9525. AN DEN GENERALLIEUTENANT HERZOG VON BRAUNSCHWEIG-BEVERN.

Königsbrück, 18. November 1757.

Mit was vor grosser Bestürzung Ich aus Ew. Liebden Schreiben vom [14.] dieses ersehen müssen, dass nicht nur Schweidnitz an den Feind übergegangen,37-3 sondern auch dass Dieselbe demohneracht stehen geblieben seind und die feindliche Armee nicht attaquiret haben, solches werden Dieselbe gar leicht ermessen können.

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Ich bin gezwungen, Deroselben frei und ganz reine heraus zu sagen, dass Ich von solchem Dero Betragen zum höchsten unzufrieden bin und Mir Dero darunter gehaltene Conduite nicht anders als sehr empfindlich sein kann, Ich auch darüber sehr böse bin, da Dieselbe Mir vorher Selbst die absolute Nothwendigkeit geschrieben, dass Sie, auf den Fall Schweidnitz übergehen sollte, den Feind attaquiren und schlagen müssten, ehe derselbe sich mit dem Belagerungscorps conjungirete, sonsten Sie hernach eine sehr übele Partie haben würden. Ich habe Ihnen darauf auch positive Ordre gesandt,38-1 den vor Sie stehenden Feind, ohne auf Mich zu warten, zu attaquiren und zu schlagen. Urtheilen Sie also Selber und setzen Sich einmal an Meine Stelle, ob Ich nicht Ursache habe, zum höchsten unzufrieden zu sein, dass Sie solches nicht gethan, sondern Sich so intimidiren lassen, nichts zu thun, meine positive Ordre nicht zu executiren und Sich zu amusiren, da indess Schweidnitz verloren gegangen. Bei solchem Umstände, und wenn Ew. Liebden so continuiren, so muss Ich nicht nur Deroselben lediglich die Perte von Schweidnitz zuschreiben, sondern Sie werden Mich auch um ganz Schlesien bringen, Meine ganze Armee decouragiren und Mich in Verlust von Land und Leuten setzen, Ihrer Reputation aber einen ewigen Affront und Schande zuwege bringen. Ueberdem bringen Sie Mich hier in die Nasse,38-2 da Ich Meinen geraden Weg hier fortgehe, indess durch Ihr Stillsitzen sich der ganze Klumpen vom Feinde hieher auf Mich ziehen wird; welches also Mich nothwendig zum höchsten arretiren und mehr schaden muss, als wenn Ich eine Bataille durch Sie verloren hätte. Ich habe Sie vor timide Rathgeber und Conseils gewarnet;38-3 sagen Sie aber Kyau und Lestwitz von Meinetwegen gerade heraus, dass ihre Köpfe Mir insonderheit davor repondiren und fliegen sollten, wenn sie weiter gleichsam wie alte Huren agiren würden, und dieses wird noch mehreren andern Generals arriviren, die dergleichen Lâcheté und Schwachheit bezeigen und ihr Devoir nicht wie redliche Leute thun werden.

Ew. Liebden aber befehle Ich nochmals und positive, dem Feind auf dem Halse zu gehen, ihn zu attaquiren und zu schlagen, denn Sie sonst Mir den ganzen Schwärm vom Feinde auf den Hals bringen, Mich in die Nasse setzen und alles verlieren machen werden, welches Ich Deroselben zeitlebens nicht vergessen könnte und Ihrer Ehre und Reputation höchst nachtheilig sein würde. Wetzen Sie den grossen Scharten wieder aus, und bin Ich alsdenn u. s. w.

Friderich.

P. S.

Wenn Sie nichts thun werden, so bin Ich verloren, weil Ich hier immer Meinen geraden Weg vorwärts fortgehe.

Nach dem Concept.

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37-3 Die Capitulation von Schweidnitz, von Nadasdy und Sers unterzeichnet, datirt vom 12. November. Sie ist gedruckt: Danziger „Beyträge“ Bd. III, 497—502.

38-1 Vergl. Nr. 9496.

38-2 être dans la nasse: in der Patsche sitzen.

38-3 Vergl. S. 13; Bd. XV, 412. 419. 453.