10067. AN DEN GENERALFELDMARSCHALL PRINZ MORITZ VON ANHALT-DESSAU.

Klein-Latein, 16. Juni 1758.

Ew. Liebden gebe hierdurch in Nachricht, wie ein Unterofficier, so vom Feinde desertiret, heute hier angekommen ist. Er ist vom Harsch'schen Corps, so bei Allerheiligen65-5 stehet. Dieser saget vor gewiss aus, dass das da sich befindliche Corps aus 7 schwachen Bataillons und 2 Regimentern Kavallerie bestünde. Ueberdem ist Mir sehr lieb, dass der Baum gefunden worden, worvon man die feindliche Bewegungen decouvriren kann. Was die heute gesehene Wagens anbetrifft, so glaube Ich, dass es Brodwagens und nichts anders sonsten gewesen sein wird.

Mit der Belagerung gehet es nicht so geschwinde, als Ich es wohl wünschte. Der General Marschall defendiret sich gut und aufs äusserste. Wir sind nunmehro am verdeckten Weg, und nun müssen die Minen erst devantirt65-6 werden. Wann dieses vorbei wird sein, und dass man den verdeckten Weg inhaben wird, so wird er Meines Erachtens die Schleusen erst anstrengen. Es ist derenthalben zwar nicht unüberwindlich, allein es gehet doch darbei so viel Zeit verloren, von der man nöthig profitiren könnte.65-7 Ich glaube, dass wir nöthig haben, den 18. auf unserer Hut zu sein, weil Daun sich einbilden wird, dass ihm der Tag favorable ist.65-8

Ich habe die Nachricht, dass ein Corps Infanterie sich in die Gegend von Kojetein gezogen haben soll; Ich habe deswegen gleich Meine Anstalten gemacht, um gewisse Nachrichten darvon zu haben, welche Ich aber für65-9 morgen früh wohl nicht haben kann.

Friderich.

Nach der Ausfertigung im Herzogl. Haus- und Staatsarchiv zu Zerbst.

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65-5 Vergl. S. 46. 47.

65-6 So! Es ist wohl „eventirt“ gemeint.

65-7 So, statt „müsste“ .

65-8 Der Tag von kolin.

65-9 „Für“ als ältere Form statt „vor“ .