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Die Jugenderziehung ist als eine der Vornehmsten zu betrachten1. Ihr Einfluß macht sich auf alles geltend. Sie kann nichts erschaffen, wohl aber Fehler verbessern. Diese so wichtige Aufgabe war in früheren Zeiten vielleicht zu sehr vernachlässigt worden, insbesondere auf dem flachen Lande und in den Provinzen. Die abzustellenden Mängel waren folgende. In den Dörfern der Edelleute versahen Schneider das Amt als Schullehrer. Auf den Krondomänen bestimmten die Amtleute die Schullehrer ohne jedes Verständnis. Um einem so verderblichen Mißstande abzuhelfen, verschrieb sich der König aus Sachsen gute Schulmeister, erhöhte ihr Einkommen und ließ darauf halten, daß die Bauern ihre Kinder zu ihnen in die Schule schickten. Zugleich erschien ein Erlaß, der den Geistlichen einschärfte, die jungen Leute nur dann zum Abendmahl zuzulassen, wenn sie in der Schule in ihrer Religion unterrichtet worden waren. Derartige Maßnahmen tragen nicht sofort Früchte; erst mit der Zeit zeigt sich ihr Nutzen.

Die gleiche Fürsorge wurde allen höheren Schulen zugewandt. Die Lehrer gingen nur darauf aus, das Gedächtnis ihrer Schüler anzufüllen, gaben sich aber gar keine Mühe, ihr Urteil zu bilden und zu vervollkommnen. Dieser Mißbrauch, eine Folge alter deutscher Pedanterie, wurde abgestellt. Ohne die Bereicherung des Gedächtnisses zu vernachlässigen, wurden die Lehrer angehalten, ihre Schüler von klein an mit der Logik vertraut zu machen, damit sie durch Ziehen richtiger Schlüsse aus den bewiesenen, feststehenden Voraussetzungen ihr Urteil bildeten und so richtig denken lernten.

Während alles im Staate Nerv und Anspannung war und ein jeder in seinem Wirkungsbereiche nach Vervollkommnung strebte, kam die Teilung Polens zustande. Preußen erwarb, wie berichtet2, Pomerellen, die Woiwodschaften Kulm und Marienburg, das Bistum Ermland, die Stadt Elbing und einen Teil von Kujavien und von Posen. Die neue Provinz zählte etwa 500 000 Einwohner. Der gute Boden ist nach Marienburg zu, längs der Weichsel, an beiden Netze-Ufern und im Bistum Ermland. Dafür hat Pomerellen und das Kulmer Land viel öde Sandsirecken. Der Hauptvorteil der Erwerbung war also der, daß eine Verbindung zwischen Pommern und OftPreußen entstand, daß Preußen zum Herrrn des Weichsellaufs und damit des polnischen Handels wurde und durch die starke Getreideausfuhr Polens nie mehr eine Teuerung oder Hungersnot zu befürchten hat.

Diese Erwerbung war nützlich und konnte bedeutsam werden, nachdem durch weise Maßregeln Ordnung geschaffen war. Doch in welchem Zustande fiel die Provinz an Preußen! Alles war Anarchie, Verwirrung und Unordnung, wie sie nun einmal bei einem barbarischenVolk herrscht,das in Unwissenheit und Stumpfsinn dahindämmert. Man begann mit der Vermessung des Landes, um die Abgaben danach zu regeln. Die


1 Vgl. für das Folgende auch den Erlaß des Königs über das Unterrichtswesen an den Minister Freiherrn von Zedlitz vom 5. September 1779 (Bd. VIII, S. 313 ff.).

2 Vgl. S. 29.32.