<159>

Anhang

<160><161>

1. Denkschrift über die gegenwärtige politische Lage Deutschlands161-1
(Ende Juni 1756)

Die Unterzeichnung des Neutralitätsvertrages zwischen Preußen und England161-2 bildet einen Wendepunkt in der bisherigen Gruppierung der europäischen Mächte. Die Ereignisse, die man voraussieht, sind lediglich die Folgen des verschiedenen Eindrucks, den dieser Vertrag auf die europäischen Höfe gemacht hat. Frankreich rechnete darauf, daß jeder aus Versailles ergehende Befehl von Preußen blindlings befolgt würde. Das Ministerium fand es höchst strafwürdig, daß Preußen nicht — Frankreichs Antrieben gehorsam — unverzüglich mit Feuer und Schwert gegen das Kurfürstentum Hannover vorgegangen ist161-3. Es war Herrn Rouillé nicht beizubringen, daß das Bündnis zwischen Preußen und Frankreich ablief, daß der Anlaß zum gegenwärtigen Kriege in jenem Vertrage ausdrücklich als Casus foederis ausgeschlossen war und daß sich beim besten Willen keine Silbe darin finden läßt, die auf ein Offensivbündnis deutet, daß also der Neutralitätsvertrag, über den Frankreich so verletzt scheint, nur ein Mittel mehr ist, um Europa vor einem Kriege zu bewahren, der im Grunde bloß die französischen und englischen Interessen in Amerika berührt. Die Versalller Minister ließen sich im ersten Augenblick vom Zorn völlig hinreißen und gaben zu erkennen, wie gerechtfertigt ihr Groll über den angeblichen Ungehorsam Preußens gegen ihre Befehle sei. Später zogen sie mildere Saiten auf, um zu imponieren, aber die Heftigkeit ihrer ersten Zorneswallung hatte sie allzusehr verraten.

Der Wiener Hof erhielt Kunde von den Verhandlungen zwischen Preußen und England. Mit Verdruß sah er sich in seinen Hoffnungen getäuscht. Hatte er doch sicher<162> darauf gerechnet, daß Preußen Hannover angreifen werde und daß er dann mit Rußlands Hilfe Schlesien zurückerobern könne. Der Streich war ihm also mißlungen. Graf Kaunitz, der Leiter der österreichischen Politik, hatte seit der Zeit seiner Pariser Gesandtschaft den Plan eines Bündnisses zwischen Österreich und Frankreich gefaßt. Von langer Hand und mit Hilfe aller erdenklicher Schmeicheleien hatte er auf die Marquise von Pompadour eingewirkt, um sie dem Gedanken jenes Bündnisses geneigt zu machen. Nun arbeitete er an der Beschleunigung seines Vorhabens. Da ihm aber der Abschluß des französischen Bündnisses noch nicht genügte und seine Pläne weitergingen, wollte er sich zunächst Rußlands versichern. Brachte er diesen Dreibund zustande, so glaubte er seiner Gebieterin ein entscheidendes Übergewicht in allen europäischen Fragen zu sichern. Er gewann Schuwalow und versprach Woronzow162-1 seine Unterstützung und die Erhebung auf den höchsten Posten. Sobald der Erfolg in Rußland den Erwartungen des Grafen Kaunitz entsprach, ging er an den Abschluß des Versailler Vertrages162-2, und Keith erhielt jene so wenig befriedigende und so lange erwartete Antwort162-3.

Dank diesem glücklichen Anfang schwoll dem Wiener Hofe der Mut. Er wollte seine vorteilhafte Lage ausnutzen und hielt die neuen Bündnisse für das Triumvirat des Augustus, Antonius und Lepidus. Nach dem Vorbild dieser Triumvirn ächtete man und opferte einander gekrönte Häupter Europas. Die Kaiserin überließ England und Holland der Rache Frankreichs, und der Versailler Hof opferte Preußen dem Ehrgeiz der Kaiserin. Diese nahm sich das Verhalten des Augustus zur Richtschnur, der die Macht seiner Amtsgenossen benutzt hat, um seine eigne Macht zu vergrößern und sie dann einen nach dem andern zu stürzen.

Der Wiener Hof verfolgt mit seinen gegenwärtigen Schritten drei Absichten zugleich. Er will seinen Despotismus in Deutschland aufrichten, die Protestanten unterdrücken und Schlesien zurückerobern. Den König von Preußen betrachtet er als das größte Hindernis seiner weitausschauenden Pläne. Ist ihm erst dessen Niederwerfung geglückt, so glaubt er, alles übrige werde dann von selbst in Erfüllung gehen. Aus seinen letzten Schritten am Kasseler Hofe162-4 und aus der Art, wie er die Protestanten in seinen Staaten, sowohl in Ungarn wie in Steiermark, behandelt162-5, haben wir erst kürzlich ersehen, daß die ihm zugeschriebenen Absichten nur zu wahr sind.

Gutem Vernehmen nach wird die Kaiserin, sobald sie den Krieg gegen Preußen eröffnet hat, die 24 000 Mann Hilfstruppen beanspruchen, die ihr im Versailler Ver<163>trage zugesichert sind. Wie man versichert, wird sie kaltblütig zusehen, wie diese Hilfstruppen — wenn sie können — ins Hannöversche eindringen, um es zu verwüsten. Ein Rest von Zurückhaltung hindert die Kaiserin noch, zum Sturz ihres Wohltäters selbst beizutragen, eines Fürsten, der sie gerettet hat, als sie ohne Hilfe dastand163-1, der ihr Geld und Truppen, ja seine eignen Interessen geopfert hat. Die Kaiserin glaubt sich dem König von England gegenüber quitt, wenn sie ihn allein den Franzosen preisgibt, ohne daß ihre eignen Truppen mitwirken. Sie begnügt sich damit, den König von Preußen in Schach zu halten, — den einzigen Bundesgenossen, der dem König von England bleibt —, um den letzteren jedes Beistandes zu berauben. Mit all diesen ehrgeizigen Absichten verbindet der Wiener Hof auch noch den Plan, den Erzherzog Joseph zum römischen König zu machen.

Rußland, das sich dem Meistbietenden verkauft und durch innere Spaltungen zerrissen ist, wird nach allem Anschein dem Rate des Wiener Hofes folgen. Nach aller Wahrscheinlichkeit wird Frankreich es übernehmen, ihm die Subsidien zu zahlen, die Rußland bisher von England bezog.

Das ist tatsächlich die gegenwärtige politische Lage Europas. Das Gleichgewicht ist verloren gegangen, sowohl unter den Großmächten wie im Deutschen Reiche. Das Übel ist schlimm, aber nicht ohne Abhilfe. Man bittet den König von England um ernstliche Erwägungen über die Mittel, die man zur Herstellung eines neuen Gleichgewichts in Deutschland wie in Europa für die geeignetsten hält.

Die Herbeiführung eines engen Bündnisses mit der Hohen Pforte würde, so glaubt man, einen tiefen Eindruck auf die Höfe von Wien und Petersburg machen. Man muß zwar gewärtig sein, daß die drei verbündeten Mächte ihre ganze Geschicklichkeit aufbieten, um diese Unterhandlung zu durchkreuzen, aber vor solchen Hindernissen darf man nicht zurückschrecken, und es liegt unzweifelhaft im eignen Interesse der Pforte, ein Gegenbündnis gegen die beiden Kaiserhöfe zu schließen, deren Einvernehmen ihr eines Tages verhängnisvoll werden muß.

Man hält es nicht für unmöglich, ein Bündnis mit dem König von Dänemark163-2 abzuschließen, namentlich zur Unterstützung der deutschen Protestanten. Offenbar muß auch Holland, wenn es seine wahren Interessen zu Rate zieht, angesichts seiner kritischen Lage schleunigst dem gleichen Bündnis beitreten. Was das Heilige Römische Reich betrifft, so dürfte es dem König von England, wenn er nur will, leicht gelingen, sich hier einen Anhang zu bilden und den ehrgeizigen Plänen des Wiener Hofes eine Schranke zu ziehen, wenn er nur in allen seinen Verträgen zur Bedingung macht, daß die deutschen Fürsten sich mit ihm ins Einvernehmen über alles setzen, was auf den Reichstag und die Reichsangelegenheiten Bezug hat.

Um die deutschen Fürsten namhaft zu machen, die für den Beitritt zu diesem Bündnis am geeignetsten erscheinen, so denkt man an den Kurfürsten von Köln163-3, den<164> Herzog von Braunschweig, den Landgrafen von Hessen, den Herzog von Gotha164-1, den Markgrafen von Ansbach164-2, den Herzog von Mecklenburg164-3 usw.164-4

Großes Unheil droht Deutschland. Preußen steht dicht vor dem Ausbruch des Krieges, aber alle diese schlimmen Umstände entmutigen es nicht. Drei Dinge können das europäische Gleichgewicht wiederherstellen: die enge und innige Verbindung zwischen den beiden Höfen von Berlin und London, fleißiges Bemühen, neue Bündnisse zu schließen und die Absichten der feindlichen Mächte zu durchkreuzen, und Wagemut im Angesicht auch der größten Gefahren.

<165>

2. Entwürfe zu den Kriegsmanifesten

I
Entwurf eines Manifestes gegen Österreich165-1
(Juli 1756)

Seit dem Ausbruch der Zwistigkeiten in Amerika zwischen Frankreich und England165-2 droht Europa, insbesondere Deutschland, ein Krieg mit all dem Elend, das er nach sich zieht. Der König von Preußen hat als einer der vornehmsten Reichsfürsten keine Mühe gescheut, den Sturm zu beschwören. Namentlich in der Absicht, Deutschland vor den Plagen eines Krieges zu behüten, hat Seine Majestät einen Neutralitätsvertrag mit dem König von England geschlossen165-3. Es war anzunehmen, daß der Kaiser als Reichsoberhaupt zu einem für das gemeinsame Vaterland so heilsamen Zweck beitragen müßte. Jedoch ergriff der Wiener Hof aus weiterhin zu erörternden Gründen ganz andre Maßregeln. Er schloß ein Defensivbündnis mit dem französischen Hofe165-4, und da er hierdurch Flandern und Italien gesichert wußte, glaubte er den König von Preußen angreifen zu können, wider Treu und Glauben der Verträge und trotz der feierlichen Versprechungen und Garantien für Schlesien, die dem König im Frieden von Aachen gegeben worden. Auch damit noch nicht zufrieden, hat der Wiener Hof seit dem Aachener Frieden nicht aufgehört, Rußland gegen Preußen aufzustacheln. Er war es, der die Abberufung der Gesandten veranlaßt165-5. Er verstand es, beide Höfe durch unwürdige Täuschungen völlig zu entzweien, wiewohl es im Grunde keine Streitfragen zwischen ihnen gibt. Er war es, der die Kaiserin von Rußland zu fortwährenden kriegerischen Demonstrationen an der preußischen Grenze<166> veranlaßte, in der Hoffnung, der Zufall würde eine Gelegenheit zum offenen Bruch zwischen beiden Mächten herbeiführen.

Soviel von seinen geheimen Machenschaften. Was die Vorgänge im Angesicht der ganzen Welt betrifft, so ist durch den Breslauer Frieden festgesetzt, daß beide Kontrahenten ihre gegenseitigen Handelsbeziehungen auf dem Fuße von 1739 belassen und künftig versuchen sollen, die Interessen ihrer Staaten durch eine von beiden Höfen eingesetzte Kommission zu regeln. Ein andrer Artikel bestimmte, daß beide Mächte die auf Schlesien ruhenden Schulden nach Maßgabe ihres beiderseitigen Besitzanteils tilgen sollen. Beides mußte gleichzeitig geregelt werden. Aber der Wiener Hof hat unter Nichtachtung der Verträge auf alle schlesischen Erzeugnisse einen Zoll von 30 Prozent gelegt. Obwohl mehrere preußische Kommissare während ihres Aufenthalts in Wien Vorstellungen erhoben, hat der Wiener Hof jede Art von gütlicher Schlichtung ausgeschlagen, ja kurz nach der Unterzeichnung des Versailler Vertrages den Zoll auf alle schlesischen Waren auf 60 Prozent erhöht.

Diese Tatsachen werden hierdurch zur öffentlichen Kenntnis gebracht, damit jedermann über das Benehmen des Wiener Hofes Bescheid weiß. Alle Mächte, die mit dem Wiener Hof über Interessenfragen zu verhandeln hatten, werden in solchen Zügen dessen gewohntes Verfahren erkennen. Jetzt, wo der Wiener Hof sich mit einer der Mächte verbündet hat, die den Westfälischen Frieden garantiert haben, glaubt er, er könne ungestraft alle Reichsgesetze übertreten, die evangelische Freiheit unterdrücken, seinen Despotismus in Deutschland aufrichten, die souveränen Fürsten zu Vasallen im Stil böhmischer Grafen machen, kurz, den Plan ausführen, den Kaiser Ferdinand II. verwirklicht hätte, wäre nicht ein Herzog von Richelieu und ein König Gustav Adolf von Schweden gewesen.

Das Wiener Ministerium glaubt, wenn es erst den König von Preußen gedemütigt habe, werde das übrige ihm leicht fallen. Demzufolge hat es sich zur Ausführung seines Vorhabens gerüstet. Seit dem Frühjahr haben starke Aushebungen stattgefunden; die Kavallerie hat Remonten erhalten. Im Mai wurde bestimmt, daß ein Lager von 60 000 Mann in Böhmen und eins von 40 000 Mann in Mähren errichtet werden sollte. Große Vorräte an Kriegsmunition sind in Prag und Olmütz angehäuft worden. Im Juni erfolgte ein Ausfuhrverbot für Getreide; die Kriegskommissare erhielten Befehl, sich über die Ankäufe mit dem Lande zu verständigen. Im Juli wurden Truppen aus Ungarn nach jenen Lagern geschickt. Das Kriegskommissariat hat bereits mit der Anlage von Magazinen an der sächsischen Grenze begonnen. Da große Heere zusammengezogen, Magazine errichtet und irreguläre Truppen aufgebracht werden, so ist es offenbar, daß dies nicht zur Bildung von Friedenslagern geschieht, wie es seit dem letzten Kriege Brauch ist, sondern zum Angriff auf den König von Preußen und, wenn möglich, zum plötzlichen Überfall. Der Angreifer ist aber nicht der, der den ersten Schuß tut, sondern der, der den Plan faßt, seinen Nachbarn anzugreifen, und dies offen durch seine drohende Haltung kundgibt.

<167>

Da der König sich also am Vorabend eines Angriffs von seiten der Kaiserin-Königin sieht, hielt er es im Interesse seiner Würde und Sicherheit für geboten, einem Feinde zuvorzukommen, der ihm und dem ganzen Deutschen Reiche den Untergang geschworen hat. Der König hält sich für berechtigt zum Gebrauch der Macht, die ihm der Himmel gegeben hat, um Gewalt der Gewalt entgegenzusetzen, die Anschläge seiner Feinde zu vereiteln und die Sache des Protestantismus und der deutschen Freiheit vor den Unterdrückungsgelüsten des Wiener Hofes zu schirmen.

II
Entwurf des Manifestes gegen Sachsen167-1
(Juli 1756)

Bei der Handlungsweise des Königs von Preußen vor und nach dem Dresdner Frieden lag es nahe, daß der König von Polen und Kurfürst von Sachsen jede Gelegenheit wahrnehmen würde, um mit Seiner Majestät in gutem Einverständnis zu leben. Um Seiner Majestät von Polen Beweise seiner Freundschaft zu geben, bot der König seinen ganzen Einfluß auf, um Frankreich der Heirat der Prinzessin von Sachsen mit dem Dauphin geneigt zu machen167-2. Indes trat genau das Gegenteil von dem ein, was man erwarten mußte. Ein Minister, der zu allem fähig ist, hat nicht nur die inneren Verhältnisse in Sachsen heillos verwirrt, sondern auch seinen Herrn sehr zur Unzeit mit einem Nachbar verfeindet, der ihn nach der Schlacht bei Kesselsdorf mehr geschont hatte, als es Preußens Vorteil erheischte. Ohne uns in zwecklosen Deklamationen zu ergehen, wollen wir lediglich die Tatsachen sprechen lassen.

<168>

Der Dresdner Hof erfuhr als einer der ersten von dem zu Petersburg geschlossenen Vertrage168-1. Am 19. Februar 1750 schreibt Graf Brühl an General Arnim, damaligen sächsischen Gesandten in Rußland, der König sei bereit, dem Petersburger Vertrage einschließlich der Geheimartikel beizutreten, wolle jedoch erst abwarten, bis der König von England als Kurfürst von Hannover ihm beigetreten sei und die beiden Kaiserrinnen sich darüber geeinigt hätten, welche Hilfe Sachsen im Notfalle zu erwarten habe und welcher Anteil an der Beute ihm zufallen werde. Schöne Ausdrücke, die der Schreiber gebraucht, und recht kennzeichnend für den Geist des sächsischen Hofes! In demselben Schreiben wird Herrn von Arnim eingeschärft, Rußlands Eifersucht und Mißtrauen gegen Preußens Macht geschickt zu nähren und alle Maßnahmen, die gegen die preußische Krone getroffen würden, zu billigen und zu loben. Ende 1752 — Auszug aus einem Schreiben — schärft Graf Brühl dem Gesandten ein, den Russen einzublasen, daß sie den Beschwerden der Polen über Kurland168-2 prompt abhelfen müßten, damit dies Herzogtum nicht einem unruhigen, ehrgeizigen Nachbarn zur Beute fiele. Man mußte den König fürwahr für sehr ausgehungert halten, um seine Begehrlichkeit auf Kurland auszudehnen!

Die Schreiben vom 6., 15. und 20. Februar 1754 enthalten nichts als Nachrichten des Grafen Brühl an die Petersburger Minister über die Maßnahmen, die der König in Preußen bezüglich des Handels, der Münze und der Heeresrüstungen traf, Maßregeln, die nach Brühls Worten dahin abzielten, den Handel von Danzig zu vernichten und sich jenes Gebiet anzueignen.

Es ist unnötig, hier alle Machenschaften aufzuführen, die Graf Brühl im Jahre 1753 in Rußland, in Wien, in Paris und London anläßlich der Frage der Steuerscheine168-3 anzettelte. Alle seine Lügen, Täuschungen und Verleumdungen gegen den König von Preußen sind so scheußlich, daß man seine Feder durch ihre Wiedergabe zu beschmutzen fürchtet. In seiner Mäßigung wollte der König seine Rechte und die Interessen seiner Untertanen der Ruhe Europas opfern. Er entsagte dem einzigen Vorteil, den er durch den Dresdner Frieden erlangt hatte, und ließ seine Rechtsansprüche auf Bezahlung fallen168-4.

Aber all die erwähnten schwarzen Taten reichen noch nicht an die schmähliche Verschwörung heran, die die Sachsen neben allen übrigen Intrigen, auch den österreichischen, in Rußland anzettelten. In der Sitzung des Petersburger Staatsrates vom 14. und 15. Mai168-5 1753 wurde als Grundlage der Politik der Plan aufgestellt,<169> den König von Preußen bei der ersten sich bietenden Gelegenheit mit überlegenen Kräften zu zerschmettern, um ihn — so lautete der Ausdruck des Originals — auf seine ursprüngliche bescheidene Stellung herabzudrücken. Wir geben alle diese Kraftausdrücke ohne Abschwächung und ohne Veränderung ihrer vornehmen Fassung wieder. Die Schreiben des Grafen Brühl vom 16. Juli und 3. Dezember 1753, sowie vom 9. April 1754 enthalten nichts als hämische Unterstellungen über die angeblichen Absichten des Königs auf Polnisch-Preußen und Hinweise, wie nötig es für den russischen Hof sei, stets ein starkes Heer in Livland und Kurland zu halten. Im August169-1 fand wieder ein großer Staatsrat in Petersburg statt, ähnlich dem schon erwähnten. Dort wurde kraft der Allmacht, die der Himmel jenem Hof verliehen hatte, der König in Acht und Bann erklärt. Das russische Ministerium bittet das sächsische, zum Trost für die Untätigkeit, in der es verharrt, den Augenblick abzuwarten, wo der Ritter in den Sand geworfen sei, um ihm den Gnadenstoß zu geben. Darauf antwortete Brühl in einem Schreiben vom 11. November 1755 an Herrn Funcke169-2: „Die Beschlüsse dieser großen Staatsratssitzung sind für Rußland doppelt glorreich, da der gemeinsamen Sache nichts förderlicher sein kann, als die vorherige Festsetzung der wirksamen Mittel zur Vernichtung der übermäßigen Macht Preußens und des unzweifelhaften Ehrgeizes dieses Staates.“

Das Schreiben vom 23. November 1755 an denselben Gesandten lautet wörtlich, wie folgt: „Das Ergebnis der großen, in Petersburg abgehaltenen Staatsratssitzung hat uns sehr befriedigt. Die vertrauliche Mitteilung darüber, die Rußland an alle seine Verbündeten machen möge, wird zur Vereinbarung aller entsprechenden Vorkehrungen und Maßnahmen führen. Man darf es Sachsen nicht verübeln, wenn es angesichts der Übermacht seines Nachbars mit äußerster Vorsicht zu Werke geht und vor allem abwartet, bis es seiner Alliierten und der Mittel zum Handeln sicher ist.“ Das heißt auf gut Deutsch: „Ich bin zu feige, mit meinem Gegner zu kämpfen, aber wenn er am Boden liegt, will ich ihn gern ermorden und meinen Teil an der Beute haben.“

Schließlich lautet das Schreiben vom 23. Juni 1756 an den Gesandtschaftssekretär in Petersburg169-3, wie folgt: „Die Aussöhnung zwischen den Höfen von Berlin und Petersburg wäre das Entsetzlichste, was geschehen könnte. Er (Brühl) hoffte, Rußland werde so hassenswerten Vorschlägen kein Ohr leihen, und der Wiener Hof werde Mittel und Wege zur Verhütung einer so verhängnisvollen Einigung finden.“

Seit der Bruch zwischen den Höfen von Berlin und Wien wahrscheinlich geworden ist, hat Graf Brühl vollends die Fassung verloren. Der König ließ fünf Regimenter nach Pommern marschieren169-4. Daraufhin zetern die Sachsen in Paris, in Wien und in Petersburg, Preußen mache so drohende Bewegungen an seinen Grenzen, daß man<170> ganz Europa zu den Waffen rufen müsse. Diese Bewegungen würden für Sachsen zur ernsten Gefahr. Die sächsischen Truppen werden an der böhmischen Grenze zusammengezogen, um zu den Österreichern zu stoßen.

Das Verhalten der Königin von Ungarn zwingt den König zum Bruche mit ihr. Welche Partei Sachsen ergreifen wird, ist nach den Vorgängen von 1744/45 nicht zweifelhaft. Jetzt aber, wo die Denkweise des Grafen Brühl zutage liegt und man sieht, daß in dem Tun und Lassen dieses Mannes, der seinen Herrn unbeschränkt beherrscht, nur Ränke, Lügen und Verruchtheit walten, bleibt dem König kein anderer weiser und sicherer Entschluß, als die sächsischen Truppen zu entwaffnen und sie für den weiteren Verlauf des Krieges unschädlich zu machen.

<171>

3. Unterredung des Königs mit dem Kabinettsminister Graf Podewils
(21. Juli 1756)

Podewils schreibt aus Berlin, 22. Juli 1756, über die Unterredung an den Kabinettssekretär Eichel171-1: Es ließen Se. Königl. Majestät mich kurz nach der gestrigen Mittagstafel, nachdem Sie den englischen Gesandten gesprochen, herein in Dero retraite berufen und geruheten mir zu sagen, wie zwar Dero aus denen gedruckten Zeitungen geschöpfte appréhensions von einer französischen Armee, so in Teutschland an der Maas oder dem Rhein durch den Prinz von Conty commandiret werden sollen, durch die Depeschen des Herrn von Knyphausen171-2 nicht confirmiret würden und Sie dahero davon noch zur Zeit nichts glauben könnten, so hätten Höchstdieselbe dennoch solche authentique Nachrichten171-3 erhalten, welche Sie vollenkommen au fait von dem gegen Dieselbe geschmiedeten Concert setzten und mehr als jemalen in der Idee, das Praevenire zu spielen, bestärketen. Nämlich, daß der wienersche Hof mit dem russischen eine Offensiv-Allianz gegen Dieselbe geschlossen und Höchstdieselbe NB künftiges Frühjahr unitis viribus attaquiren würden; ehe aber könnte weder der wienersche Hof mit seinen Praeparatorien fertig sein, noch der russische die ihm nötige Rekruten zu Completirung der Regimenter anschaffen; der französische hätte sich durch einen sekreten Articul bei dem Defensiv-Allianztraktat vom 1. Mai anni currentis171-4 engagiret, daß derselbe, wenn Schlesien attaquiret würde, davon sich nicht meliren und Sr. Königl. Majestät keine Assistenz leisten, sich auch in einen Krieg, so Oesterreich oder Rußland mit der Pforte haben könnte, gar nicht mischen wollte; und daß endlich in Petersburg vor Engelland alles auf einmal aus und solches von dem Bestushew rondement an Williams171-5 declariret worden wäre.

Ich habe darauf nichts anderes zu antworten gewußt, als daß ich billig supponiren müßte, daß diese Nachrichten authentique wären und nicht in fliegenden<172> Zeitungen, bloßen Soupçons und combinirten Conjuncturen bei der itzigen Krise bestünden.

Worauf Se. Königl. Majestät einigermaßen Feuer zu fassen schienen, als wenn ich zu incrédule wäre und nicht, was Höchstdieselbe mir mit gutem Fundament avancirten, Glauben beimessen wollte.

Ich nahm mir die Freiheit, nochmalen mit einer respectueusen franchise Sr. Königl. Majestät alle die Inconvenienzen und terriblen Suiten zu detailliren, welche daraus erwachsen könnten, wenn man diesseits im Aggressorium agiren und Frankreich und Rußland gleichsam au pied du mur poussiren wollte, ihre Garantie und Defensiv-Engagements, wenn beide auch sonst dieses Jahr es zu tun nicht Lust hätten, zu erfüllen, und in was vor einen terriblen embarras Se. Königl. Majestät zu gleicher Zeit ohne anitzo noch dringende Not gesetzet werden dürften, dreien so mächtigen Puissancen zugleich zu resistiren, anstatt das beneficium temporis, so von nun an bis künftige Operationssaison beinahe 10 Monate wäre, Ihro [Majestät] mehr Gelegenheit fourniren dürfte, inzwischen Ihre Partei inner- und außerhalb des Reichs zu verstärken; [daß] das beneficium temporis zu erwarten und vielleicht einige ouvertures zu Friedensnegociationen zwischen Frankreich und Engelland von neuem zu tentiren, auch inzwischen verschiedene Reichsstände in das hiesige und englische Interesse zu Fournirung von Truppen gegen Subsidien zu ziehen und unsere Partei unter denen Evangelischen in- und außerhalb des Reichs zu vergrößern, auch von allerhand Incidentpunkten und évènements zur Verbesserung unser itzigen mißlichen Situation zu profitiren sei, übrigens aber inzwischen in Preußen, Schlesien und sonsten ein formidables Corps Truppen parat gehalten würde, umb unseren Feinden zu zeigen, daß man bereit wäre, sie wohl zu empfangen und ihnen selbst zu begegnen.

Allein alles dieses wurde gänzlich verworfen, vor einen Effect von gar zu großer timidité gehalten und ich zuletzt ziemlich sèchement mit denen Worten congediiret: „Adieu, Monsieur de la timide politique!“

Ich habe inzwischen die consolation, daß ich zu zweien wiederholten Malen alles gesaget, was ein treuer und redlicher Diener zu thun schuldig, und zuletzt noch zuzufügen mir die Freiheit genommen:

„Die ersten Fortschritte und Erfolge würden ohne Zweifel brillant sein, aber bei der großen Macht der Feinde und zu einer Zeit, da der König isoliret und aller fremden Hilfe beraubt sei, welches ihm noch nie passiret wäre, zum mindesten insofern nicht, als in den beiden vorhergehenden Kriegen wenigstens diversions zu seinen Gunsten gemacht worden seien, würde vielleicht ein Tag kommen, wo er dessen gedenken werde, was ich ihm mit respektueuser Freiheit zum letzten Male vorstellte.“

<173>

4. Denkschrift für England173-1
(Juli 1756)

Nach all den zuverlässigen Nachrichten, die wir über die Absichten der Österreicher und ihre Intrigen in Rußland und Frankreich erhalten haben173-2, bleibt dem König zu seiner Sicherung nichts andres übrig, als seinen Feinden zuvorzukommen. Der König hat Kenntnis von den Bewegungen der russischen Truppen173-3. Durch diese Nachrichten glaubt er sich für den Winter vor all ihren schlimmen Absichten sicher. Er fordert vom König von England keinerlei Hilfe. Will dieser ihm im nächsten Jahre ein Geschwader für die Ostsee stellen, so wird der Londoner Hof den Berliner Hof dadurch aufs neue zu Dank verpflichten. Glaubt der König von England seine Flotte anderswo nötig zu haben, insbesondere zur Verteidigung seiner Insel, so verzichtet der König auf diese Hilfe. Ja, er will aus Freundschaft für den König von England den Beginn seiner Operationen bis Ende August, ungefähr bis zum 24., aufschieben, damit die Franzosen in diesem Jahre weder den Vorwand noch die Möglichkeit zum Einmarsch in Deutschland haben173-4.

Der König von England wird gebeten, diese Zeit gut zu nutzen, die Holländer zur Vermehrung ihrer Landmacht um 30 000 Mann anzutreiben und selbst Hilfstruppen in Dienst zu nehmen173-5, 4 000 Mann von Gotha, 6 000 von Darmstadt, 5 000 von Braunschweig und 8 000 Hessen, den Bayern Subsidien zu zahlen, 3000 Ansbacher zu ihnen stoßen zu lassen und seine eignen Truppen im Kurfürstentum Hannover auf 22 000 Mann zu bringen. Alles zusammen würde eine Armee von mindestens 74 000 Mann ausmachen. Rückt diese Armee im nächsten Frühjahr ins Herzogtum Berg und gelingt es ihr unter Beschränkung auf die Defensive, das Vordringen der Franzosen zu hemmen, sei es im Kurfürstentum Köln, sei es in der Pfalz, so könnte sie alle Absichten unsrer Feinde vereiteln und zugleich das Darmstädtische, Hessen,<174> Franken, Westfalen und Holland decken. Sie stände bereit, jedem von diesen Staaten, wenn ihm ein französischer Einfall drohte, zu Hilfe zu kommen, und sicherte das Kurfürstentum Hannover und alle Besitzungen der Reichsfürsten. Entblößt Frankreich seine Küsten am Ärmelkanal, um eine Invasionsarmee aufzustellen, so kann die englische Flotte das benutzen, um Landungen an den unverteidigten Küsten vorzunehmen und die Franzosen längs der Bretagne und Normandie zu beunruhigen. Bleiben aber alle jene Truppen an den Küsten, so kann Frankreich am Rheine eine Armee von höchstens 50 000 Mann aufstellen. Dann haben die Alliierten die Oberhand, können die Franzosen am Rheine in Schach halten, und die gemeinsame Sache gewinnt in den gegenwärtigen kritischen Zeiten soviel wie durch gewonnene Schlachten.

Dieser Plan verdient Beachtung. Zu seiner Ausführung ist kein Augenblick zu verlieren. Es gilt, von Stund an zu arbeiten, um mit Beginn des Frühjahrs 1757 schlagfertig zu sein. Das ist das einzige Mittel zur Fortsetzung des Krieges und die einzige Aussicht auf guten Erfolg. Bleiben wir mit verschränkten Armen stehen, so werden wir einer nach dem andern zermalmt, weil wir die Vorteile nicht ausgenutzt haben, die wir von der Gunst der Zeit und unserer Wachsamkeit erwarten durften. Es ist also kein Augenblick zu verlieren! Der König, der eine mächtige Liga gegen sich geschlossen sieht, ist der erste, der ihr entgegentritt. Seine Sicherheit duldet keinen Aufschub, und er hofft dadurch seinen Alliierten im Verlaufe des Krieges desto nützlicher werden zu können.

<175>

5. Die drei Anfragen in Wien

I
Die erste Anfrage175-1

Erlaß des Königs an den Geheimen Kriegsrat von Klinggräffen in Wien

Potsdam, 18. Juli 1756.

Ihr werdet eine besondere Audienz bei der Kaiserin erbitten. Wenn Ihr vorgelassen seid, werdet Ihr nach den üblichen Komplimenten in meinem Namen erklären, ich hätte von vielen Seiten Nachrichten über die Bewegungen ihrer Truppen in Böhmen und Mähren und über die Zahl der dorthin abgehenden Regimenter erhalten. Ich fragte die Kaiserin, ob diese Rüstungen den Zweck hätten, mich anzugreifen.

Antwortet sie Euch, sie folge nur dem Beispiel meiner Truppenbewegungen175-2, so werdet Ihr sagen, Euch schiene da ein Unterschied zu bestehen. Es sei Euch bekannt, daß ich Truppen nach Pommern geschickt hätte, um Ostpreußen gegen die etwaigen feindlichen Absichten der Russen zu decken, die 70 000 Mann an der preußischen Grenze versammelt haben. An ihrer schlesischen Grenze hingegen hätte sich nichts gerührt, und keine meiner Maßnahmen sei geeignet, ihren Verdacht zu erregen.

Antwortet sie Euch, daß jeder bei sich tun könne, was er wolle, so laßt Euch das gesagt sein und begnügt Euch mit ihrer Antwort.

Sagt sie Euch, sie zöge die Truppen in Böhmen und Mähren wie alljährlich in Feldlagern zusammen, so weist sie auf den Unterschied in der Truppenzahl, den Magazinen und Kriegsrüstungen hin und fragt sie, ob das die ganze Antwort sei, die sie Euch zu geben hätte.

<176>

II
Die zweite Anfrage176-1

Erlaß des Königs an den Geheimen Kriegsrat von Klinggräffen in Wien

Potsdam, 2. August 1756.

Unverzüglich nach Empfang dieses Schreibens werdet Ihr die Kaiserin-Königin um Audienz bitten. Ihr werdet ihr sagen, es verdrieße mich zwar, sie noch einmal behelligen zu müssen, es sei aber bei den gegenwärtigen Verhältnissen nicht anders möglich. Der Ernst der Lage erheische deutlichere Erklärungen als die, die sie mir gegeben habe. Weder den Staaten der Kaiserin noch denen ihrer Alliierten droht ein Angriff, wohl aber den meinen.

Sagt der Kaiserin, um ihr nichts zu verhehlen, ich wüßte aus ganz zuverlässiger Quelle, daß sie zu Anfang dieses Jahres mit dem russischen Hofe eine Offensivallianz gegen mich geschlossen hat176-2. Darin ist ausgemacht, daß die beiden Kaiserinnen mich unvermutet angreifen werden, die Zarin mit 120 000 Mann, die Kaiserin-Königin mit 80 000 Mann. Der Plan sollte im Mai dieses Jahres zur Ausführung kommen, wurde aber aufgeschoben, da es den russischen Truppen an Rekruten, ihren Flotten an Matrosen und in Finnland an Getreide zu ihrer Ernährung fehlte. Beide Höfe sind übereingekommen, ihr Vorhaben nur bis zum nächsten Frühjahr aufzuschieben.

Da ich nun von allen Seiten höre, daß die Kaiserin ihre Hauptstreitkräfte in Böhmen und Mähren versammelt, daß die Truppen ganz dicht an meinen Grenzen kampieren, daß beträchtliche Magazine und Vorräte an Kriegsbedarf angelegt werden, daß Husaren und Kroaten längs meiner Grenzen Postenketten ziehen, als ob wir mitten im Kriege wären, so halte ich mich für berechtigt, von der Kaiserin-Königin eine formelle und kategorische Erklärung zu fordern, bestehend in der mündlichen oder schriftlichen Versicherung, daß sie mich weder in diesem noch im nächsten Jahre anzugreifen gedenkt. Es gilt mir gleich, ob diese Erklärung schriftlich oder mündlich in Gegenwart des französischen und englischen Gesandten176-3 erfolgt. Das steht ganz im Belieben der Kaiserin.

Ich muß wissen, ob wir im Krieg oder Frieden leben; ich lege die Entscheidung in die Hände der Kaiserin. Sind ihre Absichten lauter, so ist jetzt der Augenblick, sie<177> zu offenbaren. Erhalte ich aber eine Antwort in Orakelstil, unbestimmt oder nicht bündig, so hat die Kaiserin sich selbst all die Folgen des stillschweigenden Eingeständnisses der gefährlichen Pläne vorzuwerfen, die sie mit Rußland gegen mich geschmiedet hat. Ich rufe den Himmel zum Zeugen an, daß ich an dem Unglück, das daraus entstehen wird, unschuldig bin.

P.S.

Sofort nach der Audienz werdet Ihr den Kurier mit der Antwort abfertigen und dem englischen Gesandten Abschrift zustellen. Da Ihr selbst zu ermessen vermögt, welche Wendung die Dinge nehmen werden, so muß ich Euch vorhersagen: bekomme ich diesmal keinen klareren Bescheid, so bleibt mir nichts übrig als der Krieg, und Ihr werdet Befehl erhalten, abzureisen, ohne Euch zu verabschieden. Das kann am 23. oder 24. geschehen. Ich muß Euch gleich mitteilen, daß Feldmarschall Schwerin177-1 dann in Neiße ist. Ihr werdet ihn durch denselben Kurier, den Ihr an mich sendet, benachrichtigen, ob es Krieg oder Frieden gibt, damit er dort die geeigneten Maßregeln treffen kann. Die Hauptsache ist, daß ich rasch Nachricht erhalte. Ich muß also durchaus am 15. dieses Monats einen Kurier haben177-2. Selbst wenn er noch nicht die Antwort bringt, kann ich doch durch ihn erfahren, was Ihr über die Sache denkt.

III
Die dritte Anfrage177-3

Erlaß des Königs an den Geheimen Kriegsrat von Klinggräffen in Wien

Potsdam, 26. August 1756.

Gestern abend erhielt ich Euren letzten Kurier mit der Antwort, die der Wiener Hof Euch auf die zweite, von ihm geforderte Erklärung ausgefertigt hat. Dies sonderbare Schriftstück kann eigentlich nicht als Antwort bezeichnet werden; denn man berührt und beantwortet darin mit keinem Sterbenswörtchen die von mir gestellte Hauptfrage, ob die Kaiserin-Königin mir zum Zweck der Erhaltung des<178> Friedens und der öffentlichen Ruhe versprechen will, mich weder in diesem noch im nächsten Jahre anzugreifen.

Da die Antwort also völlig unzureichend ist und auf den Hauptpunkt der Frage nicht eingeht, so ist es mein Wille, daß Ihr zum drittenmal vorstellig werdet und der Kaiserin-Königin mündlich oder schriftlich, wie man es von Euch verlangt, folgende Erklärung abgebt. Aus dem Inhalt ihrer letzten Antwort ersähe ich allerdings deutlich den bösen Willen, den der Wiener Hof gegen mich hege, und es bliebe mir infolgedessen nichts andres übrig, als die nötigen Maßregeln zu meiner Sicherheit zu treffen. Wolle die Kaiserin-Königin mir indes noch jetzt die positive Versicherung geben und mir ausdrücklich erklären, daß sie mich weder in diesem noch im nächsten Jahre anzugreifen gedenke, so würde ich umgehend meine Truppen zurückziehen und alles wieder in den gehörigen Zustand bringen.

Über diesen letzten Punkt werdet Ihr eine kategorische Antwort fordern und sie mir ohne den geringsten Verzug durch einen besonderen Kurier zusenden. Fällt diese Antwort ebenso unbefriedigend aus wie die vorhergehenden, oder schlägt man sie überhaupt ab, so werdet Ihr in diesen beiden Fällen dem Grafen Kaunitz einen höflichen und angemessenen Brief schreiben, worin Ihr erklärt: Da die Dinge so weit gekommen seien, daß Eure Anwesenheit überflüssig werde, so bleibe Euch nichts weiter übrig, als den Wiener Hof zu verlassen. Es wäre Euch sehr schmerzlich, daß Ihr Euch unter den obwaltenden Umständen von Ihren Majestäten nicht mehr verabschieden könntet. Danach werdet Ihr so schleunig wie möglich abreisen, nachdem Ihr Eure Archive gemäß den Euch früher zugegangenen Befehlen in Sicherheit gebracht habt....

P.S.

Da ich keine Sicherheit mehr für die Gegenwart noch für die Zukunft habe, so bleibt mir nur der Weg der Waffen übrig, um die Anschläge meiner Feinde zu vereiteln. Ich marschiere178-1 und gedenke, binnen kurzem Die, die sich jetzt durch ihren Stolz und Hochmut verblenden lassen, anderen Sinnes zu machen. Aber ich bewahre doch so viel Selbstbeherrschung und Mäßigung, um Ausgleichsvorschläge anzuhören, sobald mir solche gemacht werden. Denn ich hege weder ehrgeizige Pläne noch begehrliche Wünsche. Ich treffe nur gerechtfertigte Vorkehrungen zur Wahrung meiner Sicherheit und Unabhängigkeit178-2.

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6. Darlegung der Gründe, die Se. Majestät den König von Preußen gezwungen haben, den Anschlägen des Wiener Hofes zuvorzukommen179-1
(August 1756)

Seit dem Abschluß des Dresdener Friedens hat der Wiener Hof mit allen Mitteln geflissentlich darauf hingearbeitet, diesen Frieden zu erschüttern oder zu brechen. Sowohl auf offenen wie auf geheimen Wegen strebte er diesem Ziele zu.

Nach Artikel 8 des Breslauer Friedens, der durch den Dresdener Frieden erneuert wurde, sollte der Handel zwischen Österreich und Schlesien „auf dem Fuße bleiben, auf dem er sich im Jahre 1739 vor dem Kriege befand, bis eine neue Vereinbarung getroffen würde“. Der Wiener Hof, der seine Verträge nur so lange gewissenhaft erfüllt, als man ihn mit Waffengewalt dazu zwingt179-2, begann 1753 auf alle in Schlesien hergestellten Erzeugnisse einen Zoll von 30 Prozent zu legen. Ja, ungeachtet der Vorstellungen mehrerer preußischer Kommissare, die zu dem Zweck eigens nach Wien geschickt wurden, erhöhte er den Zoll auf 60 Prozent, kaum daß er in diesem Jahre den Versailler Vertrag179-3 unterzeichnet hatte.

Dies unfreundliche, ja schroffe Gebaren, das gegen Treu und Glauben der Verträge verstößt, war eine Nichtachtung des von allen europäischen Mächten garantierten Friedens und hätte einem ehrgeizigeren Fürsten als dem König von Preußen als triftiger Vorwand zum Kriege dienen können. Wir gehen jedoch darüber hinweg;<180> denn dieser Vorfall wird zur Läpperei im Vergleich zu den übrigen Klagen, die gegen den Wiener Hof bestehen.

Unter Vermeidung jedes unnützen Wortschwalls begnügen wir uns mit der Enthüllung der weitausschauenden Pläne des Wiener Hofes, dessen gefährliche Absichten sowohl in seinen geheimen Unterhandlungen, wie in seinem jetzigen Benehmen zutage treten.

Kaum war die Kaiserkrone wieder an das neue Haus Österreich gefallen, so griff man in Wien auf die ehrgeizigen Pläne zurück, die Kaiser Ferdinand II. ausgeführt hätte, wäre kein Kardinal Richelieu Premierminister von Frankreich und kein Gustav Adolf König von Schweden gewesen, zwei Zeitgenossen, die sich ihm widersetzten.

Der Wiener Hof wollte die deutschen Fürsten unterjochen, seinen Despotismus dem Reiche aufzwingen, wollte die protestantische Religion, die Gesetze, die Verfassung und die Freiheiten abschaffen, die diese Republik von Fürsten und Souveränen genießt. In seinem Vorhaben sah sich der Wiener Hof nach dem Aachener Frieden behindert durch Frankreich, das den Westfälischen Frieden garantiert hatte, durch Preußen, das aus den verschiedensten Gründen ein solches Unterfangen nicht dulden konnte, und schließlich durch den türkischen Sultan, der durch Einfälle in Ungarn die bestgetroffenen Maßregeln umwerfen konnte.

Alle diese Dämme seines Ehrgeizes mußten nach und nach untergraben werden. Der Wiener Hof glaubte mit Preußen beginnen zu müssen. Unter dem Vorwand, eine Provinz zurückzufordern, die er dem König im Breslauer Frieden abgetreten hatte, wollte er den Blick der Welt von den gefährlicheren Absichten ablenken, die unerkannt bleiben sollten.

Zu dem Zweck wurde der Petersburger Vertrag geschlossen180-1. Aber nicht zufrieden mit einem Defensivbündnis, gegen das niemand etwas einwenden konnte, gedachte man in Wien, die Höfe von Berlin und Petersburg zu entzweien und mit der Kaiserin von Rußland ein Bündnis gegen die Hohe Pforte zu schließen. Beide Pläne gelangen gleichermaßen. Das Bündnis gegen die Pforte kam zum Abschluß180-2, und durch zahlreiche Täuschungen und Verleumdungen gelang es den österreichischen Ministern, den König mit der Kaiserin von Rußland zu entzweien, obwohl zwischen beiden Höfen im Grunde keine Streitfrage bestand. Die beiderseitigen Gesandten wurden abberufen180-3, damit die österreichischen Diplomaten von unbequemer Überwachung befreit würden und desto leichteres Spiel hätten.

Sie brachten Rußland in Harnisch und bewogen es zu den kriegerischen Demonstrationen an der preußischen Grenze, die alljährlich wiederholt wurden, in der Hoffnung, der Zufall würde eine Gelegenheit zum Bruche zwischen beiden Mächten herbeiführen.

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In Wien wünschte man den Bruch und trug sich mit der Hoffnung, in diesem Kriege nur als Hilfsmacht der Kaiserin von Rußland auftreten zu brauchen. Die Absichten der österreichischen Minister hätten leicht in Erfüllung gehen können. Von Demonstrationen zu Feindseligkeiten ist nur ein Schritt. Der Krieg wäre auch entbrannt, hätte der König nicht durch sein festes und maßvolles Benehmen sorgfältig jeden Anlaß zu Händeln mit dem russischen Hofe vermieden. Wie bei einem Brande, den man ersticken will, entfernte er vorsichtig allen Zündstoff.

So lagen die Dinge, als die Wirren in Amerika181-1 die Ruhe Europas zu stören drohten. Ein Weltkrieg war dem Wiener Hofe gerade recht. Die Großmächte mußten mit ihren eignen Interessen beschäftigt sein, damit er seine Pläne glücklich zum Ziel führen konnte.

In London war man von den Absichten des Wiener Hofes nicht unterrichtet. Der König von England, der mit Frankreich im Kriege lag, bat die Kaiserin-Königin um Hilfe. Das glaubte er von ihrem guten Willen und ihrer Dankbarkeit beanspruchen zu dürfen. Nachdem er seine Schätze und Truppen verschwendet, die Interessen seines Reiches geopfert, ja selbst seine geheiligte Person in Gefahr gebracht hatte181-2, um die Kaiserin in den Besitz ihres väterlichen Erbes zu setzen, meinte er, ihre Dankbarkeit würde den ihr geleisteten Diensten entsprechen. Wie groß war wohl seine Überraschung, als er erfuhr, daß die Kaiserin von Hilfe nichts wissen wollte, außer wenn England der Verschwörung beiträte, die sie gegen die Staaten und Besitzungen des Königs von Preußen angezettelt hatte. Der König von England dachte zu vornehm und zu hochherzig, um sich an Maßregeln zu beteiligen, die sein Rechtsgefühl verletzten. Er verwarf alle ihm gemachten Vorschläge. Dann wandte er sich an den König von Preußen, mit dem er durch die Bande des Blutes verknüpft war181-3, und beide Herrscher schlossen zur Beschwörung des Sturmes, der Deutschland bedrohte, den Neutralitätsvertrag zu London181-4.

Die Ruhe Deutschlands paßte ganz und garnicht zu den Plänen des Wiener Hofes. Er setzte alles in Bewegung, um die Maßregeln der beiden Fürsten zu vereiteln, denen die Ruhe ihres Vaterlandes am Herzen lag und die sich zu ihrer Aufrechterhaltung verbündet hatten. Sofort verdoppelte sich das Ränkespiel in Petersburg, und die österreichischen Minister vereinbarten dort einen Plan zur Aufteiling aller Besitzungen des Königs von Preußen.

Das genügte noch nicht. Es galt auch Frankreich aus dem Spiel auszuschalten, um in Deutschland völlig freie Hand zu haben. So kam der Vertrag von Versailles zustande.

Der König traut dem französischen Hofe beim Abschluß dieses Bündnisses keine agressiven Absichten zu. Seine Majestät läßt den lauteren Absichten des Allerchrist<182>lichsten Königs ihr Recht widerfahren. Leider aber ist nicht das gleiche vom Wiener Hofe zu sagen, dessen Gebaren seit der Unterzeichnung jenes Vertrages nur zu sehr das Gegenteil bewiesen hat.

Inzwischen nahm das Ränkespiel in Frankreich zu. Das Ziel, das man sich in Wien gesteckt hatte, war die langsame, unmerkliche Herbeiführung eines Bruches zwischen Frankreich und Preußen. Zu dem Zweck sparte man weder unredliche Mittel noch tückische Anschwärzungen, weder Listen noch betrügerische Winkelzüge.

Unter so kritischen Umständen, wo der Wiener Hof Europa von einem Ende bis zum anderen verhetzt, um dem König Feinde zu schaffen, wo er seine Schritte verleumdet, den harmlosesten Dingen schlimme Deutungen gibt, wo er die Mächte zu blenden, zu verführen und einzuschläfern sucht, je nachdem es ihm für seine Pläne günstig scheint — in einer Zeit, wo Maßnahmen zum Angriff auf den König getroffen werden, wo der Wiener Hof Munitions- und Proviantvorräte in Mähren und Böhmen anhäuft und gewaltige Rüstungen macht, wo er Lager von 80 000 Mann in seinen Staaten bildet, wo die Ungarn und Kroaten Postenketten längs der schlesischen Grenze ziehen, wo Lager an den preußischen Grenzen abgesteckt werden und der Friede dem Kriege gleicht, wohingegen alle preußischen Truppen ruhig im Quartier liegen und kein Zelt aufgeschlagen ist, glaubte der König das Schweigen brechen zu müssen.

Seine Majestät beauftragte Herrn von Klinggräffen, seinen bevollmächtigten Gesandten am Wiener Hofe, von der Kaiserin-Königin eine Erklärung zu fordern, ob all die großen Kriegsvorbereitungen an der schlesischen Grenze gegen den König gerichtet seien oder welches die Absichten Ihrer Kaiserlichen Majestät wären182-1. Die Kaiserin-Königin erwiderte wörtlich:

„Sie habe unter den gegenwärtigen Umständen sowohl zu ihrer eigenen Verteidigung wie zu der ihrer Verbündeten Rüstungen für angezeigt gehalten, die überdies nicht bezweckten, irgend jemand zum Schaden zu gereichen.“

Eine so unbestimmte Antwort in einem so kritischen Zeitpunkt erheischte eine bündigere Erklärung. Daraufhin erhielt Herr von Klinggräffen neue Weisungen und stellte der Kaiserin-Königin folgendes vor. Der König habe zu den schlimmen Absichten, die man der Kaiserin beimesse, geschwiegen, solange er es mit seiner Sicherheit und seinem Ruhme vereinbar gefunden hätte. Nun aber dürfe er nichts mehr verhehlen. Er (Klinggräffen) habe Befehl, ihr zu eröffnen, daß der König von den Angriffsplänen unterrichtet sei, die beide Höfe in Petersburg vereinbart hätten. Er wisse, daß sie ausgemacht hätten, ihn unvermutet gemeinsam anzugreifen, die Kaiserin-Königin mit 80 000 Mann, die Kaiserin von Rußland mit 120 000 Mann. Dieser Plan sollte im letzten Frühjahr zur Ausführung gelangen, sei aber auf das nächste Frühjahr verschoben worden, da es den russischen Truppen an Rekruten, an<183> Matrosen für die Flotte und an Getreide aus Livland zur Verproviantierung mangele. Der König lege die Entscheidung über Krieg und Frieden in die Hand der Kaiserin. Wolle sie den Frieden, so verlange er eine bestimmte und förmliche Erklärung, bestehend in der positiven Zusicherung, daß sie den König weder in diesem noch im kommenden Jahre anzugreifen gedenke. Jede zweideutige Erklärung aber werde er für eine Kriegserklärung ansehen. Er rufe den Himmel zum Zeugen an, daß die Kaiserin allein die Schuld an dem unschuldig vergossenen Blute und den unglücklichen Folgen dieses Krieges trage183-1.

Auf eine so gerechte und billige Anfrage wurde eine noch hochfahrendere und noch weniger befriedigende Antwort als die erste gegeben. Ihre Inhaltsangabe genügt, um der Welt den bösen Willen des Wiener Hofes in seinem ganzen Umfang kundzutun.

Die Antwort lautete, wie folgt:

„Seine Majestät der König von Preußen habe schon seit einiger Zeit die beträchtlichsten und für die öffentliche Ruhe bedrohlichsten Kriegsrüstungen aller Art unternommen, als er es am 26. des letzten Monats für angezeigt gehalten habe, von Ihrer Majestät der Kaiserin-Königin Aufklärungen über die militärischen Maßnahmen in ihren Staaten zu fordern, die erst auf die verschiedenen Rüstungen Seiner Majestät des Königs von Preußen hin getroffen worden seien. Diese Tatsachen seien ganz Europa bekannt.

Infolgedessen hätte Ihre Majestät, die Kaiserin-Königin, Aufklärungen über Dinge, die dessen nicht bedurften, verweigern können. Trotzdem habe sie sich zur Antwort entschlossen und habe zu dem Zweck Herrn von Klinggräffen in der ihm bewilligten Audienz am besagten 26. Juli Höchsteigen erklärt:

Daß die kritische allgemeine Lage sie zum Ergreifen der Maßregeln veranlaßt habe, die sie für ihre und ihrer Verbündeten Sicherheit für nötig befunden hätte, und die überdies nicht bezweckten, irgend jemand zum Schaden zu gereichen.

Ihre Majestät die Kaiserin-Königin sei ohne Zweifel berechtigt, über die gegenwärtige Lage so zu urteilen, wie sie es für gut befinde, und es stehe ihr allein zu, die ihr drohenden Gefahren einzuschätzen. Im übrigen sei ihre Erklärung so deutlich, daß sie sich nie gedacht habe, daß man sie anders auslegen könne. Gewöhnt, die unter Herrschern üblichen Rücksichten gegen sich ebenso gewahrt zu sehen, wie sie selbst sie wahre, habe sie daher nur mit Erstaunen und wohlberechtigter Empfindlichkeit Kenntnis vom Inhalt der Denkschrift nehmen können, die Herr von Klinggräffen ihr am 20. des Monats überreicht hätte.

Diese Denkschrift sei der Form und dem Inhalte nach derart, daß Ihre Majestät die Kaiserin-Königin, wenn sie dieselbe voll beantworten wolle, sich gezwungen sähe, die Schranken der Mäßigung, die sie sich gezogen hätte, zu überschreiten. Trotz<184>dem wolle sie, daß Herrn von Klinggräffen des weiteren folgende Antwort erteilt werde:

Die Seiner Majestät dem König von Preußen gegebenen Informationen über ein Angriffsbündnis gegen ihn zwischen Ihrer Majestät der Kaiserin-Königin und Ihrer Majestät der Kaiserin von Rußland, sowie alle näheren Umstände und angeblichen Bedingungen der genannten Allianz seien völlig unwahr und erfunden. Ein solcher Vertrag gegen Seine Preußische Majestät existiere nicht und habe nie existiert184-1.

Diese Erklärung gestatte ganz Europa ein eignes Urteil über den Wert und die Bedeutung der in der Denkschrift des Herrn von Klinggräffen angeführten schlimmen Ereignisse. Man werde erkennen, daß sie niemals Ihrer Majestät der Kaiserin-Königin zur Last gelegt werden dürfen.“

So lautete die zweite Antwort des Wiener Hofes. Eine kurze Rekapitulation wird genügen, um ihre Unzulänglichkeit und Haltlosigkeit darzutun.

Die Tatsachen, die der Wiener Hof als ganz Europa bekannt hinstellen möchte, stimmen so wenig zu seinen Behauptungen, daß man sich gezwungen sieht, diesen Gegenstand näher zu beleuchten. Auf die russischen Rüstungen hin ließ der König im Juni vier Regimenter aus der Kurmark nach Pommern marschieren184-2 und gab Befehl, die Festungen in Verteidigungszustand zu setzen. Das war es, was beim Wiener Hofe so großen Verdacht erregte, daß er in Böhmen und Mähren ein Heer von über 80 000 Mann zu versammeln befahl. Hätte die Kaiserin Truppen aus Böhmen nach Toskana marschieren lassen, würde da der König wohl Anlaß gehabt haben, um Schlesien besorgt zu sein und dort ein starkes Heer zusammenzuziehen? Man sieht also deutlich, daß der Abmarsch der vier Regimenter nach Pommern dem Wiener Hofe nur als Vorwand zur Bemäntelung seiner schlimmen Absichten gedient hat. Auf die Nachricht hin, daß das österreichische Heer in Böhmen zusammengezogen sei, ließ der König drei Infanterieregimenter, die in Westfalen im Quartier gelegen hatten, nach Halberstadt rücken. Um aber alles zu vermeiden, was beim Wiener Hof Verdacht erregen konnte, wurde nicht ein einziges Regiment nach Schlesien geschickt. Die Truppen blieben ruhig in ihren Garnisonen und hatten nicht einmal die Pferde und den andern Kriegsbedarf, den ein Heer für das Feldlager oder bei Offensivplänen braucht. Doch der Wiener Hof fuhr fort, eine friedliche Sprache zu führen und dabei die ernstlichsten Kriegsrüstungen zu treffen. Nicht zufrieden mit all diesen Demonstrationen, ließ er auch noch ein Lager bei der Stadt Hotzenplotz abstecken, die zwar österreichisch ist, aber dicht an der preußischen Grenze und direkt zwischen den Festungen Neiße und Kosel liegt. Außerdem schickt die öster<185>reichische Armee in Böhmen sich an, das Lager von Jaromircz vier Meilen von Schlesien zu beziehen. Auf alle diese Nachrichten hin glaubte der König, daß es an der Zeit sei, Maßregeln zu ergreifen, die seine Sicherheit und Würde von ihm forderten. Er gab also Befehl, daß die Armee sich mit Pferden versehen und sich marschfertig machen solle. Er wollte nicht in völliger Abhängigkeit von dem Gutdünken eines Hofes sein, der seinen Interessen so feindlich gesinnt ist wie der Wiener Hof. Hätte der König etwas gegen die Kaiserin im Schilde geführt, so konnte er das schon zwei Monate früher leicht ausführen, bevor er ihr Zeit zur Versammlung so starker Heere gab. Aber der König verhandelte, während seine Feinde rüsteten. Er folgte nur den Maßregeln der Österreicher. So setzt also dieser Artikel, den der Wiener Hof so geflissentlich betont, dessen schlimme Absichten erst recht ins volle Licht.

Ein anderer Punkt seiner Antwort ist ebenso unwahr, nämlich die Behauptung, er habe Herrn von Klinggräffen eine durchaus deutliche Erklärung gegeben. Diese durchaus deutliche Erklärung ist völlig unverständlich. Denn man fragt sich: welchem von den Bundesgenossen der Kaiserin droht ein Krieg? Ist's Frankreich? Ist's Rußland? In der Tat müßte man sonderbar verblendet sein, um dem König von Preußen Angriffspläne gegen eine dieser beiden Mächte zuzutrauen, und jedenfalls wären zur Ausführung eines solchen Unterfangens etwas mehr als vier nach Pommern gesandte Regimenter nötig gewesen. Der Wiener Hof sagt, er wolle niemanden angreifen. Hätte er dann nicht ebensogut erklären können, er wolle namentlich den König von Preußen nicht angreifen?

Der Inhalt der Denkschrift des Herrn von Klinggräffen, über die der Wiener Hof sich beschwert, konnte einen Hof nur dann unangenehm berühren, wenn er seinem Nachbarn keine Erklärungen über die Lauterkeit seiner Absichten geben wollte.

Schließlich legt der Wiener Hof den größten Nachdruck auf den Artikel in seiner Antwort, der sein Bündnis mit Rußland betrifft. Die Bedingungen dieses Bündnisses sollen nach seiner Behauptung völlig unwahr und erfunden sein. Die Ableugnung jener Vereinbarungen ist für die österreichischen Minister ein leichtes. Aber außer den angeführten Tatsachen sind noch Anzeichen genug vorhanden, die wenigstens für ein Übereinkommen sprechen. Anfang Juni rückten die russischen Truppen an die ostpreußische Grenze. In Livland wurde ein Heer von 70 000 Mann aufgestellt, zur selben Zeit, wo man in Wien Vorbereitungen zur Versammlung einer starken Armee in Böhmen traf, die dort als Beobachtungsarmee auftreten sollte. Gegen Mitte desselben Monats erhielten die russischen Truppen Befehl, in ihre Quartiere zurückzukehren185-1, und die österreichischen Lager wurden aufs nächste Jahr verschoben. Trotz dieser Verdachtsmomente und Anzeichen wäre der König sehr froh gewesen, vom Wiener Hofe zu erfahren, daß er Pläne ableugnet, die seiner Mäßigung keine<186> Ehre machen würden — hätte der Hof nur ein Wort der Antwort auf die an ihn gerichtete Frage hinzugefügt. Der König ersuchte um die Versicherung, daß ein Angriff auf ihn weder in diesem noch im folgenden Jahre erfolgen werde. Das war der springende Punkt in Klinggräffens Denkschrift, und gerade auf diesen Punkt blieb man die Antwort schuldig. Zeigt dies Schweigen nicht zur Genüge, wohin die Pläne des Wiener Hofes abzielen? Erkennt man nicht den klaffenden Widerspruch zwischen seinen Worten und Handlungen? Eine friedfertige Sprache und dabei zahlreiche Heere an der schlesischen Grenze, eine geheuchelte Abneigung gegen den Krieg und dabei die Verweigerung positiver Versicherungen, die zu verlangen der König sich für berechtigt hielt! Man fragt sich, welche von beiden Mächten den Krieg wünscht, die, deren starke Heere an den Grenzen ihres Nachbarn lagern, oder die, deren Truppen ruhig in ihren Quartieren liegen?

Aus dieser hochmütigen und abschlägigen Antwort ist also ersichtlich, daß der Wiener Hof, weit entfernt, den Frieden zu wollen, nichts als Kriegslust atmet und den König durch fortwährende Plackereien und hochfahrendes Benehmen zum Kriege zu reizen beabsichtigt, um einen Vorwand zu haben, den Beistand seiner Verbündeten anzurufen. Man glaubt aber nicht, daß seine Bundesgenossen ihm Hilfe versprochen haben, um sein ungerechtes Vorgehen zu rechtfertigen und den König daran zu hindern, seinen nur zu deutlichen Absichten zuvorzukommen. Denn durch die Verweigerung der vom König geforderten Zusicherungen gibt der Wiener Hof ja klar seinen Entschluß kund, die Ruhe und den Frieden, deren sich Deutschland bisher erfreut hat, zu stören.

Obwohl jene Antwort also keinen Zweifel mehr über die Absichten der Kaiserin-Königin läßt und obwohl sie den König zu dem einzigen Entschlusse zwingt, der seiner Ehre und seinem Ruhme entspricht, so hat Seine Majestät doch noch einen letzten Versuch gemacht, um die Unbeugsamkeit des Wiener Hofes zu erschüttern. Er hat zwar die nötigen Maßregeln zu seiner Sicherheit getroffen, aber auch das einzige Mittel zur Erhaltung des Friedens pflichtgemäß angewandt. Zu dem Zweck erhielt Herr von Klinggräffen den Auftrag, zum dritten Male zu erklären: Wolle die Kaiserin jetzt noch die positive Zusicherung geben, daß sie den König weder in diesem noch im folgenden Jahre anzugreifen gedenke, so werde Seine Majestät seine Truppen sofort zurückziehen und alles wieder in den gehörigen Zustand versetzen186-1. Aber dieser letzte Schritt war ebenso erfolglos wie die vorhergehenden.

Nachdem also der König alles erschöpft hat, was man von seiner Mäßigung erwarten konnte, hofft er, daß ganz Europa ihm die schuldige Gerechtigkeit erweisen und überzeugt sein wird, daß nicht der König, sondern der Wiener Hof den Krieg gewollt hat. Wünscht die Kaiserin ehrlich den Frieden, wie sie es glauben machen will, warum erklärte sie es dann nicht in deutlichen Ausdrücken und in aller Form, als man ihr<187> die Entscheidung in die Hand legte? Ihre zweideutige Antwort jedoch, die alle möglichen Auslegungen zuließ, und die beständige Verweigerung der einzigen Erklärung, die den König beruhigen konnte, ist in der Tat nichts als das schweigende Eingeständnis der gefährlichen Absichten, die man ihr vorwirft. Dies Verhalten von seiten des Hauses Österreich gibt dem König keine Sicherheit für die Zukunft. Im Gegenteil! Seine Majestät hat das Benehmen des Wiener Hofes bei all seinen Unterhandlungen klargelegt und ist unterrichtet von dessen Umtrieben und Einflüsterungen an allen europäischen Fürstenhöfen, wo er gegenwärtig an einem Bündnis gegen Preußen arbeitet. Die Kenntnis dieser schlimmen Absichten zwingt den König, das Prävenire zu spielen.

Gewiß beginnt der König die Feindseligkeiten. Da aber dieser Ausdruck häufig mit dem des Angriffs verwechselt wird und der Wiener Hof stets geflissentlich darauf ausgeht, Preußens Schritte zu verleumden, so hält man es für angezeigt, den Sinn beider Worte zu unterscheiden. Unter Angriff versteht man jeden Akt, der dem Sinn eines Friedensvertrages strikt zuwiderläuft. Ein Offensivbündnis, Feinde, die man einer andern Macht erweckt und zum Kriege mit ihr drängt, Pläne zum Einmarsch in die Staaten eines andern Fürsten und zu plötzlichem Überfall — das alles sind lauter Angriffe, obwohl nur das letzte zu den Feindseligkeiten gehört.

Wer diesen Angriffen zuvorkommt, kann Feindseligkeiten begehen, ist aber nicht der Angreifer. Im Spanischen Erbfolgekriege, als die savoyischen Truppen im französischen Heere in der Lombardei fochten, schloß der Herzog von Savoyen187-1 ein Bündnis mit dem Kaiser gegen Frankreich (1703). Die Franzosen entwaffneten seine Truppen und trugen den Krieg nach Piemont. Hier war also der Herzog von Savoyen der Angreifer, und die Franzosen begingen die ersten Feindseligkeiten. Die Ligue von Cambrai187-2 war ein Angriff. Wären die Venezianer damals ihren Feinden zuvorgekommen, so hätten sie die ersten Feindseligkeiten begangen, wären aber nicht die Angreifer gewesen.

Da also der Wiener Hof die von allen europäischen Mächten garantierten Verträge brechen will, da sein Ehrgeiz ungestraft die heiligsten Schranken umstürzt, die der menschlichen Begehrlichkeit gesetzt sind, da er sich den Weg zum Despotismus im Deutschen Reiche bahnen will und seine weitausschauenden Pläne auf nichts Geringeres abzielen als auf den Umsturz dieser Republik von Fürsten, die zu erhalten die Pflicht der Kaiser ist, so hat der König beschlossen, sich den Feinden seines Vaterlandes hochherzig zu widersetzen und den verderblichen Folgen dieses gehässigen Planes vorzubeugen.

<188>

Seine Majestät erklärt, daß die Freiheit des Deutschen Reiches nur mit Preußen zugleich begraben werden soll. Er ruft den Himmel zum Zeugen an, daß er alle geeigneten Mittel erschöpft hat, um seine Staaten und ganz Deutschland vor der Geißel des drohenden Krieges zu bewahren, nun aber gezwungen ist, die Waffen zu ergreifen, um eine Verschwörung gegen seine Besitzungen und seine Krone zu sprengen. Umsonst hat er alle Wege zur gütlichen Beilegung beschritten, ja die Entscheidung über Krieg und Frieden in die Hand der Kaiserin gelegt.

Seine Majestät gibt seine gewohnte Mäßigung nur deshalb auf, weil sie aufhört, eine Tugend zu sein, wenn es gilt, seine Ehre und Unabhängigkeit, sein Vaterland und seine Krone zu verteidigen.

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7. Instruktion für Feldmarschall Schwerin189-1

Potsdam, 2. August 1756.



Herr Feldmarschall!

Euch vertraue ich das Kommando über meine Armee in Schlesien an. Die bezüglichen Befehle sind den Euch unterstellten Regimentern soeben ausgefertigt worden. Ihr werdet von hier nach Neiße reisen, unter dem Vorwand, Euer Gouvernement189-2 zu besichtigen, damit Ihr im Kriegsfall an Ort und Stelle seid, um die ersten Anordnungen zur Versammlung der Truppen zu treffen, bis ich selbst hinkomme.

Herr von Klinggräffen, mein Gesandter in Wien, hat Befehl, Euch durch seinen Kurier, der über Neiße reisen wird, die Antwort des Wiener Hofes189-3 zu übermitteln. Aus dieser Antwort werdet Ihr selbst ersehen können, welchen Entschluß ich fassen werde.

Damit im Interesse des Dienstes nichts verabsäumt wird, sollt Ihr wissen, daß an alle Regimenter, die ihre Kantons in Oberschlesien haben, Befehl ergangen ist, nicht nur die doppelten Beurlaubten, sondern auch alle, die sie im nächsten Frühjahr einzustellen hätten, schon jetzt aus ihren Kantons einzuziehen. Diese neuen Rekruten sollen samt und sonders in Breslau abgeliefert werden, wo ich sie auf meine Kosten bis zum nächsten Frühjahr besolden werde. Dann sollen sie zu ihren Regimentern, um sie vollzählig zu machen.

Beifolgend die Verteilung der Garnisonregimenter: Glogau 1. Bataillon Lange, Breslau 2. Bataillon Lange und 4. Bataillon Lattorff, Brieg 3. Bataillon Lattorff, Kosel 1. und 2. Bataillon Lattorff, Neiße 4 Bataillone Blanckensee, Glatz 4 Bataillone Nettelhorst, Schweidnitz 4 Bataillone Mützschefahl.

Der Anfang des Krieges ist für den Feldmarschall sehr schwierig, weil er in der Front das mährische Korps und in der Flanke die Armee in Böhmen hat189-4. Da er nicht überall sein kann, so wird er die Festungen, die in Abwesenheit seiner Armee<190> ungedeckt sind, noch mit Feldtruppen besetzen müssen. Rückt er z.B. nach Schweidnitz, so muß er das Grenadierbataillon Kreytzen nach Kosel und 2 Feldbataillone nach Neiße legen, wo er in diesem Falle General Kleist zurückläßt. Rückt er hingegen nach Hotzenplotz, so muß er die 2 Bataillone nicht nach Neiße, sondern nach Schweidnitz werfen.

Seine Truppen können erst in 6 Tagen marschfertig sein. Da ich meine Operationen nicht vor Ende dieses Monats, d. h. am 25., beginnen kann190-1, soll auch der Feldmarschall seine Truppen nicht früher versammeln. Er soll sich mit Schlabrendorff190-2 bereden, an welcher Stelle die Armee am besten zusammengezogen wird. Ich für mein Teil halte das Lager von Frankenstein für das geeignetste; denn von dort kann er gleich nach Schweidnitz marschieren, und die Armee kann zwischen den Festungswerken lagern, falls die Österreicher in Böhmen Miene machen, in Schlesien einzudringen. Da Niederschlesien als wichtigster Teil der Provinz anzusehen ist, so muß er es in erster Linie decken. In diesem Falle kann er seine Dragoner und einen Teil seiner Husaren nach Glatz schicken, um die Österreicher im Rücken zu beunruhigen. Da aber dieser Zustand nur vorübergehend sein kann und ich die Österreicher durch meine Diversion bald nach einer andern Seite abzulenken gedenke, falls die kaiserliche Armee wirklich aus Böhmen in Schlesien eindringt, so wird der Feldmarschall sie bald los sein und findet auf ihrem Rückzuge vielleicht Gelegenheit, über ihre Nachhut herzufallen und sie für ihre Fehler zu züchtigen. Da sich dies österreichische Heer höchstwahrscheinlich nach Prag wenden wird, so kann der Feldmarschall dann seine Husaren und Dragoner sammeln, in Oberschlesien eindringen und bis Jägerndorf und Troppau vorstoßen.

Solange sich der Krieg in der Gegend von Schweidnitz abspielt, kann der Feldmarschall sich an Major Enbers halten, einen fähigen Offizier, der die Karte des Gebirges aufgenommen hat und alle dortigen Lagerplätze und Zugangsstraßen kennt, ihm auch alles Wissenswerte angeben kann, was er zu seinen Unternehmungen braucht. Wird der Kriegsschauplatz nach Mähren verlegt, so kann der Feldmarschall sich an den Kapitän Giese in Breslau halten. Der kennt Oberschlesien, beide Oderufer, Hotzenplotz und ganz Polen bis nach Krakau und ist zudem ein geweckter Kerl, der die Lagerplätze ganz nach Wunsch des Feldmarschalls aussuchen wird.

Die in Mähren aufgestellten regulären Truppen sind 20 000 Mann stark. Auch ist die Rede von 12 000 Ungarn, die sich an der Jablunka versammeln sollen, um in Schlesien einzufallen. Aus allen diesen Gründen kann der Feldmarschall nicht in Mähren eindringen. Sein Hauptaugenmerk beschränkt sich darauf, die Festungen und das flache Land gegen feindliche Einfälle zu decken. Schickt die österreichische Hauptarmee Verstärkungen an Piccolomini190-3, so werde ich Euch in gleichem Maße Detachements von meiner Armee schicken. Sieht sich der Feldmarschall zur Entsendung<191> eines großen Detachements nach Glatz gezwungen, so wird er es General Fouqué anvertrauen. Schickt er es nach Kosel, dann soll es Hautcharmoy führen. Hat er nur Kommandos für Generalmajors zu vergeben, so soll er von der Infanterie nur Tresckow und Brandes verwenden. Die andern sind zwar brave Leute, aber ohne Erfahrung. Handelt es sich um Kavalleriedetachements, so eignet sich Prinz Schönaich für größere Korps, Wartenberg191-1 für kleinere. Die Generalmajors von der Kavallerie sind zur Führung von Detachements ungeeignet. Schickt er welche ab, muß er es daher so einrichten, daß sie unter Wartenberg stehen.

Da es zu Eurer Hauptaufgabe gehört, das flache Land zu decken, so werdet Ihr ein Auge darauf haben, daß die Ungarn, die von der Jablunka herkommen, nicht über Rosenberg hinausdringen. Namslau muß gedeckt werden. Es hieße zuviel aufs Spiel setzen, ließe man sie weiter vordringen.

Vor den Unternehmungen der Russen dürften wir für dies Jahr sicher sein. Vermutlich werden sie sich nächstes Frühjahr in Marsch setzen. Sobald ich Nachricht davon erhalte, werde ich das Heer des Feldmarschalls um 15 bis 20 Bataillone verstärken. Sollten die Russen dann Schlesien bedrohen, so geschieht das, glaube ich, in der Absicht, sich mit dem Korps Piccolomini zu vereinigen. Zur Verhinderung dieses Vorhabens soll der Feldmarschall alle festen Plätze stark mit Infanterie besetzen und Kommandanten darin zurücklassen. Dann kann er mit seiner Armee ein bis zwei Tagemärsche nach Polen vorrücken, um die Russen vor ihrer Vereinigung zu schlagen, und darauf nach Schlesien zurückkehren, um Piccolomini flugs zu vertreiben, falls er ins Land gedrungen ist.

Ich gebe Euch meine Ideen nur im großen an. Unmöglich kann ich alle etwa eintretenden Möglichkeiten vorhersehen. Die Zukunft ist ungewiß, und die Pläne des Wiener Hofes können sich noch sehr ändern. Da ich Euch aber meine Truppen und die Verteidigung einer Provinz anvertraue, die Ihr mir erobern halfet, so verlasse ich mich ganz auf Eure Treue, Geschicklichkeit und Erfahrung. In allen unvorher gesehenen Fällen werdet Ihr Euren Entschluß fassen, wie Ihr es im Interesse des Dienstes angemessen findet. Ich gebe Euch Vollmacht, zu handeln, wie Ihr es in der gegenwärtigen Lage für gut und richtig haltet. Nur empfehle ich Euch, achtet ganz besonders darauf, daß Ihr die Truppen in den Winterquartieren nicht zerstreut, sondern sie eng zusammenlegt, sodaß Ihr sie versammeln könnt, ehe der Feind heran ist. Über alles, was das Kriegskommissariat191-2, die Versorgung mit Lebensmitteln, den Unterhalt der Armee usw. betrifft, hat Schlabrendorff Instruktionen erhalten. Von ihm könnt Ihr alles Nötige erfahren. Ich nehme nur kurz vorweg, daß ich den Offizieren eine Zulage für die Winterquartiere gebe, und wenn es den Truppen an irgend etwas mangelt, so braucht Ihr mir nur ein Wort zu sagen, und es soll Abhilfe geschaffen werden. Beifolgend das Verzeichnis Eurer Armee, die Chiffren für<192> die Festungskommandanten und die Chiffre, die Ihr in Euren Briefen an mich benutzen sollt. Da wir offene Verbindung behalten und einander ziemlich nahe bleiben werden, so können wir uns oft gegenseitig Nachricht geben. Nun aber bitte ich Gott, mein lieber Feldmarschall, er möge Euch in seine Hut nehmen.

Friderich.

Das einzige, was ich Euch noch dringend anempfehle: trennt nicht die Euch unterstellte Armee und verzettelt die Truppen nicht, haltet sie vielmehr zusammen, zumal die ganze Armee noch ziemlich schwach ist, also nicht zersplittert werden darf.

<193>

8. Schreiben des Königs an Feldmarschall Schwerin193-1

[Lobositz], 2. Oktober [1756] .



Mein lieber Feldmarschall!

Damit Ihr mir nicht vorwerft, ich fürchtete mich vor den 700 österreichischen Kanonen193-2, so glaubte ich es meinem Rufe zu schulden, einen Gewaltstreich gegen die Leute zu führen.

Ich bin am 27. aus meinem Lager von Groß-Sedlitz ganz allein aufgebrochen und habe mich zu meiner Armee in Böhmen begeben, die aus 60 Schwadronen und 28 Bataillonen besteht. Ich fand sie bei Aussig in einem Lager193-3, das ich für schlecht und unvorteilhaft hielt. Nach Erkundung der näheren Umstände faßte ich meinen Entschluß. Ich brach mit einer Vorhut von 8 Bataillonen, 10 Dragoner- und 8 Husarenschwadronen auf und marschierte an ihrer Spitze nach Türmitz. Die Armee<194> erhielt Befehl, mir in zwei Kolonnen zu folgen, die eine über den Paschkopole, die andere hinter der Vorhut her; denn die Poststraße von Aussig nach Lobositz war wegen der Panduren, die das rechte Flußufer194-1 besetzt hielten, nicht zu benutzen. Von Türmitz marschierte ich mit meiner Avantgarde nach Wellemin, wo ich am Abend eine Stunde vor Sonnenuntergang eintraf. Dort erblickte ich die österreichische Armee, rechts an Lobositz und links an die Eger angelehnt. Weder ihre Stärke von 60 000 Mann noch ihre Kanonen schreckten mich. Noch am Abend besetzte ich selbst mit 6 Bataillonen eine Lücke194-2 und die Lobositz beherrschenden Höhen, von denen aus ich am nächsten Morgen gegen den Feind vorbrechen wollte. In der Nacht traf meine Armee in Wellemin ein. Ich begnügte mich damit, die Bataillone in Linie hintereinander aufmarschieren zu lassen, ebenso die Schwadronen.

Am 1. Oktober, als der Morgen graute, nahm ich die höchsten Offiziere mit mir und zeigte ihnen das Gelände der Lücke, das ich mit der Armee besetzen wollte: die Infanterie im ersten Treffen auf zwei Höhen194-3 und in einem dazwischen liegenden Grunde, 6 Bataillone im zweiten Treffen und die ganze Kavallerie im dritten. Ich beeilte mich nach Kräften, meine Flügel auf den beiden Höhen gut anzulehnen und die Flanken zu sichern. Der rechte Infanterieflügel nahm seine Stellung ein. Ich traf alle Vorsichtsmaßregeln zu seiner Sicherung; denn in ihm sah ich mein Heil und die Hauptstütze der Armee. Meine Linke wurde, als sie sich formierte, gleich mit den Panduren und den feindlichen Grenadieren handgemein, die sich hinter den steinernen Weinbergsmauern eingenistet hatten.

So rückten wir bis zu der Stelle vor, wo der Bergrücken nach dem Feinde zu abfällt. Dort sahen wir die Stadt Lobositz stark mit Infanterie besetzt, davor eine schwere Batterie von 12 Geschützen und die Kavallerie teils in Linie, teils gestaffelt, zwischen Lobositz und dem Dorfe Sullowitz aufgestellt. Dichter Nebel herrschte. Alles, was man erblicken konnte, war eine Art von feindlicher Nachhut, die nur angegriffen zu werden brauchte, um sich zurückzuziehen. Da ich schlecht sehe, so nahm ich bessere Augen als die meinen zu Hilfe, um festzustellen, was eigentlich vorging, aber alle sahen das gleiche. Ich schickte Patrouillen zur Aufklärung vor, jedoch alle ihre Meldungen bestätigten meine Vermutung.

Nachdem ich also meine 24 Bataillone in der Lücke aufgestellt hatte, wie ich es für geeignet hielt, glaubte ich nur noch die vor mir stehende Kavallerie vertreiben zu brauchen, die fortwährend ihre Formation wechselte, wie Ihr es ungefähr aus der schlechten Skizze ersehen könnt, die ich Euch beilege194-4. Daraufhin ließ ich die feindliche Reiterei von dreißig Schwadronen angreifen. Sie warfen den Feind, verfolgten ihn aber zu hitzig und gerieten selbst in das feindliche Geschützfeuer. Nun mußten sie nach tapferem Widerstande zurückgehen und sich unter dem Schutze meiner<195> Infanterie sammeln. Kaum war diese Attacke erfolgt, als meine 60 Schwadronen ohne meinen Befehl und sehr wider meinen Willen zum zweitenmal angriffen. Trotzdem sie in beiden Flanken von 60 Geschützen beschossen wurden, schlugen sie die österreichische Kavallerie vollständig. Außer diesem Feuer stießen sie noch auf einen furchtbaren Graben, setzten darüber hinweg, prallten aber jenseits davon auf österreichische Infanterie, die in einem zweiten Graben stand, und auf Artillerie. Von dort aus und in der linken Flanke mit Feuer überschüttet, mußten sie sich unter den Schutz unserer Infanterie flüchten. Verfolgt wurden sie nicht. Ich benutzte den Augenblick, um sie wieder auf dem Berg hinter meiner Infanterie aufzustellen, wo ich sie wie im Manöver sammelte.

Inzwischen dauerte das Geschützfeuer fort, und der Feind machte die größten Anstrengungen zur Umfassung meines linken Infanterieflügels. Ich sah die Notwendigkeit ein, ihn zu unterstützen, und schickte ihm die beiden letzten Bataillone, die mir von den 24 blieben, zu Hilfe. Um gute Miene zum bösen Spiel zu machen, ließ ich die 24 Bataillone des ersten Treffens linksum machen. Die Lücke im Zentrum füllte ich zum Notbehelf mit meinen Kürassieren, und aus dem Rest der Kavallerie bildete ich ein zweites Treffen zur Unterstützung des Fußvolks. Zugleich rückte mein ganzer linker Infanterieflügel mit einer Viertelschwenkung staffelweise gegen Lobositz vor, eroberte den Ort trotz des Geschützfeuers und der unerhört starken feindlichen Infanterie in seiner Flanke und zwang die ganze feindliche Armee zur Flucht.

Der Herzog von Bevern zeichnete sich derart aus, daß ich sein Lob nicht laut genug singen kann. Mit 24 Bataillonen haben wir 72 vertrieben und, wenn Ihr wollt, 700 Geschütze. Von den Truppen rede ich nicht. Ihr kennt sie. Aber seit ich die Ehre habe, sie zu führen, sah ich noch nie solche Wunder der Tapferkeit bei der Reiterei wie beim Fußvolk. Die Infanterie eroberte ummauerte Weinberge und steinerne Häuser. Sie stand von 7 Uhr morgens bis 3 Uhr nachmittags im Geschützund Gewehrfeuer und hielt vor allem den Angriff auf Lobositz aus. Kurz, sie kämpfte ununterbrochen, bis der Feind vertrieben war. Ich war besonders darauf bedacht, mit meinem rechten Flügel die Höhe zu halten. Das hat, glaube ich, den Sieg entschieden. Zeigt die beifolgende Skizze bitte Fouqué; er würde mir nie verzeihen, wenn er sie nicht zu Gesichte bekäme.

Ich ersehe aus alledem, daß die Feinde sich nur auf Stellungskämpfe einlassen wollen, und daß man sich hüten muß, sie auf Husarenart anzugreifen. Sie sind gewitzigter geworden als früher. Und glaubt mir aufs Wort: wenn man ihnen nicht starkes Geschütz entgegenstellen kann, würde es unendlich viel Leute kosten, sie zu schlagen.

Moller195-1 von der Artillerie hat Wunder vollbracht und mich hervorragend unterstützt.

<196>

Von meinen Verlusten rede ich nur tränenden Auges. Die Generale Lüderitz196-1 und Oertzen196-2 sind gefallen, auch Holtzendorff196-3 von den Gensdarmes. Kurz, ich will nicht weich werden, indem ich Euch meine Verluste melde. Aber dieser Gewaltstreich übertrifft den von Soor196-4 und alles, was ich bisher von meinen Truppen gesehen habe. Nun werden die Sachsen sich ergeben, und meine Aufgabe ist für dies Jahr beendet. Ich umarme Euch, lieber Feldmarschall, und rate Euch, vorsichtig zu sein. Adieu.

<197>

9. Denkschrift für England197-1
(29. Oktober 1756)

In der allgemeinen Gärung Europas wird Seine Britische Majestät um Erwägung des gegenwärtigen Standes der Dinge und der Mittel zur Abhilfe ersucht, damit man ohne Zeitverlust handeln und von Beginn des Winters an die nötigen Maßregeln ergreifen kann, um rechtzeitig den wahrscheinlich werdenden Unglücksfällen vorzubeugen.

Die Königin von Ungam hat 90 000 Mann regulärer Truppen in Böhmen, dazu 10 000 Ungarn, 8 000 Mann aus Italien, 16 000 aus Flandern, 4 000 Württemberger, 8 000 Bayern, 2 000 aus dem Bistum Bamberg und 24 000 Franzosen197-2, insgesamt 162 000 Mann. Über Rußland weiß man nichts Bestimmtes, aber nach seinen Erklärungen will es wenigstens 40 000 Mann gegen den König von Preußen ins Feld stellen. Frankreich hat, wie versichert wird, der Königin von Ungarn versprochen, mit 40 000 Mann eine Diversion nach dem Herzogtum Kleve zu machen. Seiner Britischen Majestät wird zu bedenken gegeben, ob er einen Einfall ins Klevesche kalten Blutes mitansehen kann. Die Fortschritte der Franzosen diesseits des Rheines dürften binnen kurzem die Weser und sein eignes Kurfürstentum197-3 bedrohen, und die deutsche Freiheit, die Sache des Protestantismus und das europäische Gleichgewicht würden dadurch aufs äußerste gefährdet.

Preußen kann nichts weiter leisten, als sich gegen soviel Feinde zu wehren. Es muß die Herzogtümer Kleve und Mark dem Zufall der Ereignisse preisgeben. Da es aber nicht genügt, die Diagnose zu stellen, schlägt man zugleich die einzigen Heilmittel vor, mit denen das Übel zu bekämpfen ist:

1. Völlige Loslösung Rußlands vom Wiener Hofe.

2. Die Hauptsache wäre, die Türkei zu einem Einfall in Ungarn zu bringen. Dadurch würde Preußen von mindestens 70 000 Feinden befreit.

3. Zusammenziehung aller hannöverschen Truppen im Lande, ihre Vermehrung auf 30 000 Mann. Das macht mit 10 000 Hessen, 5 000 Braunschweigern, 3 000 Go<198>thaern, die man zu ihnen stoßen läßt198-1, insgesamt 48 000 Mann. Dies Heer würde hinreichen, um den Franzosen die Spitze zu bieten, und wenn der Herzog von Cumberland seine Führung übernähme, würde es erhöhten Glanz erhalten. Die Sache scheint um so leichter durchführbar, als die französische Armee nach ihren großen Detachierungen nicht mehr stark genug wäre, um die englischen Küsten im nächsten Jahre zu beunruhigen.

4. Könnte man nicht einige Nachsicht gegen den Handel der Holländer üben und sie dadurch bestimmen, im nächsten Jahre gemeinsame Sache mit England zu machen, und wäre durch ihre Hilfe nicht mehr zu gewinnen, als die englischen Kaufleute durch das bißchen Schmuggel verlieren, den die Amsterdamer Kaufleute treiben?

5. Könnte man nicht einige Abgeordnete der Provinzen gewinnen, um sich die Oberhand im Staatsrate zu sichern?

Alle diese Punkte werden hier nur gestreift, da die Zeit fehlt, um sich über jeden gebührend auszulassen. Man unterbreitet sie aber alle der höheren Einsicht Seiner Britischen Majestät; denn sie verdienen im Hinblick auf den weiteren Verlauf des gegenwärtigen Krieges sicherlich die größte Beachtung. Ja, man würde sich zeitlebens Vorwürfe machen, wenn man jetzt, wo man den Winter zu Rüstungen benutzen kann, irgend etwas versähe, das den Untergang der deutschen Freiheit, die Vernichtung der protestantischen Sache und den Sturz der beiden einzigen Herrscher nach sich ziehen könnte, die Freiheit und Glauben verteidigen können, ganz abgesehen davon, daß das europäische Gleichgewicht völlig verloren ginge und in Europa der Despotismus der Häuser Bourbon und Österreich aufgerichtet würde, dessen verhängnisvolle Folgen nicht erst erörtert zu werden brauchen.

<199>

10. Denkschrift über die gegenwärtige Lage Europas und die von den Verbündeten zu ergreifenden Maßregeln, um im nächsten Feldzuge die Oberhand über ihre Feinde zu erlangen199-1
(November 1756)

Bei unparteiischer Prüfung dessen, was die Feinde Englands und Preußens in diesem Jahre unternommen haben, wird man ohne weiteres zugestehen, daß die Franzosen große Erfolge über die Engländer errungen haben, sowohl in Amerika wie in Europa. Sie haben Minorka weggenommen199-2 und Truppen in Korsika gelandet. Infolgedessen konnten die Engländer sich nicht in den Besitz dieser Insel setzen, die den Verlust von Port-Mahon hätte aufwiegen können. In Amerika sind die Franzosen nach der Meinung aller, die über die englischen Kolonien in Amerika Bescheid wissen, durch die Eroberung des Forts Oswego in der Lage, alles zu unternehmen, was sie wollen. In Deutschland haben Englands Verbündete zwar einige Erfolge errungen, aber bisher ist es zu keiner Entscheidung zwischen beiden Parteien gekommen, und die Würfel liegen, wie das Sprichwort sagt, noch auf dem Tische. Das Duumvirat199-3 beabsichtigt nach allem, was man hört, im nächsten Jahre die größten Anstrengungen zu machen. Laut den Nachrichten, die darüber vorliegen, bestehen die feindlichen Pläne in folgendem.

Erstens will Frankreich große Verstärkungen nach Kanada schicken, um seine dortigen Eroberungen auf englischem Gebiet wirksam fortzusetzen. Zweitens will es eine Flotte mit Landungstruppen nach Pondichery senden, um die Engländer aus Madras zu vertreiben. Drittens gedenkt es seine Demonstrationen am Kanal fortzusetzen, um die englischen Schiffe und Truppen in der Defensive zu halten. Viertens scheint es entschlossen, ein Heer von 50 000 Mann über den Rhein zu schicken, das Wesel erobern und ins Hannöversche eindringen soll.

<200>

Die Königin von Ungarn stachelt ihrerseits alle Reichsfürsten munter gegen Preußen auf. Sie zieht alle ihre Streitkräfte in Böhmen zusammen und will dort ein Heer von 130 000 Mann aufbringen, um den König von Preußen zu Boden zu schlagen. Ferner intrigiert sie in Rußland und allerorten, um dem König Feinde zu machen.

Das ist kurz und bündig die jetzige Lage Europas. Bevor ich auf die geeigneten Maßnahmen zur Abwehr so verderblicher Pläne näher eingehe, ist eine kurze Untersuchung nicht unangebracht, was wohl im vergangenen Feldzuge zu den Fortschritten der Franzosen am meisten beigetragen hat. Unzweifelhaft kommt ihre Seemacht weder an Zahl noch an Güte der englischen gleich. Fest steht, daß es beiden Mächten an Hilfsquellen bisher nicht fehlt. Wenn aber ein guter Verbündeter, der als wahrer Staatsbürger denkt, es sich herausnimmt, mit republikanischer Offenheit zu reden, so darf er wohl seine Vermutungen über die Gründe der französischen Erfolge äußern.

Ihm scheint, soweit er unterrichtet ist, daß England zweierlei außer acht gelassen hat. Erstens hat es die Gefahr, die Minorka und seinen amerikanischen Kolonien drohte, nicht rechtzeitig vorhergesehen, und zweitens hat es sich durch die Demonstrationen der Franzosen am Kanal irreführen lassen. Was den ersten Punkt betrifft, so ist es Sache eines tapferen und erfahrenen Mannes, die Gefahr vorherzusehen, selbst wenn sie nicht unmittelbar bevorsteht; denn für Unglücksfälle, die man zu spät voraussieht, gibt es keine Abhilfe mehr. Was den zweiten Punkt betrifft, so läuft man nach einer zuverlässigen Kriegsregel bei offensivem Vorgehen weniger Gefahr, als wenn man sich in der Defensive hält. Hätten also die Engländer irgend eine Unternehmung gegen ihre Feinde ins Werk gesetzt und mit Glück durchgeführt, so hätte dieser Gewinn auf der einen Seite sicher den Verlust auf der anderen aufgewogen. Außerdem verliert man beim Ergreifen der Offensive nichts, sondern gewinnt fast stets.

Jetzt, wo noch Zeit ist, für die Zukunft zu sorgen, wo ganz Europa, insbesondere England und Deutschland, sich in einer kritischen Lage befindet, aus der sich die Alliierten nur befreien können, wenn sie die rechten Maßregeln ergreifen, die ihnen im nächsten Jahre kraftvolleres Handeln erlauben, hört man nicht ohne tiefe Betrübnis von den inneren Unruhen und dem Geiste der Zwietracht, der in England herrscht200-1. Ist jetzt der richtige Augenblick, um sich über Kleinigkeiten zu streiten, wo die Freiheit Europas auf dem Spiele steht? Wo es sich fragt, ob England seine Kolonien behalten wird, die bisher der Quell seines Reichtums waren? Ob Deutschland und der Protestantismus weiterbestehen werden? Ob schließlich der König von England sein Kurfürstentum, seine Alliierten ihre Staaten und das Menschengeschlecht die Gedankenfreiheit behalten wird? Kann jemand sich einen Staats<201>bürger zu nennen wagen, der zur Vernichtung so vieler großer Interessen beiträgt, indem er die Uneinigkeit schürt, die England lahm legt und seinen Feinden gewonnenes Spiel gibt? Sollte ein so hochherziges Volk vorübergehende Interessen den ewig bleibenden, der Wohlfahrt des Vaterlandes und der Unabhängigkeit der mit ihm verbündeten Nationen vorziehen, denen England früher so hochherzig sein Hab und Gut und das Leben so vieler braver Männer geopfert hat? Welch unseliger Taumelgeist macht die Engländer jetzt zu ärgeren Feinden ihres Vaterlandes, als es selbst die Franzosen sind? Jawohl, ich wage dreist zu behaupten: Jeder Engländer, der in der gegenwärtigen kritischen Lage Europas seine Regierung an der unverzüglichen Unterstützung der gemeinsamen Sache hindert, kann nur als Feind des Vaterlands gelten; denn er macht England den rechtzeitigen Gebrauch seiner Macht und seiner Kräfte unmöglich. Aber da es nicht wahrscheinlich ist, daß eine so besonnene Nation sich lange dem Wahnsinn hingibt, gegen ihre eignen Interessen zu handeln, bin ich überzeugt, daß die Stille nach dem Sturm eintreten wird. Für diese Zeit der Wiederbesinnung erlaube ich mir, einige Vorschläge zu machen und sie dem Urteil der aufgeklärten Männer zu unterbreiten, die diese Denkschrift lesen werden.

Hält es die englische Regierung nicht für angezeigt, durch Abschluß neuer Bündnisse ein Gegengewicht gegen das Duumvirat zu schaffen, das sich zum Untergang der Alliierten verschworen hat? Geht man die europäischen Mächte durch, so scheint der Anschluß Hollands an die Alliierten in seinem eignen Interesse zu liegen. Nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung könnte auch Dänemark beitreten.

Es liegt im Interesse Hollands, mit den protestantischen Mächten verbündet zu sein, eine Barriere zum Schutz gegen ehrgeizige Unternehmungen von seiten Frankreichs zu haben und sich seinen Handel zu erhalten. Wie also kann Holland kaltblütig zusehen, daß die Franzosen ins Herzogtum Kleve eindringen, daß das Kurfürstentum Hannover zugrunde gerichtet und die beiden Säulen des Protestantismus von Feinden gestürzt werden, die die Protestanten rings umgeben und nur auf die Vernichtung der beiden Könige lauern, um die evangelische Freiheit zu unterdrücken? Diese Tatsachen springen doch gewiß genug in die Augen, um von vernünftigen Menschen eingesehen zu werden. Da in Republiken aber zu viele Bürger an ihren eignen Vorteil denken, so wäre es wohl nicht unmöglich, der Republik Holland zu schmeicheln, indem man angesichts der großen Dienste, die sie leisten könnte, über den Schmuggel der Privatleute ein Auge zudrückte201-1. Ja, ich halte es nicht für unangemessen, daß man Holland in dem eventuellen Vertrage einen neuen Festungsgürtel bewilligt, der aus den Städten Ostende, Brügge, Gent, Antwerpen und Mecheln bestehen und an der Demer entlang bis Maastricht führen könnte. Bei den Summen, die das Haus Österreich der Republik schuldet, und den Subsidien, die es ihr laut<202> dem Barrieretraktat202-1 zu zahlen verpflichtet ist, würde diese neue Grenze nicht einmal eine volle Entschädigung für das bieten, was Holland zu fordern hat.

Auch zu einem Bündnis mit Dänemark scheint jetzt der rechte Augenblick zu sein. Die Ansprüche des dänischen Hofes und seine gegenwärtigen Streitigkeiten wegen der Besetzung der Stelle des Koadjutors im Bistum Lübeck202-2 sind wohl bekannt und könnten, wie ich meine, ausgenutzt werden.

Für den Landkrieg ist dieser Denkschrift ein Feldzugsplan für das Heer der Alliierten in Westfalen202-3 beigefügt. Zugleich aber wird darauf hingewiesen, daß, wenn es nicht noch einmal so kommen soll wie bei Minorka, kein Augenblick zu verlieren ist, um die notwendigen Maßregeln zur Aufstellung dieses Heeres zu ergreifen und besonders die Magazine zu errichten. Ich füge zu dem in jenem Plane Gesagten noch hinzu, daß es von größter Wichtigkeit ist, in dieser Hinsicht rasche und bestimmte Entschlüsse zu fassen. Fällt Wesel in Feindeshand, so ist das Kurfürstentum Hannover schwer bedroht; und haben die Franzosen es erst einmal in Besitz, so wüßte ich nicht, wie man sie daraus vertreiben soll.

Preußen seinerseits trifft schon zu dieser Stunde Maßregeln gegen seine Feinde, deren Zahl täglich wächst. Über die Haltung der Russen besteht noch keine Gewißheit. Obwohl in dieser Hinsicht noch ein schwacher Schimmer von Hoffnung bleibt, genügt er doch nicht, um schon jetzt zu bestimmen, wozu die Armee in Ostpreußen im Laufe des nächsten Feldzuges benutzt werden könnte.

Ich schließe diese Darlegungen mit der Bitte an die englische Regierung, die gegenwärtige Lage Großbritanniens und seiner Alliierten ernstlich zu erwägen, Kleinigkeiten den Interessen ganzer Nationen zu opfern, wenn möglich ein Bündnis mit Holland zu schließen, Rußland in Untätigkeit zu halten, Dänemark zu gewinnen und unverzüglich mit den feilen deutschen Fürsten, die ihre Truppen verkaufen wollen, Subsidienverträge abzuschließen202-4. Ferner empfiehlt es sich, mit den Rüstungen früher fertig zu sein als die Franzosen und, soweit möglich, Offensivpläne zu entwerfen, um den Krieg in Feindesland zu tragen und ihn von den eignen Grenzen fernzuhalten. Kurz, was auch geschehen möge, alles wird gut sein, wenn man nur zu irgend einem Entschluß kommt und Untätigkeit und Langsamkeit vermeidet. Sonst wird der Feind noch stärker, als er es ohnedies durch seine Macht, seine Hilfsquellen und die große Zahl seiner Truppen ist.

<203>

11. Feldzugsplan für die Armee der Alliierten203-1
(November 1756)

Nach den letzten Nachrichten aus Paris203-2 wollen die Franzosen den Feldzug schon im März eröffnen und ihre Operationen mit der Belagerung von Wesel beginnen, dann nach Westfalen vordringen und ins Kurfürstentum Hannover einfallen. Wie man weiß, rühmen sie sich, daß der König von Preußen von ihrem Vorhaben gegen Wesel nichts ahne und keinerlei Maßregeln treffe, um die Festung davor zu schützen.

Auf diese Nachrichten kann man wohl den Feldzugsplan für das nächste Jahr aufbauen. Alles wird der höheren Einsicht des Königs von England unterworfen, der bei seiner langen Erfahrung und genauen Ortskenntnis besser als irgend jemand imstande ist, den beifolgenden Feldzugsplan nach seinem Ermessen festzusetzen.

Nach allen bisher eingelaufenen Nachrichten über die Absichten des Feindes scheint Frankreich 50 000 Mann zur Eroberung von Kleve und Hannover bestimmt zu haben. Es ist also zunächst zu berechnen, welche Kräfte man diesem Heere entgegenstellen kann. Läßt der König von England die Hannoveraner und Hessen wieder nach dem Festland übersetzen203-3, so könnte er aus beiden Kontingenten ein Heer von 35 000 Mann aufstellen. Der Herzog von Braunschweig kann 5 000 Mann liefern, der Herzog von Gotha 4 000. Wird die Sache gleich angefaßt und der Handel mit ihnen unverzüglich geschlossen, so hätten wir mit diesen Truppen insgesamt 44 000 Mann. Marschieren die Franzosen nicht nach Böhmen und mischen sich vor allem die Russen nicht ein, so kann der König von Preußen noch 8 000 bis 10 000 Mann dazugeben. Das macht zusammen 54 000 Mann, eine genügende Zahl, um den Franzosen entgegenzutreten.

Soviel von der Aufstellung der Armee. Ehe ich auf ihre Operationen eingehe, seien noch einige Einzelheiten vorausgeschickt.

Zunächst ist zu prüfen, wie die Franzosen ihr Unternehmen ins Werk setzen können. Allem Anschein nach wird ihre Armee sich in den drei Bistümern oder bei<204> Visé204-1 versammeln. Zieht sie sich bei Metz zusammen, so hat sie von da bis Wesel einen Marsch von 40 deutschen Meilen, zu dem sie 17 Tage braucht. Versammelt sie sich bei Visé, so sind es nur 30 deutsche Meilen, d.h. ein Marsch von 13 bis 14 Tagen.

Sobald dieser Zug beschlossen ist, bieten sich nur drei Städte zur Anlage ihrer Magazine: Roermond, Kaiserswerth oder Neuß. Wahrscheinlich werden sie sich für die beiden ersteren entscheiden, sowohl der Lage wegen, als auch weil diese Orte mit einigen Befestigungen versehen sind und weil sie dann ihre Munition auf der Maas und dem Rhein bis Wesel befördern können.

Wesel ist gut befestigt, aber die Festungswerke sind im Verhältnis zur Stadt wie ein zu weiter Mantel auf dem Leibe eines schmächtigen, hageren Mannes. Die Stadt ist klein. Sie kann nicht mehr als die 6 Bataillone aufnehmen, die ihre Besatzung bilden. Also nur 4 200 Mann. Minenanlagen sind nicht vorhanden. Obwohl die Festung mit Geschütz und Kriegsvorrat versehen ist, könnte sie eine Belagerung von der Art, wie sie heute Brauch sind, nicht lange aushalten, insbesondere seit nicht mehr die Befestigungsanlagen, sondern die Minen die Stärke einer Festung ausmachen. Kämen die Franzosen also gegen den 15. oder 20. März vor Wesel an, so wäre der Fall der Festung schon gegen Ende des Monats zu gewärtigen. Die Eroberung Wesels wäre für die Franzosen höchst vorteilhaft; denn dadurch wären sie im Rücken gesichert, hätten einen Übergang über den Rhein, ein Magazin für ihre Armee und einen sicheren Stützpunkt für alle ihre Unternehmungen gegen Westfalen und Hannover.

Prüfen wir nunmehr, was sich zur Vereitlung der französischen Pläne empfiehlt.

Da die Franzosen glauben, daß wir von ihren Absichten auf Wesel nichts wissen, so müßten die Alliierten nach meiner Meinung so tun, als hätten sie von dem geplanten Zug keine Ahnung. Alle Maßnahmen, um ihn zu vereiteln, müßten daher mit allerhand glaubhaften Vorwänden bemäntelt werden, damit sie sich einbilden, daß man ihre Pläne nicht durchschaut.

Als geeignetster Ort zur Versammlung der Armee der Alliierten erscheint mir Hameln. Man könnte leicht aussprengen, das geschähe, um die Weser zu decken und die Armee diesseits kantonnieren zu lassen. Von Hameln hätte sie einen Marsch von etwa 24 deutschen Meilen bis zum Rheine. Bevor sie aber aufbricht, müßten erst Mehl- und Fouragemagazine an ihren Rastorten angelegt werden. Am geeignetsten erscheinen dazu Wesel für Mehl und Fourage, Dortmund und Hameln für bloße Mehldepots. Diese Maßregeln müssen sofort ausgeführt werden, oder es wird zu spät. Selbst wenn man später das Doppelte bar bezahlte, brächte man doch schwerlich so viel Lebensmittel auf, als erforderlich sind. Man muß also frühzeitig beginnen.

Nun zu den eigentlichen Operationen der Armee. Da meine ich: sobald man den Ort weiß, den die Franzosen zur Versammlung ihres Heeres bestimmt haben, und<205> den Tag, an dem es aufbrechen soll, kann der Höchstkommandierende mit der Armee der Alliierten abmarschieren, um ein paar Tage vor den Franzosen den Rhein zu erreichen. Bis Lippstadt kann er seine Truppen kantonnieren lassen; dann aber empfiehlt es sich, ein regelrechtes Lager zu beziehen. Von da muß er auf die Franzosen losmarschieren. Kommen sie von Metz, dann muß er über Angerort ins Kölnische rücken, wo sich die Wahl einer starken Stellung für das Lager empfiehlt. Kommen sie dagegen von Bisé, so lagert die Armee der Alliierten besser zwischen Rheinberg und Dinslaken am diesseitigen Rheinufer.

Die Lebensmittel für beide Lager können gleich bequem aus Wesel auf dem Rheine herangeschafft werden. Über den Rhein zu gehen rate ich nicht. Das wäre zu gewagt, wofern die Holländer nicht auf unsere Seite treten. Dann freilich wären die Pläne zu ändern. Solange aber auf ihre Hilfe nicht zu rechnen ist, scheint es mir zu gefährlich, über den Rhein zu gehen, zumal die französische Grenze noch sehr weit entfernt ist.

Die beiden für die Armee vorgeschlagenen Stellungen decken unzweifelhaft Wesel. Angenommen, die Franzosen gingen bei Düsseldorf oder sonstwo über den Rhein, so ist es nicht wahrscheinlich, daß sie ihre Flanke der Armee der Alliierten darbieten, indem sie in Westfalen eindringen. In dem Falle müßten die Alliierten ein Lager hinter der Lippe beziehen, mit der rechten Flanke nach Wesel. Wären die Franzosen dann töricht genug, in Westfalen einzudringen, so könnte man ihnen in den Rücken fallen, und dann käme gewiß keiner davon.

Die Alliierten müssen sich in diesem Kriege auf die Defensive beschränken. Eine Schlacht wagen, hieße zuviel aufs Spiel setzen. Ginge sie verloren, so wären die Besitzungen der Könige von England und Preußen allzusehr gefährdet. Durch die vorgeschlagene Defensive dagegen werden die Pläne der Feinde zunichte gemacht, ihr Feldzug wird vergeblich, und wir gewinnen Zeit. Damit ist alles gesagt. Schließen wir den Feldzug mit Erfolg ab, so ist sehr zu hoffen, daß Holland sich für uns erklärt, und dann bekommt die Frage ein ganz anderes Aussehen. Solange aber die Alliierten des holländischen Beistandes nicht sicher sind, läßt sich anscheinend nichts Besseres tun, als den obigen Vorschlag zu befolgen.

<206>

12. Kurzgefaßte Gründe, durch die ein österreichischer Gesandter zu London im Jahre 1763 Subsidien von England erlangen kann206-1
(Anfang Juli 1757)

1. In rührenden Ausdrücken wird er das Bedauern der Kaiserin-Königin schildern, das Bündnis mit England aufgegeben zu haben, und alle Schuld auf Graf Kaunitz werfen, der die Königin durch sein Ansehen und seine Einflüsterungen zu diesem Entschlusse gedrängt hätte.

2. Geschickt wird er einblasen, die Königin sei trotz ihrer Verpflichtungen gegen Frankreich aus Herzensneigung dem König von England dienlich gewesen. Sie habe dem Versailler Hofe seinen Plan ausgeredet, den Prätendenten206-2 auf den englischen Thron zu setzen. Sie sei für die Schonung Hannovers eingetreten, das ohne die Vermittlung des Wiener Hofes gebrandschatzt worden wäre.

3. Das Bündnis mit Frankreich sei nur von vorübergehender Dauer, in einer Anwandlung von schlechter Laune und Ärger abgeschlossen und werde nur durch den Zwang der Verhältnisse aufrechterhalten.

4. Zur Wiederherstellung des europäischen Gleichgewichtes müsse man notwendig auf seine alten Verpflichtungen zurückgreifen, an denen England größeres Interesse<207> habe als die Kaiserin-Königin; denn England brauche als Gegengewicht gegen die Übermacht Frankreichs einen Verbündeten mit großen, reichbevölkerten Provinzen, die viele Soldaten liefern könnten, um sie dem gemeinsamen Feinde entgegenzustellen.

5. Da England im letzten Kriege die Erfahrung gemacht habe, daß es Frankreich zur See allein nicht gewachsen sei, so müßten die Seekriege zu Englands eignem Nutz und Frommen durch große Diversionen zu Lande unterstützt werden, und dazu wäre keine andere Macht außer der Königin von Ungarn imstande.

6. Der Gesandte wird sich lang und breit über die Verirrungen des menschlichen Geistes ergehen und betonen, daß es manche Sünden gibt, die einer dem andern zum gemeinsamen Besten verzeihen müsse. Er wird hinzufügen, das Bündnis zwischen dem Hause Österreich und Frankreich sei ein Glück für England; denn nun habe es selbst erfahren, wie falsch und verkehrt dies System sei, und nachdem man in Wien durch eignen Schaden klug geworden sei, betrachte man es als unveränderlichen Grundsatz der österreichischen Politik, nie und nimmer von dem Bündnis mit England zu lassen und Englands Interessen wie die eignen zu fördern. Er könne dreist versichern, daß kein österreichischer Minister in anderem Tone zur Königin sprechen dürfe, wenn er nicht seinen sicheren Sturz wolle.

Nachdem er die Geister durch solche schönen Reden lange genug bearbeitet und günstig gestimmt und sich in Klagen über die frühere Verblendung seines Hofes ergangen hat, wird er den englischen Ministern geschickt einblasen, daß man sich in Wien über nichts größere Vorwürfe mache als über die Abtretung Ostendes an die Franzosen207-1; denn in ihrem Besitz tue dieser Hafen dem englischen Handel großen Abbruch. Man wisse ja in London, daß der Wiener Hof die Provinzen Flandern und Brabant stets als lästigen Besitz angesehen habe, und wenn man Ostende den Franzosen wieder abnehmen möchte, so geschähe das einzig und allein mit Rücksicht auf den englischen Handel, an dem man unvergleichliches Interesse nähme. Dadurch könne man das Unrecht wieder sühnen, das man in einer Zeit des Taumels seinen alten, treuen Verbündeten zugefügt habe, und die Dinge ungefähr wieder auf den Stand bringen, in dem sie sich befinden sollten.

Gerührt von der ehrlichen Reue der Königin von Ungarn und von dem Interesse, das sie dem englischen Handel entgegenbringt, bewilligt ihr das britische Ministerium von 1763 ab jährlich eine Million Pfund Sterling, um Ostende, Nieuport Veurne, Dixmuiden und Dünkirchen den Franzosen wieder zu entreißen, verspricht<208> das Vergangene als ungeschehen zu betrachten und erkennt an, daß England in Europa keine eifrigere, uneigennützigere und dankbarere Bundesgenossin finden kann als die Königin von Ungarn.

Dixi.

(Aus den Weissagungen des Nostradamus208-1.)

<209>

13. Rechtfertigung meines politischen Verhaltens209-1
(Juli 1757)

Fast stets wird behauptet, die Könige schuldeten Gott allein Rechenschaft für ihr Handeln. Das ist aber nur im Sinne ihrer unbeschränkten Machtvollkommenheit zu verstehen. Kein andrer Fürst kann sie für ihre Handlungen verantwortlich machen; die Stände haben kein Recht, sie über die Gründe ihrer Entschließungen zu befragen. Gleichwohl vergibt ein guter Fürst seiner Würde nichts, ja er folgt nur seiner Pflicht, wenn er sein Volk, dessen Haupt oder erster Diener er nur ist209-2, über die Gründe aufklärt, die ihn mehr zu dem einen als zu dem andern Entschlusse bewogen haben. Was mich betrifft, der ich Gott sei Dank weder den Hochmut des Gebieters noch den unerträglichen Dünkel der Königswürde besitze, so trage ich keinerlei Bedenken, dem Volke, zu dessen Herrscher mich der Zufall der Geburt gemacht hat, Rechenschaft über mein Verhalten abzulegen. Meine Absichten waren lauter, meine Pläne bezweckten nichts, als die Ruhe<210> und den Frieden des Staates zu sichern. Mein Gewissen ist so rein, daß ich mich nicht scheue, meine Gedanken laut auszusprechen und die geheimsten Triebfedern meiner Seele offen darzulegen.

Jedermann weiß, daß die Wirren, die Europa aufwühlen, ihren Anfang in Amerika genommen haben, daß der zwischen Engländern und Franzosen ausgebrochene Streit um den Stockfischfang und um einige unbebaute Gebiete in Kanada den Anstoß zu dem blutigen Kriege gegeben hat210-1, der unseren Erdteil in Trauer versetzt. Jener Krieg war von den Besitzungen der deutschen Fürsten so weit entfernt, daß sich schwer einsehen läßt, wie der Brand von einem Weltteile zu einem andern übergreifen konnte, der scheinbar gar keine Verbindungen mit ihm hat. Dank der Staatskunst unseres Jahrhunderts gibt es aber gegenwärtig keinen Streit in der Welt, so klein er auch sei, der nicht in kurzer Frist die gesamte Christenheit zu ergreifen und zu entzweien vermöchte.

Indes kommt es hier nicht auf Erörterung allgemeiner Fragen oder auf leere Deklamationen an. Man muß sich an Tatsachen halten und an den Gegenstand herangehen.

Das Jahr 1755 sah Preußen im Bunde mit Frankreich und Schweden. Die Königin von Ungarn hatte nichts im Sinne als die Wiedergewinnung Schlesiens, auf das sie in zwei formellen Verträgen verzichtet hatte. Sie setzte ganz Europa gegen uns in Bewegung. Sie war mit England und Rußland verbündet. Durch die englischen Guineen hatte sie die Moskowiter zu alljährlichen Demonstrationen an den Grenzen Livlands und Kurlands gebracht. Der König von Polen hatte als Kurfürst von Sachsen sein Geschick so eng mit dem des Hauses Österreich verknüpft, und seine Erbitterung gegen Preußen war so bekannt, daß man von seiner Seite nur verräterische Handlungen gewärtigen konnte. Das heißt, es war zwar nicht anzunehmen, daß er sich gleich zu Anfang gegen Preußen erklären, wohl aber, daß er das erste Unglück benutzen würde, um uns zugrunde zu richten. Dazu kam ihm die Lage seines Landes ungemein zustatten. Während des Friedens war ich vom Jahre 1748 bis zum gegenwärtigen Kriege über alle Intrigen der feindlichen Höfe unterrichtet, ja ich hatte ihre gesamte Korrespondenz in Händen210-2. Das ist klar und erwiesen durch die Dokumente zur Rechtfertigung meines Verhaltens, die gedruckt und in aller Händen sind210-3.

Als der Krieg in Amerika zwischen Frankreich und England ausbrach, sah ich voraus, daß ich Schritt für Schritt hineingezogen werden könnte, und beschloß alles zu tun, was in meinen Kräften stand, um nicht in diesen Streit verwickelt zu werden. Seit dem Herbst des Jahres 1755 fürchteten die Franzosen, die Überlegenheit zur See über die Engländer nicht erringen zu können. Sie planten daher, den König von England in seinen deutschen Besitzungen anzugreifen, in der Hoffnung, die Zwistig<211>keiten, die sie in Amerika mit den Engländern hatten, im Lande Hannover ausfechten zu können. Sofort lenkten sie ihre Blicke auf mich, in der Annahme, es fehle mir nur an Gelegenheit, mich herumzuschlagen. Unser Defensivvertrag schloß aus unsern Garantien in klaren Ausdrücken alle Streitigkeiten aus, die in einem andern Erdteil ausbrechen konnten. Über diese Schwierigkeit ging der französische Minister Rouillé indes leicht hinweg und sagte in aller Form zu meinem Gesandten Knyphausen, „daß in Hannover ein schöner Schatz läge und daß man ihn mir überließe“. Ich ließ ihm kurzerhand antworten, solche Vorschläge solle man einem Mandrin machen, nicht aber dem König von Preußen211-1.

Daraufhin suchte der König von England meine Freundschaft und ließ mir durch den Herzog von Braunschweig Vorschläge zu einem Neutralitätsvertrag machen, durch den die Ruhe in Deutschland gesichert würde211-2. Ich wollte mich zu nichts verpflichten, bevor ich nicht bestimmt wußte, ob Rußland mehr den Antrieben des Wiener oder des Londoner Hofes folgte. Daraufhin schrieb ich an Klinggräffen nach Wien. Er versicherte mir, der Wiener Hof habe kein Geld, die Engländer dagegen verfügten über volle Beutel und die Russen wären wie die Schweizer nur für die zu haben, die sie bezahlten. Auch der Londoner Hof versicherte mir in aller Form, er könne für Rußland einstehen und ich hätte von dort nichts zu besorgen211-3. Privatnachrichten bestätigten den Geldmangel des Petersburger Hofes, sodaß ich mit aller Wahrscheinlichkeit annehmen mußte, daß Rußland blind Englands Partei ergreifen oder doch wenigstens sich nicht gegen die Verbündeten des Königs von Großbritannien erklären würde. Mein Bündnis mit Frankreich lief mit dem Mai des Jahres 1756 ab. Ein Entschluß mußte gefaßt werden. Die Franzosen drängten mich zum Handeln. Gab ich ihren Wünschen nach, so sah ich mich in einen Krieg mit dem Hause Österreich, mit Rußland, England und den meisten deutschen Fürsten verwickelt. Schloß ich aber ein Bündnis mit dem König von England, so hatte ich anscheinend nur die Königin von Ungarn zu fürchten. Der Ausweg des Neutralitätsvertrags schien mir also der sicherste, und ich gab ihm besonders deshalb den Vorzug vor andern, weil ich darin die einzige Möglichkeit sah, den Frieden in Deutschland zu erhalten.

Im Winter des Jahres 1755 kam der Herzog von Nivernais mit Vorschlägen zu einem neuen Vertrage nach Berlin211-4. Um mich der Diversion nach Hannover geneigter zu machen, bot er mir den Besitz der Insel Tabago an. Ich antwortete ihm offen, ich hätte keine Lust, mir das gleiche bieten zu lassen, wie der Marschall von Sachsen, dem man diese Insel vorher gegeben hatte. Auch führte ich keine Kriege für Bezahlung. Dann zeigte ich ihm meinen Vertrag mit dem König von England und sagte ihm, ich hätte keine anderen Gründe zu seiner Abschließung gehabt als den aufrichtigen Wunsch, Deutschland die Ruhe zu bewahren. Die Franzosen fühlten sich durch diesen Vertrag außerordentlich verletzt, obgleich nicht der geringste Grund dazu<212> vorlag. Sie hatten sich indes in den Kopf gesetzt, ich würde der Don Quichotte all ihrer Streitigkeiten sein, und auf ihren Wunsch würde ich Krieg führen oder Frieden halten, wie es ihnen in den Kram paßte. Ich für mein Teil glaubte und glaube noch, daß ein souveräner Fürst das Recht besitzt, Bündnisse abzuschließen, mit wem er es für gut hält, und daß nur tributpflichtige und in Solddiensten stehende Mächte den Befehlen ihrer Oberherren oder ihrer Geldgeber zu folgen haben.

Meine Absicht ging auf die Erhaltung der Ruhe in Deutschland. Bis zum Frühling des Jahres 1756 hoffte ich, es würde mir gelingen. Da erfuhr ich, daß eine starke russische Truppenmacht sich in Kurland zusammenzöge. Das erschien mir um so merkwürdiger, als ich infolge meiner Verbindung mit den Engländern sicher war, daß sie nicht hinter dieser Demonstration stecken konnten. Daraufhin verlangte ich Aufschluß vom Londoner Ministerium, und sobald mir klar wurde, daß jene Bewegungen nicht im Einverständnis mit dem König von England geschahen, schöpfte ich starken Verdacht gegen Rußlands Haltung. Im Monat Juni, als ich in Magdeburg war, erfuhr ich, daß jene Armee noch verstärkt würde212-1. Die Gesamtumstände, verbunden mit den jetzt veröffentlichten Korrespondenzen, ließen mich fürchten, daß Ostpreußen von seiten Rußlands einen Einfall zu gewärtigen habe. Daraufhin ließ ich einige Regimenter nach Pommern marschieren, damit sie bereit wären, zu den Truppen in Ostpreußen zu stoßen212-2. Diese Bewegung, die der Königin von Ungarn gar keinen Grund zum Mißtrauen geben konnte, veranlaßte sie dennoch, eine große Anzahl ihrer Truppen in Böhmen einrücken zu lassen. Bekannt ist, wie diese Maßregel Auseinandersetzungen212-3 zur Folge hatte, die den Krieg herbeiführten.

Sobald ich erfahren hatte, daß die österreichischen Truppen sich in allen Provinzen rührten, gab ich Knyphausen Befehl, mit Rouillé Rücksprache zu nehmen und ihn davon in Kenntnis zu setzen, daß sich in Deutschland ein Gewitter zusammenzöge. Falls er den Sturm noch beschwören wolle, wäre es nun Zeit, am Wiener Hofe, mit dem ja Frankreich eben ein Bündnis geschlossen hatte212-4, Vorstellungen zu machen. Rouillé antwortete trocken, daß Frankreich sich in diese Dinge weder einmischen könne noch wolle.

Auf die unbestimmte und hochfahrende Antwort hin, die Graf Kaunitz an Klinggräffen gab, sah ich mich zum Kriege gezwungen. Die Königin von Ungarn hatte ihn beschlossen, und bei längerem Warten hätte ich meinen Feinden nur Zeit zur Vollendung ihrer Rüstungen gegeben. Es galt also, das Prävenire zu spielen, damit man uns nicht zuvorkam. Griff ich die Königin von Ungarn von Schlesien her an, so war mir die Unmöglichkeit klar, ihr großen Schaden zuzufügen. Auch ließ ich damit dem König von Polen und Kurfürsten von Sachsen, meinem gefährlichsten<213> Nachbar, Zeit genug, mit Hilfe von Subsidien ein Heer von 40 000 Mann auf die Beine zu bringen. Zudem war ein glücklicher Feldzug in Böhmen nur möglich, wenn man von Sachsen aus eindrang; denn hier gewährten die Elbe und die Verbindung mit der Kurmark die Möglichkeit, sich zu behaupten.

Das sind wahrheitsgemäß die Gründe, aus denen ich den gewählten Entschluß allen andern vorzog. Wie konnte ich ahnen, daß Frankreich 150 000 Mann ins Reich schicken würde? Wie konnte ich ahnen; daß das Deutsche Reich sich gegen mich erklären, daß sich auch Schweden hineinmischen, daß Frankreich Subsidien an Rußland zahlen, daß England trotz der gegebenen Garantien Hannover nicht unterstützen würde, daß ferner Holland sich ruhig von den Franzosen und Österreichern einschließen lassen und Dänemark das Vorgehen der Russen und Schweden gleichgültig mitansehen würde, kurz, daß die Engländer mich im Stich lassen würden? Der Staatsmann kann nicht in der Zukunft lesen. Was der Volksmund Zufall und der Philosoph unberechenbare Ursachen nennt, kann er nicht in Anschlag bringen. Wir haben Grundsätze, die für unsere Urteile maßgebend sind: der Vorteil der Herrscher und die Bundesverpflichtungen, die sie übernommen haben. Indes ist der letzte Punkt nicht immer sicher. Nun aber war Frankreich nach seinen Verträgen nur verpflichtet, der Königin von Ungarn 24 000 Mann Hilfstruppen zu stellen. Mit dem König von Polen hatte es überhaupt keinen Vertrag. Auch die verwandtschaftlichen Beziehungen des Herrscherhauses zwangen es nicht zur Hilfeleistung. Denn Ludwig XIV. hat den Herzog von Savoyen, den Schwiegervater des Herzogs von Burgund, bekriegt213-1. Niemals haben Blutsbande die Politik der Könige beeinflußt. Wie konnte man da voraussehen, daß die Tränen der Dauphine213-2, die Verleumdungen der Königin von Polen und die Lügen des Wiener Hofes Frankreich in einen Krieg hineinziehen würden, der seinem politischen Vorteil strikt widersprach? Seit undenklichen Zeiten lag Frankreich mit Österreich im Kriege. Die Interessen beider Länder standen in schroffstem Gegensatz. Die Politik Frankreichs lief allezeit darauf hinaus, einen mächtigen Verbündeten im Norden zu haben, dessen Diversionen ihm nützlich werden konnten. Schweden, dessen es sich früher bediente, hat seine Macht und seinen Einfluß auf die kontinentalen Angelegenheiten verloren. So blieb ihm also nur Preußen. Wer konnte auf den Gedanken kommen, daß ein unerklärlicher Gesinnungswechsel und die Ränke einiger Schwätzer es dahin bringen würden, seine Interessen und das einzige ihm günstige System zu verlassen? Warum bezahlt es Hilfsgelder an Rußland? Warum bewaffnet es Schweden? Warum hetzt es das Deutsche Reich gegen Preußen auf, wenn nicht, um es zugrunde zu richten? Entsprang diese Haltung etwa dem Groll über Preußens Neutralitätsvertrag mit England? Die Rache schiene mir sehr übertrieben! Geschah es etwa wegen einiger Gebietsabtretungen in Flandern, die die Königin von<214> Ungarn den Franzosen versprochen hatte214-1? Der Köder erscheint mir denn doch zu grob. Ich weiß nicht, ob Frankreich in der Folge nicht zu der Einsicht kommen muß, daß, so schön das alles auch aussieht, der Machtzuwachs des Hauses Österreich, für den es gegenwärtig so ins Zeug geht, sich mit der Zeit in seinen größten Nachteil verwandeln wird. Als Vorwand für seinen Einfall ins Reich führt Frankreich die Garantien des Westfälischen Friedens an. Als die Preußen 1745 in Sachsen einrückten, beglückwünschten mich diese Hüter des Westfälischen Friedens zu meinen glücklichen Waffentaten. Wie kann nun das, was im Jahre 1745 gut war, im Jahre 1757 schlecht sein? Warum greift Schweden zu den Waffen, nur weil tausend Mann leichter Truppen durch ein paar würzburgische Dörfer marschiert sind214-2? Unsere Feinde haben für ihr Benehmen nicht einmal einen Vorwand finden können; selbst daran gebricht es ihnen.

Konnte ich voraussehen, daß in einem so ernsten Kriege, der das Interesse der englischen Nation wachruft, der das politische System und die Freiheit Europas bedroht, die Kabalen und inneren Zwistigkeiten den englischen Nationalvorteil derart überwiegen, daß die Minister die Interessen Europas über ihren häuslichen Streitigkeiten vergessen würden214-3? Die Engländer hatten mir ein Geschwader für die Ostsee versprochen. Wie konnte ich voraussehen, daß sie es mir rundweg in einem Augenblick verweigern würden, wo ich es am nötigsten brauchte214-4?

Wenn ich nichts über das schemenhafte Deutsche Reich sage, das für seine Tyrannen arbeitet, so geschieht das nur, weil das Reich sich in seiner Schwäche stets der stärksten Macht gefügt hat, von der es sich bedroht sah. Was soll man aber dazu sagen, daß Holland seine Verträge mit England bricht und sich rings von den Franzosen umzingeln läßt? Daß Dänemark zusieht, wie Schweden seinen Verträgen zuwiderhandelt und nach der Einnahme von Pommern wohl ebenso imstande ist, alle seine Abtretungen214-5 zu widerrufen? Dasselbe Dänemark läßt Rußland ungestört die Macht in der Ostsee an sich reißen und sichert sich keine Hilfe, um sich Holstein zu erhalten, falls der russische Großfürst214-6 nach seiner Thronbesteigung sein Erbland wieder in Besitz nehmen will.

Das alles sind Vorgänge, die menschliche Klugheit nicht voraussehen konnte. Man klage mich, wenn man Lust hat, vor dem Richterstuhl der Politik an. Ich behaupte trotzdem: Europa hat seit der Ligue von Cambrai214-7 kein so verhängnisvolles Komplott wie dieses erlebt. Selbst jene Ligue läßt sich nicht mit dem gefährlichen Triumvirat vergleichen, das sich gegenwärtig erhebt und sich das Recht anmaßt, Könige zu ächten, ja dessen ehrgeizige Absichten noch nicht einmal ganz zutage getreten sind. Würde man wohl einen Wanderer, gegen den sich drei Straßenräuber mit ihren Spießgesellen zusammengetan haben, der Unklugheit bezichtigen, weil er in der Tiefe<215> eines Waldes ermordet wird, durch den seine Geschäfte ihn notwendig führen? Würde nicht vielmehr jedermann der Spur der Räuber nachsetzen, um sie zu fangen und sie der Justiz zu überantworten, damit sie den verdienten Lohn erhalten?

Was sind wir doch für armselige Menschen! Die Welt beurteilt unser Verhalten nicht nach unsern Beweggründen, sondern nach dem Erfolge. Was bleibt uns da übrig? Man muß Glück haben.

<216>

14. Die Gründe meines militärischen Verhaltens216-1
(Juli 1757)

Viele über die wirkliche Sachlage nur unzureichend Unterrichtete haben sich über die Führung meiner Armeen nach der Schlacht bei Prag aufgehalten. Ich will die Gründe meines Verhaltens hier schlicht und wahr darlegen. Die Kenner mögen dann beurteilen, wer recht hat: meine Kritiker oder ich.

Man sagt, die Belagerung von Prag216-2 wäre ein Wagnis gewesen. Anstatt das geschlagene feindliche Heer einzuschließen, hätte man es lieber entweichen lassen und dann verfolgen sollen. Darauf erwidere ich: die Blockade einer zwar geschlagenen, aber starken Armee war allerdings ein sehr schwieriges Unternehmen, wäre aber gelungen, hätte der Feind nicht, unseren anfänglichen Informationen entgegen, so große Proviantmagazine besessen, oder hätte Leopold Daun nicht so starke Streitkräfte zu sammeln vermocht. Das ist der Kernpunkt der Sache. Wir hatten den Feind in offener Feldschlacht geschlagen. Sein rechter Flügel war abgeschnitten und vom linken getrennt. Ich war mit aller Kavallerie und Infanterie, die ich zusammenraffen konnte, drauflosmarschiert, um die Flüchtlinge von der Sazawa abzuschneiden. Das gelang so gut, daß ich sie bis an den Wischehrad drängte und sie zwang, sich in wildem Durcheinander in die Stadt zu retten. Ferner sandte ich ein Detachement hinter den Flüchtlingen her, die bei Beneschau über die Sazawa gegangen waren. Ließ ich aber die entkommen, die sich nach Prag gerettet hatten, so setzte ich das einmal Errungene wieder aufs Spiel und verpaßte eine unvergleichliche Gelegenheit, 40 000 Mann zu Kriegsgefangenen zu machen. Wir hatten sie durch unsere Stellungen und Schanzen schon von zwei Seiten derart eng umzingelt, daß sie nicht mehr an ein Entkommen zu denken wagten. Durch Feuer und Bomben hoffte ich einige ihrer Magazine zu zerstören und sie durch Hunger zu bewältigen. Das war das einzig vernünftige Mittel, sie zur Übergabe zu zwingen. Sie wirklich zu belagem, wäre angesichts der starken Besatzung ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Die Erstürmung von Prag wäre ein Spiel mit Menschenleben gewesen, und man hätte dem Zufall mehr überlassen, als einem klugen Feldherrn erlaubt ist. Die Blockade hingegen im<217> Verein mit dem Bombardement hatte unsere Sache so sehr gefördert, daß sich die eingeschlossene Armee höchstens bis zum 28. Juni hätte halten können. Dann hätte sie die Waffen strecken müssen.

Hätten wir kein andres Hindernis gehabt als die Belagerung selbst und die starke Besatzung von Prag, so wäre uns die Sache sicher geglückt. Aber folgende Schwierigkeiten wurden uns verhängnisvoll und wuchsen uns schließlich über den Kopf. Bekanntlich befand sich Feldmarschall Daun mit 14 000 Mann in vollem Anmarsch und wollte bei Prag zu Browne stoßen. Er stand am Tage der Schlacht bei Böhmisch-Brod. Ich detachierte den Herzog von Bevern mit 15 Bataillonen und 70 Schwadronen zur Vertreibung Dauns, dessen Nähe gefährlich war. Der Herzog drängte ihn in der Tat zurück, aber nicht mit der ganzen erwünschten Energie. Immerhin nahm er die Magazine von Nimburg, Suchdol, Kolin und Kuttenberg weg und warf Daun bis Czaslau zurück. Aber Daun erhielt große Verstärkungen, und auf die Nachricht hin entschloß ich mich, die Stellungen um Prag enger zusammenzuziehen und selbst mit 16 Bataillonen und 30 Schwadronen zum Herzog von Bevern zu stoßen. Inzwischen hatte Daun seinerseits den Herzog umgangen und ihn zum Verlassen der Höhen von Kuttenberg gezwungen. Als ich mich im vollen Anmarsch befand, um bei Kuttenberg zu ihm zu stoßen, sah ich ihn in Kaurzim anlangen, wo ich mich vorübergehend gelagert hatte217-1.

Demgegenüber behaupten die Kritiker: wenn ich imstande gewesen sei, den Herzog von Bevern mit 16 Bataillonen und ebensoviel Schwadronen zu verstärken, so hätte ich das von Anfang an tun sollen. Dadurch hätte ich ihm die Ausführung meines Auftrags erleichtert, und er hätte Leopold Daun dann sicher aus Böhmen vertrieben.

Darauf antworte ich ihnen: sie haben zwar sehr recht, es war mir aber unmöglich, soviel Leute von den Prager Belagerungstruppen fortzunehmen, bevor die Einschließungslinie enger gezogen war. Einige dieser Stellungen hatten wir erst mit dem Degen in der Hand erobern müssen. Um uns in anderen festsetzen zu können, mußten erst viel Erdarbeiten gemacht werden. Die Schlacht bei Prag hatte 16 000 Tote und Verwundete gekostet, und für die Errichtung der Batterien, deren Deckung und für die Erdarbeiten waren so viel Leute nötig, daß die Truppen nur einen um den andern Tag Ruhe hatten. Schließlich war unser Hauptzweck die Einnahme Prags. Hätten wir unsere Kräfte von vornherein gegen Daun verwandt, so wäre vielleicht beides mißlungen.

Schön, sagt man, es mag noch hingehen, daß du Daun nicht soviel Truppen entgegenschicktest. Warum aber hast du nicht die Regel der großen Feldherren befolgt, mit der Beobachtungsarmee jeden Kampf zu vermeiden, und dich nicht damit begnügt, befestigte Stellungen zu besetzen, den Feind an der Verstärkung der Belagerten zu verhindern und durch Bewegungen und geschickte Märsche die Absichten der feind<218>lichen Generale zu vereiteln? Darauf erwidere ich dreist: diese Regel ist nicht allgemein gültig. Bei der Belagerung von Dünkirchen griff Turenne Don Juan d'Austria, den Prinzen Condé und Estevan de Gamare in den Dünen an218-1, schlug sie und eroberte die Stadt. Als Ludwig XIV. Mons belagerte, schlug sein Bruder, der Herzog von Orleans, oder vielmehr der Marschall von Luxemburg, der die Beobachtungsarmee befehligte, bei Mont-Cassel den Prinzen von Oranien, der der Stadt zu Hilfe eilen wollte218-2. Auch Prinz Eugen schlug die Türken bei Belgrad218-3. Während der Belagerung von Tournai schlug der Marschall von Sachsen den Herzog von Cumberland bei Fontenoy218-4, und den Marschällen La Feuillade und Marsin wird mit Recht der Vorwurf gemacht, daß sie ihre Verschanzungen bei Turin nicht verlassen haben, um dem Prinzen Eugen entgegenzutreten, der mit Riesenschritten auf Turin rückte218-5. So verlor Frankreich im Jahre 1706 Italien einzig und allein deshalb, weil die Franzosen in ihren Verschanzungen blieben, statt sich dem Vorrücken des Prinzen Eugen entgegenzustellen. Ich glaube, das sind Beispiele genug zur Rechtfertigung eines heutigen Heerführers, der den großen Vorbildern folgen und, fehlt es ihm an Erfahrung, sich an sein Gedächtnis halten soll. Aber nicht genug damit: ich will auch die besonderen Gründe anführen, die mich zu meinem Entschlusse bestimmten.

Fast ganz Europa hatte sich gegen Preußen verbündet. Ich durfte nicht abwarten, bis alle meine Feinde mit vereinten Kräften über mich herfielen. Der Herzog von Cumberland brauchte Hilfe218-6. Die Reichstruppen versammelten sich. Wären im Juli 30 000 Preußen ins Reich eingerückt, so hätten sie dies Phantom von Reichsarmee in alle Winde zerstreut und am Ende noch die Franzosen aus Westfalen herausgeworfen. Die Staatsraison gebot also, sich des nächststehenden Feindes zu entledigen, um freie Hand gegen die anderen zu bekommen.

Dazu traten mehrere strategische Gründe. Erstens wurde die Beschaffung von Fourage für die Belagerungsarmee, besonders für die Truppen bei Michle, immer schwieriger. Ein Umkreis von drei Meilen mußte ihr sichergestellt werden, damit sie ihren Unterhalt fand. Zweitens mußte sie nach Aurzinowes und der Sazawa hin geschützt werden, von wo der Feind große Detachements vorschicken konnte. Sonst hätten die Österreicher die Einschließungstruppen im Rücken angreifen können, und dann wäre es den Belagerten leichtgefallen, die Blockade an irgend einer Stelle zu durchbrechen und zu entkommen. Nun aber vermochte ich für die Beobachtungsarmee keine Stellung zu finden, die allen diesen Ansprüchen genügte. Daun hatte mehr als 15 000 Mann leichter Truppen. Sobald die Stellung bei Kuttenberg aufgegeben war, konnte die preußische Armee, die bei Kaurzim stand, nicht zugleich die<219> Sazawa und das Magazin von Nimburg decken, das durch einen Handstreich zu nehmen war. Nimburg lag zwei Meilen von unserm linken Flügel und die Sazawa drei Meilen vom rechten. Der Feind konnte sie überschreiten, wo er wollte. Die Höhen, Wälder und Defileen an beiden Ufern machten für uns die Annäherung schwierig, ja mörderisch wegen der Menge von Panduren, die die meisten Schluchten und Wälder der Gegend besetzt hielten.

Schon diese Gründe hätten genügt, um sich zur Schlacht zu entschließen, aber es gab noch gewichtigere. Das Haus Österreich hatte nur noch die Daunsche Armee. War sie gründlich geschlagen, so fiel die Prager Besatzung in Kriegsgefangenschaft, und man durfte annehmen, daß der Wiener Hof, aller weiteren Hilfsmittel beraubt, dann Frieden schließen mußte. Wagte ich eine Schlacht, so hatte ich also viel mehr zu gewinnen, als zu verlieren.

Das Beispiel großer Feldherren, strategische Gründe, die auf meine Situation zutrafen, ebenso gewichtige politische Gründe, besonders aber die Hoffnung, bald zu einem allgemeinen Frieden zu gelangen, all das brachte mich dazu, den herzhaften Entschluß ängstlichen Erwägungen vorzuziehen.

Das Sprichwort: Dem Mutigen hilft das Glück, stimmt in den meisten Fällen. Einmal zur Schlacht entschlossen, nahm ich mir vor, den Feind anzugreifen, weil man damit immer am besten fährt. Ich wußte nicht, wo sich das österreichische Lager befand. Im Begriff, auf Swojschitz zu marschieren, sah ich, wie die österreichische Armee sich entfaltete und sich dort selbst festsetzen wollte. Das zwang mich zur Änderung meiner Dispositionen, da eine Kette von Sümpfen und Defileen den Angriff auf die Stellung verbot. Wir marschierten auf Planjan. Unser rechter Flügel rückte nach Kaurzim und der linke besetzte die Höhen jenseits der Kaiserstraße von Böhmisch-Brod nach Kolin. Am folgenden Morgen (18. Juni) gingen wir zum Angriff auf den Feind vor. Mein Schlachtplan und die Gründe dazu waren folgende219-1.

Die vom Feind besetzten Höhen bildeten einen Winkel. Sein rechter Flügel stand auf einer Hügelkette, war aber nirgends angelehnt. Das Zentrum sprang zurück, und der linke Flügel bildete mit dem andern einen rechten Winkel, dessen Schenkel sich im Zentrum trafen. Vor dem linken Flügel und hinter der Armee dehnte sich eine Kette von Sümpfen. Die Front der Österreicher sowie die Höhen waren stark mit Geschütz besetzt. Daraufhin entschied ich mich, meinen Hauptstoß mit dem linken Flügel zu machen, den rechten Flügel zu versagen, den Feind auf den Höhen bei Kolin in der Flanke zu packen und ihn gegen die Defileen zu drängen, die er im Rücken und auf seiner linken Flanke hatte. Bei der Ausführung dieses Planes wäre ein Teil des feindlichen Heeres garnicht zum Kampfe gekommen. Auch die feindliche Artillerie hätte uns wenig anhaben können, da sie nur gegen einen Teil meiner Truppen zu feuern vermochte. Wäre der Feind dann bis gegen die Sümpfe gedrängt worden, so hätte seine Infanterie großenteils die Waffen strecken müssen.

<220>

Ich habe mir nur den einen Vorwurf zu machen, daß ich mich nicht selbst auf den äußersten linken Flügel begab, um das Gelände zu rekognoszieren. Es dehnte sich weiter aus, als man mir angegeben hatte. Unglücklicherweise wurde meine ganze Infanterie gegen meinen Befehl in kürzester Frist mit dem Feinde handgemein, und meine Kavallerie gehorchte den Generalen nicht, die sie auf den linken Flügel werfen wollten. Eine Fülle unberechenbarer Ursachen trat hinzu. Da meine gesamte Infanterie des ersten Treffens zur Unzeit ins Gefecht kam, wurde auch das zweite Treffen sofort mit hineingezogen, und ich hatte nicht mehr ein Bataillon übrig, um den Angriff des linken Flügels zu unterstützen. Er hatte bereits drei Stellungen erobert und siebenmal hintereinander frische Truppen, die man ihnen entgegenwarf, angegriffen. Vier frische Bataillone hätten die Schlacht gewonnen: war doch der rechte feindliche Flügel gänzlich geschlagen. Es fehlte also nur wenig, und die Schlacht wäre völlig nach Wunsch verlaufen. Die Niederlage des rechten Flügels zwang mich, gegen 9 Uhr zurückzugehen. Die Armee marschierte nach Nimburg. Sie hatte 10 000 Mann der besten Infanterie verloren und war daher zu schwach, um die Stellung von Planjan zu halten.

Da sich nun kein Beobachtungskorps mehr zwischen der Daunschen Armee und den Blockadetruppen von Prag befand, so mußte die Belagerung aufgehoben werden. Ich eilte dorthin, und am 20. marschierte ich unter klingendem Spiel mit allen Truppen, die vor der Neustadt standen, nach Brandeis, ohne daß die Belagerten mir zu folgen wagten. Auf dem Rückmarsch wurde Feldmarschall Keith von der Festungsartillerie beschossen. Ich ließ die Stellung von Alt-Bunzlau besetzen und marschierte nach Neu-Lysa, indem ich Alt-Bunzlau eine Meile zur Rechten und Nimburg eine Meile zur Linken ließ. Feldmarschall Keith wurde nach Minkowitz geschickt.

Die Zeitumstände zwangen mich zur Bildung von zwei Armeen. Die eine sollte den Österreichern entgegentreten und einen Verteidigungskrieg zur Deckung der Lausitz und Schlesiens führen. Die zweite sollte Sachsen decken und gleichzeitig den Franzosen, die in Westfalen standen, dem Korps unter dem Prinzen von Goubise, den Reichstruppen und den Schweden entgegentreten, die Pommern mit einem Einfall bedrohten. Diese Aufgabe übernahm ich selbst, weil ich sie für die schwierigste hielt. Den Oberbefehl der ersten Armee, die die Lausitz decken sollte, übertrug ich meinem Bruder220-1 und gab ihm zur Unterstützung die besten Generale. Mein Bruder besitzt Geist, Kenntnisse und das beste Herz von der Welt, aber keine Entschlußfähigkeit. Er ist viel zu zaghaft und hat eine Abneigung gegen herzhafte Entschlüsse.

Ich setzte mich in Marsch, um mich mit Feldmarschall Keith zu vereinigen. Ich glaubte ihn bei Welwarn und fand ihn in Leitmeritz eingekeilt. Dort im Lager ergriff ich die nötigen Maßnahmen, um mich im voraus aller Pässe und Übergänge nach Sachsen zu bemächtigen. Nun lagerte sich Nadasdy mit 10 000 Mann bei Gastorf. Ich hatte 3 000 bis 4 000 Mann leichter Truppen rechts und links auf den<221> Bergen, dazu 3 000 Verwundete und ein großes Magazin in Leitmeritz. Die Stadt wird von den umliegenden Höhen beherrscht. Sie konnte nur von einem Korps verteidigt werden, das ihre Zugänge besetzte. Ich stellte dort 13 Bataillone und 20 Schwadronen unter meinem Bruder Heinrich auf, der sich der Aufgabe vorzüglich entledigte.

Die Armee meines Bruders221-1 rückte nach Böhmisch-Leipa, um sich Zittau zu nähern, wo sich ihr Magazin sowie eine Verstärkung von 6 000 Mann befand, die General Brandes ihr aus Schlesien zuführte. Alles verlief leidlich bis zum 14. Juli, wo Daun auf der linken Flanke meines Bruders das Lager von Niemes bezog. In Gabel, das zur Verbindung unserer Armee mit Zittau diente, stand eine Besatzung. Mein Bruder duldete es, daß sich der Feind in seiner Flanke lagerte, und bezog keine andere Stellung. Er wußte, daß Gabel angegriffen wurde. Aber anstatt mit seiner ganzen Armee dorthin aufzubrechen, ließ er es geschehen, daß die Österreicher den Ort eroberten. Dadurch war ihm der beste Weg zum Rückzug nach der Lausitz abgeschnitten. Erst am 17. marschierte er ab und rückte durch Defileen und auf höchst schwierigen Straßen nach Zittau. Er ließ dem Feinde Zeit, alle diese Defileen mit leichten Truppen zu besetzen, und so verlor er auf dem Rückzuge fast sein ganzes Gepäck. Er kam später in Zittau an als Daun. Die Österreicher hatten bereits die Höhen besetzt, und er konnte sie nun nicht mehr einnehmen. Der Feind bombardierte die Stadt, schoß sie in Brand und legte sie in Asche. Nun blieb weiter nichts übrig, als die Besatzung, so gut es ging, herauszuziehen. Darauf zog sich mein Bruder ohne Verluste nach Löbau und von da nach Bautzen zurück (27. Juli).

Alle diese falschen Operationen zwangen mich zur Änderung meiner Maßnahmen. Ich räumte Böhmen ohne Verlust an Bagage, Magazinen und Verwundeten und bot alles auf, um möglichst bald Pirna zu erreichen. Dort ging ich mit 16 Bataillonen und 28 Schwadronen über die Elbe und traf bei der Armee meines Bruders am 29. Juli ein. Feldmarschall Keith folgte mir. Prinz Moritz wurde mit 14 Bataillonen und 20 Schwadronen bei Cotta postiert, um die Elbe zu decken, und Feldmarschall Keith marschierte auf Bautzen.

In dieser kritischen Lage mußte ich meine Zuflucht zu Gewaltmaßregeln nehmen. Um die Situation richtig zu beurteilen, muß man sich die allgemeine Lage Europas vergegenwärtigen. 60 000 Russen marschieren gegen die Provinz Preußen. Ein russisches Korps hat bereits Memel genommen, während sich die Hauptarmes zehn Meilen von der Grenze bei Kowno verschanzt hat. Eine russische Kriegsflotte bedroht die Küsten mit einer Landung. Lehwaldt sieht sich darauf beschränkt, die Hauptstadt der Provinz zu schützen, und muß abwarten, ob sich eins der feindlichen Korps ihm nähern wird, um es zu schlagen221-2. Ich selbst erhalte die Nachricht, daß der Herzog von Cumberland geschlagen ist221-3 und daß 40 000 Franzosen von Westfalen her gegen das Halberstädtische vordringen. Alles, was ich tun kann, besteht darin, die 6 Bataillone<222> der Besatzung von Wesel nach Magdeburg zu werfen, sodaß sich dort insgesamt 10 Bataillone befinden. Prinz Soubise rückt von Weimar heran, um in Sachsen einzufallen. Die Schweden haben bereits gegen 10 000 Mann bei Stralsund stehen. Ich habe zwei Regimenter Infanterie nach Stettin geschickt. Zwei Bataillone sind zur Zeit dort. Das macht mit 10 Bataillonen Milizen, die ich außerdem aushebe, im ganzen 16 Bataillone. Ein Korps von 8 000 bis 10 000 Ungarn ist bei Landeshut in Schlesien eingebrochen, und ein anderes, ebenso starkes, soll von Teschen her eindringen.

Wäre auch meine Armee noch so stark wie zu Beginn des Frühlings, ich könnte der Überzahl meiner Feinde doch nur mit Mühe entgegentreten. Gegenwärtig kann ich nur eine einzige Armee bilden und mit ihr dem gefährlichsten Gegner die Spitze bieten. Zaudere ich, die Österreicher aus der Lausitz zu verjagen, so werden sie große Detachements in die Kurmark schicken und sie mit Feuer und Schwert verheeren. Greife ich die Österreicher an und verliere die Schlacht, so beschleunige ich meinen Untergang um einen Monat. Habe ich aber noch so viel Glück, sie zu schlagen, so kann ich die Lausitz von ihnen säubern, dort ein Verteidigungskorps lassen, einen Teil der Truppen nach Schlesien senden, selbst nach dem Halberstädtischen marschieren, um den Franzosen entgegenzutreten, und so Zeit gewinnen222-1. In meiner schlimmen Lage ist das also der sicherste, mutigste und ehrenvollste Ausweg.

Ich hielt mich für verpflichtet, dem Staat und der Nachwelt Rechenschaft über meine Lage und die Gründe zu geben, die mich zu diesem und zu keinem anderen Entschlusse bewogen haben, damit mein Andenken nicht durch ungerechte Anklagen entehrt werden kann. Ich zweifle nicht, daß es in der Welt eine Menge geschickterer Leute gegeben hat als mich. Ich bin völlig überzeugt, daß mir sehr viel an der Vollendung fehlt. Nur in der Liebe zum Vaterlande, im Eifer für seine Erhaltung und seinen Ruhm nehme ich es mit der ganzen Welt auf. Diese Gefühle werde ich bis zum letzten Atemzuge bewahren.

<223>

15. Operationsplan für Feldmarschall Lehwaldt223-1
(9. November 1757)

Bei Stettin muß der Feldmarschall sein Corps sammeln. Er darf die letzten nicht abwarten; wo er die Husaren, 20 Escadrons Dragoners und 16 Bataillons zusammen hat, so muß er aufbrechen und grade auf Anklam marschiren. Sollte er an andern Örtern besser über die Peene kommen, so stehet ihm solches frei. Was er vor schwedische Quartiere zum nächsten findet, muß er enleviren und sodann seinen Marsch grade auf Stralsund fortsetzen. Sein Hauptzweck muß dahin gehn, die Schweden auseinander zu sprengen oder solche in Stralsund einzuschließen. In Stralsund haben sie nicht zu leben, also zwinget sie die Not, auf der Insel Rügen zu gehen. In Schwedisch-Pommern muß so gehauset werden, wie die Russen es in Preußen gemacht haben223-2, und das Mecklenburgsche muß vivres und Winterquartiere hergeben, 2 Million Contribution, 6 000 Winspel Mehl und Haber etc. Die Kanonen kann der Feldmarschall aus Stettin nehmen, ingleichen auf drei Wochen Mehl. Er muß aussprengen, als wollte er Stralsund das Frühjahr belagern, so werden die Schweden noch den Winter zum Frieden gezwungen werden.

NB. Gegen der Priegnitz, wor da noch französische Husaren rodiren, wird ein 500 Mann Husaren aus Schwedisch-Pommern müssen hingeschicket werden.

<224>

16. Rede des Königs vor der Schlacht bei Leuthen224-1
(3. Dezember 1757)

Der König hatte alle Generals und Commandeurs nach Tafel zu sich in sein Quartier bestellt, und hier war es, wo er ihnen mit traurigem Ernst und zuweilen mit einer Thräne im Auge sagte:

„Meine Herren! Ich habe Sie hierher kommen lassen, um Ihnen erstlich für die treuen Dienste, die Sie zeither dem Vaterlande und mir geleistet haben, zu danken. Ich erkenne sie mit dem gerührtesten Gefühl. Es ist beinahe keiner unter Ihnen, der sich nicht durch eine große und ehrebringende Handlung ausgezeichnet hätte. Mich auf Ihren Muth und Erfahrung verlassend, habe ich den Plan zur Bataille gemacht, die ich morgen224-2 liefern werde und liefern muß. Ich werde gegen alle Regeln der Kunst einen beinahe zweimal stärkern, auf Anhöhen verschanzt stehenden Feind angreifen. Ich muß es thun, oder es ist alles verloren. Wir müssen den Feind schlagen oder uns vor ihren Batterien alle begraben lassen. So denk ich, so werde ich auch handeln. Ist einer oder der andere unter Ihnen, der nicht so denkt, der fordere hier auf der Stelle seinen Abschied. Ich werde ihm selbigen ohne den geringsten Vorwurf geben.“

Hier folgte eine Pause von Seiten des Redners, und eine heilige Stille von Seiten der Zuhörer; nur durch mit Mühe zurückgehaltene, der Ehrfurcht und der heiligsten Vaterlandsliebe geweinte Thränen unterbrochen224-3. Darauf erhob der königliche Sprecher seine Stimme wieder und fuhr mit freundlich-lächelndem Gesicht fort:

<225>

„Ich habe vermuthet, daß mich keiner von Ihnen verlassen würde; ich rechne nun also ganz auf Ihre treue Hülfe und auf den gewissen Sieg. Sollt' ich bleiben und Sie nicht für das, was Sie morgen225-1 thun werden, belohnen können, so wird es unser Vaterland thun. Gehen Sie nun ins Lager, und sagen Sie das, was ich Ihnen hier gesagt habe, Ihren Regimentern, und versichern Sie ihnen dabei, ich würde ein jedes genau bemerken. Das Cavallerie-Regiment, was nicht gleich, wenn es befohlen wird, sich à corps perdu in den Feind hineinstürzt, laß ich gleich nach der Bataille absitzen und mach' es zu einem Garnison-Regiment. Das Bataillon Infanterie, was, es treffe auch, worauf es wolle, nur zu stocken anfängt, verliert die Fahnen und die Säbels, und ich laß ihnen die Borten von der Montirung schneiden. Nun leben Sie wohl, meine Herren, morgen225-1 um diese Zeit haben wir den Feind geschlagen, oder wir sehen uns nie wieder.“

<226>

17. Denkschrift für England226-1
(Januar 1758)

Bekanntlich haben die englischen Waffen in Amerika bisher kein Glück gehabt. Trotz der bedeutenden Ausgaben, die Großbritannien für seine Rüstungen zur See aufgewandt hat, entsprach der Erfolg seinen Erwartungen nicht. Allem Anschein nach kann es sich für seine Verluste nicht anders schadlos halten als durch die Erfolge, die es im Verein mit seinen Alliierten zu Lande davontragen kann. Die Engländer haben keins der Forts in Amerika zurückgewonnen, die ihnen die Franzosen fortgenommen haben, und keine Eroberung gemacht, die sie im nächsten Frieden gegen Port-Mahon226-2 austauschen könnten. Ihre großen Flotten haben nichts ausgerichtet, und sie unterhalten auf ihrer Insel über 50 000 Mann, die ihnen nichts nutzen. So wichtig es 1756 war, diese Truppen zum Schutz gegen französische Landungen zu haben, so zwecklos erscheinen sie jetzt, wo die Franzosen nicht einen Mann übrig haben, um eine Landung in England zu unternehmen. Alle ihre Landtruppen stehen auf der Insel Minorka, in Korsika und Kanada und die Hauptmacht in Deutschland. Während die Franzosen alle ihre Kräfte einsetzen und gegen die Engländer und deren Alliierte mit aller Macht und in Gemeinschaft mit den größten europäischen Mächten vorgehen, nutzt England nur einen Teil seiner Kräfte und läßt den andern brachliegen. Man meint einen starken und kräftigen Mann zu sehen, der mit einem andern kämpft, dessen einer Arm gelähmt ist. Welchen Erfolg kann man in England von diesem Verfahren erwarten, wenn nicht den, daß seine Bundesgenossen in Deutschland vielleicht zermalmt werden und daß Frankreich triumphiert? Dann wird es Deutschland Gesetze vorschreiben und im Besitz von Ostende und Nieuport226-3 unverzüglich mit allen Kräften über die britischen Inseln herfallen.

Andere Erwägungen treten hinzu. Bekanntlich hat England das Kurfürstentum Hannover garantiert226-4. Der Fall, ihm beizustehen, ist eingetreten. Soll man sagen, daß die hochherzige englische Nation den Staaten ihres Königs nicht zu Hilfe eilt?<227> Will sie aus freien Stücken den Einfluß verlieren, den sie jederzeit auf die deutschen Angelegenheiten gehabt hat? Wie ist ferner zu hoffen, daß die Armee der Alliierten in ihrer jetzigen Stärke, ohne den Beistand englischer Truppen, dessen sie so dringend bedarf, nur von einigen preußischen Hilfstruppen unterstützt, die Franzosen über den Rhein zurückwerfen könne? Treten aber englische Truppen hinzu, so ist das nicht allein möglich, sondern auch wahrscheinlich, und dann werden gewiß auch die Holländer angesichts eines siegreichen Heeres, das ihnen die Hand reicht, Partei ergreifen, ihre eignen Truppen hinzufügen und die Franzosen zur Räumung von Ostende und Nieuport und zum Verzicht auf alle ehrgeizigen Pläne zwingen. Mir scheint also, England müßte entweder von seinen Truppen ein Hilfskorps nach Deutschland zur Verstärkung der alliierten Armee schicken, um seine Kräfte zu brauchen, oder, wenn es das aus schwer zu erratenden Gründen nicht möchte, lieber seine nutzlosen Truppen verringern, um sich diese Ausgabe zu sparen, und dafür größere Rüstungen zur See machen. Dann wird es doch wenigstens auf einem der beiden Elemente die Oberhand über den Erbfeind seiner Macht und der europäischen Freiheit erlangen.

<228>

18. Instruktion für Prinz Heinrich von Preußen228-1
(11. März 1758)

Diese Instruktion umfaßt zwei Artikel, erstens die Erhaltung der Ordnung und Mannszucht, des guten und vollzähligen Zustands der Truppen, und zweitens die Operationen im Felde.

Was den ersten Artikel betrifft, so ist mein ausdrücklicher Wille, daß Du die Mannszucht, insbesondere die Subordination, mit aller denkbaren Energie wahrest. Hat jemand schwer dagegen gefehlt, so kannst Du ihn nach abgehaltenem Kriegsgericht, wenn er es verdient, mit dem Tode bestrafen. Auch wenn zu viele desertieren, sollst Du zur Abschreckung derer, die ihr Beispiel nachahmen möchten, Exempel statuieren. Du sollst dafür sorgen, daß es den Soldaten weder an Brot noch Fleisch fehlt. Bei großen Anstrengungen sind ihnen unentgeltlich Lebensmittel zu verabreichen. Du sollst mit allem Fleiß danach trachten, Deine Armee zu ergänzen, wenn sie Verluste erlitten hat. Suche sie, soweit Gelegenheit und Mittel sich bieten, vollzählig zu erhalten. Verhüte nach Möglichkeit Plünderungen und bestrafe die Offiziere streng, die sie nicht verhindert haben, vor allem aber die, die sich selbst so weit vergessen, dergleichen Niedertrachten zu begehen. Das ist im großen und ganzen Deine Richtschnur.

Ich gehe nun zum zweiten Artikel über. Hier muß ich weiter ausgreifen und Dir infolgedessen zunächst die Pläne der Feinde, dann die meinen darlegen und schließlich alles erörtern, was die Operationen der Armee betrifft, die ich Deinem Befehl unterstelle.

Die Österreicher beabsichtigen mit ihrer Hauptmacht gegen Schlesien zu operieren, während Clermonts Armee auf Grund eines neuen Vertrages, den die Leute mit dem König von England zu schließen planten228-2, ins Magdeburgische eindringen oder über Bremen nach Mecklenburg rücken sollte, um sich von dort aus mit den Schweden zu vereinigen. Soubises Armee sollte ungefähr die gleichen Operationen machen wie im vorigen Jahre, d. h. von Thüringen her in Sachsen einfallen, um an die Elbe zu<uc_16><229> gelangen. Derweil sollten die Reichsarmee und ein paar tausend Österreicher229-1 über Freiberg in Sachsen eindringen und eine Abteilung Ungarn die Lausitz unsicher machen und von dort Streifzüge in die Kurmark unternehmen. Nun, der Plan ist, soweit er Clermonts Armee betrifft, gründlich gescheitert. Wenn auch Soubises Armee, wie zu hoffen ist, gleichzeitig Reißaus nimmt und die ganze Gesellschaft nach dem Rhein flieht, so hat weder Sachsen noch die Kurmark sobald etwas von den Franzosen zu besorgen. Deine Armee wird also wohl nur mit den Reichstruppen nebst dem Korps Marschall zu tun haben.

Auf dieser Seite229-2 hoffen die Österreicher die Russen dahin zu bringen, daß sie ihnen das Schuwalowsche Korps zu Hilfe schicken. Es hat Magazine bei Grodno angelegt und kann erst gegen Ende Juni heran sein. Das zwingt mich zu einem großen Schlage gegen die Österreicher, solange ich alle meine Kräfte beisammen habe, und bevor mich das russische Hilfskorps, wenn es kommt, zu Detachierungen nötigt. Dies also ist mein Feldzugsplan: Ich erobere in aller Ruhe Schweidnitz und lasse 15 000 Mann zur Deckung des Gebirges zurück; falls ein feindliches Korps durch die Lausitz marschieren will, kann das Detachement ihm dort entgegentreten. Darauf trage ich den Krieg nach Mähren. Marschiere ich geradenwegs auf Olmütz, so wird der Feind zu dessen Verteidigung heranrücken. Dann kommt es zur Schlacht in einem Gelände, das er sich nicht auswählen kann. Schlage ich ihn, wie zu hoffen ist, so belagere ich Olmütz. Dann muß der Feind, um Wien zu decken, alle seine Kräfte dorthin ziehen. Ist Olmütz erobert, so soll Deine Armee Prag nehmen und Böhmen in Respekt halten. Hiernach mögen die Russen kommen, oder wer sonst will: ich bin dann imstande, soviel Truppen wie nötig zu detachieren.

Was Deine Armee betrifft, so muß sie sich zu Beginn des Feldzuges in der Defensive halten. Du kannst sie bei Dresden versammeln, oder wo Du willst. Du kennst alle Lagerplätze, die ich dort habe erkunden lassen, und magst Dir den auswählen, der Dir am geeignetsten scheint. Da es notwendig ist, gute Nachrichten zu haben, und man an Spionen nichts sparen darf, so hat Borcke229-3 Auftrag, Dir alle erforderlichen Geldsummen zu liefern. Für Deine Operationen verbiete ich ausdrücklich jeden Kriegsrat229-4 und gebe Dir Vollmacht, nach Gutdünken zu handeln, eine Schlacht zu liefern oder nicht, kurz, bei allen Gelegenheiten den Entschluß zu fassen, der Dir am vorteilhaftesten und rühmlichsten erscheint.

Die Art, wie die Franzosen eben verjagt werden229-5, muß natürlich die Feldzugspläne der Österreicher ändern. Da ich sie jetzt unmöglich schon erraten kann, so ver<230>mag ich Dir nichts weiter zu sagen, als daß Deine Armee Sachsen verteidigen und den Feind dort an weiterem Vordringen hindern soll. Darauf sollst Du Dich beschränken, bis wir Olmütz haben. Dann wirst Du völlig freie Hand zum Handeln erhalten. Du sollst keine Gelegenheit verabsäumen, dem Feinde zu schaden. Vor allem achte darauf, seine Pläne im voraus zu durchkreuzen und sie nicht zur ruhigen Ausführung kommen zu lassen. Muß der Feind zurückgehen, um sich mit den Österreichern zu vereinigen, so findest Du gute Gelegenheit zu Nachhutgefechten, vielleicht auch zu Schlachten, bei denen Du nichts aufs Spiel setzest, wenn der Feind nach Mähren zurückgehen muß.

Bei Deiner Infanterie hast Du die Generale Itzenplitz und Hülsen, die Du gut gebrauchen kannst. Bei der Kavallerie hast Du Driesen, und ich schicke Dir noch einen tüchtigen Mann; ferner Kleist, Szekely und Belling, der Dein Husarenregiment230-1 bekommen hat. Gewöhne die Kavallerie230-2 an den Krieg und gib den Husaren stets Kavallerieabteilungen zur Unterstützung mit, aber unter ihrem Befehl, und nicht unter dem Kommando der Kavallerieoffiziere.

Deine Magazine befinden sich in Torgau und Dresden. Du hast also den bequemen Transport auf der Elbe und kannst Dich, je nach den Umständen, ebenfalls nach Bautzen und Freiberg wenden. Vor allem empfehle ich Dir, obwohl Du Sachsen nur Verteidigen sollst, stets offensiv vorzugehen. Glaubst Du, der Feind könne Dich zur Schlacht zwingen, so greife ihn an, aber laß Dich nie von ihm angreifen. Herrscht sonst bei Deiner Armee irgendein Mangel, sei es an Ärzten oder Adjutanten, so fordere nur gleich Abhilfe, damit sie beizeiten erfolgt. Insbesondere empfehle ich Dir Fürsorge für die armen Verwundeten und Kranken. Sie bedürfen aller Rücksicht, die Leuten gebührt, die sich für ihr Vaterland opfern.

Das ist ungefähr alles, was ich Dir zu sagen vermag. Was die künftigen Ereignisse angeht, so kann ich auf Einzelheiten nicht eingehen. Du weißt im großen und ganzen, was Deines Amtes ist. Für die Einzelheiten der Ausführung verlasse ich mich völlig auf Deine Wachsamkeit, Einsicht, Gewissenhaftigkeit und Anhänglichkeit. Ich verbleibe, lieber Bruder, Dein treuer Bruder und Diener

Friderich.

NB. Du kannst General Finck aus Dresden kommen lassen, wenn Du es für angezeigt hältst, und einen anderen als interimistischen Kommandanten einsetzen. Ebenso kannst Du im Bedarfsfall einen Kommandanten für Torgau oder für irgend eine andre Stadt ernennen, die Du zu besetzen für gut befindest.

<231>

19. Instruktion für Generalleutnant Graf Christoph Dohna231-1
(2. April 1758)

Ich habe Euch das Kommando über meine ostpreußische Armee übertragen; denn ich setze das Vertrauen in Euer Verdienst, daß Ihr sie gut führen werdet. Darum verbiete ich Euch bei Todesstrafe, einen Kriegsrat abzuhalten231-2; aus solchen gehen nur feige Entschlüsse hervor. Vielmehr sollt Ihr zu Euch selbst das Vertrauen haben, das ich mit Recht in Euch zu setzen glaube. Ihr müßt Euch bei Eurer Armee die gleiche Autorität erwerben, wie ich sie hätte, wenn ich dort wäre. Allerdings sind Generalleutnants mit dem gleichen Range wie Ihr dabei; aber das Oberkommando hebt Euch über sie hinaus. Darum sollt Ihr sie zu ihrer Pflicht anhalten und Vorstellungen von ihnen, einerlei worüber, nicht dulden. Ihr seid in unsrer Mannszucht erzogen, also brauche ich Euch nicht zu empfehlen, sie zu wahren, desgleichen die Subordination.

Unter den jetzigen Umständen seht mir darauf, daß in Mecklenburg bald alles zu Ende kommt, — es handelt sich um Stellung von Rekruten, um Geldzahlungen und Lieferungen für die Magazine231-3 — damit Ihr Eure Truppen beisammen habt und freier zu handeln vermögt.

Verlaßt Euch während des Feldzuges nicht auf die Befehle, die ich Euch geben könnte; denn bei der Natur meiner Operationen wird jede Verbindung zwischen uns aufhören, und Ihr müßt auf Euren eignen Kopf handeln. Überdies wird die Last der Führung von zwei bis drei Armeen, die ich hier habe, meine Aufmerksamkeit völlig beanspruchen. Wollte ich Euch also auch Ratschläge für Eure Operationen geben, so könnten sie nur oberflächlich sein oder zu spät kommen oder endlich Euch mehr in Verlegenheit bringen, als Euch bei Euren Unternehmungen helfen. Aus diesen Gründen halte ich es für angezeigt, Euch ein allgemeines Bild unserer Lage zu entwerfen und Euch Eure Aufgabe in großen Zügen anzuweisen. Die Einzelheiten der Ausführung überlasse ich Eurer Einsicht und Eurem Scharfblick.

<232>

Meine Lage ist jetzt die, daß ich zum mindesten für ein halbes Jahr von der Diversion der Franzosen befreit bin, die mir im letzten Jahre die Arme band. Obwohl jene schlechten Truppen mir nur durch ihre Plünderungen schaden konnten, haben sie doch wirkliches Unheil angerichtet, indem sie mich ablenkten, während die Österreicher mir wirkliche Verluste beibrachten. Von den Franzosen befreit, die gegenwärtig über den Rhein zurückgehen232-1, muß ich alles aufbieten, um die Königin von Ungarn gleich bei Beginn des Feldzuges niederzuwerfen. Dazu sind meine Armeen in Schlesien und Sachsen bestimmt. Von Rußland oder Schweden habe ich keine Diversion zu befürchten. Was Rußland betrifft, so scheint es die Absicht zu haben, sich an der Weichsel zu verschanzen und dann ein Korps gegen mich zu schicken. Diese Diversion kann nach zwei Seiten geschehen: entweder nach Pommern oder nach Schlesien. Nach allen erhaltenen Nachrichten scheinen die Österreicher alles zu versuchen, um die Russen nach Schlesien zu ziehen. Da aber die hierzu bestimmte russische Armee nicht vor Ende Juni gegen Schlesien vorrücken kann, so hoffe ich inzwischen solche Erfolge errungen zu haben, daß ich ein starkes Korps abschicken und ihr entgegenstellen kann.

Das Schlimmste, was mir geschehen kann, wäre, daß Fermor232-2 in Pommern einfiele. Dann kommt Ihr in die üble Lage, die Schweden aufgeben zu müssen, um den neuen Feinden entgegenzutreten. Die Art, gegen sie Krieg zu führen, muß darin bestehen, daß Ihr sie sobald wie irgend möglich vertreibt, sie auf dem Marsche angreift oder während sie gerade ihr Lager beziehen, damit sie gar keine Zeit finden, sich einzurichten, ihr Geschütz aufzufahren und sich zu verschanzen. Habt sorgfältig acht darauf, daß Ihr sie nur mit einem Flügel angreift. Da das Geschütz heute gewaltig in Mode ist232-3, sollt Ihr Batterien von schwerem Geschütz und Haubitzen auf dem Flügel errichten, mit dem Ihr angreift, um ihre Kanonen zum Schweigen zu bringen und ihren Mut zu erschüttern.

Habt Ihr dies Volk verjagt, so müßt Ihr Euch umgehend wieder den Schweden zuwenden. Sonst hindert sie nichts, stracks auf Berlin zu marschieren. Aus allen diesen Gründen wünschte ich sehnlichst, daß Ihr den Schweden kräftig eins versetzt, bevor Ihr Euch nach der andern Seite wenden müßt. Es ist Eure Sache, den Plan mit List und Gewalt glücklich durchzuführen. Denn daß dies sehr nötig ist, liegt auf der Hand.

Für alles, was den Unterhalt der Truppen betrifft, sollt Ihr Eure Befehle auf jeden Fall dem Präsidenten Aschersleben232-4 geben.

Was Euer eignes Verhalten betrifft, so geht stets kräftig und offensiv vor. Folgt den Grundsätzen der Ehre und faßt allemal den für die Nation ruhmvollsten Entschluß. Ein General muß kühn und wagemutig sein. Verbindet er mit seiner Ver<233>wegenheit Talente, so hat er gewöhnlich Glück. Ihr seid ein Mensch und über das Schicksal nicht erhaben. Unglück kann Euch zustoßen. Aber darüber dürft Ihr unbesorgt sein. Verlaßt Euch drauf, daß ich Euch nicht nach den guten oder schlechten Erfolgen beurteile, sondern nach den Umständen, in denen Ihr Euch befunden, und nach den Anordnungen, die Ihr getroffen habt.

Gilt es zum Beispiel, den Russen entgegenzutreten, so halte ich es nicht für ratsam, weiter als bis Köslin zu rücken. Indes überlasse ich Euch ganz die Entscheidung darüber. Da Ihr an nichts weiter zu denken habt, werdet Ihr besser beurteilen, was Euch zu tun frommt, als ich, der den Kopf voll von der schweren Bürde hat, die hier auf mir lastet.

Ich muß dem eben Gesagten noch eins hinzufügen. Haben wir Glück und wird das russische Korps beim Anmarsch auf Schlesien gehörig geschlagen, so mache ich einen weiten Vorstoß und schicke das schlesische Korps über die Weichsel bis in die Nähe von Warschau, um Fermor in seinen Stellungen bei Thorn, Elbing usw. zu umgehen. Habt Ihr mittlerweile den Schweden eins versetzt, so beabsichtige ich, Euch durch Preußisch-Polen marschieren zu lassen, um Thorn, Elbing, Danzig usw. zu nehmen, sobald das schlesische Korps Fermor umgangen und ihn zum Rückzug von der Weichsel gezwungen hat.

Aber jetzt ist nicht der Augenblick, um daran zu denken. Sobald ich die Sache für ausführbar halte, werde ich Euch beizeiten benachrichtigen, damit Ihr Eure Maßregeln danach treffen könnt. Denkt in erster Linie an Mecklenburg, dann an die Schweden. Durch Überwindung einer Schwierigkeit nach der andern und mit Hilfe des Himmels und unserer tapfern Armee hoffe ich auf eine möglichst vorteilhafte Gestaltung aller Dinge zu Nutz und Frommen des Staates, dem wir dienen, und unseres gemeinsamen Vaterlandes.

Friderich.

Anbei ein französischer Chiffrenschlüssel für Eure Berichte.

P.S.

Alles, was ich Euch schreibe, geht nur aufs Ganze. Die große Zahl meiner Feinde gestattet mir kein Verweilen bei Einzelheiten noch die Aufstellung eines zusammenhängenden Planes. Anbei die Übersicht dessen, was Ihr nach besten Kräften auszuführen bestrebt sein sollt:

1. Schweden zum Frieden zu zwingen,

2. Pommern und die Uckermark zu decken, wenn ersteres unmöglich ist,

3. die Russen zu vertreiben, falls sie in Pommern oder in die Neumark einfallen,

4. Maßregeln zur Sicherung von Stettin zu treffen.

5. Habt Ihr Euch gegen die Russen wenden müssen, so kehrt Ihr, nachdem sie geschlagen sind, Euch wieder gegen die Schweden.

<234>

20. Vorläufige Disposition für Feldmarschall Keith, falls der Feind das Lager des Königs angreift234-1
(30. Juni 1758)

Sobald der Feldmarschall vom König Nachricht über den Vormarsch der Österreicher erhält, schickt er Generalleutnant Retzow mit 7 Bataillonen, das Regiment Württemberg-Dragoner, die Obersten Moller und Dieskau mit den Kanonieren und womöglich 6 Zwölfpfündern über Olschan zur Armee. Damit die Kanoniere schneller anlangen, sind sie beritten zu machen. Die beiden Artillerieobersten erhalten die beifolgende Disposition234-2, die der Feldmarschall ihnen im voraus einhändigt, damit sie vorbereitet sind.

Der König schickt seine gesamte große Bagage zur Armee des Feldmarschalls. Der wird sie dort aufstellen, wo es ihm am passendsten dünkt.

Am Tage der Schlacht läßt der Feldmarschall alle Truppen seiner Armee bei Morgengrauen unter Gewehr treten, damit sie bereit sind, Ausfälle aus der Festung234-3 zurückzuweisen oder ihre Verschanzungen zu verteidigen. Denn aus Mangel an Truppen kann der König während der Schlacht die Belagerungsarmee nicht decken, und wahrscheinlich wird Laudon, Jahnus oder Buccow etwas unternehmen, entweder auf diesem oder auf dem andern Marchufer.

Sobald die Schlacht gewonnen ist, wird der König nicht nur den Feldmarschall davon benachrichtigen, sondern auch Truppen und Kanoniere wieder zur Belagerung senden, und der Feldmarschall wird die Bagage der Armee an den zu bezeichnenden Ort schicken, nebst allen leeren Wagen und Wundärzten, die er auftreiben kann, um die Verwundeten zu verbinden und nach Horka zu schaffen, desgleichen unsre Brotwagen, damit uns nichts in der Verfolgung des Feindes aufhält.

<235>

21. Disposition für die Artillerieobersten Dieskau und Moller235-1
(30. Juni 1758)

Die Obersten von Dieskau und Moller erhalten die beifolgende Instruktion, was sie im Fall einer Schlacht zu tun haben.

Die Armee wird nur mit einem Flügel angreifen, wie bei Leuthen235-2. Vor der Armee führen zehn Bataillone den ersten Angriff aus. Greift der rechte Flügel an, so werden die beiden Hauptbatterien folgendermaßen angelegt:

40 Geschütze, 12- und 24-Pfünder9 Bataillone10 pfündige Haubitzen1 Bataillon

Greift der linke Flügel an, so braucht nur alles, was hier rechts steht, nach links gestellt zu werden. Die große Batterie wird allemal vor der Armee errichtet. Das übrige Geschütz wird auf den Flügel, der nicht angreift, geschafft.

NB. Die 7 Haubitzen werden zwischen die zehn Bataillone gestellt, die den Angriff ausführen.

Die Geschütze müssen immerfort schießen, um die feindliche Artillerie zum Schweigen zu bringen. Ist das erreicht, so bestreichen sie die angegriffene Infanterie und Kavallerie.

Die Batterien müssen immer weiter vorrücken, wie bei Leuthen. Insbesondere kann die Batterie von 40 Geschützen große Wirkung haben, wenn die Kanoniere gut zielen und von 800 Schritt an mit Kartuschen feuern.

Die zwanzig Geschütze auf dem nicht angreifenden Flügel können zuletzt auch hinzugenommen werden und von guter Wirkung sein, um den Feind zu erschüttern und den Sturm unsrer Leute zu erleichtern.

<236>

Diese Anordnung ist nötig: eine Masse von Geschützen muß zusammengehalten werden, damit die Herren Obersten sofort darüber verfügen können.

Sie sollen 6 Zwölfpfünder mitnehmen und die Kanoniere gleich mitbringen, um schneller hier zu sein und beizeiten alle Anordnungen treffen zu können. Auch sollen sie ihren Offizieren und Leuten im voraus die erforderlichen Befehle geben.

Die Herren rücken mit ihren Leuten erst auf Befehl des Feldmarschalls ab.

<237>

22. Plan einer Schlacht gegen die Österreicher237-1
(Juli 1758)

Da es den Österreichern gelungen ist, den von Troppau abgegangenen Wagenzug abzufangen237-2, der Munition zur Fortsetzung der Belagerung von Olmütz heranführen sollte, mußte die Belagerung aufgehoben werden. Seitdem und mehr noch, seit die russische Armee durch ihren Marsch auf Posen klar zu erkennen gibt, daß sie gegen die Kurmark vorgehen will, hat sich die Lage des Königs sehr verschlimmert. Er hat eine österreichische Armee in der Gegend von Königgrätz zu bekämpfen, ein Korps in Oberschlesien, die russische Armee bei Posen, die Schweden in Pommern und die Reichsarmee und Österreicher in Komotau. Der König kann nur drei Armeen aufstellen. Sein Vorteil und seine geringen Mittel zwingen ihn, seine Feinde einen nach dem andern zu bekämpfen und das Beispiel des Horatiers237-3 nachzuahmen, das dieser im kleinen allen gab, die sich in gleicher Lage befinden.

Die feindliche Avantgarde steht bei Chlum, die Armee selbst bei Libischan. De Ville ist mit ungefähr 7 000 Mann nach Oberschlesien in die Gegend von Troppau detachiert, 4 Kavallerieregimenter nach Trautenau, Laudon mit 5 000 Mann nach Reichenau, sodaß der Feind mit den Detachements auf der Höhe des Johannisberges seine Armee um etwa 18 000 Mann geschwächt hat, einschließlich der 4 000 Mann, die seine Bagage bei Pardubitz decken. Wir könnten ihn also unter vorteilhafteren Umständen als jetzt garnicht angreifen.

1. Er ist schwächer als vorher.

2. Er ist auf keinen Angriff gefaßt.

3. Durch die Schlacht ersparen wir Schlesien einen feindlichen Einfall und die Verheerungen, die er nach sich ziehen würde.

4. Schlagen wir die Österreicher jetzt, so werden die Russen gewiß ihren Marsch verlangsamen, und wir finden sicher Zeit, ihnen mit stärkeren Kräften entgegenzutreten.

<238>

5. Siegen wir, so behalten wir festen Fuß in Böhmen und machen die Diversion gegen Oberschlesien zunichte.

6. Vielleicht können wir nach der Schlacht die Operationen des Prinzen Heinrich gegen Prag238-1 erleichtern.

7. Das Gelände bietet hier geringere Schwierigkeiten als in jedem anderen Teil Böhmens.

Schlagen wir den Feind, so können wir ihm sein Magazin in Pardubitz wegnehmen und dem ganzen Feldzug eine glückliche Wendung geben. Sollte uns das Unglück zustoßen, geschlagen zu werden, so würde unsre Lage dadurch nicht verschlechtert. Wir müßten nach Schlesien zurückkehren und auf eigne Kosten leben, dabei versuchen, den Feind von Stellung zu Stellung aufzuhalten und seinen Unternehmungen entgegenzutreten. Ziehen wir uns aber schon jetzt nach Schlesien zurück, so kommen wir genau in die gleiche Lage, wie wenn wir das Unglück hätten, geschlagen zu werden. Also ist es besser, eine Schlacht zu wagen, als uns zurückzuziehen und uns ohne Schwertstreich für geschlagen zu erklären.


161-1 Als infolge des Vormarsches der Russen gegen Ostpreußen (vgl. S. 36 und 185) der Ausbruch des Krieges unmittelbar bevorzustehen schien, setzte König Friedrich die obige „Denkschrift“ auf. Sie wurde auf Befehl vom 28. Juni 1756 dem englischen Hofe mitgeteilt.

161-2 Die Westminsterkonvention vom 16. Januar 1756 (vgl. S. 33).

161-3 Vgl. S. 31 ff.

162-1 Graf Iwan Schuwalow (vgl. S. 118); Graf Michael Woronzow, Vizekanzler.

162-2 Am 1. Mai 1756 (vgl. S. 34).

162-3 Der englische Gesandte in Wien, Robert Murray Keith, war beauftragt, kategorische Erklärungen über die österreichisch-französischen Verhandlungen, die zum Versailler Vertrage führten, zu fordern, hatte aber nur eine ausweichende Antwort erhalten.

162-4 Der Wiener Hof suchte den zum Katholizismus übergetretenen Erbprinzen Friedrich zur Flucht nach Wien zu bestimmen. Auf die Beschwerden des Landgrafen Wilhelm VIII. antwortete er ausweichend.

162-5 Gemeint sind die Verfolgungen der Protestanten.

163-1 Nach dem Tode Kaiser Karls VI.

163-2 Friedrich V.

163-3 Clemens August.

164-1 Friedrich III.

164-2 Karl Wilhelm Friedrich, der Schwager König Friedrichs.

164-3 Friedrich, der Sohn des am 30. Mai 1756 gestorbenen Herzogs Christian Ludwig (vgl. S. 26).

164-4 England schloß Subsidienverträge mit Herzog Karl von Braunschweig, Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel und dem Grafen Wilhelm zu Schaumburg-Lippe-Bückeburg.

165-1 Auf die entscheidende Nachricht vom Marsche der ungarischen Kavallerieregimenter nach Böhmen und Mähren, die am 16. Juli 1756 eintraf, entschloß sich König Friedrich zur ersten Anfrage in Wien, die am 18. erging (vgl. S. 37 und 175). In der Erwartung des bevorstehenden Kriegsausbruches verfaßte er damals auch den obigen „Entwurf eines Manifestes“, den er aber noch mehrmals umarbeitete. Für die endgültige Fassung vgl. S. 179 ff.

165-2 Vgl. S. 30 ff.

165-3 Vgl. S. 33.

165-4 Am 1. Mai 1756 (vgl. S.34).

165-5 Vgl. S. 23.

167-1 Das obige „Manifeste saxoniensis“, wie König Friedrich es nannte, entstand in denselben Tagen wie der „Entwurf eines Manifestes gegen Österreich“ (vgl. S. 165). Den im „Manifest“ enthaltenen Mitteilungen aus den sächsischen Dokumenten liegt eine Zusammenstellung zugrunde, die der Geheime Legationsrat Ewald Friedrich von Hertzberg auf Befehl des Königs vom 20. Juli 1756 aus den Abschriften des Kanzlisten Menzel (vgl. S. 22 und 36) anfertigte. Als sich im August nochmals die Aussicht auf Erhaltung des Friedens — sei es durch eine befriedigende Erklärung Maria Theresias, sei es durch einen Umschwung in Rußland — zu bieten schien, ließ Friedrich durch den Kabinettsminister Graf Finckenstein ein neues Manifest entwerfen, das die Besetzung Sachsens mit den üblen Erfahrungen der Jahre 1744 und 1745 begründete und die Versicherung enthielt, daß er Sachsen nur als Depositum behalten, im Frieden aber seinem rechtmäßigen Herrn ungeschmälert zurückgeben werde. Die Auszüge aus den Dokumenten blieben darin fort. Sie bildeten mit den Archivalien, die nach dem Einmarsch in Sachsen dem Dresdener Archiv entnommen wurden (vgl. S. 43), den Grundstock für die von Hertzberg verfaßte und im Oktober 1756 veröffentlichte Rechtfertigungsschrift der preußischen Schilderhebung (vgl. S. 43 Anm. 1).

167-2 Die Vermählung der Prinzessin Maria Josepha mit dem Dauphin Ludwig erfolgte am 9. Februar 1747.

168-1 Vom 2. Juni 1746 zwischen Petersburg und Wien (vgl. S. 23).

168-2 Kurland war polnischer Vasallenstaat. Rußland weigerte sich, den seit Ende 1740 nach Sibirien verbannten Herzog Biron (vgl. S. 156 Anm. 1) zurückzuberufen.

168-3 Nach Artikel XI des Dresdner Friedens mußten die Forderungen preußischer Untertanen an die sächsische Steuerkasse, sobald sie fällig waren, ohne Abzug und unbedingt befriedigt werden.

168-4 Durch die Hubertusburger Konvention vom 3. November 1753 wurde bestimmt, daß die noch in preußischen Händen befindlichen Steuerscheine sofort vorgelegt und später nicht mehr zur Bezahlung angenommen werden sollten.

168-5 Alten Stiles.

169-1 Vielmehr im Oktober 1755.

169-2 Der Nachfolger Arnims in Petersburg.

169-3 Prasse.

169-4 Vgl. S. 36.

171-1 Das Schreiben ist mit Ausnahme des letzten Absatzes deutsch abgefaßt.

171-2 Der preußische Gesandte in Paris. —-

171-3 Ein Bericht des holländischen Gesandten in Petersburg, Swart, den der König am 21. Juli 1756 aus dem Haag erhalten hatte (vgl. S. 173 Anm. 2).

171-4 Vgl. S. 34.

171-5 Der englische Gesandte in Petersburg.

173-1 Die obige „Denkschrift“ wurde dem englischen Gesandten Mitchell für seinen Hof im Verlaufe der Audienz vom 26. Juli 1756 übergeben.

173-2 Am 20. Juli hatte der König die Nachricht von dem bevorstehenden Beitritt Rußlands zur Versailler Allianz, am 21. die von dem Aufschub des russisch-österreichischen Angriffs auf das Frühjahr 1757 empfangen. Die letztere, die von dem holländischen Gesandten in Petersburg, Swart, stammte, ging dem Könige aus dem Haag zu.

173-3 Die russischen Truppen hatten den Vormarsch eingestellt und waren wieder umgekehrt (vgl. S. 185).

173-4 Vgl. S. 176 Anm. 1.

173-5 Vgl. S. 163 f.

175-1 Da nach der Umkehr der Russen (vgl. S. 173) die österreichischen Rüstungen fortdauerten, glaubte der König, daß ihn nunmehr die Österreicher allein angreifen würden. Auf die Nachricht vom Marsch der ungarischen Kavallerie nach Böhmen und Mähren (vgl. S. 165 Anm. 1), der er entscheidende Bedeutung beilegte, entschloß er sich zur obigen Anfrage. Vgl. S. 37.

175-2 Gemeint ist die Versammlung des Reservekorps in Hinterpommern (vgl. S. 36).

176-1 Da am 26. Juli 1756 der französische Gesandte, Marquis Valory, im Namen seines Hofes erklärte, daß Frankreich den Österreichern die im Versailler Vertrag ausbedungene Hilfe leisten müsse, entschloß sich König Friedrich zu der zweiten Anfrage, um Zeit zu gewinnen und zu verhindern, daß die Franzosen noch im laufenden Jahre am Kriege teilnahmen. Die Weisung an Klinggräffen erging sofort nach Eintreffen der ausweichenden österreichischen Antwort auf die erste Anfrage (vgl. S. 37 Anm. 2 und S. 182).

176-2 Die folgenden Angaben beruhen auf den Meldungen Swarts aus Petersburg, die der König am 21. Juli erhalten hatte (vgl. S. 173).

176-3 Aubeterre und Keith.

177-1 Schwerin führte die schlesische Armee.

177-2 Da Klinggräffen nicht ohne Weisung des Königs die Anfrage, wie Kaunitz verlangte, schriftlich zu stellen wagte, verzögerte sich die Ankunft der Antwort.

177-3 Trotz der unbefriedigenden österreichischen Antwort auf die zweite Anfrage (vgl. dafür S. 183 f.) entschloß sich der König zu einer dritten, da er nach einer ihm zugegangenen Nachricht Grund zu der Annahme zu haben glaubte, daß ein Teil der Antwort Maria Theresias von Kaunitz unterschlagen sei. Dazu kam die Hoffnung auf einen Umschlag der Stimmung in Rußland (vgl. S. 167 Anm. 1). Nur das Postskriptum des Erlasses vom 26. August an Klinggräffen ist eigenhändig vom König verfaßt.

178-1 In der Frühe des 28. August 1756 brach der König an der Spitze der Potsdamer Garnison von Potsdam auf.

178-2 Am 11. September 1756 traf die österreichische Antwort auf das preußische Ultimatum beim König ein. Maria Theresia lehnte darin jede weitere Erklärung ab.

179-1 Das obige Manifest gegen Österreich ist das Werk des Königs, mit Ausnahme des vom Minister Grafen Finckenstein angefertigten Auszuges aus der zweiten Wiener Antwort. Für die erste Hälfte, die bis zu diesem Auszug reicht, und für den Schluß hat Friedrich fünf Entwürfe verfaßt, den ersten (vgl. S. 165) gegen den 20. Juli, den letzten, der dann nur noch geringfügige Änderungen erfuhr, um die Mitte des August 1756. Ebenso liegen für die Kritik der zweiten Wiener Antwort zwei eigenhändige Entwürfe Friedrichs (unter dem Titel: „Bemerkungen zur Antwort des Wiener Hofes“) vor. Der zweite ist gleichfalls fast unverändert in das obige Manifest übernommen. Dieses selbst wurde erst nach Eingang der dritten Wiener Antwort (vgl. S. 178 Anm. 2) am 12. September 1756 veröffentlicht.

179-2 Anmerkung im Manifeste: „Die Holländer wissen, wie die Kaiserin den Barrieretraktat erfüllt hat.“ Vgl. Bd. II, S. 83 Anm. 1.

179-3 Vgl. S. 34.

180-1 Vgl. S. 23.

180-2 Diese Angabe trifft nicht zu.

180-3 Vgl. S. 23.

181-1 Vgl. S. 29 ff. 35.

181-2 In der Schlacht bei Dettingen am 27. Juni 1743 (vgl. Bd. II, S. 141 f.).

181-3 Georg II. war der Bruder von Sophie Dorothea, der Mutter König Friedrichs.

181-4 Die Westminsterkonvention vom 16. Januar 1756 (vgl. S. 33).

182-1 Vgl. S. 175.

183-1 Vgl. S. 176 f.

184-1 Tatsächlich wurde das russisch-österreichische Offensivbündnis erst am 2. Februar 1757 unterzeichnet, doch war der gemeinsame Angriff auf Preußen für das nächste Jahr durch mündliche Übereinkunft bereits festgesetzt.

184-2 Vgl. S. 36 und 175.

185-1 Die erste Kunde vom Anmarsch der Russen hatte der König am 19., die erste, noch unverbürgte Nachricht von ihrer Umkehr (vgl. S. 173) am 29. Juni 1756 erhalten.

186-1 Vgl. S. 177 f.

187-1 Viktor Amadeus II.

187-2 Geschlossen 1508 zwischen Kaiser Maximilian, Ludwig XII. von Frankreich, Papst Julius II. und Ferdinand dem Katholischen gegen Venedig.

189-1 Nach Eintreffen der österreichischen Antwort auf die erste Anfrage (vgl. S. 182) am 2. August 1756 erhielt Feldmarschall Schwerin, der seit dem 9. Juli in Potsdam weilte, die „Instruktion“. In der Nacht zum 5. August reiste er nach Schlesien ab.

189-2 Schwerin war Gouverneur der Festung Neiße.

189-3 Auf die zweite Anfrage (vgl. S. 176 f.).

189-4 Vgl. S. 45.

190-1 Vgl. S. 176 Anm. 1.

190-2 Freiherr Ernst Wilhelm von Schlabrendorff, Provinzialminister für Schlesien (1755—1769).

190-3 In Böhmen.

191-1 Vgl. S. 70.

191-2 Die Intendantur.

193-1 Für die Darstellung der Schlacht von Lobositz, die der König in diesem Schreiben gibt, vgl. S. 46 ff.

193-2 In einem Bericht an den König vom 13. September 1756 hatte Schwerin die österreichische Artillerie erwähnt und allgemein von der geringen Schätzung gesprochen, die die Artillerie bei erfahrenen Offizieren genösse. „Ich selber“, fuhr er fort, „fürchte sie nicht wegen ihrer geringen Wirkung, wie ich bei allen Schlachten gesehen habe, an denen ich teilnahm, und wo diese Waffe meist mehr Lärm verursachte als Erfolge erzielte und nur die Leute einschüchterte, die furchtsam, ohne Erfahrung oder geborene Memmen sind.“ Vgl. auch S.11 und 13 die Äußerungen des Königs über den zunehmenden „Mißbrauch“ der Artillerie.

193-3 Im Lager von Johnsdorf.

194-1 Der Elbe.

194-2 Zwischen dem Lobosch und den Ausläufern des Wawczinberges.

194-3 Dem Lobosch und dem Homolkaberg.

194-4 Vgl. die umstehende Tafel.

195-1 Major Karl Friedrich von Moller.

196-1 Vgl. S. 49.

196-2 Generalmajor Henning Ernst von Oertzen.

196-3 Oberst Georg Heinrich von Holtzendorff.

196-4 Vgl. Bd. II, S. 235 ff.

197-1 Die Denkschrift wurde, gleich den früheren (vgl. S. 161 ff. und 173 f.), der englischen Regierung mitgeteilt.

197-2 Das auf Grund des Versailler Vertrages gestellte Hilfskorps.

197-3 Hannover.

198-1 Vgl. S. 163 f.

199-1 Obige „Denkschrift“ nebst dem „Feldzugsplan“ (vgl. S. 203 ff.) wurde am 20. November 1756 von König Friedrich dem englischen Gesandten Mitchell für seinen Hof übergeben. Vgl. dazu S. 61.

199-2 Vgl. S. 35.

199-3 Österreich und Frankreich.

200-1 Anspielung auf die Krise innerhalb des englischen Ministeriums, die am 11. November 1756 zum Rücktritt des Herzogs von Newcastle führte (vgl. S. 60).

201-1 Vgl. S. 198.

202-1 Artikel 19 des Barrierevertrags vom 15. November 1715.

202-2 Am 4. Oktober 1756 war Prinz Friedrich von Dänemark, der zweite Sohn König Friedrichs V., zum Koadjutor des Bistums Lübeck gewählt worden. Die Wahl des Prinzen wurde von dem Hause Holstein-Gottorp angefochten.

202-3 Vgl. S. 203 ff.

202-4 Vgl. S. 163 f.

203-1 Vgl. S. 61 und S. 199 Anm. 1.

203-2 Bericht des preußischen Gesandten Baron Knyphausen, Paris, 1. November 1756.

203-3 Vgl. S. 35.

204-1 An der Maas zwischen Lüttich und Maastricht.

206-1 Nach einer Bemerkung des englischen Gesandten Mitchell auf der Rückseite der obigen Satire sandte ihm König Friedrich diese nach einer Unterredung, die er in den ersten Julitagen 1757 mit ihm in Leitmeritz gehabt hatte. In ihr spiegelt sich die erbitterte Stimmung wider, in die den König die Nachrichten von der Bedrohung der preußischen Küsten durch die russische Flotte versetzten. Vergebens hatte er die Entsendung englischer Kriegsschiffe nach der Ostsee gefordert. Statt des Geschwaders wurden ihm Subsidien geboten. In einer Unterredung vom 11. Juli bezeichnete er dann geradezu als sein Mißgeschick, sich mit den Engländern in der Epoche ihres Niederganges verbündet zu haben. Er erinnerte daran, wieviel sie im Spanischen und österreichischen Erbfolgekriege für Österreich getan hätten, und beschuldigte sie unverhüllt österreichischer Sympathien.

206-2 Jakob Eduard Stuart, der als Sohn des 1688 vertriebenen Königs Jakob II. Anspruch auf die englische Krone erhob (vgl. Bd. II, S. 165. 244 f.).

207-1 Tatsächlich war die Abtretung von Ostende, Nieuport an Frankreich in dem Versailler Vertrage von 1757 (vgl. S. 58) ausbedungen, doch war König Friedrich nur gerüchtweise davon unterrichtet.

208-1 Nostradamus (Michel de Notredam), † 1566, französischer Astrolog und Verfasser von Prophezeiungen.

209-1 Der König hat die obige „Rechtfertigung“ und „Die Gründe meines militärischen Verhaltens“ (vgl. S. 216 ff.) Ende Juli 1757, nach dem unglücklichen Feldzug des Prinzen von Preußen, ausgesetzt und am 2. August dem Sekretär Eichel für den Kabinettsminister Graf Finckenstein übersandt. Sie waren als „Apologie vor die Postérité“, wie Eichel schreibt, gedacht und daher zur Aufbewahrung im Archiv bestimmt. Verteidigt sich der König in der „Rechtfertigung“ gegen die Vorwürfe, die ihm über den Bruch mit Frankreich gemacht werden konnten, so wendet er sich in den „Gründen“ gegen die Kritiker seiner Heerführung nach der Schlacht bei Prag. Zu der „Rechtfertigung“ vgl. Kapitel 2 und 3 der Darstellung des Krieges, für die sie zum Teil die Grundlage bildet.

209-2 Vgl. Bd. VII, S. IX.

210-1 Vgl. S. 29 ff.

210-2 Vgl. S. 22. 36.

210-3 Vgl. S. 43.

211-1 Vgl. S. 31 f.

211-2 Vgl. S. 32.

211-3 Vgl. S. 33.

211-4 Vgl. S. 33 f.

212-1 Bei der Rückkehr aus Magdeburg, wo der König zur Revue über die magdeburgischen Regimenter geweilt hatte, am 19. Juni 1756, erhielt er die erste Nachricht vom Anmarsch der Russen auf Ostpreußen (vgl. S. 185).

212-2 Vgl. S. 36 und 184.

212-3 Für die drei Anfragen des Königs in Wien vgl. S. 175 ff.

212-4 Die Versailler Allianz vom 1. Mai 1756 (vgl. S. 34).

213-1 Während des Spanischen Erbfolgekrieges, nachdem Herzog Viktor Amadeus II. 1703 auf die Seite des Kaisers getreten war (vgl. S.187). Ludwig, Herzog von Burgund, Enkel Ludwigs XIV. und Vater Ludwigs XV., seit 1711 Dauphin, starb 1712.

213-2 Vgl. S. 57.

214-1 Vgl. S. 207.

214-2 Vgl. S. 73.

214-3 Vgl. S. 60 f.

214-4 Vgl. S. 206 Anm. 1.

214-5 Schweden hatte 1720 Stettin und Vorpommern an Preußen abgetreten.

214-6 Großfürst Peter war Herzog von Holstein-Gottorp.

214-7 Vgl. S. 187.

216-1 Vgl. dafür S. 209 Anm. 1.

216-2 Vgl. S. 72 ff.

217-1 Vgl. S. 75 f.

218-1 14. Juni 1658.

218-2 Prinz Wilhelm III. von Oranien wurde am 9. April 1677 von den Franzosen bei Mont-Cassel geschlagen, als er das von ihnen belagerte St. Omer (nicht Mons, wie der König schreibt) entsetzen wollte.

218-3 16. August 1717.

218-4 11. Mai 1745 (vgl. Bd. II, S. 206 f.).

218-5 Die Folge war die Niederlage der Franzosen bei Turin am 7. September 1706 (vgl. Bd.. VII, S.90).

218-6 Vgl. S. 86 f.

219-1 Für die Schlacht bei Kolin vgl. S. 78 ff.

220-1 Für den Feldzug des Prinzen August Wilhelm vgl. S. 82 ff.

221-1 August Wilhelm.

221-2 Vgl. S. 112.

221-3 Bei Hastenbeck (vgl. S. 87).

222-1 Für den vergeblichen Versuch des Königs, den Österreichern in der Lausitz eine Schlacht zu liefern, vgl. S. 85 f.

223-1 Lehwaldt führte den Oberbefehl über die Armee in Ostpreußen. Sie wurde, da die Russen nach der Schlacht bei Groß-Jägersdorf den Rückzug antraten (vgl. S. 113), zum Vormarsch gegen die Schweden bestimmt, die am 13. September 1757 die Peene überschritten und damit die Feindseligkeiten eröffnet hatten (vgl. S. 114). Die Vorlage ist deutsch abgefaßt.

223-2 Vgl. S. 112 f.

224-1 Als Ort, wo der König die Rede hielt, ist durch ihn selbst Parchwitz bezeugt, das er nach sechstägigem Aufenthalt in der Frühe des 4. Dezember 1757 verließ, um nach Neumarkt aufzubrechen (vgl. S. 105). Danach ist die Ansprache auf den 3. anzusetzen. Für obigen Abdruck ist der Wortlaut in dem 1790 anonym erschienenen Werke des Majors von Kaltenborn „Briefe eines alten preußischen Officiers, verschiedene Charakterzüge Fridrichs des Einzigen betreffend“ (l, 53), als der am besten beglaubigte zugrunde gelegt.

224-2 Lies: übermorgen.

224-3 Der Leibpage des Königs, Georg Karl zu Putlitz, der auf dem Schlachtfeld von Leuthen zum Leutnant ernannt wurde, erzählt in seinen Memoiren, daß nach den Worten: „Wem dies nicht anstehet, der kann gleich seinen Abschied bekommen und nach Hause gehen“, der Major Konstantin von Billerbeck (vgl. S. 76) gesagt habe: „Ja, das müßte ein infamer Hundsfott sein; nun wäre esZeit!“

225-1 Lies: übermorgen.

226-1 Im Januar 1758 stellte der König die obige Denkschrift dem englischen Gesandten Mitchell für seinen Hof zu. Der Gesandte behielt sie aber zurück.

226-2 Vgl. S. 35.

226-3 Vgl. S. 207.

226-4 In der Westminsterkonvention vom 16. Januar 1756 (vgl. S. 33).

228-1 Der König hatte dem zweiunddreißigjährigen Prinzen Heinrich den Oberbefehl über die Armee in Sachsen übertragen, während er selbst mit der Hauptmacht nach Mähren rückte.

228-2 Die Franzosen hatten dem englischen Hofe neue Vorschläge zu einem Sonderfrieden für Hannover gemacht, Georg II. aber hatte sie verworfen.

229-1 Unter Baron Marschall von Biberstein.

229-2 Auf dem östlichen Kriegsschauplatz.

229-3 Friedrich Wilhelm von Borcke, Präsident des preußischen Feldkriegsdirektoriums in Sachsen.

229-4 Der König schrieb den Mißerfolg des Prinzen August Wilhelm im Juli 1757 (vgl. S. 83 f. und 220 f.) vor allem dem Umstande zu, daß er, von den Ratschlägen der ihm beigegebenen Generale allzu abhängig, keine selbständigen Entschlüsse zu fassen wagte.

229-5 Am 18. Februar 1758 hatte Prinz Ferdinand von Braunschweig die Operationen gegen die Franzosen mit Erfolg aufgenommen (vgl. S. 123).

230-1 Ein vom Prinzen Heinrich auf Kosten des Hildesheimer Landes errichtetes Regiment.

230-2 Unter Kavallerie verstand man nach damaligem Sprachgebrauch Kürassiere und Dragoner.

231-1 Dohna hatte als Nachfolger des Feldmarschalls Lehwaldt (vgl. S. 223) den Oberbefehl über das ehemals ostpreußische Heer erhalten, das zum Kampfe gegen die Schweden nach Pommern geschickt war.

231-2 Vgl. S. 229.

231-3 Vgl. S. 223.

232-1 Vgl. S. 124.

232-2 Der Führer der russischen Armee.

232-3 Vgl. S. 193.

232-4 Georg Wilhelm von Aschersleben, Präsident der Kriegs- und Domänenkammer in Stettin.

234-1 Keith führte den Befehl über das Belagerungskorps vor Olmütz, während der König zur Deckung der Belagerung im Lager bei Proßnitz, südwestlich von Olmütz, stand, wo eine zweite Straße aus Böhmen mit der von Brünn kommenden zusammenlief. Vgl.S. 130.

234-2 Vgl. S. 235 f.

234-3 Olmütz.

235-1 Vgl. S. 234.

235-2 Vgl. S. 107 f.

237-1 Die Denkschrift ist zwischen dem 21. und 23. Juli 1758 verfaßt. Wegen der starken Stellung Dauns verzichtete aber der König auf die in der Denkschrift geplante Schlacht und brach am 25. nach Schlesien auf, um sich gegen die Russen zu wenden. Vgl. S. 134 f.

237-2 Infolge des siegreichen Gefechts bei Domstadtl am 30. Juni 1758 (vgl. S. 132).

237-3 Der dritte Horatier besiegte die drei Kuriatier nacheinander.

238-1 Vgl. S. 229.