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Die Herzog vor dem auserwählten Volke,
Schirmt Euch die Vorhut vor des Feindes Tücken.

's gibt manche Art, vom Lager abzurücken:
Die Treffen ziehn in parallelen Reihn,
Schlagt Ihr nach rechts, nach links die Richtung ein.

Das Schicksal kann dem Sieger sich versagen;
Turenne traf Unglück, Conde ward geschlagen.
Dann muß man seinem Mißgeschick sich fügen
Und kann im Rückzug doch den Gegner trügen.
Das ist des Feldherrn wahres Meisterstück,
Marschiert in guter Ordnung er zurück,
Voran der Troß, entrückt dem Untergang,
Das Heer durch starke Nachhut wohl geschützt.
Indes er sich auf Bergeshöhen stützt,
Zieht ungestört sein Heer das Tal entlang.
Also gewinnt mit gutem Ruf ein Held
Ein sichres Lager, wo er Ruhe hält.

Beim Zuge durch Germaniens Waldesnacht
War Varus schlecht auf seinen Schutz bedacht.
Den sichren Regeln handelt' er entgegen;
Die Lager waren falsch, sein Marsch verwegen.
In Schluchten mußten sich die Römer schlagen,
Wo sie den Scharen Hermanns bald erlagen1.
Schwer traf der Schlag den friedlichen August.
Er rief — und Tränen füllten seine Lider —
„O Varus, gib mir die Legionen wieder!“
Hätt' er der Römer falschen Stand gewußt,
„Tor“, rief' er, „was hieltst du die Höhen nicht,“
„Von wo der Feind auf Dich herniederbricht!“


Das sind der Kriegskunst bleibende Gesetze,
Wollt Ihr Euch lagern, zieht Ihr aus zur Schlacht.
Geschickte Märsche, gute Lagerplätze,
Planvoll besetzt, ein Rückzug, klug vollbracht:
Das ist's, woran der Staaten Schicksal hängt!


1 Schlacht lm Teutoburger Wald, 9 n. Chr.