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Die äußere Politik

DProvinzen der preußischen Monarchie sind fast alle voneinander getrennt. Der Körper des Staates, in dem seine Kraft ihren Sitz hat, ist die Kurmark, Pommern, Magdeburg, Halbersiadt und Schlesien. Diese Provinzen, das Herz des Königreichs, verdienen hauptsächlich die Aufmerksamkeit des Fürsten, weil man hier sowohl für das Innere wie für die Verteidigung dieser Provinzen sichere Anordnungen treffen kann. Preußen, durch das polnische Preußen von Pommern getrennt, ist mit Polen und mit Rußland benachbart, dessen Kaiserin in Kurland allmächtig ist. Das Herzogtum Cleve und Friesland berühren Holland. Schlesien grenzt an Böhmen, Mähren und sogar an Ungarn. Die Kurmark und das Gebiet von Magdeburg liegen um Sachsen herum. Pommern ist nur durch die Peene von den deutschen Besitzungen des Königs von Schweden getrennt, und das Fürstentum Minden ist mit Land von Hannover, Münster, Kassel, Hildesheim und Braunschweig untermischt.

Ihr seht, daß wir durch diese geographische Lage Nachbarn der größten Fürsten Europas sind. Alle diese Nachbarn sind ebenso viele eifersüchtige oder ebenso viele geheime Feinde unserer Macht. Die örtliche Lage ihrer Länder, ihr Ehrgeiz, ihre Interessen, alle diese verschiedenen Verbindungen bilden die Grundlage ihrer mehr oder weniger versteckten Politik, je nach Zeit und Umständen.

Österreich hat Schlesien nicht vergessen, und Maria Theresia wird, sobald sie ihren inneren Staatshaushalt geordnet, ihre Armee wiederhergestellt hat und ihre politische Lage gesichert ist, zum Angriff schreiten, um Schlesien wiederzuerobern.<157> Sie wird den Anlaß von den polnischen Angelegenheiten nehmen157-1, in Verbindung mit Rußland und selbst mit dem König von England, der des Wiener Hofes wegen seiner hannöverschen Angelegenheiten bedarf)157-2...

Rußland darf nicht unter die Zahl unserer wirklichen Feinde gerechnet werden. Zwischen ihm und Preußen gibt es keine Streitfragen. Nur der Zufall macht es zu unserem Feinde. Ein von England und Österreich bestochener Minister157-3 hat mit großer Mühe einen scheinbaren Vorwand für die Entzweiung unserer beiden Höfe gefunden157-4. Mit dem Sturze dieses Ministers müssen die Dinge wieder in ihre natürliche Lage zurückkehren157-5 ...

Frankreich gehört zu unseren mächtigsten Verbündeten. Die Geschäfte werden in diesem Lande, dessen Gottheit das Vergnügen ist, oberflächlich behandelt. Ein schwacher Fürst redet sich ein, daß er diese Monarchie regiert, während seine Minister sich in seine Autorität teilen und ihm nichts als einen unfruchtbaren Namen lassen. Eine Mätresse, die nur auf ihre Bereicherung hinarbeitet157-6, Verwaltungsbeamte,<158> welche die Truhen des Königs plündern, viel Unordnung und viel Räuberei stürzen diesen Staat in einen Abgrund von Schulden....Trotz aller dieser Mißbräuche ist Frankreich das mächtigste Königreich in Europa.... Seine Vergrößerungspläne sind auf die Ausdehnung seiner Grenzen bis zum Rhein gerichtet... (Französisches Vertragsprinzip ist, den Bundesgenossen alle Last des Krieges aufzubürden) und sich freie Hand zu bewahren.... Man muß bei dieser Macht auf seiner Hut sein....

Zur Schande meiner Nation bin ich genötigt, einzugestehen, daß niemals das öffentliche Interesse dem Privatinteresse in höherem Grade aufgeopfert worden ist als jetzt. (Die deutschen Fürsten sind Kaufleute geworden.) Sie verhandeln das Blut ihrer Untertanen, sie verhandeln ihre Stimmen im Fürstenrat und im Kurfürstenrat; ich glaube, sie würden ihre eigene Person verhandeln, fände sich jemand, der sie bezahlen wollte....

Wir haben niemals von irgend jemand Subsidien erhalten. (Strengen Tadel verdient der erste König, der im Spanischen Erbfolgekrieg anders verfahren ist.) Laßt Euch gesagt sein, daß jede Macht, die im Solde einer andern sieht, sich die Hände bindet und nur eine Nebenrolle spielt. Sie befindet sich stets in Abhängigkeit von der zahlenden Macht und muß sich beim Friedensschluß alles gefallen lassen, was der allzu mächtige Alliierte verlangt....

Der König von Sardinien ist ein Krebs, der an der Lombardei nagt. Um König der Lombardei zu werden, wird er bald die Partei Frankreichs, bald die Öfterreichs ergreifen, vorausgesetzt, daß er dabei etwas gewinnt158-1....

Das christliche Europa ist wie eine Republik von Souveränen, die sich in zwei mächtige Parteien teilt. England und Frankreich haben seit einem Jahrhundert zu allen Bewegungen den Anstoß gegeben. Wollte ein kriegerischer Fürst etwas unternehmen, wenn jene beiden einverstanden sind, den Frieden zu erhalten, so würden sie ihm ihre Vermittlung anbieten und ihn nötigen, sie anzunehmen. Einmal bestehend, hindert das politische System alle großen Eroberungen und macht die Kriege unfruchtbar, wenn sie nicht mit überlegener Macht und unausgesetztem Glück geführt werden.

Preußen wird es nie an Alliierten fehlen; sie richtig zu wählen, muß man sich alles persönlichen Hasses, aller Vorurteile, der günstigen wie der ungünstigen, entkleiden. Das Interesse des Staates allein darf im Rate des Regenten entscheiden...

(Lothringen und Schlesien sind wie zwei Schwestern, von denen die eine den König von Preußen, die andere den König von Frankreich geheiratet hat158-2....)

(Frankreich kann eine Wiedereroberung von Schlesien nicht begünstigen noch dulden, weil Österreich ihm dadurch zu stark werden würde. Frankreich hat ein Interesse gegen England wie Preußen gegen Hannover; es kann Preußen durch Diversionen zu Hilfe kommen. Die Allianz mit Frankreich ist eine solche, die nicht auf<159> Unterhandlungen, sondern auf der Natur der Sache beruht. Nur dieses Bündnis ist für Preußen natürlich und auch vorteilhaft,) well wir, mit Frankreich vereint, im Falle eines glücklichen Krieges auf Erwerbungen hoffen können. Hingegen in Verbindung mit England und Österreich können wir uns keine Vergrößerung versprechen. Was wir auch vom Kriege erwarten können, mein gegenwärtiges System besieht darin, den Frieden zu verlängern, solange es geschehen kann, ohne die Majestät des Staates zu verletzen. (Durch ihre innere Unordnung wird es der französischen Macht unmöglich, mit der Energie, die ihr zukäme, auf dem Kriegsschauplatze zu erscheinen.) ... Es frommt uns nicht, den Krieg wieder anzufangen. Ein kecker Streich, wie die Eroberung Schlesiens, gleicht den Büchern, die im Original einschlagen, deren Nachahmungen aber abfallen. Wir haben durch die Erwerbung Schlesiens den Neid von ganz Europa auf uns gelenkt. Das hat alle unsere Nachbarn alarmiert: keiner, der uns nicht mißtraute. Mein Leben wird zu kurz sein, um sie in die beruhigte Stimmung zurückzuversetzen, wie sie unsern Interessen vorteilhaft ist. Sollte uns wohl ein Krieg anstehen, während Rußland gewaltig gerüstet an unfern Grenzen sieht und nur den günstigen Augenblick abwartet, um Preußen anzugreifen (was es indessen nur mit Hilfe englischer Subsidien tun kann), und während eine Diversion der Russen sofort alle unsere Projekte vom Anfang unserer Operationen an umstürzen würde? In Lagen wie die jetzige ist das sicherste, im Frieden zu verharren und in fester Haltung neue Ereignisse abzuwarten. (Solche würden sein: der Sturz des an Österreich verkauften Bestushew in Rußland, die Gewinnung seines Nachfolgers, der Tod des jetzigen Königs von England, dieses Land in den Unruhen einer vormundschaftlichen Regierung159-1, ein Soliman auf dem Thron von Konstantinopel und in Frankreich ein ehrgeiziger und allmächtiger Minister.) Dann und bei ähnlicher Gestaltung der Dinge ist es Zeit zu handeln, obgleich es auch dann nicht notwendig ist, gleich zuerst auf der Bühne zu erscheinen. (Vielmehr soll man warten, bis die Gegner vom Kampfe erschöpft sind.)...

Künftige Politik gegenüber den Mächten Europas

. .. (Erforderlich ist, verschwiegen zu sein, sich selbst zu beobachten, der eigenen Affekte Herr zu sein, seine Absichten zu verdecken, seinen Charakter zu verhüllen und nichts sehen zu lassen als eine gemessene Entschlossenheit, durch Rechtsgefühl gemildert. ...

Im diplomatischen Verkehr mit den Franzosen bedarf es großer Rücksichten auf die Eigenliebe der französischen Nation und auf die überlegene politische Einsicht, die sie als ihr Teil betrachten. Ich gönne ihnen deshalb die Ehre aller meiner Entwürfe, als wären es ihre eigenen Ideen, denen ich nur folge.)...

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Über große politische Entwürfe

... Die Politik besieht mehr darin, aus günstigen Konjunkturen Nutzen zu ziehen, als sie von langer Hand herbeizuführen. Aus diesem Grunde rate ich Euch, leine Verträge zu schließen, die sich auf unsichere künftige Ereignisse beziehen, sondern Euch freie Hand zu bewahren, damit Ihr Euern Entschluß nach Zeit, Ort und Lage Eurer Angelegenheiten fassen könnt: mit einem Wort, wie es Euer Interesse dann von Euch erheischen wird. Ich bin gut dabei gefahren, als ich im Jahre 1740 so handelte, und ich mache es jetzt ebenso hinsichtlich der Dinge in Polen. Ich unterrichte Frankreich von den Absichten des Hauses Österreich160-1 dränge es, die Türken wachzurufen, hüte mich aber wohl, mich durch Verträge zu binden, und warte das Ereignis ab, um dann meinen Entschluß zu fassen.

Politische Träumereien

Soviel über das Tatsächliche und über die Grundlinien der Haltung, die in Preußen zu beobachten sind. Gehen wir jetzt zum Chimärischen über. Auch die Politik hat ihre Metaphysik. Wie es keinen Philosophen gibt, der nicht sein Vergnügen daran gehabt hätte, sein System aufzustellen und sich die abstrakte Welt seinem Denken gemäß zu erklären, so darf auch der Politiker in dem unendlichen Gefilde chimärischer Entwürfe lustwandeln. Können sie doch bisweUen zur Wirklichkeit werden, wenn man sie nicht aus den Augen verliert, und wenn einige Generationen nacheinander, auf dasselbe Ziel losschreitend, Geschicklichkeit genug besitzen, ihre Absichten vor den neugierigen und scharfen Augen der europäischen Mächte gründlich zu verbergen.

Machiavell sagt160-2, eine selbstlose Macht, die zwischen ehrgeizigen Mächten sieht, müßte schließlich zugrunde gehen. Ich muß leider zugeben, daß Machiavell recht hat. Die Fürsten müssen notwendigerweise Ehrgeiz besitzen, der aber muß weise, maßvoll und von der Vernunft erleuchtet sein. Wenn der Wunsch nach Vergrößerung dem fürstlichen Staatsmann auch keine Erwerbungen verschafft, so erhält er doch wenigstens seine Macht; denn dieselben Mittel, die er zum offensiven Handeln bestimmt, sind stets zur Verteidigung des Staates bereit, falls sie notwendig ist und er dazu gezwungen wird.

Es gibt zweierlei Arten der Vergrößerung: durch reiche Erbschaften oder durch Eroberungen.

Erbschaften, die dem königlichen Hause zufallen können.
[Ansbach-Bayreuth und Mecklenburg stehen in Frage.]

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Über Eroberungen.

(Sachsen, Polnisch-Preußen und Schwedisch-Pommern kommen in Betracht.) Nur so kann der preußische Staat den nötigen Zusammenhang und eine gute Grenze gewinnen.

(Sachsen: Es ist möglich, im Falle eines siegreichen Krieges gegen Österreich Böhmen zu erobern und es gegen Sachsen einzutauschen. Plan der Ausführung: Nach der Unterwerfung Sachsens sofort die entschiedenste Offensive gegen Mähren, daselbst eine große Entscheidungsschlacht, den Krieg der feindlichen Hauptstadt genähert. Im zweiten Jahre Aufwiegelung der Ungarn und Besetzung des wehrlosen Böhmens durch die in Sachsen ausgehobenen Truppen. Ferner empfiehlt sich militärische Unterstützung durch in Sold zu nehmende Truppen deutscher Fürsten und, wenn nötig, durch französische Subsidientruppen gegen Hannover, während die russischen Streitkräfte durch die Türken, ein Teil der österreichischen durch die Franzosen, die mit Flandern zu belohnen sind, und durch die Sardinier gefesselt werden müssen. Auf das Bedenken, daß der Anschlag auf Sachsen am Ende doch mißlingen könne, ist zu erwidern, daß dies kein Schade ist, wenn es nur glückt, ihn geheimzuhalten.)

Die Hauptsache wäre, daß Rußland und die Königin von Ungarn einen Krieg gegen die Türken, Frankreich und den König von Sardinien zu bestehen hätten.

(Polnisch-Preußen wird besser nicht durch Waffen erobert, sondern im Frieden verspeist, in der Weise einer Artischocke, Stück für Stück: gerade so, wie der König von Sardinien sich das Herzogtum Mailand aneignet. Polens Wahlmonarchie wird die Gelegenheit dazu geben. Preußen kann seine Neutralität in den polnischen Wirren verkaufen, indem es sich durch eine Stadt nach der andern, einen Distrikt nach dem andern bezahlen läßt, mit Danzig zuletzt, denn es wird als Emporium des Getreidehandels das größte Geschrei bei den Polen verursachen161-1.

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Schwedisch-Pommern: Wenn Schweden versucht, Livland von Rußland zurückzuerobern, so kann Preußen sich Schwedisch-Pommern als Preis seines Beistandes ausmachen.)

Das Ziel, das man sich setzen muß, um die Macht des Staates zu konsolidieren

Unserem Staate fehlt noch die innere Kraft. Alle preußischen Provinzen umfassen nur fünf Millionen Seelen. Das Heer ist ansehnlich, aber nicht stark genug, um den Feinden, die uns umgeben, zu widerstehen. Unsere Einnahmen sind beträchtlich, aber es fehlt uns im Falle der Not an Hilfsquellen. Mühsam ziehen wir uns aus der Verlegenheit, indem wir unsere Truppen zweimal soviel manövrieren lassen als der Feind und ihm stets dieselben Leute entgegenstellen, von welcher Seite er auch komme. Das ermüdet sie sehr und setzt bei ihrem Führer große Wachsamkeit voraus. Unsere Finanzen drehen sich ganz um Ersparnisse und dienen uns zur Kriegführung, ohne daß wir andere Hilfsmittel besitzen als Klugheit bei ihrer Verwaltung. Soll also das Schicksal des Staates gesichert sein, so darf sein Wohl nicht von den guten oder schlechten Eigenschaften eines Einzelnen abhängen. Um sich aus eigener Kraft zu erhalten, müßten Heer und Finanzen etwa auf folgenden Stand gebracht werden. Ich wünschte, daß wir Provinzen genug besäßen, um 180 000 Mann, also 44 000 mehr als jetzt, zu unterhalten162-1. Ich wünschte, daß nach Abzug aller Ausgaben ein jährlicher Überschuß von 5 Millionen erzielt würde. Sie müßten aber nicht auf feste Ausgaben angewiesen werden, sondern der Herrscher müßte nach freiem Belieben über sie verfügen können, nachdem er 20 Millionen in den Staatsschatz gelegt hat. Diese 5 Millionen machen ungefähr die Kosten eines Feldzugs aus162-2. Mit ihnen könnte man den Krieg aus eigenen Einkünften bestreiten, ohne in Geldverlegenheiten zu geraten und irgend jemand zur Last zu fallen162-3. In Friedenszeiten könnte diese Einnahme zu allen möglichen nützlichen Ausgaben für den Staat verwandt werden.

Veränderungen, die in Europa eintreten können

Wir sind nun einmal im Zuge, uns dem Spiel unserer Phantasie zu überlassen... (Die Eifersucht sowohl der Glieder des Deutschen Reiches wie der benachbarten Mächte ist Bürgschaft für dieses traurigen Reiches Fortdauer.)...

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Nächst Deutschland ist Frankreich die mächtigste Monarchie in Europa. Aber die Staaten sind nur das, was die Männer, die sie regieren, aus ihnen machen.... Nachlässigkeit und die Mißbräuche, die in diesem Reiche herrschen, werden stets dahin führen, daß die Nation grobe Fehler begeht....

Die Könige von Sardinien sind vom Vater auf den Sohn große Männer gewesen163-1....

Die Königreiche sind von den Männern abhängig, die sie regieren. Erinnert Euch, daß England unter Cromwell geachtet, unter Karl II. verachtet wurde....

Schließt Bündnisse nur mit denen, die genau die gleichen Interessen mit Euch haben. Schließt niemals Verträge, um Maßnahmen für ferne Ereignisse zu treffen. Wartet stets den Eintritt der Ereignisse ab, um Euern Entschluß danach zu fassen und entsprechend zu handeln. Hütet Euch wohl, Euer Vertrauen auf die Zahl und die Treue Eurer Verbündeten zu setzen. Rechnet nur auf Euch selbst. Dann werdet Ihr Euch nie täuschen, und seht Eure Verbündeten und Eure Verträge nur als Surrogat an. Eine große Zahl von Verträgen bringt mehr Schaden als Nutzen. Schließt nur wenige, aber stets im rechten Augenblick, und seht darauf, daß aller Vorteil auf Eurer Seite ist, während Ihr Euch so wenig wie möglich aussetzt.... Scharfsinnige Köpfe ziehen aus gleichförmiger Haltung ihre Schlüsse. Daher muß man nach Möglichkeit sein Spiel ändern, es verbergen und sich in einen Proteus verwandeln, bald lebhaft, bald langsam, bald kriegerisch und bald friedfertig erscheinen. Auf diese Weise leitet Ihr Eure Feinde irre. (ch empfehle meinen Nachfolgern, in den Unterhandlungen so verbindlich wie möglich zu sein, nie stolze oder beleidigende Worte zu gebrauchen, nie zu drohen.) Seid verschwiegen in Euren Geschäften, verheimlicht Eure Absichten. Wenn die Ehre des Staates Euch zwingt, den Degen zu ziehen, dann falle auf Eure Feinde Blitz und Donner zugleich....


157-1 Seit 1748 verhandelten der Wiener und der Petersburger Hof über den Plan, Maria Theresias Schwager, den Prinzen Karl von Lothringen, beim Tode Augusts III. auf den polnischen Königsthron zu setzen; damit eröffnete sich die Aussicht auf einen neuen polnischen Erbfolgekrieg.

157-2 Der König schreibt im Testament von 1768 über Österreich: „Die Macht Österreichs verdient besondere Beachtung. Dies Haus der Cäsaren hatte sich seit der Zeit Karls V. mehr und mehr geschwächt. Unter der Regierung Karls VI. hat es sich wieder erholt; aber nach dem Tode dieses Kaisers und dem Erlöschen des Mannsstammes glaubte Europa, es sei verloren. Eine Frau erhob es wieder und behauptete es mit Festigkeit. Sie wurde der Abgott eines vor kurzem noch aufrührerischen Volkes, das sie für ihre Sache in den Kampf führte. Diese Frau regiert noch jetzt. Wenn sie die verlorenen Provinzen noch nicht durch andere eroberte ersetzt hat, so hat sie doch, ihre Finanzen ordnend, Schätze gefunden, und ihre Einkünfte belaufen sich so hoch, wie die des Kaisers Karl VI. selbst zu der Zeit, da er Neapel besaß. Man berechnet ihre jährlichen Einkünfte auf 26 Millionen. Wirklich unterhält sie 140 000 Mann und kann diese Zahl, wenn Zeit und Umstände es erfordern, auf 200 000 steigern. Ihre Macht würde noch furchtbarer sein, wenn sie nicht jährlich 8 Millionen Taler abrechnen müßte, teils um die Zinsen zu zahlen, teils für einen Fonds zur Tilgung der während des letzten Krieges gemachten Schulden. Sie hat die Kunst verstanden, fähige Minister zu finden und zu wählen, und ihr Ministerrat ist durch Weisheit und systematisches Verfahren dem aller anderen Könige überlegen. Sie handelt aus sich selbst. Ihr Sohn läßt sich von ihr in den Geschäften belehren und folgt ihren Antrieben. Fürst Kaunitz und Hatzfeldt sind ihre besten Minister. Die Generale, die den größten Namen haben, sind Lacy und Laudon; wenn sie diese verlöre, würde es ihr schwer werden, unter der großen Zahl der übrigen ihresgleichen zu finden. Indessen ist bis jetzt die österreichische Kavallerie schlecht, die Infanterie taugt mehr, besonders als Posten, und ihr Artilleriekorps ist so gut als möglich. Prägt es Euch wohl ein, daß es keinen großen Fürsten gibt, der nicht den Gedanken mit sich herumtrüge, seine Herrschaft zu erweitern. Die Kaiserin-Königin hat ohne Zweifel ihr Eckchen Ehrgeiz wie die andern. Die Politik verlangt, daß solche Vorhaben mit undurchdringlichem Schleier verhüllt bleiben und daß man die Ausführung verschiebt, weil die Mittel zum Erfolge fehlen. Man darf also das System des Friedens, welches der Wiener Hof zur Schau trägt, nur den 180 Millionen Talern, die er schuldet, zuschreiben. Sie würden ihn, wenn ein Krieg zustieße, ehe er einen ansehnlichen Teil dieser Summe getilgt hätte, zu einem Bankrott nötigen.“ Und von Kaiser Joseph II., der seit 1765 Mitregent war, heißt es: „Der wird uns munter halten. Wehe denjenigen, die ihn aus den Augen verlieren oder sich in einer falschen Sicherheit wiegen werden.“

157-3 Bestushew.

157-4 Vgl. Bd. III, Kap. II.

157-5 Über Rußland sagt der König im Testament von 1768: „Es ist besser, diesen Staat zum Freunde zu haben als zum Feinde; er kann uns viel Böses tun, und wir können es ihm nicht vergelten.“

157-6 Die Marquise von Pompadour.

158-1 Vgl. Bd. II, S. 40f. und 52.

158-2 Im Mai 1770 bot der König Elsaß-Lothringen dem Wiener Hofe an.

159-1 Georg II. zählte damals 69 Jahre; er starb 1760. Da sein Sohn, Prinz Friedrich Ludwig von Wales, bereits 1751 gestorben war, ging die Thronfolge über auf seinen Enkel Georg III. (geb. 1738).

160-1 Der Thronkandidatur des Prinzen Karl von Lothringen in Polen.

160-2 principe, cap. 15 und 18.

161-1 Über die Erwerbung von Polnisch-Preußen sagt der König im Testament von 1768: „Nachdem man einige Weichselplätze befestigt habe, werde man dann Ostpreußen gegen die Unternehmungen der Russen verteidigen können.“ Er nennt die Polen die elendeste Nation Europas, die ihr Dasein nur durch die Eifersucht der Nachbarmächte weiter friste; denn in Gedanken verschlinge jeder von diesen drei Staaten die Republik und mißgönne dem andern den Teil, welchen derselbe für sich bestimme. „Darum besieht die polnische Anarchie noch. Aber was mir ihre Fortdauer verdächtig macht, das sind die Königswahlen, welche die Russen in diesem Jahrhundert sich angewöhnt haben zu erzwingen, und die Neuerungen, die sie in Polen der alten Verfassung zuwider einführen.“ Er glaubt, daß die übermächtigen Nachbarn am Ende sich über eine TeUung Polens verständigen, vielleicht aber ein geschmälertes Königreich in der Mitte der drei Mächte noch übrig lassen würden. Ja, der Großherr könnte seinen Anteil ebenfalls empfangen, wie man einem Kettenhund einen Bissen Brot hinwirft, um ihn am Bellen zu verhindern. „In bezug auf das polnische Preußen scheint es mir, als werde man das größte Hindernis von seilen Rußlands finden. Es würde vielleicht besser sein, dieses Land durch Unterhandlung stückweise zu gewinnen als durch das Recht der Eroberung. In einem Falle, wo Rußland dringend unseres Beistandes bedürfte, wäre es vielleicht möglich, sich Thorn, Elbing und einen Umkreis abtreten zu lassen, um dadurch die Verbindung von Pommern nach der Weichsel zu erlangen.“ Er meint, Danzig sich bis zuletzt aussparen zu müssen.

162-1 Die Zahl war 1768 auf 154 000 Mann gestiegen. Im Testament jenes Jahres schreibt der König: „Ich arbeite jetzt an einem Plan zur Vermehrung des Heeres. Wenn ich noch einige Jahre lebe, werde ich die Zahl des Heeres auf 166 000 Mann bringen können.“ Und weiter: „Das ist alles, was wir in Friedenszeiten unterhalten können. Der Kriegsfuß muß auf 210 000 Mann gebracht werden.“

162-2 Vgl. S. 152.

162-3 Im Testament von 1768 berechnet der König nach den Erfahrungen des Siebenjährigen Krieges die Kosten eines Feldzugs auf 12 Millionen. Bricht ein Krieg aus, fährt er fort, so muß man sich zuerst Sachsens bemächtigen. Man kann aus diesem lande 5 Millionen an Geld und Lebensmitteln ziehen. Dann muß man jährlich 2 300 000 Taler aus dem großen Schatze nehmen. So kann man acht der härtesten Kriegsjahre aushalten, ohne die Untertanen zu drücken und ohne Schulden zu machen.

163-1 Gemeint sind Viktor Amadeus II. (1680—1730); Karl Emanuel III. (1730—1773).