11796. AN DEN ETATS MIN ISTER GRAF FINCKENSTEIN IN BERLIN.

Freiberg, 4. Februar 1760.

. . . Da des Königs Majestät mir auch noch gestern Abend ein höchst eigenhändiges Manuscript von Deroselben nebst einem eigenhändigen Schreiben an Ew. Excellenz zugestellet57-1 und dabei befohlen haben, solches zuvorderst durchzulesen und darauf Ew. Excellenz alles zuzusenden, so erfolget selbiges in einliegendem Paquet. . . . Des Königs Majestät haben mir dabei noch exprès befohlen, an Ew. Excellenz von Höchstderoselben wegen annoch zu melden, dass, da Sie in solchen Mémoires Dero vorjährige Campagne mit aller Wahrheit und Aufrichtigkeit beschrieben, zugleich auch die von Dero Feinden begangene Fehler und anderes dergleichen mehr angemerket, auch sonsten Sich über verschiedenes reine heraus expliciret hätten, also Ew. Excellenz solches sorgfältigst menagiren und niemanden etwas davon communiciren, sondern mit allem Secret wohl asserviren möchten. Dero Absicht in Anfertigung dieses Manuscripti sei bloss, Dero Postérité dadurch zu instruiren, damit, wenn etwa dieselbe wiederum einen Krieg im Lande bekommen sollten, sie darauf recurriren und wissen könnten, was sie solchenfalls zu thun oder zu lassen, auch sich sonsten dabei zu nehmen hätten, auch die Ursachen und Connexion sehen könnten, worum Se. Königl. Majestät dieses und jenes gethan oder unterlassen müssen. Aus welcher Raison dann auch die Secretirung dieses Manuscriptes bei Ew. Excellenz ohnumgänglich nöthig wäre; denn auf den Fall, dass solches mehrere Hände passirete und zu anderer Gesichte jetzo käme, es selbst par hasard arriviren möchte, dass der Feind etwas daraus par indiscrétion oder sonst in Erfahrung brächte, der dann noch schon in jetzigem Kriege einen sehr übelen und Sr. Königl. Majestät und Dero Staat höchst präjudicirlichen Gebrauch davon machen könnte.

Dieses wollten jedoch Höchstdieselbe Ew. Excellenz erlauben, dass wenn Dieselbe das Manuscript durchgelesen haben würden und es alsdann geschähe, dass Sr. Königl. Majestät Feinde etwas unwahres, so dahin einschlüge, drucken und publiciren sollten, alsdenn Ew. Excellenz auf diese Mémoires recurriren und die wahren Facta daraus extrahiren und zur öffentlichen Widerlegung des feindlichen falschen Angebens mit gebrauchen könnten; es müssten aber auch solches nur pure Facta und keine darin mit angezeigete Raisons davon seind, als welche letztere mit aller Sorgfalt aus vorhin angeführten Ursachen menagiret und secretiret bleiben müssten.

Dieses ist alles, was des Königs Majestät mir darüber an Ew. Excellenz zu melden befohlen haben, welches hierdurch dann auch auf das fideleste schuldigst ausrichte.

Eichel.

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P.S.

Ich habe bei dieser Gelegenheit Ew. Excellenz nur noch pro memoria mit anzuzeigen vor meine Schuldigkeit zu sein erachtet, wie dass des Königs Majestät bereits vor verschiedenen Jahren noch ein anderes Höchsteigenhändiges Manuscript zur Instruction vor Dero Postérité, und zwar als Dero Testament politique angefertiget und mir dermalen zur sorgfältigen Verwahrung zugestellet haben. Da ich aber solches bei meinen dermaligen vielfältigen Reisen solches bei mir nicht sicher genug zu sein gehalten habe, wenn etwa in meiner Abwesenheit von Potsdam eine Feuersbrunst, Einbruch oder dergleichen unglücklicher Weise entstehen oder mir auch schleunig was menschliches begegnen sollte, so habe ich die Partie genommen, solches zuvorderst wohl mit dem königlichen Petschaft zu versiegeln und die Rubrique zwar darauf zu schreiben, jedoch zugleich noch die Précaution gebraucht, damit nicht selbst die Rubrique jemanden verleiten möchte, aus Curiosité noch vor der Zeit die Siegel zu eröffnen, dass ich noch einen ledigen Bogen wohl versiegelt herumgeschlagen und solches ohne alle Rubrique als ein königliches Manuscript zum dortigen secreten Cabinetsarchiv deponiret, worüber ich denn noch des Herrn Geheimen Rath von Hertzberg Attest und Schein in Händen habe, ohne dass derselbe weiss, noch von mir erfahren, was eigentlich darin befindlich. Ich untergebe Ew. Excellenz Gutfinden, ob Dieselbe bei dieser Occasion darnach fragen und allenfalls beide königliche Manuscripta zusammenlegen und bei Sich in Verwahrung nehmen wollen, damit solches nicht etwa, zumalen da keine eigentliche Rubrique darauf stehet, in der Länge der Zeit negligiret oder gar durch von Gott zu verhütende Unglücksfalle von Händen oder in fremde Hände gerathen möge. Welches jedoch Ew. Excellenz Gutfinden lediglich anheimstelle, Deroselben aber dennoch auch diesen Umstand bekannt machen und nur noch beifügen wollen, dass dieses Paquet quaestionis in 4° Format sei.

Eichel.

Nach der Ausfertigung.



57-1 Vergl. Nr. 11793.