<141>

43. Antwort an Voltaire1
(9. Oktober 1757)

Glaubt mir, wenn ich heut Voltaire,
Herr des eignen Schicksals wär',
Sollte das Notwendige
Mir vollauf genügen,
Und das Glück, das unbeständige,
Könnte mir entstiegen —
Lachen würd' ich drob, wie er!
Weiß ich doch an meinem Teile,
Wie der Reiche Mißbrauch treibt
Und die öde Langeweile
Stets das Los des Großen bleibt;
Kenne auch der Pflichten Bürde,
Schmeichelreden ohne Würde.
Wohlbekannt
Ist mir all der eitle Tand,
Der uns plagt im Fürstenstand;
Nicht nach Ruhm sieht mir der Sinn,
Ob ich König auch und Dichter bin.

Läßt mich erst der Schnitt der Parzenschere
In das dunkle Schattenreich entschweben,


1 König Friedrich hatte am 9. September 1757 Voltaire in seine Todesgedanten eingeweiht: „Es liegt mir fern, Cato oder Kaiser Otho zu verdammen; für Otho war der schönste Augenblick seines Lebens der seines Todes. Man muß für sein Vaterland kämpfen und für fein Vaterland fallen, wenn man es retten kann, und wenn man das nicht kann, ist es schimpflich, es zu überleben.“ Voltaire entgegnete darauf, Cato und Otho dürften nicht Friedrichs Vorbilder sein; er verwies für den schlimmsten Fall auf Frankreich als Rettungsanker und auf das Beispiel des Großen Kurfürsten, „der deshalb nicht geringere Achtung genossen hat, weil er einige seiner Eroberungen herausgab“; auch dann noch werde der König genug Länder beha,ten, „um einen sehr ansehnlichen Rang in Europa zu behaupten“. Darauf antwortete Friedrich mit den obigen Versen.