12637. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN LEIPZIG.

Leipzig, 16. Januar192-1 1761.

Nach der von Ew. Excellenz mir dazu gegebenen gnädigen Erlaubniss habe ich die Ehre, Deroselben das mir communiciret gewordene Memorial der unglücklichen Bürgerschaft zu Landeshut192-2 zu übersenden, mit ganz gehorsamster Bitte, mir solches nach Dero davon gemachtem Gebrauch nach Deroselben Zeit und Gelegenheit wieder zukommen zu lassen, indem darunter gar nichts pressiret. Es ist fast nicht möglich, dass man den Einhalt dessen als mit der innersten Rührung lesen kann, da es allen Cruautäten, so in dem Dreissigjährigen Kriege hier und da geschehen, zur Seiten zu setzen ist und so mehr Horreur erreget, als diese unglückliche Stadt ein fast ganz offener Ort ist, der zu der Zeit, als er dieses harte Schicksal erfahren, schon mit Österreichscher Garnison besetzet war und die von ihm geforderte Contribution erleget, auch dagegen die grosseste Versicherungen von Schutz und Gnade erhalten, sich währendem diesem Kriege sowohl als allen vorigen in Schlesien so sage betragen hatte, dass, ohne seinem gehuldigten und verpflichteten Landesherrn an der schuldigen Treue zu manquiren, der Feind selbst gegen die vernünftige Conduite, so Magistrat und Bürgerschaft allda gehalten, nichts zu sagen, noch denenselben deshalb etwas zu reprochiren wusste. Es musste also bloss ein Laudon sein, dessen wildes Naturell zum Unglück der armen Stadt leider von der Férocité derer Russen währenden seines Aufenthalts bei denenselben zu viel profitiret hatte, um seine Soldaten zuvorderst in Branntwein zu besaufen, um ihnen dadurch und durch Versprechung der Plünderung von einem Orte, dessen Importance er selbst nicht kennete, Courage zu inspiriren und diesen unschuldigen Ort in das grösseste Elend zu versetzen. Wäre der zehnte Theil dergleichen, so doch Gott verhüte! an einem sächsischen, böhmischen oder mährischen Orte geschehen, wie viel Impressa würden deshalb zu Regensburg herumgelaufen seind, und wie sehr würden sich die Federn des Maubert und des sächsischen Residenten im Haag192-3 exerciret haben, um es auf das schwärzeste dem Publico vorzustellen!

Eichel.

Nach der Ausfertigung.



192-1 Auf einem Schreiben an den Generallieutenant von Seydlitz, d. d. Leipzig 16. Januar, mit der Aufforderung, er möge zur Herstellung seiner Gesundheit nach Leipzig kommen (vergl. S. 190. Anm. 3), findet sich der eigenhändige Zusatz: „Die Leipziger Luft wird Ihm gesunder wie die Berliner seind.“ [Berlin. Generalstabsarchiv.]

192-2 Liegt nicht vor.

192-3 Kauderbach.