10985. AN DEN GEHEIMEN COMMERZIENRATH VON REXIN IN KONSTANTINOPEL.

Hauptquartier zu Landshut, 26. Mai 1759.

Auf Meinen Befehl ist Euch gestern durch Euren bekannten Freund255-6 von hier aus die gute Ankunft Eurer beiden den 10. April abgeschickten nebst einigen Sachen bekannt gemachet worden. Dieser Brief255-7 gehet unter dem gewöhnlichen Couvert von Berlin ab über den Weg von Wien, sowie Ihr es in Eurem letzten Schreiben selbst vor gut gefunden habt.

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Durch dieses mache Ich Euch selbst bekannt, dass jetzo die Oesterreicher hier mit allen ihren Forces occupiret seind und dass sie deshalb alles, was sie nur aufbringen können, aus Ungarn herausgezogen haben, so dass fast nichts darinnen auch von Landtruppen ist. Wenn die Pforte in Belgrad jetzo nur ein Corps von 20000 Janitscharen hat, so kann sie gegenwärtig in Ungarn alles thun, was sie nur will, so dass wenn [sie] jetzt mit den Oesterreichern bricht und noch gleich in diesem Jahre in Ungarn rücket, sie sich gleich in der ersten Campagne so starke Avantages machen und in solchen Vortheil setzen kann, dass ihr hernach alle die andern gar leicht sein müssen. Wollte sie aber lieber was gegen die Russen tentiren, so kann sie sich auch gleich in grosse Avantage setzen, wenn sie in diesem Jahre durch Polen und die Ukraine schicket und ihre Armee von dar grade auf die Stadt Kiew marschiren lässet, denn die Russen jetzo fast ihre ganze Hauptarmee in Preussen und gegen Mich in Polen nach Meinen Grenzen gesetzet [haben]. Ohnfehlbar werde Ich Mich mit denen Oesterreichern zwischen hier und nächsten vier Wochen bei die Ohren kriegen. Wenn die österreichische Armee, wie Ich hoffe, eine Schlappe bekommet, so hat die Pforte die vortrefflichste Gelegenheit, ihre Avantage in Ungarn dies Jahr zu machen. Oder aber sollte es geschehen, dass die Russen noch einmal von uns so geschlagen würden, wie es im vorigen Jahre bei Zorndorf geschehen, so wäre es ihnen ohnmöglich, dass sie ihre Armee wiederum zusammenbringen könnten, weil sie schon dies Jahr, um eine Armee von höchstens 50000 Mann gegen Mich zu stellen, die schlechtesten Leute zu Rekruten mit zusammenraffen müssen. Und seind also die jetzigen Umstände vor die Pforte eine so avantageuse Gelegenheit, die sie zu keinen Zeiten hernach wieder finden kann. Diese Sachen sollet Ihr durch die dritte, vierte Hand gehörigen Ortes wohl insinuiren lassen, und glaube Ich fast gewiss, dass es guten Effect thun wird, sonderlich wenn der Succès mit Meiner Hoffnung correspondiret; denn was der Pforte in diesem Jahre sehr leicht fället, kann ihnen256-1 in anderen Jahren sehr schwer fallen, wenn die Oesterreicher erst ihre Arrangements dagegen zu nehmen die Zeit gehabt haben. Denn gewiss und sicher ist, dass sie nur erst Mich in diesem Jahre noch auf die Seite setzen wollen, alsdenn der Wienersche Hof, zumalen wenn es ihm mit Mir glücken und er dadurch ganz Teutschland unter seinen Gehorsam gebracht haben sollte, den festen Plan schon genommen hat, alsdenn sich sonderlich gegen die Türken zu arrondiren. Jetzt aber ist fast nicht ein Mann zur Defension in Ungarn, sondern das ganze Land so ledig, dass die Türken, wenn sie wollen, fast bis Wien gehen können.

Ihr sollet auch an seinem Orte wohl insinuiren, dass Ich weder Geld noch nichts von der Pforte fordere und derselben auf keinerlei<257> Weise à charge sein, wohl aber eine beständige Freundschaft und Alliance mit ihr ohnverbriichlich halten werde. Euer gnädiger König

Friderich.

Dieses schicke Ich Euch durch den Hintzen als Courier grade durch Polen, werde aber doch ein Duplicat davon über Berlin gehen lassen. Wenn die Sachen in England erst ajustiret seind, so werde Ich den bekannten Arnstedt damit en courrier zu Euch schicken.

Nach dem Concept.



255-6 Eichel. Vergl. Nr. 10984.

255-7 D. h. der von Eichel.

256-1 So.