Januar 1755.

A.

30. Januar 1755

Der König in Potsdam. Er schenkt dem Feldmarschall v. Schwerin ein Pferd.

Februar.

A.

Februar 1755

Der König in Potsdam.

13. Februar 1755

Der Prinz Heinrich nach Potsdam bis den 17.

B.

15. Februar 1755

Starb die Wittwe des General-Adjutanten v. Keyserling, geb. Gräfin v. Schlieben, 34 Jahr alt. (S. Seite 118).

<274>

März.

A.

März 1755

Der König in Potsdam.

4. März 1755

Der Prinz Heinrich nach Potsdam bis den 7.

13. März 1755

Der König aus Potsdam in Berlin.

14. März 1755

Nach Potsdam.

31. Mai 1755

Der König von Potsdam nach Berlin, wo er sich sogleich zur Königin Mutter begiebt und ihr seinen Glückwunsch zu ihrem Geburtstag (der den 27. gewesen war) abstattet.

Bei der am 27. März Statt gehabten Feier des Geburtstags der Königin Mutter wurde die Oper Ezio gegeben. Der König war nicht gegenwärtig.

April.

A.

2. April 1755

Der König nach Potsdam.

Mai.

A.

14. Mai 1755

Der König aus Potsdam in Berlin.

15. Mai 1755

Nach Spandau, wo er bei dem Prinzen von Preußen speist, dann nach Potsdam.

22. Mai 1755

Aus Potsdam nach Berlin zur Musterung.

26. Mai 1755

Nach Potsdam.

28. Mai 1755

Aus Potsdam nach Berlin, Nachmittags ab nach Stargard, über Freienwalde und Neuenhagen, wo er übernachtet.

29. Mai 1755

Von Neuenhagen in Stargard - bis den 1. Juni im Lager.

Juni.

A.

1. Juni 1755

Der König von Stargard nach Schwedt, wo an diesem Tage die Verlobung des Prinzen Ferdinand, Bruders des Königs, mit der Prinzessin Louise von Brandenburg-Schwedt Statt hatte.

<275>

2. Juni 1755

Von Schwedt nach Berlin und Potsdam.

3. Juni 1755

Prinz Heinrich nach Potsdam.

5. Juni 1755

Der König von Potsdam nach Pitzpuhl bei Magdeburg zur Revue.

8. Juni 1755

Nach Salzthal.

11. Juni 1755

12. Juni 1755

In Minden und Bielefeld.

13. Juni 1755

Über Lingen nach Ostfriesland.

15. Juni 1755

In Emden.

16. Juni 1755

Durch das Hochstift Münster nach Wesel.

17. Juni 1755

Ankunft in Wesel; hier war auch d'Alembert einige Tage beim König 1).

19. Juni 1755

Von Wesel aus trat der König incognito, und bloß von dem Obersten Balbi und einem Pagen begleitet, eine Reise nach Holland an 2). In Amsterdam besah er die berühmte Gemäldesammlung des Kaufmanns Bramkamp. und das schöne Landhaus des reichen Israeliten Pinto zu Tulpenburg, dann, ging er auf der gewöhnlichen Barke nach Utrecht, um die schönen Landhäuser längs der Vechte zu sehen. Auf dieser Wasserfahrt lernte er den Herrn von Catt, seinen nachherigen Gesellschafter, kennen 3). Dieser erzählt davon in einem seiner Briefe an einen Bekannten, Herrn de Lavereux, Folgendes: "Im Jahr 1756 (soll 1755 heißen) hielt ich mich auf einem Landhause zwischen Amsterdam und Utrecht auf; um nach der letztern Stadt zu kommen, verdung ich mich auf eine Barke, die dicht bei dem Landsitze, wo ich lebte, vorbeipassirte. Da ich nicht in die Kajüte kommen konnte, weil sie vermiethet war; so blieb ich mit andern Passagieren in der Barke selbst. Nach einiger Zeit kam aus der Kajüte ein Mann in zimmtfarbenem Kleide mit goldenen Knopflöchern, der eine schwarze Perücke trug, und sich Gesicht und Kleid mit Spaniol ziemlich befleckt hatte. Der Unbekannte fixirte mich eine Zeit lang, und fragte sodann ohne weitere Vorrede: Wer sind Sie, mein Herr? Dieser kavalierische Ton von einem Unbekannten, dessen Äußeres nichts sehr<276> Wichtiges verkündigte, war mir zuwider, und ich weigerte mich, seine Neugier zu befriedigen. Er schwieg. Einige Zeit darauf nahm er einen höflichern Ton an und sagte: Kommen Sie doch hier zu mir herein, mein Herr! Sie werden sich da besser befinden, als in der Barke unter dem Tabacksrauche. Diese höfliche Anrede besänftigte meinen Unwillen, und da das sonderbare Wesen des Mannes meine Neugier rege machte, so nutzte ich sein Anerbieten. Wir setzten uns und fingen an, vertraulich mit einander zu reden.

Sehen Sie wohl den Mann in seinem Garten dort, der am Ufer ein Pfeifchen raucht? sagte er zu mir. Dieser Mann ist zuverlässig nicht glücklich. Ich weiß nicht, versetzte ich, aber ich denke, ohne einen Menschen zu kennen, ohne von seiner Lage und Denkart vollkommen unterrichtet zu sein, lasse sich unmöglich bestimmen, ob er glücklich oder unglücklich ist.

Mein Unbekannter gab mir Recht, und lenkte das Gespräch auf die Holländische Regierung. Er kritistrte sie, vermuthlich, um mich zum Reden zu bringen. Auch sprach ich, und gab ihm freimüthig zu verstehen, daß er von dem, was er kritisirte, nicht völlig unterrichtet sei. Sie haben Recht, versetzte er, man muß nur über das urtheilen, womit man ganz bekannt ist. Nunmehr fing er an von Religion zu sprechen, und mit beredter Zunge alles das Übel herzuerzählen, was die scholastische Philosophie in der Welt verursacht hatte, und suchte zu beweisen: die Schöpfung sei unmöglich. Ich fing an, den letzten Punkt zu widerlegen. Allein, wie kann man Etwas aus Nichts schaffen? sagte er mir. Davon ist nicht die Rede, antwortete ich ihm, es kommt darauf an, zu wissen, ob ein solches Wesen, wie Gott, dem, was nicht ist, Existenz geben kann oder nicht. Er schien verlegen und versetzte: Aber die Welt ist ewig. Sie gerathen in einen Zirkel, entgegnete ich, wie wollen Sie da heraus? Ich setze darüber weg, sagte er. Darauf fing er an zu lachen, und<277> von andern Dingen zu sprechen. Welche Regierungsform halten Sie für die beste? fragte er unter andern. "Die monarchische, wenn der König gerecht und aufgeklärt ist." Sehr wohl, entgegnete er, aber wo findet man dergleichen Könige? und damit that er einen Ausfall auf die Könige, der mich nicht im geringsten auf die Vermuthung bringen konnte, daß er einer sei. Zuletzt beklagte er sich zumal darüber, daß sie die Süßigkeit der Freundschaft nicht kennten, und führte bei der Gelegenheit folgende Verse an:

Amitié, plasir des grandes ames;
Amitié que les Rois, ces illustres ingrats
Sont assez malheureux de ne connaitre pas.

(Freundschaft, du Wonne großer Seelen! welche die Könige, diese erhabenen Undankbaren, nicht zu kennen unglücklich genug sind).

Ich habe nicht die Ehre mit ihnen näher bekannt zu sein, sagte ich, aber aus dem, was ich in der Geschichte von Mehreren gelesen habe, zu urtheilen, glaube ich, mein Herr, daß Sie im Allgemeinen Recht haben. "O ja, ja, ich habe Recht, ich kenne die Herren." Jetzt kamen wir auf die Litteratur zu sprechen. Der Unbekannte ließ sich über Racine mit vieler Bewunderung und Enthusiasmus aus. Während der Unterredung ereignete sich ein drolliger Zufall. Der Unbekannte wollte ein kleines Schiebefenster herunterlassen, und konnte damit nicht fertig werden. Das verstehen Sie nicht sagte ich zu ihm, überlassen Sie das mir. Ich versuchte es herunter zu ziehen, und war nicht geschickter, als er. Mein Herr, fing er nun an, erlauben Sie mir nun, Ihnen meinerseits zu sagen, daß Sie, auf Ehre! es eben so wenig verstehen. - "Das ist wahr, und ich bitte Sie um Verzeihung; ich bin zu rasch gewesen, Sie der Ungeschicklichkeit zu beschuldigen." - Waren Sie in Deutschland? fragte er mich dann. - "Nein, aber ich habe Lust, diese Reise zu machen, und ich bin sehr begierig, die Preußischen Staaten und deren<278> König zu sehen, von dem man so Vieles erzählt." Damit fing ich an, mich über Friedrich's Thaten auszubreiten, aber er unterbrach mich schnell mit den Worten: Nichts von den Königen, mein Herr! Was gehen uns die Wesen an! wir wollen uns den Überrest unseres Weges hindurch von angenehmern und aufheiternden Gegenständen unterhalten. Und nun sprach er von der besten der möglichen Welten, und behauptete: es gäbe auf unserer Erdkugel mehr Böses als Gutes. Ich vertheidigte das Gegentheil, und dieser Disput brachte uns zum Ziel unserer Reise.

Wie er mich verließ, sagte er, ich hoffe, mein Herr, daß Sie mir nun Ihren Namen sagen werden, mir ist es sehr lieb gewesen, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben; vielleicht sehen wir uns nie wieder. Ich antwortete ihm auf dies Compliment, wie sich's gebührte, und bat ihn, mich zu entschuldigen, daß ich ihm ein wenig widersprochen hätte. Schreiben Sie dies, schloß ich, der üblen Laune zu, worin mich verschiedene kleine Reisen versetzt, die ich in diesen Tagen gemacht habe. Ich sagte ihm sodann meinen Namen und wir trennten uns."

(Hiermit ist zu vergleichen, was Thiébault in: Mes Souvenirs. Tom. I. 214, von dieser Unterredung erzählt. Thiébault ist indeß, wie bekannt, ein sehr unzuverlässiger Schriftsteller).

(Wann und wie die Bekanntschaft sich wieder erneute, wird weiterhin vorkommen).

24. Juni 1754

An diesem Tage war der König wieder in Wesel (er war von Utrecht über Arnheim gegangen), und trat nun sogleich seine Rückreise über Hamm und Lippstadt an.

27. Juni 1755

Ankunft in Potsdam.

30. Juni 1754

Aus Potsdam in Berlin.

Juli.

A.

1. Juli 1755

Der König von Berlin nach Potsdam.

<279>

8. Juli 1755

Die Minister von Borcke und von Podewils zum König nach Potsdam.

24. Juli 1755

Der König über Spandau, wo er bei dem Prinzen von Preußen speist, nach Berlin.

25. Juli 1755

Nach Potsdam.

28. Juli 1755

Der Minister von Finkenstein nach Potsdam zum König.

28. Juli 1754

Die Königin Mutter und die Prinzessin Amalie nach Potsdam und Sanssouci - groß Soupé. Die Königin Mutter und die Prinzessin wurden mit vieler Feierlichkeit von der Potsdamer Bürgerschaft empfangen. Ein Theil derselben war ihnen bis Neuendorf entgegen geritten und begleitete sie bis Sanssouci, wo der übrige Theil mit klingendem Spiel und Fahnen in Parade aufgestellt war. Auch so bei der Abreise.

Als der König an diesem Tage von Potsdam nach Sanssouci ritt, stürzte er mit dem Pferde und wurde beschädigt, daß er sich mußte verbinden lassen.

29. Juli 1755

In Sanssouci große Tafel. Intermezzo.

30. Juli 1755

Desgleichen. Illumination etc.

31. Juli 1755

Rückreise der Königin Mutter und der Prinzessin Amalie.

In diesem Monat brauchte der König den Brunnen in Sanssouci.

B.

16. Juli 1755

Succedirte die Prinzessin Amalie als Äbtissin in Quedlinburg.

Die Markgräfin von Baireuth, Schwester des Königs, war in diesem Monat in Venedig.

August.

A.

August 1755

Der König in Potsdam.

4. August 1755

Unter diesem Datum schreibt Voltaire an den König und sucht sich ihm wieder zu nähern. Da dieser Brief in den Ausgaben von Voltaire's Werken, die zu Kehl, Basel,<280> Zweibrück und Gotha erschienen sind, nicht enthalten, und also nicht sehr bekannt ist, so theilen wir ihn in den Anmerkungen zu diesem Jahre 4), sowohl in der Originalsprache, als in Deutscher Übersetzung, mit. Wann und was der König darauf geantwortet, ist nicht bekannt. An den Grafen d'Argental schreibt Voltaire im Oktbr. 1755: "Le roi de Prusse m'a fait mille complimens et me demande de nouveaux chants de la Pucelle; il a le diable au corps." (!)

9. August 1755

Der Prinz Heinrich nach Potsdam.

19. September 1755

Der König über Spandau, wo er bei dem Prinzen von Preußen speist, nach Berlin und nach Potsdam zurück.

21. September 1755

Aus Potsdam in das Lager bei Spandau.

29. September 1755

Früh um 4 Uhr aus dem Lager nach Potsdam zurück.

September.

A.

2. September 1755

Der König aus Potsdam in Berlin.

3. September 1755

Früh um 2 Uhr nach Schlesien, mit Winterfeld etc.

3. September 1755

4. September 1755

In Grüneberg.

4. September 1755

Nach Glogau.

5. September 1755

In Neisse.

8. September 1755

Von Neisse ins Lager nach Tschirne bei Breslau. Der König commandirt selbst.

15. September 1755

In Breslau.

19. September 1755

In Frankfurt a. d. O., in der Nacht zum 20. in Berlin.

20. September 1755

Bald nachher nach Potsdam.

26. September 1755

Aus Potsdam in Charlottenburg, wohin sich auch beide Königinnen und der ganze Hof begeben.

27. September 1755

In Charlottenburg Vermählung des Prinzen Ferdinand mit der Prinzessin Elisabeth Louise, Tochter des Markgrafen von Brandenburg-Schwedt, wobei viele Festivitäten, Oper etc. (der Tempel der Liebe) Statt finden.

30. September 1755

Der König aus Charlottenburg nach Potsdam.

<281>

Oktober.

A.

Oktober 1755

Der König in Potsdam.

15. Oktober 1755

Der regierende Graf von Lippe-Schaumburg-Bückeburg nach Potsdam zum König.

25. Oktober 1755

Der Präsident Jariges zum König nach Potsdam. Er ward an des etc. Cocceji Stelle zum Groß-Kanzler und Minister ernannt.

In diesem Monat fängt der König wieder einen Briefwechsel mit Voltaire an. Dieser hatte schon im August an den König geschrieben.

B.

22. Oktober 1755

Stirbt der Groß-Kanzler von Cocceji.

November.

A.

13. November 1755

Der König von Potsdam nach Berlin, Audienz - und nach Potsdam zurück.

15. November 1755

Der Feldmarschall von Keith nach Potsdam zum König.

17. November 1755

Der Minister von Podewils zum König nach Potsdam.

20. November 1755

Die Generale Fouqué und Hautcharmoi aus Schlesien in Potsdam beim König.

24. November 1755

Der Fürst-Bischof von Breslau, Graf von Schafgotsch, in Potsdam beim König.

Nach 50 Jahren (in der Nacht vom 4. auf den 5. Novbr. 1805) standen Se. Maj. der König Friedrich Wilhelm III. und der Kaiser Alexander in Potsdam am Sarge Friedrichs d. Gr.

B.

12. November 1755

Der bisherige Präsident der Magdeburgschen Kammer, von Schlabrendorf, wird zum Minister ernannt und geht als solcher nach Schlesien.

<282>

Dezember.

A.

1. Dezember 1755

Der König an Darget:

"Ich wünschte das für Sie thun zu können, was Sie von mir verlangen; aber Sie hätten selber einsehen sollen, daß ich nicht mit dem Duc de Nivernois von dieser Sache sprechen kann, und daß der Marschall von Belle-Isle sich sehr wundern würde, wenn er einen Brief von mir bekäme, worin ich, statt von militärischen Angelegenheiten, von der Postpachtung redete. Übrigens leide ich es ja, wie Sie wissen, nicht, daß Jemand sich in die innere Verwaltung meiner Staaten mischt, und ich bin zu billig, von Andern etwas zu fodern, das ich, wenn sie es von mir verlangten, sehr unschicklich finden würde. Die Dienste, die Sie mir geleistet haben, geben Ihnen ein Recht, eine Versorgung in meinem eigenen Lande von mir zu verlangen; aber sobald ich Sie nicht selbst belohnen kann, würde es, glaub ich, unanständig sein, wenn ich verlangte, daß Andere es thun sollten.

Bitten Sie mich um etwas, das unmittelbar von mir abhängt, dann sollen Sie sehen, daß ich die Leute, die mir ergeben gewesen sind, und die ich geliebt habe, nie vergesse."

4. Dezember 1755

Der König aus Potsdam in Berlin, besucht die Königin Mutter und speist bei der Prinzessin Amalie.

5. Dezember 1755

Nach Potsdam.

22. Dezember 1755

Aus Potsdam in Berlin.

In diesem Monat war der Abt Bastiani wieder in des Königs Umgebung, und der Baron Warkotsch aus Schlesien, wie alljährlich, in Berlin zum Carneval.

Der König ließ in diesem Monat abermals eine beträchtliche Summe Geld unter die armen Soldaten-Wittwen und Waisen in Berlin, deren Männer und Väter im letzten Kriege geblieben, austheilen.

<283>

B.

Dezember 1755

Der Carneval fand dies Jahr wie gewöhnlich Statt. Die beiden Opern waren: Ätius und Fratelli Nemici. - Die Ordnung wie im vorigen Jahre.

Anmerkungen zum Jahre 1755.

In der Französischen und in der Deutschen Ausgabe der hinterlassenen Werke Friedrich's giebt d'Alembert in seinem Briefe vom 23. Mai 1777 das Jahr 1756 als das seiner Anwesenheit in Wesel an, es ist dies aber bestimmt falsch.
     

2) Die Zeit, wann der König diese Reise nach Holland unternommen hat, ist von Vielen unrichtig angegeben. König, in seiner: Hist. Schilderung von Berlin Thl. 1. S. 145, und Seiffert in: Lebens- und Regierungsgeschichte Friedrich's II. Thl. 2. 170 setzen sie ins Jahr 1752. Nicolai in den Anecdoten I. 131 ins Jahr 1754, womit auch Friedrich's eigener Brief an Valori (Mem. du Marq. Valori II. 334) und Catt's Brief an de Laveaux, wie er in Zimmermann's Fragmenten I. 127 mitgetheilt wird, der jedoch in: de Leveaux La vie de Fr. II. Tom. VI. p. 371 das Jahr 1756 hat, zu stimmen scheinen. Diese Angaben sind jedoch alle falsch, und die Reise hat bestimmt 1755 Statt gehabt.

Die Angabe des Herausgebers der Schrift: Die Regierung Friedrich's d. Gr. Ein Lesebuch für Jedermann. Halle, 1790. Bd. 1. 319 u. 370, von zwei solchen Reisen, ist ebenfalls irrig. In diesem Buche werden zwei interessante Anecdoten erzählt, die wir hier mittheilen, ohne jedoch die Ächtheit verbürgen zu können.

Als der König - heißt es hier - in Amsterdam war, wollte er einen Banquier sprechen; er ging nach dessen Wohnung, fand ihn aber nicht zu Hause. Die Frau desselben, welcher der König sich nicht zu erkennen gab, sagte ihm, daß ihr Mann sehr bald zurückkommen werde, und wenn er wolle, so könnte er ihn in einem Zimmer, das sie ihm aufschließen wolle, erwarten. Der König nahm den Vorschlag an, und die Frau schloß ihm ihr Staatszimmer auf, ersuchte<284> ihn aber höflich, vor der Thür die Schuhe auszuziehen. Der König glaubte, durch wiederholtes Reinigen der Füße auf der vor der Thür befindlichen Fußdecke dieser Ceremonie zu entgehen, allein, es half ihm nichts, er mußte sich dem Verlangen der Frau unterwerfen. Nachdem er in das Heiligthum eingetreten war, verließ ihn die Frau. Bald nachher kam der Banquier, der unterdeß die Ankunft des Königs in Amsterdam erfahren hatte, zurück. Sein Erstaunen, den König in seinem Hause anzutreffen, war groß, noch größer aber sein Schreck, ihn ohne Schuhe zu finden. Er fiel ihm zu Füßen, und bat für seine Frau um Verzeihung. - Warum gaben sich Ew. Majestät nicht zu erkennen? - "Ich sollte mich zu erkennen geben?" sagte der König, "o, dafür habe ich mich wohl gehütet, denn der König von Preußen hätte mich sicher nicht von der kleinen Ceremonie befreit." Der König hatte Recht, denn als der Banquier seine Frau gerufen hatte, machte er ihr über ihr Benehmen Vorwürfe, und foderte sie auf, den König um Verzeihung zu bitten. Sie hatte aber dazu keine Lust, und meinte, ziehe sie doch selbst ihre Schuhe ab, wenn sie in dies Zimmer gehe, obgleich es ihr gehörte. - "Nun, sehn Sie wohl, mein Herr," sagte der König zum Banquier; - "ich wußte recht gut, daß ich nur durch meine Folgsamkeit und Beibehaltung des Incognito dem König von Preußen eine Beschimpfung ersparen würde."

Die andere Anecdote lautet wie folgt: Der König wünschte bei seinem Aufenthalt in Amsterdam eine Holländische Pastete zu essen, weil er von ihrer Vortrefflichkeit viel hatte rühmen hören, und trug seinem Begleiter, dem Oberst Balbi, auf, eine solche bei der Wirthin im Hause, wo sie wohnten, zu bestellen. Die Wirthin sah den Oberst Balbi auf dies Begehren vom Kopf bis auf die Füße mit einigem Befremden an, und sagte dann: "Wel, myn Herr, as yi wellen een Pasteet eeten, können yi oock betalen? - en weet yi, dat een Pasteet drittig Gulden kostet?" - Balbi versicherte der guten Frau, daß der Fremde, mit dem er in ihrem Hause wohne, dies sehr leicht bezahlen könne, denn er wäre ein Virtuose auf der Flöte 284-+, und wenn er sich nur<285> einige Stunden hören ließe, so brächte ihm dies eine Menge Geld ein. Die Wirthin erkundigte sich weiter, was denn ein Virtuose sei? Balbi erklärte ihr mit mehreren Umständen, der Fremde sei ein ganz ausgezeichneter Flötenspieler, der auf seine Kunst reise etc. "Wel, myn Herr," rief die Wirthin, "so mut ick en doch oock hören." Darauf ging sie sogleich in das Zimmer, wo sich der König befand, setzte beide Arme in die Seite, und sagte zu ihm: "As yi so schön pypen können, wellen yi my wol oock wat vorpypen?" Der König war darüber nicht wenig überrascht, als ihm aber Balbi auf Französisch mit wenig Worten sagte, was vorgegangen sei, ergriff der König die Flöte, und blies darauf einige Stücke so meisterhaft, daß die Wirthin, ganz bezaubert, nicht von der Stelle gehen wollte. Endlich, da der König die Flöte wieder weglegte, sagte sie zu ihm: "Wel, myn Herr, dat ist waar, yi können schön pypen, en wel en Batzen verdeenen, nu will ick yi ooch eene Pasteet macken."

Catt (Heinrich von), ein geborner Schweizer aus der kleinen Stadt Morges (Morsen) am Genfersee, ein Mann von vielem Geist und schönen Kentnissen. Seine Landsleute haben ihm die Vorliebe zu verdanken, die der König bis an sein Ende für sie bewies. Drei Monate nach jener auf der Holländischen Barke gemachten Bekanntschaft, erhielt von Catt einen Brief vom Könige, darin er ihm den Antrag machte, in die Dienste jenes Reisenden zu treten. Da jedoch von Catt eben erst von einer schweren Krankheit wieder aufgestanden war, so konnte er den Antrag nicht annehmen. Im Dezember des Jahres 1757 wiederholte der König seinen Antrag, der nun auch angenommen wurde. Anfangs des Jahres 1758, als der König in Breslau sich aufhielt, fand von Catt sich bei ihm ein. Nach einem sehr huldreichen Empfang fragte ihn der König, ob er ihn wohl wieder erkannt hätte? Nein, Sire, sagte Catt, in diesem veränderten Anzuge nicht, überdies hat auch Ihr Embonpoint abgenommen. Der König erwiederte: Das glaub ich wohl, bei der verdammten Le<286>bensart die ich führe. Die einundzwanzig Jahre, welche er in Friedrich's Diensten stand, behandelte ihn dieser stets mit besonderer Güte, Aufmerksamkeit und Theilnahme, nur zuletzt ward er durch vielfach sehr künstlich angelegte Kabalen kälter gegen ihn. Catt brachte in der Regel täglich einige Stunden bei dem Könige zu, und sie unterhielten sich über allerhand Materien mit einander, außerdem richtete der König mehrere Episteln und Briefe an ihn, theilte ihm auch öfter seine Gedichte und andere Aufsätze zur Beurtheilung und Verbesserung mit. (Hinterl. Werke, Ausg. v. 1789, Thl. XII. S. 128). Sonderbar ist der Umstand, daß Friedrich, der gern Unterricht ertheilte, dem Herrn von Catt Lection in der Kriegskunst geben wollte. So sehr er auch betheuerte, daß er davon gar nichts verstände, gar keinen Begriff davon habe, so war dies doch Alles vergebens. Thut weiter nichts, sagte der König, ich will Ihnen Begriffe davon beibringen. Während des siebenjährigen Krieges fragte er ihn zuweilen: Was würden Sie in meiner gegenwärtigen Lage wohl thun? Dort steht der Feind, ich hier, was werden Sie nun anfangen? und was ich? Was kann ich ihm wohl entgegensetzen etc.? Sire, erwiederte Herr v. Catt, ich verstehe davon nichts, schlechterdings nichts. - "Macht nichts aus! Sagen Sie nur, was Sie davon denken, ich höre gern, worauf ein Mann fallen kann, der gar keine Kenntniß von der Kriegskunst hat, und was bei einem solchen die Instructionen bewirken können, die ich gebe etc."
     

Es ist allgemein geglaubt worden, daß v. Catt die Stelle eines Vorlesers bei'm König gehabt habe; es ist dies aber falsch. Vorleser war zu jener Zeit ein Page Namens Malcesky (soll wohl heißen Malschitzky). Der König hatte v. Catt als "Gesellschafter" in seine Dienste genommen. Einst gab er ihm einen Brief, auf dessen Adresse man ihm den Titel "Vorleser" gegeben hatte, und sagte: Sie sind nicht mein Vorleser, sondern mein Auserlesener.

Einige Jahre vor des Königs Tode ließ er ihn nicht mehr zu sich berufen, doch wurde ihm sein Gehalt wie gewöhnlich ausgezahlt.

König Friedrich Wilhelm II. schenkte ihm die Anwartschaft auf ein einträgliches Canonicat (zu St. Sebastian in Magdeburg).

Er starb in Potsdam am 27. Novbr. 1793.

<287>

Voltaire au Roi
     

aux delices prés de Geneve
4 aoust 1755.

Sire.

Si les belles lettres qui ont servi de délassement à votre Majesté dans ses travaux s'amusent encore, permettez, que je mette a vos pieds et sous votre protection cette tragédie 287-+ que je commançai chez vous avant d'avoir le malheur de vous quitter; j'avois volu la finir dans votre palais de Potsdam aussi bien que ma vie, les beautez du lac de Geneve et de la retraite que j'ay choisie pour mon tombeau sont bien loin de me consoler du malheur de n'être plus auprés de votre majesté.

Je ne peux soulager mon amertume qu'en saisissant les moindres occasions de vous renouvellez mes sentiments, ils sont tels qu'ils étaient quand vous avez daigné m'aimer, et j'ose coire encore que vous n'êtes pas insensible à l'admiration très sincère d'un homme qui vous a aproché; et dont la douleur extreme est étouffée par le souvenir des vos premières bontez; ne pouvant avoir la consolation de me mettre moy même aux pieds de votre majesté, je veux avoir au moins celle de m'entretenir de vous au milord maréchal; je ne suis pas éloigné de luy 287-++; et si votre majesté m'en donne la permission, si ma malheureuse santé m'en laisse la force, j'irai luy dire ce que je ne vous dis pas, combien vous êtes au dessu des autres hommes et à quel point j'ai eu la hardiesse et la faiblesse de vous aimer de tout mon coeur, mais je ne dois parler à votre majesté que de mon profond respect.

V.<288> Sire.

Wenn die Litteratur, welche sonst Ew. Majestät zur Erholung von Ihren Arbeiten gedient hat, Sie noch angenehm unterhält; so erlauben Sie, daß ich das Trauerspiel, welches ich anfing, als ich noch bei Ihnen war, und ehe ich das Unglück hatte Sie zu verlassen, Ihnen zu Füßen lege, und Ihrem Schutze empfehle. In Ihrem Palais zu Potsdam hatte ich es, so wie mein Leben, endigen wollen. Die Schönheiten des Genfer Sees, und der stille Aufenthalt, den ich für mein Grab gewählt habe, sind weit entfernt, mich über das Unglück: nicht mehr um Ew. Majestät zu sein, zu trösten.

Ich kann meine Betrübniß nur dadurch mindern, daß ich die geringsten Gelegenheiten ergreife, Ihnen meine Gefühle zu erneuern, sie sind noch dieselben, die sie ehemals waren, als Sie mich Ihres Wohlwollens würdigten, und ich schmeichle mir noch, daß Sie nicht unempfindlich gegen die sehr aufrichtige Hochachtung eines Menschen sind, der Ihnen nahe war, und dessen außerordentlicher Schmerz nur durch das Andenken an Ihre frühere Gunst gemildert wird. Da ich nicht den Trost habe, mich selbst Ew. Majestät zu Füßen legen zu können, so will ich wenigstens den haben, mich mit dem Lord Marschall von Ihnen zu unterhalten. Ich bin nicht weit von ihm entfernt, und wenn Ew. Majestät mir die Erlaubniß geben, und mein unglücklicher Gesundheitszustand mir dazu die Kräfte läßt, werde ich zu ihm gehen, und ihm sagen, was ich Ihnen nicht sage, wie sehr Sie über andere Menschen erhaben sind, und bis zu welchem Grade ich Muth und Schwäche gehabt habe, Sie von ganzem Herzen zu lieben. Doch, ich soll zu Ew. Majestät von Nichts, als nur von meiner tiefsten Verehrung sprechen.


284-+ Thiébault in: Mes Souvenirs T. I. p. 215, 216, sagt auch, daß der König und Balbi sich auf dieser Reise für Musiker ausgegeben hätten.

287-+ Orphelin de la Chine ou Gengis-Chan (v. Luchet histoire litteraire de Voltaire III. 180.)

287-++ Lord Marchall war in Neuchatel.