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30. An Darget1
(Mai 1749)

Ihr endesunterzeichneter Gebieter,
Wortplundersammler, Versezüchter, Reimausbrüter,
Läßt Ihnen kaum zum Atemholen Zeit,
Und seine ewig trächt'ge Leier
Legt in das Nest (ein Folioband ist breit!)
Mit immer neuem Gackern neue Eier!...

Nein wirklich: dieses sei das letzte,
Das ich als Abschluß zu dem Bande setzte!
Verzeihen Sie's: ein jeder Dichter ist,
Wenn er nur glaubt, daß es kein andrer merke,
Ja selbst, wenn er's versteckt mit aller List,
Doch ganz vernarrt in seine eignen Werke!
Und jedes Iammerverschen, kaum geraten
In dürrer Stirn, begrüßt er mit hallo
Und brennt vor Eitelkeit so lichterloh,
Als wär' es über Alexanders Taten!

Hier also, wie gesagt, das Schlußgericht
Von dem Menu, in dem sich süße, saure
Und hundert andre Schüsseln drängen dicht —
Und dessen Koch zu sein ich frank und frei bedaure!

31. Epigramm

Vom Großherrn feierlich geschickt, erschien
Ein türkischer Gesandter jüngst in Wien.
Als Ehrengaben hat er dort verehrt —
Nur Irrtum war's, so will es das Gemunkel —
Der Kaiserin ein Schwert,
Dem Kaiser eine Kunkel.


1 Mit obigen Versen übersandte der König seinem Sekretär Darget (vgl. Bd. IX, S. 133) das für die „Œuvres du philosophie de Sanssouci“ bestimmte komische Heldenepos „Das Palladion“ (vgl. Bd. IX) zur Drucklegung.