<224>schiedenen Baumeister, die daran gearbeitet, sehr zu Unrecht Michelangelos ursprünglichen Plan nicht befolgt haben. Dann kehrte Knobelsdorff nach Berlin zurück (1737), durch die Kunstschätze Italiens bereichert, in seinen architektonischen Grundsätzen befestigt und durch die Erfahrung in seiner Vorliebe für Pesnes Kolorit bestärkt. Nach seiner Rückkehr malte er den verstorbenen König, den Kronprinzen und viele andre Porträts, die allein seinen Ruf begründet hätten, wäre er nur Maler gewesen.

Im Jahre 1740, nach dem Tode Friedrich Wilhelms I., übertrug ihm der König die Oberaufsicht über die Bauwerke und Gärten. Sofort befaßte sich Knobelsdorff mit der Ausschmückung des Berliner Tiergartens. Er machte ihn zu einem köstlichen Stückchen Erde durch die Mannigfaltigkeit der Alleen, der Hecken und Rondele und durch die reizvolle Mischung des verschiedensten Laubwerks. Er verschönerte den Park durch Statuen und die Anlage von Wasserläufen, sodaß die Bewohner der Hauptstadt hier eine bequeme und schmucke Promenade finden, wo die Reize der Kunst nur unter den ländlichen Reizen der Natur auftreten.

Aber nicht zufrieden damit, in Italien gesehen zu haben, was die Künste einst waren, wollte Knobelsdorff sie auch in einem Lande studieren, wo sie gegenwärtig in Blüte stehen. Er erhielt also Urlaub zu einer Reise nach Frankreich (Herbst 1740) und widmete sich wahrend seines dortigen Aufenthalts ganz seinem Gegenstand. Sein Sinn war zu sehr auf die schönen Künste gerichtet, als daß er die Zerstreuungen der großen Welt gesucht hätte, und er war zu wissensdursiig, um sich in andrer Ge, sellschaft als der von Künstlern zu bewegen. So sah er nichts als Ateliers, Gemälde, galerien, Kirchen und Baudenkmäler. Wir schweifen von unsrem Gegenstand nicht ab, wenn wir hier sein Urteil über die französische Malerschule berichten. Seinen vollen Beifall fand die poetische Komposition von Le Bruns Gemälden1, die kühne Zeich, nung Poussins2, das Kolorit Blanchards und der Boullongne3, die Ähnlichkeit und Vollendung der Draperien auf den Bildern von Rigaud, das Helldunkel von Raour, die schlichte Naturwahrheit von Chardin4. Großen Gefallen fand er auch an den Bildern von Charles van Loo und den Kunstlehren von Detroy5. Immerhin fand er bei den Franzosen das Talent für die Skulptur stärker ausgeprägt als das für die Malerei; ist sie doch von Bouchardon, Pigalle und den Adam6 zur höchsten Vollen, dung gebracht worden. Von allen Bauwerken Frankreichs schienen ihm nur zwei völlig klassisch: Perraults7 Fassade des Louvre und die Gartenfront von Versailles. Für die Außenarchitektur gab er den Italienern den Vorzug, aber den Franzosen für die


1 Charles le Brun (1619—1690).

2 Vgl. S. 6.

3 Jacques Blanchard (1600—1638); Louis Boullongne (1609—1674), nebst seinen Söhnen Bon und Louis.

4 Hyacinthe Rigaud (1659 bis 1743); Jean Raoux (1677—1734); Jean Baptiste Simon Chardin (1699—1779).

5 Jean François Detroy (1679—1752).

6 Edme Bouchardon (1698—1762); Jean Pigalle (1714—1785): lambert Sigisbert Adam (1700—1759) und Nicolas Adam (1705—1778).

7 Claude Perrault (1613—1688).