9522. AN DEN GENERALMAJOR VON FINCK IN DRESDEN.

Torgau, 15. November 1757.

Mein lieber Generalmajor von Finck. Ich mache Euch hierdurch bekannt, wie dass Ich mit Meinem Corps d'armée den 18. dieses Monates ohngefähr bei Kemnitz, Königsbrück oder Bautzen sein werde. Gegen den 18. dieses werde Ich müssen Brod haben; wenn Ihr Mir also vorerst auf 4 Tage schicket, so wird solches alles seind, was wir nöthig haben. Den Tag, da Ihr sehen werdet, dass alles das Volk von Hadik, Mittrowsky und von Marschall35-1 sich Eurer Orten weg- und zurückziehet, da müsset Ihr von dem Tempo und Moment profitiren, um die 1000 oder 1500 Winspel, davon Ich Euch vorhin schon mit einem Feldjäger von Leipzig aus geschrieben,35-2 und der hoffentlich wohl bei Euch angekommen sein wird, sogleich nach Torgau transportiren zu lassen.

Wenn Ihr Mir den obgedachten Convoi mit Brod schicket, so sollet Ihr ein Bataillon von denen dortigen Reconvalescirten, und zwar sowohl von Meinen hiesigen als von denen schlesischen Regimentern, machen und den Convoi escortiren lassen, welche Reconvalescirte Ich alsdenn mitnehmen werde, jedoch werde Ich Euch noch avertiren35-3 und dem Convoi entgegenschicken.

Der Feldmarschall Keith wird mit einem Corps den 15., als heute, in Zeitz sein und alsdenn nach Böhmen marschiren.35-4 Mit demselben sollet Ihr alsdenn weiter correspondiren und ihn avertiren, wo Marschall, Mittrowsky und dergleichen geblieben und hin marschiret seind, auch andere Nachrichten mehr, so ihm diensam sein können. Ich werde Euch noch einen Chiffre zuschicken, dessen Ihr Euch werdet bedienen<36> können, um sowohl mit ihm als künftig mit Mir in Ziffern zu schreiben. Ich bin Euer wohlaffectionirter König

Friderich.

NB. Die Garnison von Pirna muss auf drei Monat verproviantiret werden.

P. S.

Da Ich auch auf die Spur gekommen bin und mit gutem Grunde nachher erfahren habe, wie der von Looss36-1 und der Consistorialpräsident Globig hauptsächlich diejenigen seind, welche bei allen calomniösen und lügenhaften Berichten und Zeitungen, so von Seiten des dresdenschen Hofes bisher so vielfältig ausgestreuet worden, die Feder geführet, überdem aber auch eine nachtheilige Correspondance im Lande unterhalten und dabei Stände, Bedienten und Unterthanen zu allen übelen Sachen, auch mit denen schuldigen Praestandis zurückzuhalten, animiret haben, so ist Mein Wille, dass Ihr beide sogleich arretiren lassen und ihnen zugleich alle Gelegenheiten zu einiger Correspondance und zum Schreiben, noch mündlich etwas tramiren zu können, benehmen, auch sie wohl in Verwahrung halten lassen sollet, zumalen der von Globig ohnehin eine verschmitzte und malitieuse Creatur von dem Grafen Brühl sein soll. Ihr sollet überhaupt in vorkommenden Fällen wegen des Hofes und sonsten nur ganz rigide verfahren, weil Ich weiss und Meine schriftliche Proben in Händen habe, dass alle Meine Indulgence und bisherige Complaisance nichts ausrichtet, vielmehr aus übel ärger machet, so dass man sich über Mein Sujet auf das allerunanständigste ausdrücket und einen Weg wie die andern gegen Mich recht grob tramiret.

Ich habe Eure beide Schreiben vom 14. dieses erhalten.

Nach der Ausfertigung. Der Zusatz zum Hauptschreiben eigenhändig.



35-1 Vergl. S. 18.

35-2 Vergl. S. 13. Anm. 1.

35-3 Am 17. November gibt der König aus Grossenhain weitere Befehle über die Sendung des Convoi. Der König fügt hinzu: „Hier hat Hadik und die österreichschen Husarenofficiers vor ihrem heutigen Ausmarsch ausgesprenget, dass Schweidnitz über sein sollte. Ich glaube es aber nicht und nehme es vor eine Fanfaronnade an, so sie hier hinterlassen wollen. Schreibet mir inzwischen, was Ihr davon wisset; denn wäre es wahr, so müsste man es schon in Dresden gewiss wissen.“ Ueber die Capitulation von Schweidnitz vergl. Nr. 9525.

35-4 Vergl. Nr. 9514.

36-1 In einem Schreiben, d. d. Königsbrück 18. November, antwortet der König auf eine Anfrage Finck's: „Der von Looss, den ich meine, ist nicht der in Frankreich vormals gewesen ist, sondern muss von dem Consistorio seind.“ Der König befiehlt dann weiter: „Sonsten müsset Ihr aus der Stadt Dresden so viel an Contribution und an Gelde ziehen, als Ihr zur Verpflegung der ganzen Garnison gebrauchet; denn ich nicht die Gelegenheit habe, Euch jetzt einige Verpflegungsgelder zu schicken noch zu assigniren.“