<32> Partei in Schweden auf seiner Seite. Er wünschte einen Krieg, weil er hoffte, sein Volk durch irgendeine Eroberung wieder zu heben. Noch mehr wünschte Frankreich, die Schweden zu benutzen, um durch sie den russischen Hochmut zu demütigen und den Schimpf zu rächen, den der in Danzig gefangen genommene Botschafter Monti in Petersburg erfahren hatte1. Zu dem Zwecke zahlte Frankreich jährlich 300 000 Taler Subsidien an Schweden, das aber dadurch zu keinerlei Feindseligkeit verpflichtet war.

Schweden war nicht mehr, was es einst gewesen. Die neun letzten Regierungsjahre Karls XII. hatten Unglück über Unglück gebracht. Livland, ein großer Teil von Pommern und die Herzogtümer Bremen und Verden waren verloren gegangen, und damit auch alles an Einkünften, Getreide und Soldaten, was Schweden aus diesen Provinzen gezogen hatte. Livland war seine Kornkammer gewesen. Zwar hat Schweden nur gegen zwei Millionen Seelen, aber sein unfruchtbarer, zum Teil mit nackten Felsen bedeckter Boden lieferte nicht einmal Nahrung genug für diese geringe Volksmenge. Durch die Abtretung Livlands kam es vollends in Not. Trotz all des Unglücks, das die Schweden erfahren hatten, hielten sie das Andenken Karls XII. hoch. Aber widerspruchsvoll, wie der menschliche Geist einmal ist, beschimpften sie ihn nach seinem Tode durch die Hinrichtung des Grafen Görtz2. Als ob der Minister die Schuld an den Fehlern seines Herrn trüge!

Die Einkünfte Schwedens beliefen sich auf vier Millionen Taler. Das stehende Heer war nur 7 000 Mann stark; 33 000 Mann Landmiliz wurden aus einem andern Fond bezahlt. Zur Zeit Karls XI. hatte man einer Anzahl von Bauern, die zugleich Soldaten waren, Land zur Bewirtschaftung gegeben. Sie mußten sich an den Sonntagen versammeln, um sich zur Verteidigung des Vaterlandes in den Waffen zu üben. Wurden sie aber zum Kriege im Ausland verwandt, so mußten sie aus dem öffentlichen Staatsschatze besoldet werden. In den schwedischen Häfen lagen 24 Linienschiffe und 36 Fregatten. Ein langer Friede hatte die Soldaten zu Bauern gemacht. Die besten Generale waren gestorben. Die Buddenbrock und Lewenhaupt waren mit einem Rehnsköld nicht zu vergleichen. Aber noch war dieses Volk von kriegerischem Geiste beseelt, und es fehlte ihm nur ein wenig Mannszucht und gute Führer: es ist das Land des Pharasmanes, das nur Eisen und Soldaten hervorbringt3.

Von allen Völkern Europas ist das schwedische das ärmste. Gold und Silber, die Subsidien ausgenommen, sind dort so wenig bekannt wie in Sparta. Große gestempelte Kupferplatten dienen als Münze, und zur Vermeidung des beschwerlichen Fortbringens dieser plumpen Massen hatte man Papiergeld eingeführt. Die Ausfuhr beschränkt sich auf Kupfer, Eisen und Holz; in der Handelsbilanz verliert Schweden jährlich 500 000 Taler, weil seine Bedürfnisse die Ausfuhr übersteigen. Das rauhe Klima versagt dem Lande alle Industrie; seine grobe Wolle liefert nur


1 Marquis Monti, französischer Gesandter in Polen, war 1734 bei der Einnahme Danzigs von
     den Russen gefangen genommen worden.

2 13. März 1719.

3 Pharasmanes, König von Iberien,
     in Crébillons des Jüngeren Trauerspiel „Rhadamiste et Zénobie“.