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Dem half der König in wirksamer Weise ab, indem er sich mit besonderer Sorgfalt der Wiederaufrichtung und Förderung der Industrie widmete. Er erließ ein strenges Ausfuhrverbot für unsere Wolle und errichtete das Lagerhaus (1714), wo den armen Gewerbetreibenden Wolle auf Vorschuß geliefert wird, den sie dann mit ihrer Arbeit bezahlen. Unser Tuch fand einen gesicherten Absatz in dem Bedarf der Armee, die jedes Jahr neu gekleidet wurde. Der Absatz erstreckte sich auch auf das Ausland. Im Jahre 1725 wurde die Russische Kompagnie gegründet. Unsere Kaufleute lieferten das Tuch für alle russischen Truppen. Aber die englischen Guineen wanderten zu den Moskowitern, und bald folgte ihnen das englische Tuch nach und unser Handel hörte auf. Anfänglich litten unsere Manufakturen darunter, doch es fanden sich neue Absatzgebiete. Die Arbeiter hatten bald nicht mehr genug an unserer eigenen Wolle, und es wurde den Mecklenburgern gestattet, uns die ihre zu verkaufen. Seit 1733 standen unsere Manufakturen so in Blüte, daß sie 44 000 Stück Tuch zu je 24 Ellen im Ausland absetzten.

Berlin glich einem Zeughaus. Alle Handwerker, die für eine Armee gebraucht werden konnten, gediehen dort, und ihre Arbeiten wurden in ganz Deutschland begehrt. In Berlin entstanden Pulvermühlen, in Spandau Säbelfabriken, in Potsdam Waffenfabriken und in Neustadt Werkstätten für Eisen-und Lederarbeiten.

Der König gewährte allen, die sich in den Städten seines Landes niederließen, Steuerfreiheiten und Belohnungen. Er baute in seiner Residenz die ganze Friedrichstadt und besetzte die alten Festungswälle mit Häusern. Er gründete und bevölkerte die Stadt Potsdam1. Nicht das kleinste Bauwerk errichtete er für sich, sondern alle für seine Untertanen. Die Architektur unter seiner Regierung ist durchweg vom holländischen Geschmack verdorben. Es wäre zu wünschen gewesen, daß die großen Summen, die der König auf Bauten verwandt hat, in die Hände von geschickteren Architekten gelangt wären. Er teilte das Schicksal aller Städtegründer, die nur auf die Solidität ihrer Schöpfungen bedacht waren und darüber meist die Schönheit, die mit denselben Mitteln erzielt werden könnte, außer acht ließen.

Berlin erhielt nach seiner Erweiterung2 eine neue Polizei (1735), ungefähr nach dem Muster der Pariser. Jedes Stadtviertel erhielt Polizeibeamte. Zugleich wurden die Droschken eingeführt. Die Stadt wurde von den Müßiggängern gesäubert, die ihr Leben durch aufdringliches Betteln fristen. Diese Unglücklichen, die unseren Abscheu erregen, aber unser Mitleid verdienen, da die Natur sie stiefmütterlich behandelt hat, fanden in öffentlichen Armenhäusern Unterkunft.

Während all dieser Veränderungen verschwanden Luxus, Üppigkeit und Vergnügungssucht. Der Geist der Sparsamkeit zog bei allen Ständen, bei reich und arm ein. Unter den früheren Herrschern hatten viele Adlige ihre Güter verkauft, um sich Brokat und Tressen zu erstehen. Dieser Mißbrauch hörte nun auf. In den


1 Anmerkung des Königs: „Sie hatte damals kaum 400 Einwohner, jetzt über 20 000.“

2 Durch die Friedrichstadt.