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3. An Frau von Wreech1
(1731/32)

I
Geständnis

Durch Deine Huld, 0 Herrin, mög's mir verstattet sein,
In diese lautre Wahrheit Dich offen einzuweihn:
Seitdem ich Dich gesehen, dahin ist meine Ruh,
Durch Dich ist es geschehen, und dessen wert bist Du.
Mein Herz hat es erfahren, es traf zu gut der Pfeil,
Die Freiheit ist verloren, und Knechtschaft ist mein Teil.
Wiewohl mit jeder Stunde ich reife mehr zum Mann,
Sieht es die Welt als Schwäche und als verächtlich an.
Doch was als schwach sie tadelt, ich will es höher preisen
Als jene Herzen, fühllos wie Felsgestein und Eisen.
Und wenn man es auch Sünde und schlimmer nennen wollt,
Um Dich will ich sie tragen; denn Du bist allzu hold.
Ich fühle, daß ich selber nicht fähig bin, zu sagen,
Wie stürmisch meine Pulse für Dich allein nur schlagen.
Ein Glück, ein hohes, ist es, ein Unglück auch, zu lieben;
Bald macht die Liebe selig, bald muß sie uns betrüben.
Sei Du mein Schicksal! Reiß mich aus meiner Qual, der bangen!
Denn nur aus Deinen Händen will ich mein Los empfangen.
Dein Sklave will ich bleiben, in Deinen Banden schmachten
Und nie nach andrem Lose, nach andrem Titel trachten.


1 In die dunklen Küstriner Tage fällt das heitere Idyll, dessen Mittelpunkt die junge Schloßherrin von Tamsel, Luise Eleonore von Wreech (1708—1764), die Gemahlin des Obersien Adam Friedrich von Wreech, bildet. In den letzten Augusttagen 1731 war Kronprinz Friedrich zum erstenmal in Tamsel. Das „Geständnis“ ist etwa Mitte Ottober abgefaßt, etwas später die „Stanzen“. Mit einem Abschiedsbrief vom 10. Februar 1732 sandte er ihr sein Miniaturbild, das ein „Sonett“ begleitete. Am 26. Februar erfolgte die Rückkehr des Prinzen nach Berlin.