1035. INSTRUCTION VOR DEN OBRISTLIEUTENANT VON BORNSTEDT.

Berlin, 6. Januar 1743.

1. Der Obristlieutenant von Bornstedt soll, sobald es nur möglich ist, von hier, und zwar zuerst nach Mainz, gehen, sich aber auf Pflicht und Ehre von allem dem, so ihm in dieser Instruction eigentlich aufgetragen wird, gegen niemanden, es sei wer es wolle, nicht das allergeringste äussern noch merken lassen, sondern seine Reise gleichsam incognito thun, und wenn er unterwegens oder sonsten daruber befraget werden sollte, bestândig vorgeben, wie er wegen Werbeangelegenheiten einige Commissions habe.

2. Wann derselbe zu Mainz ankommet, so muss er suchen, mit denen Vornehmsten und mit denen, so bei dem Churfürsten daselbst am meisten accreditiret seind, bekannt zu werden, und sich bei denenselben, soviel möglich ist, beliebt zu machen. Er soll den Character als Obrister annehmen, sein beständiges Vorgeben aber soll sein, dass er der Werbung halber reisete; seine Hauptabsicht muss jedoch diese sein, adroitement zu sondiren, wie diejenigen, so dorten das Heft in Händen haben, gegen den jetzigen Kaiser oder den wienerschen Hof gesinnet seind, ob die Oesterreicher, wie zu vermuthen, ihre Factions dorten haben, und wer eigentlich diejenige seind, so dem Kaiser oder aber hergegen dem wienerschen Hof am meisten zugethan.

3. Sobald er nur das Terrain dorten einigermassen kennen lernen, so muss er suchen, dem Churfiirsten prâsentiret zu werden, demselben auch beikommendes Schreiben308-1 von wegen Sr. Königl. Majestät überreichen und ihm in einem convenablen Compliment von Sr. Königl. <309>Majestät Hochachtung und Freundschaft versichern, dabei seine Werbungsangelegenheiten, dem Scheine nach recommandiren.

Wann derselbe dergestalt dorten bekannt geworden, so muss er adroitement Gelegenheit suchen, sowohl bei dem Churfürsten als bei dessen vornehmsten Bedienten, insonderheit denen, welche die Confiance des Churfürsten haben, auf eine gute, ohngezwungene Art den Discurs auf die jetzigen Conjuncturen in Teutschland zu lenken, alsdann aber denselben auf eine vertraute Art und jedem insbesondere von wegen Sr. Königl. Majestät zu insinuiren, wie es des Churfürsten und aller Reichsstände Interesse erfordere, an dem Kaiser als dem Oberhaupte des Reichs attachiret zu bleiben und denselben nicht etwa wegen einer etwa anscheinenden Convenienz zu verlassen, indem nicht nur die mächtigsten Stände des Reichs den von ihnen einmal erwählten Kaiser und die Independenz des Reiches niemalen unterdrücken lassen würden, mithin, wann einige andere Stände den Kaiser aus etwa Privatoder eigennützigen Absichten verlassen und andere Partie nehmen wollten, der Erfolg davon nothwendig sein müsste, als dass ihre Lande das Théâtre de guerre werden würden, als wozu die mainzischen Lande wegen ihrer Situation am mehristen exponiret wären, inmassen, wenn das Reich zugeben sollte, dass die englischen, osterreichischen und hannöverschen Truppen aus den Niederlanden den vorgewesenen Einmarsch in das Reich thäten, sodann die französischen Truppen ihnen sonder allen Zweifel auf dem Fusse folgen und also insonderheit in denen Ländern der mittleren und kleinen Fürsten das Théâtre de guerre aufschlagen und dieselbe dadurch gänzlich verheeret und destruiret werden würden. Um nun solches zu verhüten, so sei kein anderes Mittel übrig, als mit denen mächtigsten Ständen des Reiches, die es mit Teutschland am redlichsten meinten, zu halten, den Kaiser zu souteniren und nicht zu leiden, dass derselbe unterdrücket und die Neutralité von Teutschland durch fremde Puissances unterbrochen wurde. Dieses wäre Mein Sentiment; der sächsische Hof und noch andere wohlgesinnete Stände des Reiches wären derselben Meinung, und wünscheten als redliche Patrioten das System des Reiches durch ein Attachement der Glieder gegen dem Oberhaupt aufrecht zu erhalten, da die mächtigsten Stände sonsten vielleicht durch ein totales Bouleversement und durch Unterdrückung der kleineren profitiren könnten.

4. Es muss ermeldter Obristlieutenant sowohl dem Churfürsten als dessen Ministern, privatim und jedem einzelnen insbesondere, weiter zu insinuiren suchen, dass Se. Königl. Majestät zwar von dem gegenwärtigen Kriege zwischen dem Kaiser und dem wienerschen Hofe ganz keinen Theil nehmen, sondern dabei eine vollenkommene Neutralität beobachten und die mit dem wienerschen Hofe getroffenen Tractate auf das exacteste erfüllen würden; mithin würden Se. Königl. Majestät keinen von des Kaisers noch von des wienerschen Hofes Alliirten vorschreiben wollen, auf was Weise sie ihre Engagements erfüllen und was vor Mesures sie <310>deshalb nehmen sollten, daferne dadurch die Neutralität des Reiches nicht gebrochen, das Théâtre de guerre auf unschuldiger Reichsstände Boden nicht aufgeschlagen, die Autorität des Reiches nicht hintangesetzet und die Ehre und Würde des Oberhauptes vernichtiget, oder wohl gar zu andern, noch schädlichern Extremitäten geschritten würde, als dergleichen, dem Reiche ruineuse und verderbliche Unternehmungen Se. Königl. Majestät, als ein Churfürst und Stand des Reiches, ohnmöglich mit gelassenem Gemüthe ansehen könnten, vielmehr mit anderen redlichen Ständen dergleichen Unglück von dem allgemeinen Vaterlande abzuwenden cordat bemühet sein müssten.

5. Alle dergleichen Insinuationes muss der Obristlieutenant von Bornstedt zwar im Namen Sr. Königl. Majestät, jedoch in ganz moderaten Terminis verrichten, weiter aber sich nicht herauslassen, noch weniger jemals etwas schriftliches desfalls von sich stellen.

6. Was ihm nun darauf geantwortet werden wird, hat er genau zu merken und dabei wohl zu observiren, was diejenigen, mit welchen er dariüber spricht, eigentlich vor Sentiments führen, auch ob seine Insinuationes einigen Eindruck machen oder nicht, als wovon er demnächst Sr. Königl. Majestät seine Berichte zu erstatten hat.

7. Muss er adroitement zu sondiren suchen, ob man dorten etwa eine römische Königswahl im Kopfe habe, und, falls solches wäre, die daraus erfolgende Inconvenienzen epluchiren. Bei welchem Artikel er doch mit besonderer Behutsamkeit zu Werke geben muss.

8. Wann er zu Mainz seine Sache ausgerichtet hat, und seine Gegenwart daselbst nicht mehr nöthig ist, so soll er von dar nach dem churkölnischen Hof gehen, und daselbst alles, was ihm bei dem mainzischen Hof zu beobachten und zu thun vorgeschrieben worden, auf gleiche Art in Acht nehmen und ausrichten, als weshalb er beikommendes Schreiben an den Premierminister Grafen von Hohenzollern empfanget.

9. Von dar soll er nach Trier gehen und auf dieselbe Weise bei dem Churfürsten und dessen vornehmsten Bedienten vorermeldete Insinuationes thun, auch alles so wie zu Mainz und wie zu Köln beobachten.

10. Damit er auch solche seine Reisen um so verdeckter thun und seine eigentliche Absichten um so mehr cachiret halten kann, so kann er hier und da bedacht sein, wenn er etwa einen hübschen Kerl vor Sr. Königl. Majestät Regiment findet, solchen zu engagiren, wovor ihm die Kosten vergütet werden sollen.

11. So lange er auf dieser Reise ist, werden Se. Königl. Majestät ihm monatlich 200 Thaler zahlen lassen. Er empfängt auch einen besondern Chiffre hierbei, dessen er sich bei wichtigen Umständen in seinen Relationen zu bedienen hat.

Alles übrige überlassen Se. Königl. Majestät der Treue und Dextérité mehrgedachten Obristlieutenants von Bornstedt, nicht zweifelnd, er werde <311>alles, so ihm in dieser Instruction aufgegeben worden, auf das beste und geschickteste auszurichten und den Zweck, welchen Höchstdieselbe darunter führen, bestmöglichst zu erreichen suchen, da dann Se. Königl. Majestät ihm Dero gnädigste Erkenntlichkeit dagegen zu bezeigen ohnermangeln werden.

Friderich.

(L.S.)

Nach der Ausfertigung.



308-1 Ein Empfehlungsschreiben in allgemeiner Fassung, ebenso wie das weiter unten erwähnte an den Grafen Hohenzollern.