10199. INSTRUCTION FÜR DEN GENERAL DER INFANTERIE MARKGRAF KARL.159-2

[Grüssau, 10. August 1758.]

<160><161>

1.

Es wird angefraget, wie die Position von der Armee genommen werden soll, wenn Se. Königl. Majestät mit Dero Corps d'armée wegmarschiret sind.

1.

Die Regimenter, so von der Höhe wegmarschiren, sollen ersetzet werden aus dem zweiten Treffen, sonst aber soll das Lager hinter Grüssau bleiben. Alles was zum ersten Treffen gehöret, soll im ersten Treffen campiren; die Regimenter vom zweiten Treffen campiren auch im zweiten Treffen, es sei denn, dass Dörfer damit besetzet werden.

2.

Fraget sich, was zu thun sei, wenn der Feind den Posten von Landshut zu emportiren suchen wollte.

2.

Wenn solches geschiehet, soll bis Liebau vorgerücket und der rechte Flügel auf den Schottenberg, der linke auf dem Berge, so bei Liebau lieget, zu stehen kommen. Ueber das kleine Wasser, so daselbst befindlich, werden Colonnenbrücken employiret, und muss nachgesehen werden, ob die Brücken und Wege, so im Winter zu diesem Behuf schon gemacht worden, noch im Stande sind; sonst sie repariret werden müssen. Es kann in drei Colonnen dahin marschiret werden.

3.

Falls der Feind sich an dem Posten von Landshut nicht zu reiben Lust hätte, sondern vorbeigehen wollte?

3.

Muss er sogleich attaquiret werden.

4.

Wenn der Feind mit einem kleinen Corps Demonstrationes auf Landshut machte, mit der Armee aber über Hirschberg in Schlesien eindringe?

4.

Alsdenn bleibet etwas bei Landshut stehen, das übrige marschiret laut der auf der Karte marquirten Route. Der General Fouqué commandiret, was stehen bleibet. Es kann auch ein Umweg genommen und der General Retzow mit einem Corps de garde entgegengesandt [werden], um den Posten zu occupiren. Indessen müssen zum Voraus die nähesten Wege ausgemacht werden, wo das Brod folgen kann.

5.

Wenn der Feind seinen Marsch nach Löwenberg nehmen wollte etc.?

5.

Der Feind kann nicht nach Löwenberg kommen, er muss sich zuvorderst in der Lausnitz etabliren. Siehet man, dass sich derselbe mit der ganzen Armee nach Zittau ziehet, so kann der Markgraf alsdenn bei Friedeberg, Greifenberg und der Gegend sein Lager nehmen. Die Lagers, so Sie nehmen, haben Se. Königl. Majestät in der Karte160-1 mit Tinte marquiret, und selbige sind auf alle Fälle gerichtet und ganz sicher; sollte indessen der Feind doch durchgehen wollen, welches aber wegen der Lebensmittel nicht wohl practicable, so darf die Armee ihre Position in demselbigen Lager nur etwas drehen und detachiren, ihnen ihre Convois zu ruiniren.

6.

Wenn der Feind in der Lausnitz eingedrungen und nach der Elbe gehen wollte?

6.

Wofern der Feind aus der Lausnitz nach der Elbe gehet, muss der Queiss passiret werden; das, was

 

er gegen den Queiss stehen lässet, muss attaquiret werden; auch kann man suchen, bei diesen Umständen, da er sein Magazin in Zittau, solches über Ostritz zu ruiniren.

7.

Wann der General de Ville in Oberschlesien Progressen machete, wie ihm von hier aus zu begegnen?

7.

In Oberschlesien ist nichts zu machen, und muss man ihm daselbst gewähren lassen, bis die Expedition mit denen Russen ihre Endschaft erreichet. Sonsten aber muss dieses Corps nicht aus die Berge, sondern lediglich sein Augenmerk dahin richten, Schweidnitz und Breslau zu decken.

8.

Wenn wider allem Vermuthen oder menschlichem Voraussehen die Russen Avantage haben und sich nach Schlesien hereinziehen sollten?

8.

Dieses Corps kann hierunter nichts helfen.

9.

Noch befehlen Se. Königl. Majestät, dass ein Detachement unter Commando des Generallieutenant von Zieten von ohngefähr 3 Bataillons Infanterie, 1 Regiment Dragoner, nämlich Württemberg, 1 Freibataillon und das Regiment von Puttkammer Husaren gegen Greifenberg geschicket werden sollte. Das Freibataillon kann Greifenberg légèrement besetzen, und die Husaren suchen durch ihre Patrouilles sichere Nachricht von der Bewegung des Feindes sowohl in Böhmen als der Lausnitz einzuziehen. Der Posten, so der General Zieten alsdenn nehmen könnte, würde wohl Ottendorf161-1 sein, wiewohl demselben die Wahl davon gelassen wird.

10.

Wenn der Feldmarschall Daun zurücke gehet, dörfte er seinen Marsch auf Jung-Bunzlau nehmen, von da aber ein Detachement von 8 bis 10,000 Mann nach Zittau senden. Bestehet das Detachement von leichten Truppen, so muss der General Zieten, im Fall er es nöthig hat, mit ein paar Regimenter Kürassiers und die Infanterie bis auf 6 Bataillons verstärket werden; so ist derselbe vollkommen im Stande, solches Détachement in den Rücken zu kommen; im Fall sie nach Guben oder der Gegend, auch wenn sie nach der Mark gehen wollten, kann er sie auf den Fuss folgen.

<162>

Der General Zieten darf nicht agiren anders, als wenn ein Detachement in der Lausnitz kommet; sollte es aber geschehen, dass sich der Daun bei Gabel oder Zittau setzete, so muss sich dieses Detachement nicht weiter von der Armee als Naumburg, Bunzlau oder höchstens Lauban entfernen, damit er von des Markgrafen Armee nicht abgeschnitten wird.

11.

Es wird supponiret, dass, wenn der Markgraf die in der Karte marquirte Lagers nehme, der Daun sich über Görlitz nach Rothenburg zöge und ein Detachement von 20,000 Mann nach dem Saganischen schickte, alsdenn der Markgraf gegen Bunzlau vorrücken und sich bei Gross-Walditz162-1 setzen kann; dieser Posten ist sehr fest.

Es wird auch noch ferner supponiret, dieses feindliche Corps hätte sich von Crossen Meister gemacht: so werden Se. Königl. Majestät über Frankfurt oder Glogau marschiren und sie suchen wieder wegzujagen. Denn wenn die Expedition gegen die Russen vorbei ist, die Passage über der Oder keiner mehr verhindern kann; und wenn auch der Feind mit der ganzen Armee gegen Glogau marschirete, so würde der König entweder der Gegend Lebus oder bei Breslau die Oder passiren.

12.

Sobald man erfähret, dass sich der Feind der Oder approchiren sollte, müssen alle Fähren, Schiffe und Prähme entweder nach Glogau oder Breslau gebracht werden.

13.

Allen Officiers und Unterofficiers von der Infanterie, so hinter dem Bataillon stehen, muss befohlen werden, dass, wenn ein Soldat, der nicht blessiret, austritt, sogleich auf der Stelle todtgestochen werden muss.

14.

Die Armee muss allemal in zwei Treffen stehen, auch, wo möglich, noch eine kleine Reserve machen; es muss auch beständig eine Reserve-Artillerie parat bleiben. 15.

Wenn man vermuthet, dass der Feind attaquiren will, müssen alle Detachements eingezogen werden. Die Kavallerie muss bei solchen Fällen so gesetzet werden, dass sie nicht zu Anfange der Bataille unter der Canonnade stehen dörfe, sondern nur pflegweise gebraucht werden, dass, wenn es Gelegenheit giebet, in der Infanterie einzuhauen, sich aber hernach gleich wieder zurückzuziehen.

16.

Gegen den Flügel, den der Feind attaquiret, müssen wenigstens 50 bis 60 Canons gesetzet werden, und die Regimenter müssen Leute<163> dabei geben, damit alles gehörig soigniret und es an nichts fehle. Es ist besser überflüssig als zu wenig. Der Oberster Dieskau weiss, wo alles stehet, und wird es besorgen.

17.

In Schweidnitz können noch 8 Stück grosse Canons präpariret werden, so man allenfalls mitnehmen kann.

18.

Im Fall, da Gott vor sei! Se. Königl. Majestät bleiben sollten, so muss ohne Zeitverlust der Prinz Friederich163-1 sogleich in allen Festungen gehuldiget werden, des Prinzen Heinrich Königl. Hoheit aber die Tutelle führen, welchem alle königliche Idees dieserwegen bereits bekannt gemacht,163-2 welche er in solchem Fall zu nehmen hat.

Bei so bewandten Umständen lassen Se. Königl. Majestät nochmals alle Dero Officiers ermahnen, künftighin mit derselben Vigueur zu agiren, als bei dessen Leben geschehen, damit der Feind nicht merken könne, dass ein Unterscheid im Commando sei.

19.

Ist die Bataille gegen die Russen gewonnen, so werden die 23 Bataillons nebst der Kavallerie wieder zur Armee stossen; es werden auch Se. Königl. Majestät kurz vor der Bataille alle Officiers schriftlich instruiren, was sie zu thun haben.163-3

20.

Wenn denn ein so starkes Corps wieder zur Armee stosset, so kann der Markgraf den General Fouqué mit 10 bis 12 Bataillons, auch dem Seydlitz'schen Husarenregiment bei Landshut stehen lassen.

21.

Der Generalmajor Puttkammer gehet morgen mit denen Husaren nach Löwenberg, welchen ein paar Bataillons und das Regiment von Württemberg unter Commando des Generalmajor von Wedell folgen können, auch bei dieser und allen anderen Gelegenheiten nur suchen sollen, offensive zu agiren; als wenn, zum Exempel, über Schönberg etwas feindliches herauskäme, es sogleich attaquiret werden muss.

22.

Die Husarenpatrouilles müssen keinen von unseren Leuten nach Böhmen, noch weniger aber von denen Böhmen nach Schlesien passiren lassen.

23.

Der General Zieten kömmt den 11. mit zwei Regimentern Kavallerie, um den Abgang der Dragonerregimenter im Lager zu ersetzen.

<164>

24.

Der General Fouqué bleibt noch etliche Tage stehen,164-1 und der Commandant d'O zu Glatz soll mit dem Markgrafen correspondiren, wie denn auch der Markgraf die Briefe von vorgedachtem Commandanten sowohl als von dem General Treskow, so an Se. Königl. Majestät einlaufen, erbrechen kann.

Friderich.

Nach der Ausfertigung.



159-2 Ueber die Berichte des Markgrafen aus dem August vergl. S. 172. Anm. 1.

160-1 Liegt nicht vor.

161-1 Oestl. von Naumburg am Queiss.

162-1 Südl. von Bunzlau.

163-1 Prinz Friedrich Wilhelm, der Neffe des Königs.

163-2 Vergl. Nr. 10198.

163-3 Vergl. Nr. 10230.

164-1 Nach einem Bericht vom 8. befand sich Fouqué in Braunau.