 Vergl. Nr. 7849 S. 214 und Nr. 7848.

327-3 Nr. 79S3.

327-4 Demgemäss eigenhändiges P. S. Finckenstein's zu den Ministerialerlassen an die drei genannten preussischen Gesandten, d. d. Berlin 7. September.

327-5 Vergl. S. 347 Anm. 2.

327-6 Vergl. S. 347 Anm. 3.