4795. AN DEN GENERAL VON DER INFANTERIE VON LEHWALDT IN KÖNIGSBERG.

Potsdam, 16. Februar 1751.

Mein lieber General von der Infanterie von Lehwaldt. Da gar nicht zu zweifeln ist, dass der russische Hof in diesem Jahre, sobald es die Saison leiden wird, seine sonst gewöhnliche Ostentationes durch Formirung verschiedener Campements an den livländischen Grenzen und in Kurland wiederum vornehmen und vielleicht mehr als vorhin vergrössern werde, so bin Ich zwar deshalb nicht verlegen, da Mir nicht unbekannt ist, wie weit derselbe jetzo und vor der Hand im Stande ist, solche zu poussiren oder nicht. Dieweilen aber dennoch eine kluge und vernünftige Vorsicht erfordert, diejenige Benachbarte, von deren üblem Willen man genügsame Ueberzeugung hat, genau zu observiren und auf allen deren Démarches ein wachsames Auge zu haben, und zwar dieses um so mehr, als jetzo so viele importante Affairen von Europa zugleich in einer besonderen Fermentation stehen, als habe Ich nöthig gefunden, Euch zu Eurer Direction durch nachstehende geheime Instruction bekannt zu machen, dass Ihr zwar wegen aller von dem russischen Hofe in Kur- und Livland vorzunehmenden Demonstrationen nicht ombragiret, am allerwenigsten aber einige Inquiétude, Furcht oder Besorgniss deshalb blicken lassen, dennoch aber auf alle Démarches und Bewegungen, so die russische Truppen gedachter Orten vornehmen, auch auf deren Veranstaltung, eine ganz genaue und continuirliche Attention haben sollet, dergestalt, dass Ihr darunter von allem, so exacte als es nur immer sein kann, beständighin informiret sein könnet. Zu welchem Ende Ihr dann gute und sichere Correspondances nach gedachten Orten, es sei durch Kaufleute oder andere, oder wie Ihr es den Umständen nach sonsten diensam finden werdet, dahin etabliren und sehen müsset, allemal daher genaue Nachrichten zu haben, welche Ihr dann durch deren Gegeneinanderhaltung wohl beurtheilen und dem Befinden nach Mir davon Communication thun sollet.

Damit Ihr aber auch zulänglich informiret sein könnet, ob etwa die in Kur- und Livland bereits befindliche russische Truppen sich anderswoher noch mehr verstärken, so finde Ich vor diensam, dass Ihr den Euch vermuthlich schon bekannten Baron von Schrötter, welcher sowohl im polnischen als Meinem Lithauen etabliret ist und jener Orten<271> grosse Connaissances hat, nächstens selbst zu Euch zu kommen ersuchet und Euch alsdenn mit ihm im Vertrauen concertiret, damit er auf alle Bewegungen, so etwa in dem polnischen Lithauen nach denen russischen Landen hin vorgehen könnten, ganz genau invigilire, auch Euch insonderheit gegen das kommende Frühjahr von allem avertire und deshalb eine sichere und reguläre Correspondance mit Euch unterhalte. Wobei er insonderheit Acht zu haben, ob etwa die in Kur- und Livland stehende Russen durch noch mehrere Truppen von Smolensko her verstärket werden oder auch an Kosaken oder dergleichen leichte und irreguläre Truppen noch mehrere an sich ziehen, als sie jetzo bereits dorten haben. Ihr könnet dagegen gedachten Baron von Schrötter aller Meiner Erkenntlichkeit versichern.

Ich recommandire Euch demnach alles bevorstehende bestens zu befolgen und ohnvermerket eine sehr genaue Attention auf alles gedachter Orten vorgehende zu haben, damit daselbst nichts vorgehen könne, davon Ihr nicht in Zeiten genau informiret wäret. Wie Ihr Mir dann auch davon Eure Rapports, unter Nehmung guter Präcautionen wegen solcher Eurer Briefe, zu erstatten habet.

Friderich.

Nach dem Concept.