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12060. AN DEN GENERAL DER INFANTERIE BARON DE LA MOTTE-FOUQUÉ.

[Lager bei Meissen,] 6. [Mai 1760].

Da nach Eurem Rapport vom 3. dieses der General Laudon ganz schleunig aufgebrochen und dem Verlaut nach nacher Böhmen marschiret ist, so müsset Ihr zuvorderst hören, ob es wahr ist, dass er durch Böhmen nach der Lausnitz gehet, oder aber, wohin er eigentlich seinen Marsch dirigiret; wovon Ihr bald sichere Nachrichten einzuziehen leicht im Stande sein [werdet] und, was Ihr deshalb erfahret, Mir auf das schleunigste durch einen sichern und vernünftigen Jäger citissime zu melden habet.

Wann es wahr gefunden wird, dass Laudon hierher aufwärts oder gegen Schlesien sich drehet, so ist eine so starke Garnison in Neisse vorerst nicht nöthig;1 daher Ihr gleich daraus 2 Bataillons von Feldregimentern an Euch ziehen, auch den Generallieutenant Goltz beordern sollet, gleich von dorten wegzugehen, um mehr hieher à portée zu sein.2 Ich kann nicht leugnen, dass Mir die Sache fremde vorkommet und Mich glauben machet, dass Daun resolviret haben müsste, offensive in Sachsen zu agiren. Er mag aber thun, was er will, so kann er vor Junio wegen Mangel der Fourage nichts machen; Ich sehe auch, dass die Leute nicht glauben müssen, was von Konstantinopel kommet, sonsten sie schon andere Präcautiones nehmen müssten, und wenn sich hernach die Mir gemachte, grosse Hoffnung daher realisiren sollte und sie es erfahren werden, ihre Bredouille um so grösser sein wird.

Bei so gestalten Sachen aber sollet Ihr auf Eurer Hut sein, um die Leute, wenn sie auf Euch kommen wollen, mit Meinem Bruder dem Prinz Heinrich, als der, so lange die Russen nicht agiren, die Leute, wenn sie dahin wollen, erst bei die Ohren kriegen kann, den Feind3 recht zu empfangen und es ihn tüchtig gereuen zu machen.

Friderich.

Nach dem Concept.



1 Dem General Treskow in Neisse dankt der König am 5. Mai für seinen Bericht vom 29. April; er fange an „zu zweifeln, dass es in diesem Jahre dorten zu einiger Belagerung kommen werde. Welches sich bald zeigen muss.“ — Am 6. wird dem General von dem obigen Befehl an Fouqué Mittheilung gemacht. „Wornach Ihr Euch zu achten und darunter nicht den geringsten Aufenthalt zu machen habet.“ [Ausfertigungen im Generalstabsarchiv zu Berlin.]

2 Dem General Goltz wird am 6. Mai der Befehl ertheilt aufzubrechen und sich dem General Fouqué zu nähern. „Es würde Mir sehr lieb sein, wenn Ihr zugleich noch im Stande wäret, Mir mit einiger Zuverlässigkeit zu melden, wohin sich eigentlich Laudon mit seinem Corps gedrehet hat.“ (Vergl. S. 319.) — Dem General Grant in Neisse spricht der König am 7. Mai seine Zufriedenheit mit dem Berichte vom 2. aus. „II me paraît cependant que, pour cette fois-ci, l'ennemi ait renoncé au dessein de faire le siège de Neisse.“

3 So.