<210> Mir ausserdem von anderen Orten her seit einiger Zeit zugekommen seind, erwäge, so scheinet es fast das Ansehen zu gewinnen, als ob die Leute in Russland noch wohl gar nichts thun dörften oder wollten, und dass, wenn etwa es sich mit der Gesundheit der Kaiserin noch schlechter anlassen möchte, sie sich vielleicht aus der ganzen Sache mit denen Oesterreichern zurückziehen dörften. Diese sollen auch noch stark in Russland darauf arbeiten, dass die Russen, um nicht die Türken zu irritiren,1 nicht durch Polen nach Schlesien, sondern eher nach Preussen marschiren möchten.

Das an sich sonst sehr unglückliche und beklagenswürdige Évènement mit dem König von Frankreich, da er von einem abominablen Menschen verwundet worden, kann indess die Folge haben, dass, wenn der König lebet, Frankreich sich in seinem bisher bezeigten unzeitigen Eifer ralentiret, wenigstens die Operationes einige Wochen oder Monate länger aufhält, und wir also von der Seite etwas Luft haben. Welches man denn abwarten muss.

Friderich.

Nach dem Concept.


8536. AN DEN GENERALLIEUTENANT VON WINTERFELDT IN LANDSHUT.

[Dresden,] 18. [Januar 1757].

Ich fange an zu glauben, dass Seine Nachrichten nicht richtig seind. Wo könnte Browne 40,000 bei Rumburg und denen Gegenden zusammenbringen, ohne dass meine Postirung erführe, dass was in Bewegung ist? Ich weiss, dass eine grosse Ursache, warum sie uns in der Lausnitz alarmiren, vornehmlich ist, um mir zu bewegen, die preussische Truppen2 anhero zu ziehen, dann sie erkundigen sich sehr, ob die schwarze Husaren3 und andere preussische Regimenter noch nicht dar wären. Ich habe jedoch den Prinz von Bevern hingeschicket, um zu wissen, ob es nöthig ist, dass ich das Corps verstärke. Ich kann nicht glauben, dass die Leute würden fleckweise agiren wollen, das wäre das Mittel, en détail geschlagen zu werden. Was hilft ihnen jetzunder Zittau: sie haben bessere Wege nach der Lausnitz [als] durch Kratzau, und sie können wohl sich vorstellen, dass die Stadt nicht währender Campagne wird besetzet bleiben. Also glaube ich nicht, dass sie jetzo was vornehmen werden.

Der König von Frankreich ist von einem infamen Menschen blessiret worden;4 er ist ausser Gefahr, beichtet und communiciret Dieses wird ein neues Ministerium zuwege bringen, und wollen die Franzosen doch was thun, so glaube ich, wird es langsam und später



1 Vergl. S. 184.

2 Die Truppen des Feldmarschall Lehwaldt in Ostpreussen.

3 Das ostpreussische Husarenregiment des Generalmajors von Rüsch.

4 Vergl. S. 208.