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12219. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN MAGDEBURG.

Hauptquartier Gro s s - Do b ri t z, 26. Juni 1760.

...D er König ist diese Nacht um 12 Uhr mit seinem Corps d'armée aus seinem bisherigen Lager bei Radeburg aufgebrochen, um mehr hier à portée zu sein, daferne der Feind etwas en force gegen Meissen oder gegen das Hülsensche Corps daselbst tentiren wollte; der Marsch ist ganz ruhig gewesen und hat sich nichts vom Feinde sehen lassen. Des Königs Majestät seind mit allen heute früh gegen. 7 Uhr eingetroffen und haben Ihr Hauptquartier hier genommen; die Armee campiret jenseits dem Dorfe gegen Radeburg zu; es ist derselbe Posten, welchen der Generalmajor von Krockow bisher wegen der Communication mit Meissen und unseren Magazinen besetzet gehabt.

Aus Schlesien haben wir heute noch Briefe vom 22. dieses gehabt; diese melden uns noch nichts von einem Unfall, der dem General Fouqué begegnet sein solle. Wir müssen also noch nähere Briefe gewärtigen, ehe wir wissen, was dorten eigentlich passiret sei. Inzwischen hat die hiesige österreichsche Armee gestern Abend ihrer Gewohnheit nach ihre Fete de victoire mit dreimaliger Lösung ihrer Canons und kleinen Gewehres celebriret, ohne dass solches die geringste Impression auf unsere Leute gemacbet und ohne dass wir etwas näheres von denen vorgegebenen Umständen erfahren können. Unsere Officiers von denen Vorposten haben denen von den feindlichen gestern noch eine gleiche Confidence, wie letztern Tages vorher wegen Fouqué, gemachet und nach verlangter Audience auf Parole diesen im Vertrauen gesaget, wie verschiedene gute Briefe aus Ungern angekommen, nach welchen die Türken mit einem Corps (und zwar nach denen Umständen, wie ich gestern gemeldet) in Kroatien eingefallen wären. Ein Officier derer österreichischen Vorposten soll bei Vernehmung dieser Zeitung die Saillie gehabt und lachend gesaget haben, dass, falls diese Zeitung wahr wäre, so müsste die ganze Christenheit aufsitzen und denen Oesterreichern helfen, sonsten sie verloren wären . . .

Je souhaite1 seulement qu'en attendant la communication par la Silésie ne nous soit pas coupée ou troublée. Wann Ew. Excellenz die beiden vorhin übersandten letztern Chiffrés werden gelesen haben, so werden Dieselbe hoffentlich finden, dass wenigstens die Coselschen Nachrichten2 viele wahrscheinliche Apparences haben.

Im höchsten Vertrauen gegen Ew. Excellenz gesaget, so hat le3 duc de Choiseul a fait écrire, il y a quinze jours, au Roi, par le même canal dont il se servit l'hiver dernier pour faire passer ses idées au Roi,4 que l'intention de la France n'était du tout pas que le Roi fût opprimé; qu'il n'avait qu'à se garder de quelque grand échec; que la France ne pensait autrement, sinon qu'il fallait que le Roi gardât la Silésie. Sur quoi, Sa Majesté, craignant l'artifice, a répondu que la France avait toute l'occasion à présent de s'expliquer à la cour de Londres sur les conditions de paix qu'elle pensait de proposer, et que le Roi, de concert avec l'Angleterre, y apporterait toutes les facilités possibles . . .

Eichel.

Auszug aus der Ausfertigung.



1 Französisch, weil in Chiffern.

2 Vergl. S. 460.

3 Vergl. Am. 1.

4 Gemeint ist vermuthlich Voltaire. Vergl. S. 202. 219 und das Schreiben des Königs an ihn vom 21. Juni in den Œuvres, Bd. 23, S. 86.