13015. AN DEN GENERALLIEUTENANT PRINZ FRIEDRICH EUGEN VON WÜRTTEMBERG.504-2

Kunzendorf, 3. Juli 1761.

Es hat Mir ein wahres Vergnügen gemachet, aus Ew. Liebden Schreiben vom 29. Junius zu ersehen, dass Dieselbe nebst dem Generallieutenant von Werner Meinem Deroselben vorhin überschriebenen Sentiment wegen der dortigen Sachen Beifall geben. Wie Ich dann auch Meines Ortes hier Ew. Liebden in allen dem völlig beipflichte, was Dieselbe in [Dero jetzigem Schreiben von Affaires d'arrière-garde und]504-3 dergleichen berühren; worüber Ich mit Ihnen einerlei Gedanken führe, jedoch dieses nur noch hinzufüge, dass, wenn sich die Russen gegen Ew. Liebden näheren werden, es sehr gut sein wird, wenn Dieselbe alles, was wohl ausgedachte Surprises, nächtliche Ueberfälle, und sonst dergleichen Arten von Entreprises [sind], die man mit Kavallerie und einigen Bataillons tentiren kann, hasardiren werden, jedoch ohne Sich mit dem ganzen Corps zu engagiren. Diese Art von Entreprises, wenn solche wohl arrangiret und gut executiret werden, können die Russen insonderheit nicht gut ausstehen, und werden dadurch sehr fatiguiret und herunter gebracht. Das übrige, so Ew. Liebden wegen der Affaires d'arrière-garde vermeinen, wenn Dieselbe solche auf den Fall, dass die Russen sich abziehen sollten, engagiren können, ist alles, wie gedacht, recht sehr gut.

Der Todesfall des Generallieutenants von Goltz, der den Abend vor seinem vorgehabten Aufbruch das hitzige Fieber bekommen und wenig Tage nachher daran gestorben ist, wird Ew. Liebden vermuthlich schon bekannt sein. Da schon alles bei seinem Corps, so Ich verstärket habe, zum Aufbruch völlig arrangiret gewesen, so habe Ich so<505>gleich den General von der Kavallerie von Zieten dahin geschicket, welcher das Commando des Corps übernommen und mit solchem den 30. Junius zu Kosten505-1 in Polen gestanden hat, nachdem er 2000 russische Dragoner und Kosacken, so dort gestanden und ihm entgegen rücken wollen, übern Haufen werfen und wegjagen lassen, dabei er den Brigadier,505-2 einen Obristlieutenant und etliche 50 Mann gefangen bekommen, ausser denen Officiers und Gemeinen vom Feinde, so dabei geblieben und blessiret worden.505-3

Nach der Aussage der Gefangenen und anderer soll Buturlin mit der Armee den 29. bei Moschin505-4 campiret haben, das Tschernischewsche Corps aber bei Cholawi505-5 gewesen sein, welches letzte sein Lager eine halbe Meile von Kosten nehmen und Buturlin da zu ihm stossen wollen. Ich erwarte stündlich die Nachricht von dem weiteren dort vorgefallenen,505-6 und habe die Arrangements genommen, dass, sobald ferner was vorgehen wird, der Commandant zu Glogau, Major Lichnowsky, solches sogleich Euer Liebden bekannt machen soll.

Friderich.

Nach der Ausfertigung im Königl. Haus- und Staatsarchiv zu Stuttgart.



504-2 Die Berichte des Prinzen sind im Juli aus „Vorstadt Colberg“ datirt.

504-3 Ergänzt nach dem Concept.

505-1 In der Vorlage: „Kössin“ .

505-2 Brigadier von Löpel.

505-3 Zietens Bericht, d. d. „Im Lager von Kossin“ (Kosten), 30. Juni. Vergl. Nr. 13014.

505-4 In der Vorlage: „Mossin“ ,

505-5 Wohl Chalawy, südl. von Moschin.

505-6 Eichel schreibt am 3. Juli an Finckenstein u. a.: „Wir erwarten mit vieler Ungeduld Nachricht von dem Success der Zietenschen Expedition, die einen grossen Ausschlag, nachdem sie gehet, geben wird.“