<387>Noch Schwächen, die selbst Helden niederzwingen.
Des Pontus Sänger mag in süßem Wahn
Den Gott, der all sein Leid verschuldet, preisen1;
Die Grazien lauschen seinen holden Weisen,
Ich aber stimme grause Lieder an.
Tief in des Ätna Schoß, in Glut und Brand,
Lass' ich Vulkan mit Wucht die Blitze schmieden,
Die schrecklichen, die in der Helden Hand
Der Reiche Schicksal allezeit entschieden,
Die in der Schlachten Drang die Reihen mähn
Und stolzer Städte Wälle niederstrecken.
Auch jene grause Waffe sollt Ihr sehn,
Bajonnes Erfindung, jenen neuen Schrecken,
Der Spieß und Feuer eint und Tod um Tod
Den angsterfüllten Blicken droht.
Doch mitten im Gewühl des Mordens wird
Man Helden sehn, die rasch und unbeirrt
Die Reihen ordnen, tapfer vorwärts dringen,
Planvoll gebieten und das Schicksal zwingen.

Doch eh' zum Höchsten wir den Blick erheben,
Sei er den ersten Regeln zugekehrt,
Gleichwie der Adler seine Jungen lehrt,
Dem Wind zum Trotz im Ätherreich zu schweben,
Wenn sie, befiedert kaum, mit starken Schwingen
Empor die Mutter aus dem Horste trägt.
Kriegsfrohe Jugend, deren Mut sich regt,
Die es schon drängt, sich Ehre zu erringen —
O wähnet nicht, daß Euch der Ruhm schon krönt,
Wenn Ihr, im Krieg noch unerprobt und neu,
Ins Feld zieht, kaum der Mutterbrust entwöhnt!
Beginnet mit dem kleinsten ohne Scheu!

Drohend mit der Muskete Last bewehrt,
Durchlauft des harten Dienstes schwere Zeit.
Behend in jeglicher Bewegung seid,


1 Ovid wurde im Jahre 9 n. Chr. vom Kaiser Augustus wegen seiner Dichtung „Die Liebeskunst“ und wegen einer Liebesaffäre am Kaiserhof, in die er, wie es scheint, verstrickt war, nach Tom: am Schwarzen Meere verbannt, wo er seine „Epistolae ex Ponto“ und seine „Tristia“ schrieb.