9548. AN DEN GENERALLIEUTENANT HERZOG VON BRAUNSCHWEIG-BEVERN.

Naumburg, 26. November 1757.55-1

Meine gestrige zwei Schreiben55-2 nebst einem Duplicat werden hoffentlich Ew. Liebden richtig zugekommen seind. Durch dieses mache Deroselben noch bekannt, dass, da Ich bei Parchwitz eine Brücke machen lassen werde, Ew. Liebden Mir alle Tage Nachricht geben müssen, was Dero Ortes passiret, damit wir in Connexion bleiben.

Den 3. werde Ich gewiss nahe Breslau sein und den 4. December gewiss den Feind attaquiren, da Ew. Liebden festen Staat darauf machen können. Wenn Ich aber marschire, lasse Ich die geschlagene Brücke abbrechen.

Was Ich sonst wissen muss, und Dieselbe von den Thürmen der Stadt werden sehen können, ist:

1) auf welcher Seite der Stadt der Feind seine Attaque machet;

2) ob solcher Meister von der Vorstadt oder nicht, oder ob er Posten darin hat;

3) wenn solcher in seinem Lager stehet, wie seine Position ist, was er vor Schanzen gemacht, wo er Redouten hat; — welches von denen Stadtthürmen alles gesehen und auf einen Plan notiret werden kann, den Ew. Liebden Mir schicken und täglich communiciren müssen.

Ich werde den 2. December, wo Ich nicht schon den 1. fertig werden kann, gewiss von Parchwitz aufbrechen und nach Neumarkt marschiren. Den 3. muss Ich Mich richten, wie der Feind stehet. Sollte er sich hinter das Wasser bei Lissa55-3 gesetzet haben, werde Ich vielleicht bei Arnoldsmühle oder bei Kammelwitz übergehen und Mich mit dem Rücken gegen Schweidnitz setzen, um den Feind gegen die Oder zu haben.

P. S.

Wenn Ich den 2. oder 3. bei Jauer vorbei sein werde, so werde Ich Raketen, es sei bei Tage oder Nachts, aufsteigen lassen, daraus dann Ew. Liebden ohngefähr wissen werden, wo Ich bin. Sie müssen also in solche zwei, drei Tage Zeit Tages und Nachts genau daraut Acht geben lassen, was Ich Deroselben vor Signals, wie gedacht, geben lassen werde. Vor Nadasdy haben Dieselbe nichts zu besorgen, als ob er über die Oder gehen wolle, und können Sie also grade auf den Feind vor Breslau marschiren, wenn was zu thun sein wird, und derselbe auf Mich marschiren wollte. Im übrigen recommandire Ich Ew. Liebden<56> das grösseste Geheimniss von dieser Meiner Ordre, damit nicht das geringste von Meinem Vorhaben vor der Zeit unter andere, es sei Generals oder wer es wolle, bekannt und durch Indiscretion dem Feinde verrathen werde, welches Mich und Sie in grosse Verlegenheit und Unglück bringen könnte.

Die Kirche, so auf dem schweidnitzer Anger liegt, desgleichen die Häuser vor dem ohlauer Thor, so der Stadt zu nahe liegen, werden Sie wohl gleich abbrechen und rasiren lassen, Ihre Canons aber wohl nicht anders gebrauchen, als gegen die Batterien, so der Feind machet, um diese zu ruiniren.

Denen Generals, so Ew. Liebden haben, werden Sie wohl jeden auf seinen Posten vertheilen, welche alle allert sein und in solcher Zeit wenig an den Schlaf denken müssen. Gegen die Mauren werden Sie wohl Balken ansetzen lassen, dass, wenn der Feind Bomben dahin werfen sollte, die Leute, so die Wacht haben, einigermaassen gesichert sein.

Auf jenseit der Oder haben Ew. Liebden nichts zu besorgen, weil der Feind schwerlich detachiren wird, wann er erfähret, dass Ich ihm auf den Hals komme. Das Pulver werden Sie wohl in denen Bastions vertheilen und etwa 15 Fuss tief in der Erde legen lassen, damit es nicht zusammen lieget.

Auf den Batardeau an dem Oderthor sollen Sie die grösste Attention haben, dass der Feind solchen nicht nehmen kann, sonsten Sie das Wasser, so Sie jetzo zu 6 Fuss tief haben, verlieren. Des Nachts müssen von halben Viertelstunden zu halben Viertelstunden die Ronden gehen, und die Generals und Stabsofficiers und Majors alle selber Ronden mit thun, damit alles allerte sei, und Sie nicht surpreniret werden können.

Die Brücken werden Sie wohl an den meisten Orten abbrechen lassen und Sich nur frei behalten, dass, wenn Sie sehen, dass Ich komme, Sie da wieder eine machen lassen, wo Sie sehen, dass Ich kann überkommen.

Von der Bürgerschaft werden allemal Leute zum Löschen, wenn Bomben fallen, parat gehalten und etwas von der Garnison dabei, dass erstere, wenn Bomben fallen, nicht weglaufen.

Wenn Stürme geschehen, müssen Ew. Liebden solche abschlagen, und Sich sogar der nächsten Häuser gebrauchen, dass, wenn auch schon der Feind auf dem Wall wäre, solcher doch wieder, wenn Sie aus den Häusern auf ihn schiessen lassen, zurück müsse.

Was Ew. Liebden über dieses zur Defension dienlich noch einfallet, werden Sie wohl alles noch thun.

Ich wiederhole nochmals, dass, wann Dieselbe auch schon von Breslau weg wären, Sie wieder umkehren und den Ort Selbst defendiren müssen.

Hauptsächlich aber befehle Ich, dass, wann Sie sehen sollten, dass sich die ganze Armee der Feinde auf Mich zu ziehet, Ew. Liebden alsdenn wieder mit allem, was Sie haben, herüber nach Mir müssen, und<57> werde Ich schon sehen, wie Ich zu Sie stossen werde. Dieses aber ist nicht anders als auf den Fall, wenn Sie sehen, das sich alles vom Feinde von Breslau auf Mich zöge.

Friderich.

Nach dem Concept.



55-1 Eine Abschrift des Déchiffré, in welcher ein Theil des Textes des Concepts fehlt, führt den Eingangsvermerk: „praes. 28. Morgens 5 Uhr.“ Es rührt auch dieser vermuthlich von Kyau her (Vergl. S. 48. Anm. 1). Im Datum hat die Abschrift des Déchiffré statt Naumburg „Quartier Deutmannsdorf“ . Vergl. Nr. 9541.

55-2 Nr. 9546. 9547.

55-3 Die Weistritz.