1009. AN DEN KÖNIG VON GROSSBRITANNIEN IN LONDON.

Berlin, 13. November 1742.293-1

Ew. Majestät werden aus copeilichem Anschluss zu ersehen geruhen, was des Bischofs von Lüttich Liebden sowohl wegen des von denen im englischen Sold stehenden churbraunschweigischen und hessenkasselischen Truppen durch das Bisthum Lüttich ohne vorgängige Requisitoriales genommenen Durchzuges, als auch insonderheit der demselben anjetzo angemutheten Winterquartiere vor besagte Truppen unter dem 1. dieses Monats an Mich als Condirectorem des niederrheinwestphälischen Kreises gelangen lassen.

Ob Ich nun wohl in dergleichen unangenehmen Angelegenheiten Ew. Majestät sehr ungern behellige und Ihro keinesweges Ziel und Mass zu setzen gedenke, was Sie wegen Verpflegung Ihrer und Ihrer Alliirten Truppen vor Massreguln zu nehmen und zu verfügen haben möchten, auch dahin gestellet sein lassen muss, wie weit gedachten Bischofs Liebden hierunter hegende Besorgnisse sich gegründet finden oder nicht, so kann Ich Mich dennoch vermöge der Mir als mitausschreibendem Fürsten des niederrheinisch-westphälischen Kreises obliegendrn Pflicht auf keine Weise entbrechen, die an Mich gebrachte Beschwerden eines zu erwähntem Kreise gehörigen Mitstandes, welche derselbe auch sonder Zweifel Ew. Majestat directe vorstellig gemacht haben wird, anzunehmen und Dero gütigen Einsicht und Attention bestens zu recommandiren.

Es würde überflüssig sein, hiebei weitläufig anund auszuführen, was vor ein grosses Aufsehen es im ganzen Reich machen würde, wann ein solcher neutraler Reichsstand, als des Bischofs von Lüttich Liebden, mit dergleichen Winterquartieren, welche ér nach denen Reichsconstitutionen zu ertragen keinesweges gehalten ist, wider Willen und ohne seine Schuld beschweret werden sollte, und was vor unangenehme und schädlîche Weiterungen daraus vor die sämmtliche umliegende Lande zu besorgen sein dürften, wann derselbe, um sich solcher Last zu entschütten, allenfalls extreme Mittel ergreifen und zu solchem Endzwecke die ihm von benachbarten mächtigen Fürsten, wie sich aus dem Inhalt obangezogenen Schreibens fast nicht anders urtheilen lässet, allbereits angebotene und in Bereitschaft stehende kräftige Assistenz gebrauchen wollte.293-2

Alle diese und viele andere hiebei vorkommende Considerationes können auch ohne Meine Erinnerung der erlauchten Einsicht Ew. Majestat unmöglich entgehen, weswegen Ich dann zu Dero bekannten Aequanimitat und Gemüthsbilligkeit, auch vor die Conservation des Ruhestandes in <294>denen niederen Reichslanden bisher rühmlichst bezeigten patriotischen Sorgfalt das ungezweifelte Zutrauen hege, dass Dieselbe sothane Umstände in reife Erwägung ziehen und solche Verfügungen zu treffen wissen werden, dass des Bischofs von Lüttich Liebden klaglos gestellet und nicht etwa durch diesen Vorgang ein unvermuthetes und weitaussehendes Feuer in den dortigen Gegenden entzündet werde. Womit Ich in aufrichtiger Freundschaft und besonderer Hochachtung unveränderlich beharre etc.

Friderich.

H. Graf v. Podewils. C. W. Borcke.

Nach dem Concept.



293-1 Unter demselben Datum dem Bischof von Lüttich abschriftlich mitgetheilt.

293-2 In dem Schreiben des Bischofs heisst es „id quod (hannöverische Winterquartiere im Stift) sane sacris patriae legibus non modo summopere adversaretur, sed et patriam meam in extrema mala conjiceret funestissimasque in toto imperio consequentias ducere posset.“