12632. AN DEN GEHEIMEN COMMERZIENRATH VON REXIN IN KONSTANTINOPEL.

[Leipzig, 12. Januar 1761.]188-2

Ich hoffe, es werde der Feldjäger Schimmelpfennig das Glück gehabt haben, mit dem Duplicat der ihm anvertraueten Dépêche188-3 durch und an Ort und Stelle zu kommen. Er wird alsdenn mündlich haben sagen können, wie sehr unsicher die bisherige Passage durch Polen durch die Indiscretion des Skrodski geworden, so dass der erstere Courier, welcher Deroselben das von dem König unterzeichnete Original von gedachter Dépêche überbringen sollen, gleich auf der polnischen Grenze aufgehoben worden. Nunmehro aber ist unsere bisherige Route durch Polen und so weiter über Jassy ganz und gar ruiniret worden. Der in Ihrem Schreiben an mich gerühmte Eckardt ist der grosseste Schelm und ein Espion und Verräther von Ihnen gewesen. Als Skrodski mit solchem bis nach Landshut, einem kleinen Städtchen in Polen, gekommen und ihn bis dahin verpfleget, hat er auf einmal demselben declariret, dass er nicht weiter mit fort wolle, und ohnerachtet Skrodski alles gethan, durch Bitten und Drohen ihn weiter fortzubringen, so hat er denselben nur ausgelachet und ihm mehr Ducaten aus seiner Tasche gewiesen, als Skrodski sein Tage gehabt hat. Wenn es wahr ist, was letzterer an den Minister von Schlabrendorff zu Breslau erzählet hat, dass dieser Schelm mit dem russischen extraordinären Gesandten nach Konstantinopel und darauf in Dero Dienste gekommen, so haben Sie einen grossen Bock geschossen, diesen Menschen anzunehmen und an ihm einen Verräther und Spion von denen Russen zu ernähren; der auch die Reise nach Teutschland nicht anders übernommen, als um zu wissen, was vor eine Route unsere Couriers bisher aus der Türkei und durch Polen gehalten.

Sie müssen wissen, ob dieser Mensch Ihre Chiffres in Händen gehabt oder nicht. Ersterenfalls ist sehr [zu] vermuthen, dass auch Ihre Chiffres durch den<189> Schelm verrathen seind, sowie auch Ihre Connaissances in Konstantinopel; nehmen Sie also Mesures darnach.

Erinnern Sie sich zurück, wie sehr ich Dieselbe vorlängst gewarnet, Sich mit Dero Domestiquen und wegen Dero Chiffres und Papiere in Acht zu nehmen. Der König weiss noch nichts von dieser fatalen Aventure; wenn Sie aber den Schimmelpfennig zurückschicken, so warnen Sie ihn sehr, dass er nicht die bisherige Courierroute durch Polen gehe, sondern lieber über Chocim,189-1 wenn er gute türkische Pässe dazu haben kann. Könnte er sich vor einen englischen Courier alsdenn ausgeben und einen Pass von Porter dazu haben, so wäre es noch besser.

Skrodski wird schwerlich wagen dürfen, nach Konstantinopel zurückzugehen, ohne zu hasardiren, das ehmalige Sort des unglücklichen schwedischen Couriers Sinclair zu haben.

Bei diesem Umstande wüsste ich Ihnen kein neues Ratificationsinstrument zu dem zu zeichnenden Freundschaftstractat sicher hinzuschaffen. Sie werden also allenfalls den Namen des verstorbenen Grafen von Podewils189-2 ganz sauber radiren, aber auch in dem Text der Ratification zusehen lassen müssen, wie in solchem der Tractat eigentlich genannt worden. . . .

Eichel.

Nach dem Concept.



188-2 Das Datum ergiebt der Inhalt.

188-3 Nr. 12516.

189-1 Choczim am oberen Dnjestr.

189-2 Der Minister Graf Podewils war am 29. Juli 1760 gestorben. Vergl. Bd. XIX, 638.