<138>nung gegeben hatte, konnte man sich das Beste vom Angriff versprechen. Die Armee setzte also ihren Marsch auf Zorndorf fort, um die entgegengesetzte Seite des Vierecks anzugreifen, der man bei Darrmietzel gegenübergestanden hatte. Da die Kosaken Zorndorf in Brand gesetzt hatten, entstand ein kleiner Aufenthalt; denn die schwere Artillerie mußte durch das Dorf, um dem Feinde gegenüber aufzufahren.

Der linke Flügel, der zum ersten Angriff bestimmt war, lehnte sich an den nach Wilkersdorf verlaufenden Zabern-Grund1. Manteuffel2 begann den Angriff mit zehn Bataillonen. Dabei wurde er vom linken Flügel des ersten Treffens unter Kanitz und vom ganzen zweiten Treffen unterstützt. Die Kavallerie des linken Flügels wurde unter Benutzung von Bodenfalten so aufgestellt, daß sie vor der feindlichen Artillerie geschützt und doch stets bereit war, im Notfalle einzugreifen. Der König hatte bestimmt, daß Manteuffel sich unter beständigem Vorrücken an den Zabern-Grund anlehnen sollte, der ihn direkt auf den rechten russischen Flügel zuführte. Aber infolge von Zwischenfällen und Mißverständnissen verließ er beim Vorrücken den Zabern-Grund3, sodaß Kanitz, der ihm folgen sollte, rechts von ihm zu stehen kam. Der Angriff wurde zurückgeworfen, und die Infanterie zog sich in ziemlich großer Verwirrung zurück. Da aber der Feind gleichfalls in Unordnung geraten war, ließ der König Seydlitz unverzüglich zur Attacke vorgehen. Der Angriff erfolgte in drei Kolonnen, die gleichzeitig in das russische Viereck einbrachen. In weniger als einer Viertelstunde war das ganze Schlachtfeld vom Feinde gesäubert. Die Übriggebliebenen retteten sich durch den Zabern-Grund und begannen sich bei Quartschen von neuem zu sammeln.

Nun ließ der König die Infanterie seines rechten Flügels eine Viertelschwenkung machen und stellte sie dem Galgen-Grunde gegenüber auf. Mehrmals sollten die Truppen hindurchstoßen. Sie kamen aber immer wieder nach kurzer Zeit zurück, ohne daß man sich den Grund anfangs erklären konnte. Die Kriegskasse und das gesamte Gepäck der russischen Generale befand sich nämlich in dieser Einsenkung, und anstatt hindurchzumarschieren, wie es wohl möglich war, hielten sich die Truppen mit Plündern auf und kamen wieder zurück, sobald sie genügend mit Beute beladen waren. Die Kavallerie konnte wegen der Sümpfe in dem Galgen-Grunde nicht operieren, und so mußten die Preußen sich darauf beschränken, den Feind mit Kanonen zu beschießen. Das setzten sie bis zur sinkenden Nacht fort.

Die Schlacht hatte um neun Uhr morgens begonnen und endigte erst um halb neun Uhr abends. Die Russen zogen sich in den Wald von Tamsel zurück, wo sie ihre Truppen zugweise aufstellten, die Kavallerie in der Mitte und die Infanterie ringsherum. Sie verloren in der Schlacht 103 Kanonen, 27 Fahnen und Standarten, 82 Offiziere, darunter 5 Generale, ungefähr 2 000 Gefangene und wenigstens 15 000


1 Der Zabern-Grund verläuft nicht nach Wilkersdorf, sondern mehr nach Süden.

2 Vgl. S. 93.

3 Manteuffel verlor vielmehr die Anlehnung an den schützenden Zabern-Grund, weil dieser nahe vor der russischen Stellung plötzlich eine Wendung nach Westen macht.