9663. AN DEN ETATSMINISTER GRAF PODEWILS.

Breslau, 2. Januar 1758.

Eichel spricht zunächst dem Minister seine Glückwünsche zum neuen Jahre aus.

. . . Das im Original hierbei kommende Schreiben,148-1 auswendig mit a marquiret, ist schon vor einiger Zeit unter dem Couvert des Herrn Splitgerber an des Königs Majestät gekommen, welche mir befohlen haben, solches bei nunmehro sicheren Wegen an das Departement zu senden. Sie wollen zwar die Authenticité der Beilage nicht gänzlich garantiren, halten aber dennoch davor, dass, wenn man die verschiedene bisher geschehene Démarches derer französischen und wienerschen Höfe zusammennimmet, der in der Beilage enthaltene Plan so ganz ohnwahrscheinlich und ohngegründet nicht sein dörfte. Es vermeinen auch Se. Königl. Majestät, dass es nicht schaden könne, wenn man ein und anderen derer auswärtigen Herrn Minister davon mit sicheren Gelegenheiten oder en chiffres davon Communication thun, desgleichen einige Abschriften in übersetzten Sprachen, adroitement und sonder remarquiret zu werden, in das Publicum glissiren und endlich gar in eine oder andere derer<149> auswärtig gedruckten Zeitungen bringen könne, um das Publicum dadurch attent zu machen und solchem Ombrage zu geben. Ich bitte gehorsamst, des Herrn Grafen von Finckenstein Excellenz noch vor Dero Abreise von Berlin149-1 davon Communication zu thun, und melde nur noch, wie schon vorhin dem von Hellen im Haag unter sicherem Couvert149-2 eine Abschrift von allem geschicket worden, der aber den Empfang davon noch nicht accusiret hat.

Es ist des Königs Majestät etwas sensible gewesen, dass die verwittibete Fürstin von Zerbst refusiret hat, das hierbei wiederkommende Schreiben149-3 unter Dero Einschluss abgehen zu lassen, da es ihr allenfalls ein leichtes gewesen, solches nach Eutin zu schicken, zumalen des Königs Majestät aus diesen und anderen Égards das Zerbster Land auf alle nur mögliche Weise menagiret haben.149-4 Ich soll aber erwähntes Schreiben an Ew. Excellenz remittiren, um zu erwägen, wie Dieselbe [solches] sonsten, allenfalls auch durch den Herrn von Viereck zu Kopenhagen, zu Händen der Königin von Schweden bringen können. Es ist sonsten das ganze Schreiben chiffriret, zu Ew. Excellenz Einsicht und Gutfinden muss aber die beste und convenableste Mittel dazu überlassen. Sonsten soll ich noch einliegende drei königliche Schreiben149-5 Ew. Excellenz zur Beförderung recommandiren.

Des Königs Majestät haben mir sonsten noch befohlen, dass, da Ew. Excellenz bekannt wäre, wie viel Deroselben daran gelegen, dass, auf den Fall eines noch fortdauernden Krieges, von Seiten Engellands in kommendem Frühjahre eine Escadre in die Ostsee gesandt werde,149-6 (wozu aber der Herr Michell bisher wenig Hoffnung geben wollen) um Russland und die Schweden in Respect zu halten, also Ew. Excellenz deshalb an den von Hellen im Haag rescribiren möchten, dass er einen Versuch durch eine confidente Insinuation bei dem dortigen englischen Minister Yorke149-7 deshalb thun, sich mit demselben darüber expliciren und, wo möglich, diesen dahin zu disponiren suchen sollte, dass er dieses Verlangen durch seine gute Freunde und Verwandten in Engelland gelten mache . . .149-8

Eichel.

Nach der Ausfertigung.

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148-1 Ein anonymes Schreiben an den König, d. d. Amsterdam 18. October, unterzeichnet „Son plus fidèle, mais trop malheureux sujet“ . Dem Schreiben waren zwei Beilagen zugefügt; die erste ein Schreiben aus Wien, d. d. 10. October, über die Absichten des österreichischen Hofes; die zweite Beilage, anf welche sich Eichel oben bezieht, bildete die schon am 13. December der Markgräfin von Baireuth übersandte, in italienischer Sprache abgefasste Mittheilung über eine neue Union zwischen den Höfen von Wien und Versailles. Vergl. Nr. 9588 und Nr. 9658.

149-1 Vergl. Nr. 9623. 9625.

149-2 Vergl. Nr. 9586.

149-3 Das Schreiben des Königs an die Königin von Schweden vom 19. December, Nr. 9609.

149-4 Vergl. S. 107. Anm. 4.

149-5 Nicht sicher bestimmbar. Eins der Schreiben ist vermuthlich der Cabinetserlass an Prinz Ferdinand von Braunschweig, Nr. 9661.

149-6 Vergl. S. 93.

149-7 Vergl. S. 92.

149-8 Zum Schluss empfiehlt Eichel, an Hellen einen neuen Chiffre zu senden, und neu eingelaufene Meldungen Plotho's an die Oeffentlichkeit zu bringen, „damit die höchst unnatürliche und übele Procédés derer Wiener und Franzosen immer mehr und mehr in Attention genommen werden“ .