<172> versicherte, er werde seinerseits gern zur Wiederherstellung des Friedens beitragen, soweit es ihm seine Ehre gestatte.

Bald darauf verließ der König Meißen und besichtigte die Kette der Winterquartiere an der böhmischen und Reichsgrenze. Dann begab er sich nach Leipzig, wo er für den Winter sein Hauptquartier aufschlug. Einige Tage nach der Ankunft des Königs erschien Fritsch abermals bei ihm mit der Antwort des Wiener Hofes über die Grundsätze, die bei der Unterhandlung maßgebend sein sollten1. Die Denkschrift war voll schwülstiger, rätselhafter, dunkler und für jeden andern als Kaunitz unverständlicher Ausdrücke. Zum Glück hatte Graf Flemming, der sächsische Gesandte in Wien, diesen Text durch einen langen Brief kommentiert, worin er die Dunkelheiten des österreichischen Kanzleistils erklärte. Er verbürgte sich für die Aufrichtigkeit der Gesinnung der Kaiserin und für ihre volle Zustimmung zu allen etwa von ihr geforderten Entschädigungen für das durch den Krieg zerrüttete Sachsen. Immerhin bereitete er den König vorsichtshalber auf einige Umstände und äußerliche Umschweife von seiten der Österreicher vor; denn die kaiserliche Würde verlange, daß man alles nur gezwungen tue und die Sache durch unnütze Schwierigkeiten in die Länge ziehe, bevor der Wiener Hof endgültig auf die Bedingungen eingehe, die er schon jetzt stillschweigend annehme. Nach dieser Antwort waren die Parteien über die Grundlage einig, und der Friede konnte in der vom König gewünschten Weise geschlossen werden.

Was den König betraf, so zog er aus vielerlei Gründen bescheidene und maßvolle Friedensbedingungen größerem Gewinn vor. Ein Heraufschrauben der Forderungen war in der jetzigen Lage um so weniger ratsam, als man Entschädigungen nur durch Siege hätte erkämpfen können und die Armee zu zerrüttet und heruntergekommen war, um noch glänzende Taten mit ihr zu vollbringen. An guten Generalen und tüchtigen Detachementsführern herrschte Mangel. Die alten Offiziere waren in vielen mörderischen Schlachten für das Vaterland gefallen. Der Nachwuchs war noch blutjung und so unreif, daß man keine großen Erwartungen darauf setzen konnte. Die alten, verdienten Soldaten und Vorkämpfer waren gefallen, und ihr Ersatz waren großenteils Überläufer oder schwächliche junge Leute unter achtzehn Jahren, unfähig zum Ertragen der Beschwerden eines harten Feldzuges. Viele Regimenter waren während des Krieges mehrfach vernichtet und dreimal neuformiert worden. In solchem Zustande konnten die Truppen den Führern kein Vertrauen einflößen.

Auf welchen Beistand konnte der König bei Fortsetzung des Krieges rechnen? Er stand völlig allein und ohne Bundesgenossen da. Die Gesinnung der Kaiserin von Rußland gegen ihn war zweifelhaft. Die Engländer benahmen sich weniger als


1 In der schriftlichen Antwort, die Kaunitz am 9. Dezember 1762 auf Flemmings Mitteilung vom 7. über den bisherigen Verlauf der Verhandlungen mit Preußen gab, sowie in der Audienz von Fritsch am 19. handelte es sich hauptsächlich um die Bestimmung von Ort und Beginn der Friedensverhandlungen und um die Ernennung der Bevollmächtigten. Die Erwähnung eines Begleitbriefes von Flemming zur Kaunitzschen Antwort scheint auf einem Irrtum des Königs zu beruhen.