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12202. AN DEN GEHEIMEN COMMERZIENRATH VON REXIN IN KONSTANTINOPEL.

[Radeburg, 22. Juni 1760.]

Um nicht weitläuftig in der jetzigen Gelegenheit zu sein, beziehe mich auf die Einlage des königlichen Handschreibens. Die Ratification des Tractats in blanco nebst denen beiden frischen Schreiben an den Sultan und Grossvezier wird Ihnen, geehrtester Freund, Gregorovius und Schimmelmeyer in gutem Stande richtig überbracht haben. Ich hoffe, Sie werden von denen beiden Schreiben sehr zufrieden seind. Was in dem ersteren an den Grossvezier wegen des Königs von Engelland ausgelassen war, weil man es vorhin nicht wusste, dass man es verlangete, ist in dem letzteren so gut wie möglich suppliret worden. Sie haben also alle Instructions auf alle nur zu erdenkende [Fälle]; auf eine Million hat Schickler Ihnen Credit gemachet. Nun liegt es an Sie; machen Dieselbe, dass die Fahne des Mahomet baldigst hinter Adrianopel stehe; dergleichen avantageuse Gelegenheit kriegt die Pforte zum Banat, Siebenbürgen und zu Neu-Serbien nicht wieder, aber sie muss schleunig und efficacement agiren, mit Worten und Schreiben wird nichts draus. Wir halten uns hier so gut als möglich, aber wahrhaftig, das Feuer brennt uns schon auf die Nägel. Mit puren Garantien ist es nicht ausgerichtet, und ein Habe ich ist besser als alles Wiederkriegen. Der Prinz Heinrich commandiret 40000 Mann gegen die Russen, der König hier mit 70 gegen Daun, La[cy], Beck und 14000 Mann Reichsarmee; Fouqué mit ohngefähr 15000 Mann in Schlesien gegen 40000 Oesterreicher, der General Stutterheim in Pommern mit 10000 gegen 14000 Schweden; Prinz Ferdinand von Braunschweig mit der alliirten englischen Armee von 90000 gegen 120000 Franzosen. Spanien bleibt neutral und will dem König wohl. Die Engelländer meinen es ehrlich; was Porter thut, weiss ich nicht. In Italien könnte es zu einem Krieg gegen die Oesterreicher kommen, wenn erst die Türken agiren.

Der König will, dass, wenn mein Freund den Tractat dort gezeichnet hat, Sie den publiquen Charakter von Ministre chargé d'affaires daselbst annehmen können. Wir haben in Hioterpommern eine Familie von Rexin,1 sie ist aber etwas an Vermögen heruntergekommen, doch verschiedene brave Officiers davon in der Armee. Es ist möglich, dass ein vernünftiger Mann davon sich hatte in Schlesien etabliren und daselbst unter einem andern Namen die Handlung treiben und seinen rechten Geschlechtsnamen so lange verborgen halten können. Machen Sie Ihre Sachen dort nur völlig nach des Königs Wunsch, so wird solcher Sie durch ein Diplome der Familie von Rexin wirklich associiren und Ihnen eine reiche Baronnie in Schlesien dabei zum Eigenthum geben. Conserviren Sie Sich also, und damit die Familie von Rexin alsdenn fortgepflanzet werde, kein Serail noch Amazonen jetzo! Geben Sie auf Ihre Papiere und auf Ihre Domestiquen scharf Acht; es können unter letztern Verräther sein. Arnstadt liegt in Breslau krank; er soll nach Hause gehen, wenn er erst den Eid der Verschwiegenheit abgeleget und unterschrieben haben wird.

Eichel.

Nach dem Concept.


12203. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN MAGDEBURG.

Radeburg, 22. Juni 1760.

[Eichel übersendet dem Minister den Bericht Rexins vom 8. Mai (vergl. Nr. 12201) im Original.]



1 Der Adressat, der preussische Emissär in Konstantinopel, hiess eigentlich Haude, führte aber seit Jahren den Namen von Rexin. Vergl. Bd. XI, 463.