<274> Corps von Meines Bruders Armee, so über Torgau marschiret, beordern, seinen Weg auf Frankfurt an der Oder zu nehmen, auf dass es desto eher im Stande seie, zu Euch zu stossen. Sollte es nun geschehen, dass die Russen die Belagerung von Glogau wirklich vornähmen,1 so könnte auf solchen Fall von zwei Sachen hernach eine unternommen werden. Die erste wäre, gerade nach Posen zu marschiren, um dem Feinde seine Magazine daselbst zu nehmen, die andere, auf jenseit der Oder den Feind zu attaquiren, und hätte er, wenn er da geschlagen sein würde, diesseits der Oder keine Retraite mehr offen. Gegen den 8. Juni sollen sie anfangen zu agiren, wie es heisset, und wird man, wenn nur erst etwas von obigem eintrifft, judiciren können, ob das andere auch eintreffen wird.

Es wird ohnumgänglich nöthig seind, in Küstrin sofort vor die Subsistance der Armee zu sorgen und sofort von Stettin allda was hinzuschaffen. So ich was mehreres erfahre, werde es gleich hinschreiben.

Friderich.

Nach der Ausfertigung im Kriegsarchiv des Königl. Grossen Generalstabs zu Berlin. Der Zusatz eigenhändig.

Aussage eines angekommenen Canonicus von Gnesen.

Der Canonicus hat ausgesagt, er sei am 29. Mai von Posen abgegangen, wo es von russischen Officieren und Leuten gewimmelt habe. Den 28. sei Fürst Gallitzin mit dem Corps von Thorn, mit 6000 Mann, bei Posen angekommen.

„Den 2. Juni soll der General Fermor mit der ganzen Armee zu Posen ankommen, und soll die ganze Armee noch vor dem 8. diesseit Posen campiren.

„Sie hätten ihren Anschlag auf Glogau, und hätten die Officier durchgängig gesprochen, dass, wenn sie nur Glogau hätten, alsdann Schlesien ihre wäre.

„Er wüsste gewiss, weil er sehr viel gute Freunde unter denen Officiers, welche ihm alle versichert, dass alles abgeredet wäre zwischen Fermor und Daun, dass sie auf einen Tag anrücken und attaquiren wollten, und man dahero nicht dabei den Widerstand thun und abhalten könnte.2

„Er wüsste gewiss, dass längst der polnischen Grenze sehr viele Contracte sowohl mit Juden als mit andern Leuten gemacht wären, so binnen acht Tage Frist Fourage und Mehl liefern müssten nach Kaiisch . . . 50000 Mann schätze man die russische Armee, und wäre sehr wenig, was gegen der Neumark stände, sondern die Hauptarmee sollte hier mit Daun, wie alles abgeredet wäre, zugleich agiren . . .

„Die polnische Juden spionirten sehr, sowohl in Glogau als in ganz Schlesien, und hätten die Russen davon die besten Nachrichten immer.“



1 Auch dem Commandanten von Glogau, Oberst von Hacke, übersendet der König am 1. Juni die „Aussagen“ des Canonicus; er fügt hinzu: „Ich sollte unterdessen nicht glauben, dass die Russen gegen Glogau agiren wollten; indessen habe Ich Meine Mesures doch schon so genommen, dass Ich dem Feinde hierunter werde begegnen können; nnr habet Ihr Euch bei denen Umständen vor allem Ueberfall auf das sorgsamste zu hüten.“

2 So.