<255>gebrochen, und die Arrieregarde schifft sich auf Kähnen ein und erreicht das andre Ufer unter dem Schutze der Batterien, die Ihr vorher auf den Anhöhen aufgestellt habt.

Durch das Eingehen auf diese Operationen bin ich nicht zu den Belagerungen gekommen. Ich beschränke mich auf Angabe der allgemeinen Grundsätze, von denen nie abgewichen werden darf. Wollte ich mich auf Einzelheiten einlassen, ich müßte Bände schreiben.

Will man eine Festung belagern, so muß man Pläne davon besitzen und sie genau rekognoszieren lassen, um ihre schwächste Stelle zu finden. Danach muß man den Angriffsplan erwägen und ihn von vornherein feststellen. Hat man sich für den Ort entschieden, wo man die Laufgräben anlegen will, so muß man die Vorräte, die Geschütze, Pulver, Schanzkörbe, Bohlen, Werkzeuge, Kugeln, Bomben usw. dorthin schaffen. Da aber der Feind von den Türmen der Stadt beobachten kann, wohin Eure Wagen fahren, und daraus Euren Plan zu erkennen vermag, so muß man diese Depots bei Nacht anlegen und sie nach Kräften vor dem Feinde verbergen. Buschwerk, Talmulden oder Dörfer dienen als Deckung. Eure Laufgräben müssen das Polygon, das man belagern will, stets umfassen, und die erste Parallele muß als Basis und Stützpunkt für die andern dienen, die Ihr später anlegt. Je näher der Festung man den Laufgraben eröffnet, um so besser ist es, mindestens 800, höchstens aber 900 Schritt. Ihr müßt viele Schanzarbeiter in der ersten Nacht anstellen; denn gewöhn, lich gewinnt man sie dem Feinde ab und hat dann fast keine Verluste.

Ihr wißt, was ich in dem Abschnitt über die Artillerie gesagt habe1. Die ersten Batterien müssen gleichzeitig erbaut werden, und Eure Geschütze müssen mit Tages, grauen gegen die Festung zu feuern beginnen. Dann folgen die zweite und dritte Parallele. Die Ingenieure müssen sie sorgfältig trassieren, damit sie von den feind, lichen Werken nicht bestrichen werden. Dann beginnen die Sappen. Hier muß die Vorsicht verdoppelt werden. Man gräbt Minenschächte, und die Mineure wühlen sich in die Erde ein, um die Minen des Verteidigers auszublasen oder zu sprengen, bevor weiter vorgerückt wird. Man muß sich wohl hüten, den Sturm auf den ge, deckten Weg zu wagen, bevor das Glacis völlig gesäubert ist. Am schwierigsten ist die Eroberung von Festungen, die von fließendem Wasser umgeben sind. Denn man muß über die Gräben Faschinenbrücken legen, die ein geschickter Gouverneur leicht zerstört, indem er die Schleusen öffnet.

Das genügt für diesen Abriß. Die Angriffskunst verdient und erfordert eingehenderes Studium, weshalb ich mich hier auf die Hauptregeln beschränke.

Schließlich noch ein Wort über die Winterquartiere und die Postenkette, die zu ihrer Sicherung gezogen wird. In gebirgigen Gegenden stellt man seine Vorposten in die Berge selbst, befestigt die Pässe und errichtet dort gute Werke mit Kasematten


1 Vgl. S. 231.