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Der Dresdner Hof erfuhr als einer der ersten von dem zu Petersburg geschlossenen Vertrage1. Am 19. Februar 1750 schreibt Graf Brühl an General Arnim, damaligen sächsischen Gesandten in Rußland, der König sei bereit, dem Petersburger Vertrage einschließlich der Geheimartikel beizutreten, wolle jedoch erst abwarten, bis der König von England als Kurfürst von Hannover ihm beigetreten sei und die beiden Kaiserrinnen sich darüber geeinigt hätten, welche Hilfe Sachsen im Notfalle zu erwarten habe und welcher Anteil an der Beute ihm zufallen werde. Schöne Ausdrücke, die der Schreiber gebraucht, und recht kennzeichnend für den Geist des sächsischen Hofes! In demselben Schreiben wird Herrn von Arnim eingeschärft, Rußlands Eifersucht und Mißtrauen gegen Preußens Macht geschickt zu nähren und alle Maßnahmen, die gegen die preußische Krone getroffen würden, zu billigen und zu loben. Ende 1752 — Auszug aus einem Schreiben — schärft Graf Brühl dem Gesandten ein, den Russen einzublasen, daß sie den Beschwerden der Polen über Kurland2 prompt abhelfen müßten, damit dies Herzogtum nicht einem unruhigen, ehrgeizigen Nachbarn zur Beute fiele. Man mußte den König fürwahr für sehr ausgehungert halten, um seine Begehrlichkeit auf Kurland auszudehnen!

Die Schreiben vom 6., 15. und 20. Februar 1754 enthalten nichts als Nachrichten des Grafen Brühl an die Petersburger Minister über die Maßnahmen, die der König in Preußen bezüglich des Handels, der Münze und der Heeresrüstungen traf, Maßregeln, die nach Brühls Worten dahin abzielten, den Handel von Danzig zu vernichten und sich jenes Gebiet anzueignen.

Es ist unnötig, hier alle Machenschaften aufzuführen, die Graf Brühl im Jahre 1753 in Rußland, in Wien, in Paris und London anläßlich der Frage der Steuerscheine3 anzettelte. Alle seine Lügen, Täuschungen und Verleumdungen gegen den König von Preußen sind so scheußlich, daß man seine Feder durch ihre Wiedergabe zu beschmutzen fürchtet. In seiner Mäßigung wollte der König seine Rechte und die Interessen seiner Untertanen der Ruhe Europas opfern. Er entsagte dem einzigen Vorteil, den er durch den Dresdner Frieden erlangt hatte, und ließ seine Rechtsansprüche auf Bezahlung fallen4.

Aber all die erwähnten schwarzen Taten reichen noch nicht an die schmähliche Verschwörung heran, die die Sachsen neben allen übrigen Intrigen, auch den österreichischen, in Rußland anzettelten. In der Sitzung des Petersburger Staatsrates vom 14. und 15. Mai5 1753 wurde als Grundlage der Politik der Plan aufgestellt,


1 Vom 2. Juni 1746 zwischen Petersburg und Wien (vgl. S. 23).

2 Kurland war polnischer Vasallenstaat. Rußland weigerte sich, den seit Ende 1740 nach Sibirien verbannten Herzog Biron (vgl. S. 156 Anm. 1) zurückzuberufen.

3 Nach Artikel XI des Dresdner Friedens mußten die Forderungen preußischer Untertanen an die sächsische Steuerkasse, sobald sie fällig waren, ohne Abzug und unbedingt befriedigt werden.

4 Durch die Hubertusburger Konvention vom 3. November 1753 wurde bestimmt, daß die noch in preußischen Händen befindlichen Steuerscheine sofort vorgelegt und später nicht mehr zur Bezahlung angenommen werden sollten.

5 Alten Stiles.