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8703. AN DEN GENERALFELDMARSCHALL VON LEHWALDT IN KÖNIGSBERG.

Dresden, 9. März 1757.

Euer Schreiben vom 1. dieses ist Mir richtig eingeliefert worden. Was Ihr Mir von Eurer gefassten Resolution [meldet], an den russischen Feldmarschall Apraxin sogleich declariren lassen zu wollen, im Fall derselbe die in dem russischen Rescripte annoncirte und gedrohete Barbareien1 durch seine irreguläre Truppen ausüben lassen zu wollen Miene machte, solches approbire Ich vollenkommen als eine derer recht mässigsten Repressalien,2 um dergleichen barbarischem Verfahren, als man androhen wollen, wo nicht vorzubeugen, dennoch zu begegnen und zurückzuhalten.3

Ich bin sonsten fest Eurer Meinung, dass die Mir aus Schweden überschriebene Zeitung von dem Untergange einiger russischen Schiffe mit Artillerie durch Sturm in der See4 dieselbe sei, so Ihr Mir vorhin schon gemeldet habet.

Aus Engelland giebt man Mir sonsten die wiederholte Versicherung, dass man Mich gegen künftigen Sommer mit einer Escadre in der Ostsee secondiren wolle,5 und werde Ich nicht ermangeln, Meinen Gebrauch von dem zu machen, so Ihr von dem Orte, wohin dieselbe sich zu legen hat, geschrieben.

Ich habe auch dem Etatsminister Graf Podewils aufgegeben,6 sogleich ein Präliminärgegenmanifest in teutscher, französischer, lateinischer und polnischer Sprache ausfertigen zu lassen und Euch zuzusenden, des ohngefährlichen Einhaltes, dass weil die russische Kaiserin alle Considération einer guten Freund- und Nachbarschaft ohne die geringste dazu habende Ursache auf die Seite gesetzet habe, also Ich Mich der von Gott Mir verliehenen Macht gegen ihren Anfall gebrauchen und zu einer rechtmässigen Defension schreiten müssen, und dass man sich vorbehalte, auf die in ihrem Manifeste angeführte ohngegründete Ursachen umständlich zu antworten; welches Préliminaire-Gegenmanifest Ihr dann sogleich überall ausbringen lassen müsset, sobald Apraxin das seinige herausgegeben haben wird.

Bei denen Umständen nun, wenn es zum wirklichen Bruch kommen wird und die Kriegsoperationen angehen, ist nichts anders zu thun noch übrig, als dass wir unseren Feinden auf den Hals gehen und uns mit ihnen bis auf den letzten Mann schlagen, welches die einige Ressource ist, so uns bleibet, um unsere übermüthige Feinde zu demüthigen. Inzwischen könnet Ihr glauben, dass, was Apraxin thun wird, von ihm gewiss à contre-cœur geschiehet, da er vor die Grossherzogin portiret ist;7 demohnerachtet kann er von dem jetzigen Hofe positive Ordres bekommen, die von ihm fordern, dass er absolute was thun muss.



1 Vergl. S. 301.

2 Vergl. S. 302.

3 Der Bericht Lehwaldt's vom 1. März liegt nicht vor.

4 Vergl. S. 302 Anm. 5.

5 Bericht Michell's, London 25. Februar. Vergl. Nr. 8700.

6 Vergl. Nr. 8704.

7 Die Grossfürstin Katharina. Vergl. S. 188.