<223>Du Aristarch1 des Königtums,
Du, Aretino,2 wärst mein Mann,
Du Geißel königlichen Ruhms,
Grimmigen Angedenkens, dich
Rief' ich an:
Begeistre mich
Zum Sang, so boshaft, wie ihn
Versieht nur Meister Aretin!
Doch, lieber Leser, wenn solch ein Spaß
Gewiß kurzweilig und reizend wär',
So recht für graue Stunden was —
Ich will ja nur flüchtig und obenher
Hinwerfen mit leichter Hand,
Was ich hie und da in der Wirklichkeit fand.
Ich wage, auf Gottes Verzeihung zu hoffen:
Ich ehre die Großen und nenne darum
Niemand bei Namen deutlich und offen,
So komm' ich wohl um die Basiille herum
Und ihre unbehaglichen Klausen,
Wo die schlimmen Verbrecher Hausen.
Meine Pfeile sind harmlos, mein Federkiel
Zahm und bedächtig allezeit.
Und so, ohne Umschweif lang und breit,
Frisch los aufs Ziel!

Sieh dir die Heerschau von Königen an,
Fürwahr, du hast deinen Spaß daran!
Da hockt so einer,3 sein Hof um ihn her,
Wie eine leblose Puppe, klotzig und schwer,
Milzsüchtig, elend vor Langerweile;
Mätressen, Günstlinge stürzen in Eile,
Höflinge und Minister rennen,
Wie sie ihn unterhalten können,
Vertrödeln damit ihre beste Zeit.
Damit nur ein wenig Beweglichkeit
Die Masse, die seelenlose, lerne,
Schleppt man ihn vor die Zauberlaterne;
Nimmt er auch einmal am Staatsrat teil,


1 Aristarchos von Samothrale (im 2. Jahrh. v. Chr.) das Muster eines unerbittlichen Kritikers.

2 Vgl. S. 185.

3 Ludwig XV. von Frankreich.