1459. AN DEN RATH HOMFELD IN EMBDEN.

Pyrmont, 31. Mai 1744.

Ich zweifle nicht, es werde Euch Mein letzteres, par Estafette an Euch gesandtes Schreiben richtig zu Handen gekommen sein und Ihr Meine bei den jetzigen Umständen von Ostfriesland habende Intention daraus mit mehrerm ersehen haben.

Da Mir gestern Euer anderweiter Bericht wohl eingehändiget worden ist, so habe Ich daraus zu Meinem ganz besondern Vergnügen ersehen, wie der Magistrat zu Embden Meine nunmehro angetretene Regierung des dortigen Fürstenthums agnosciret und sich wie rechtschaffenen, treuen Vasallen gebühret darunter betragen hat, worüber Ihr dann demselben gelegentlich Meine besondere Zufriedenheit zu erkennen geben und sie aller Meiner Gnade und Propension versichern sollet. Ich habe auch sehr gerne ersehen, was vor Mittel Ihr Euch bedienet habt, um den ersten Anlauf der dortigen Populace zu stillen, und was sonsten bisher bei der Possessionsergreifung vorgefallen, wowider Ich dann nichts zu sagen noch zu erinnern habe, und habt Ihr nur auf alle diensame Art, nach der hierunter Euch vorhin ertheilten Instruction, weiter fortzufahren.

Die Ursachen, warum Ihr die Stadt Aurich bis zuletzt aussetzen wollet,162-1 finde Ich ganz gegrundet. Damit Ihr aber zum Voraus informiret sein möget, was Ich hierunter an den Obristen Graf zu Wied (welcher, wie Ich Euch schon bekannt gemachet habe, beordert ist, mit einem Bataillon von Wesel aus nach Ostfriesland zu marschiren und Euren dortigen Commissionen ein so mehrers Gewicht zu geben) anderweitig befohlen habe, so lasse Ich Euch die an ihn ergangene Ordre hiebei abschriftlich communiciren, mit welchem Ihr dann über alle darin vorkommende Umstände Euch so, wie es Mein wahrer Dienst und Interesse und die dortigen Angelegenheiten erfordern, bestens concertiren und ihm alle nöthige Informationes schleunigst zukommen lassen sollet. Was Mich bewogen hat, die Ordre, so gedachter Graf Wied sonst empfangen, nach Embden zu marschiren, anderweitig zu declariren, ist, dass Ihr Mir die Agnition Meiner Regierung, die Beruhigung der Populace und das gemachsame Verhalten der holländischen Garnison berichtet habt, dahero Ich geglaubet habe, dass wenn bei solchen Umständen mehrermeldter Obrister nebst seinem Bataillon in Embden einmarschirete, solches den dortigen Magistrat beunruhigen und die Populace von neuem in Bewegung bringen dörfte, nicht zu gedenken der Jalousie, welche der République Holland dadurch gemachet und dieselbe dadurch vielleicht veranlasset werden dörfte, auch ihrerseits die dortige Garnison zu verstärken, welches dann leicht zu einiger Weitläuftigkeit und Extrémité, die Ich doch, so viel moglich, vermeiden will, Gelegenheit geben dörfte, um so mehr, da Ich gar nicht abgeneigt bin, Mich mit der République, ihrer <163>prätendirten Anforderung wegen, wo möglich amiablement zu accommodiren. Solltet Ihr jedoch finden, dass eine Verstärkung bei der dortigen Garnison ohnumgänglich nöthig sei, und Ich sonsten offenbar risquirte, von dem Besitz der Stadt Embden verdränget zu werden, so müsset Ihr deshalb auf das rathsame und dienliche denken, das behorige vor der Hand nehmen und nebst dem Major von Kalckreuth Euch mit dem Obristen Graf von Wied concertiren und alles gehörige reguliren. Der eingesandte Agnitionsrevers des Freiherrn von Knyphausen ist Mir sehr angenehm gewesen, welches Ihr demselben in Meinem Namen auf das obligeanteste versichern sollet. Ich zweifle auch keinesweges, die übrige dortige Noblesse und Stände werden diesem guten Exempel folgen und sich willig zu demjenigen von selbst erklären, was doch endlich nicht zu ändern sein wird. Ihr sollet deshalb denen dortigen Ständen alle convenable Insinuation thun und dieselben wohl bedeuten, dass wenn sie, ohne einige weitere Unruhe zu machen, Mein ganz indisputables Recht auf Ostfriesland agnosciren und sich Mir und Meiner Regierung de bonne grâce und gutwillig unterwerfen würden, sie sich versichert halten könnten, dass sie nicht nur bei ihren wohlhergebrachten Rechten, Privilegien und Freiheiten geschützet werden sollten, sondern Ich ihnen überdem von Meiner Gnade und landesväterlicher Propension die gewisseste Marque geben und sie nach ihrer Convenienz mit Chargen, Würden und Ehrenämtern versehen würde. Woferne sie aber sich nicht ruhig betragen und sich wider alles Verhoffen ihrer Schuldigkeit gegen Mich entziehen würden, so würde Mich dieses wider Meine Inclination zwingen, die von Gott Mir verliehene Mittel auf das nachdrücklichste dagegen zur Hand zu nehmen. Wie Ihr denn überall auf das nachdrücklichste dagegen versichern und declariren konnet, dass, nachdem Mir das Fürstenthum Ostfriesland durch den geschehenen Todesfall des letztern Fürsten von Gott und Rechtswegen zugefallen, Ich solches vor Mich und Mein Haus conserviren und Mich in dessen Besitz wider jedermann mainteniren würde.

Ihr könnet auch wohl unter der Hand ausbringen, dass, woferne Ich merken sollte, dass entweder die dortige Stände sich gegen Mich opponiren würden, oder aber Mir von anderen dieser Succession wegen Hinderungen oder Weitläuftigkeiten gemachet werden wollten, Ich von Meiner Armee sofort 40 Escadrons und 10 Bataillons dahin marschiren lassen wiirde, als welche sich dazu marschfertig zu halten bereits beordret wären, dahergegen Ich, wenn alles ruhig bliebe, und Mir keine unnöthige Difficultaten gemachet wurden, Ich nicht einen Mann weiter dahin marschiren lassen wollte.

P. S. 1.

Was Ihr sonsten auf Eure Berichte und wegen der jetzigen Umstände von Ostfriesland vor Resolutiones und fernere Instructiones nöthig habt, solche werden Euch aus dem Departement der Auswärtigen Affairen <164>von Berlin aus nächstens zugesandt werden. Ihr sollet es übrigens in dieser Sache an keiner Ueberlegung, Attention, Fleiss und Vigilance ermangeln lassen, und Euch dagegen hiernächst Meiner Erkenntlichkeit versichert halten.

Von allem, so Meiner Attention werth ist, sollet Ihr fleissig und öfters berichten und Mir solchenfalls Eure Berichte par Estafette zusenden.

P. S. 2.

Pyrmont, 1. Juni 1744.

Da Ich so eben Euren unterm 29. vorigen Monats mit der Post abgesandten Bericht allhier erhalten, so ersehe Ich zu Meinem besondern Vergniigen und allergnädigsten Wohlgefallen, dass das Geschäfte der dortigen Possessionsergreifung noch zur Zeit mit allem erwünschten Success fortgehet. Wie Ich denn auch sehr approbire, dass Ihr die Verlegung einiger dänischen Miliz nach Aurich und dem Hause Berum auf eine sehr vernünftige Weise abgewendet habt.

Was die Besorgniss der dortigen Leute wegen gewaltsamer Werbung und wegen Bequartierung anbetrifft, da könnet Ihr von Meinetwegen denen dortigen Ständen sowohl als überall, wo es sonsten nöthig und von Effect ist, insinuiren und versichern, dass, woferne sie sich aller Opposition, Unruhe und Weigerung gänzlich enthalten und sich gegen Mich als ihren rechtmässigen Landesherrn betragen, sie sich versichert halten könnten, dass Ich dorten niemalen eine gewaltsame Werbung einführen noch zugeben oder geschehen lassen würde ; wie Ich Euch denn Meine deshalb führende Intention dahin bekannt machen will, dass, da es wohl nicht anders sein kann, als dass Ich zu Beschützung dieses Meines Fürstenthums sowohl als Meiner übrigen Lande Truppen halten muss, mithin dazu Leute oder Recruten nöthig habe, Ich dennoch nicht gewillt bin, in dasigem Fürstenthum einige gewaltsame Werbung einzuführen oder geschehen zu lassen, sondern vielmehr mit denen dasigen Landesständen dahin gütlich zu convenrren suchen werde, dass Mir selbige jährlich eine ganz mässige Anzahl freiwillig angeworbene Recruten abliefern, welche anzuwerben Ich denen Ständen selbst überlassen, vor das übrige aber sie mit aller weitern Werbung übersehen werde.

Was die Bequartierung anbetrifft, da sollet Ihr desfalls die dortigen Stände, und wo es sonsten nöthig sein wird, dahin rassuriren, dass wann, wie obgedacht, sie sich als treue, gehorsame Unterthanen betragen, Ich sodann nicht nur keine Truppen noch Garnisons weiter dorthin schicken, sondern auch, sobald zuforderst diejenigen Compagnien, so der verstorbene Fürst dorten gehalten, in Meine Dienste getreten, und Mir geschworen haben werden, demnächst auch das Land und die Stände Mir die Huldigung geleistet haben werden, Ich sodann das von Wesel anjetzt dorthin marschirte Bataillon sogleich zurückmarschiren und in die vorige Quartiere nach Wesel gehen lassen werde.

Welches alles Ihr dann gehörig und pflichtmässig besorgen sollet.

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P. S. 3.

Wann Ich auch von dem von Euch eingesandten Schreiben der verwittibten Fürstin, nachdem Ich dessen Inhalt ersehen, sehr zufrieden bin, so werde Ich derselben mit nächstem Selbst darauf antworten;165-1 inzwischen Ihr derselben durch ihren Hofmarschall von Larray hinterbringen lassen sollet, wie sie versichert sein könnte, dass sie als eine Meinem Hause ohne dem angehörige Prinzessin,165-2 von Mir aller Assistance und reelle Marquen Meiner freundvetterlichen Zuneigung gewärtigen und persuadiret sein könnte, wie Ich denn alles beitragen würde, damit sie dasjenige bekäme, was einer verwittibten Fürstin von Ostfriesland gebühret und zustehet. Die von Mich an ihr zu erlassende Antwort werde Ich Euch adressiren.

Nach Abschrift der Cabinetskanzlei.



162-1 „Weil, wenn man daselbst Widerstand finden würde, solches ein boses Exempel denen Leuten auf dem Lande geben dörfte.“ (Bericht Homfeld's, 27. Mai.)

165-1 Eine Antwort an die Fürstin liegt nicht vor.

165-2 Die Fürstin war eine geborne Markgräfin von Brandenburg-Baireuth.