10420. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN BERLIN.

Dresden, 14. October 1758.

Eichel übersendet Briefschaften an den Minister zur weiteren Besorgung.

Was sonsten in denen hiesigen Gegenden sowohl bei Sr. Königl. Majestät Armee als bei der von des Prinzen Heinrich Hoheit vorgefallen und mir von guten Freunden geschrieben worden, davon lege ich zu einiger Information von Ew. Excellenz beiliegende Extracte304-1 hierbei, daraus aber, falls Dieselbe vor nöthig finden, dem Publico was davon bekannt zu machen, nur das nöthige zu nehmen ganz gehorsamst bitte, damit meine Herren Correspondenten nicht etwa glauben möchten, als ob ich Dero Briefe publici juris machete.

Bei dem hiesigen sächsischen jungen Hofe soll man Nachricht haben wollen, wie mir von ganz vertrauter Hand gesaget worden, als ob zu Wien eine grosse Fermentation unter dem dortigen Ministerio sein soll, sogar dass man zu wissen prätendiret, als ob der bekannte Minister Graf Haugwitz arretiret worden sei. Dass durch das Lamentiren der Feldmarschalln Gräfin Daun, so eine Tochter der verstorbenen Favoritin der Kaiserin, nämlich der Gräfin Füchsin304-2 ist, und vor die die Kaiserin viel Gnade und Freundschaft hat, und auf deren fussfälliges Bitten, ihren Mann den Feldmarschall Daun nicht denen Verfolgungen<305> des Prinz Karl von Lothringen zu sacrificiren, letzterem von der Kaiserin insinuiret worden wäre, nur nach seinem Gouvernement nach denen Niederlanden zurückzugehen, dass diesem dabei sehr recommandiret worden, die königlich preussische Lande der Orten sehr zu menagiren, um die Sachen nicht noch mehr zu aigriren, und dass endlich bei dem wienerschen Hofe, den Kaiser ausgenommen, fast Eine Stimme wäre, dass man nichts besseres noch pressanteres zu thun habe, als mit dem König von Preussen ein Accommodement zu treffen, mithin nur auf Mittel zu denken, ihm darüber Propositions zu thun, auch dass selbst man wünsche, dass der König von Engelland dieses Accommodement moyenniren wolle.

Mir hat ferner versichert werden wollen, wie der polnische Hof zu Warschau sich sehr zu mefiiren anfinge, dass ihm jemalen durch Frankreich in seinen vorhin gehabten Absichten geholfen werden würde, und dass daher gedachter Hof, um das noch übrige von Sachsen zu sauviren, nichts mehr als den Frieden und ein Accommodement mit dem Könige von Preussen verlange, ohne auf die ehemals sich vorgespiegelte Satisfaction und Indemnisation zu gedenken.

Diese kleine Anecdotes nehme mir die Freiheit, Ew. Excellenz so zu geben, wie ich solche erhalten, die aber zu menagiren ganz gehorsamst bitte, um meinen hiesigen Canal nicht zu verderben; des Königs Majestät seind sonsten davon schon informiret.

Obgedachter Jäger305-1 hat mir sonsten sagen wollen, als ob er unterwegens ein heftiges und beständiges Kanoniren gehöret habe; ich zweifele aber daran, da mir schon bekannt ist, wie sehr zu Zeiten in dergleichen! diesen Leuten die Sinne trügen.

Ew. Excellenz gnädigem Wohlwollen empfehle mich gehorsamst und unterstehe mich noch unterthänig zu bitten, wenn des Herrn Grafen von Podewils Excellenz Sich meiner gelegentlich erinnern, Deroselben alles meines Respectes und beharrlich treuesten Attachements zu versichern.

Eichel.

Nach der Ausfertigung.



304-1 Die Extracte liegen nicht mehr bei. Es sind aber sicherlich die beiden Stücke (Geh. Staats-Arch. Rep. 63. 85. Oesterreich): Extract eines Schreibens ans dem königlichen Hauptquartier Rodewitz 11. October; und: Aus dem Lager des Prinzen Heinrich, Gamig 13. October. Mittheilungen aus dem erstgenannten Stücke befinden sich in den „Berlinischen Nachrichten“ von Dienstag 17. October (Nr. 124).

304-2 Gräfin Marie Karoline von Fuchs geb. Gräfin von Mollart; ihre Tochter Josepha war in zweiter Ehe mit dem Feldmarschall Daun vermählt. Vergl. Arneth, Maria Theresia Bd. IV, S. 148. 149.

305-1 Ein Feldjäger, der aus dem Königlichen Hauptquartier Schreiben überbracht hatte.